Das Lied von der armen Königin Es weht ein Lied mir durch den Sinn, Ein Lied, recht wunderbar, Das Lied von der reichen Königin, Die doch eine Bettlerin war. Zu des Königs Halle folgt mir hin, Vor des Prunksaals offne Tür: Im Saale stand die Königin, Vor ihr der Kavalier. Es war ein Junker edlen Stamms, Ein schlanker, kühner Fant. Ha wie das schwarze Galawamms Ihm zu Gesichte stand! – Der Junker neigt sich kalt und tief, Aus der Halle schritt er leis, Die Fürstin an das Fenster lief, Es war ihr gar zu heiß! Und wie sie sah vom höchsten Turm In den mondbeglänzten Gau, Da hob ein ganzer Wonnensturm Den Busen der schönen Frau: »Soweit das Herz mir strebt und denkt In Erde, Meer und Luft, Soweit der Blick sich hebt und senkt In Tal und Bergesduft;« »Soweit sich vor des Auges Strahl Des Himmels Bogen spannt, Soweit in Hütt' und Rittersaal Wird alles mein genannt.« »Mein ist der Helden Heeresbann, Und mein ihr bester Ruhm, Mein ist der allerschönste Mann Im ganzen Königtum.« »Mein ist sein Herz, und mein sein Mund, Und mein sein Schwertesstreich, Wie bin ich doch zu dieser Stund' So unermeßlich reich!« – Da ist die Fürstin schnell verstummt: Was rauscht im Garten dort! Es kommt zu ihr heraufgesummt, Wie flüsternd Liebeswort. Zwei Stimmen sind's, die erste, o! Die kennt sie allzugut, Die schwatzt so leicht und liebesfroh Von Lust und Liebesglut. Die spricht so ernst und schwört so heiß, Sie schweigt. – Da rauscht ein Kuß! Der Fürstin starrt das Blut zu Eis, Es stockt ihr Hand und Fuß. Sie sieht so starr ins Blaue hin Im ungeheuren Harm. – Wie war die reiche Königin So unermeßlich arm!