Leidenschaft über Empfindsamkeit Wenn die Wälder tief verstummen, Sich der Himmel weitet, breitet, Durch das Blau mit leisem Summen Nicht ein einzig Lüftchen gleitet; Wenn die Ströme schweigend rollen Und der Sturm die Renner zügelt, Auf dem See, dem ruhevollen, Nicht ein Hauch die Welle hügelt: Hört man wohl beim Abendschillern Turteltauben Seufzer tauschen, Hört man wohl die Lerche trillern Und das Bächlein schwatzend rauschen. Wenn in zornigem Erzittern Sich im Kampf die Äste schlagen, Durch das Blau in Schlachtgewittern Donnerwolkenheere jagen; Wenn der Stromschuß jach hereinbraust Und das Sturmroß schnaubt im Zorne, Hoch die Welle ans Gestein braust Aus des Seees Strudelborne: Schweige dann, du Westessäuseln, Lerchenschwirren, Taubengirren; Höre, Bächlein, auf zu kräuseln Und durch Rosen hinzuirren. Wenn mit Macht die Adern kochen Und im Sturm die Triebe streiten: Schweige dann, du leises Pochen Liebeszarter Seligkeiten. Tränen ihr, ihr süßen, bittern, Laßt euch stillen, flüssig laue, Wenn die Blitze Felsen splittern, Ist's nicht Zeit zum Morgentaue.