Crecy Romanzen nach altenglischer Balladenweise Seinem geliebten Vater zum Geburtstage vom Verfasser Zueignung Wenn sich die Klänge fassen tiefgewaltig, Im Schlachtendonner himmelanwärts streben, Und Heldenbilder mächtig, traumgestaltig, Aus tiefer Nacht die rost'gen Klingen heben, Da zieht durchs Herz leishauchend, liederhaltig, Ein tief geheimnisvolles Zauberleben, Da treibt mich's auf, der Helden Wert zu singen, Der Schlacht Getos und zartes Minnedringen. Nimm denn der Harfe mutig Kind zur Gabe, Du! dem ich weihte meine ersten Träume, Du Vater, dem der liederfrohe Knabe So oft gerauscht des Herzens Wellenschäume, Es ist das Lied des Sängers beste Habe, Dein sei die Blüte meiner Lenzesbäume, Dein sei des Kampfes und des Friedens Weise, Dein sei das Gold im blauen Liedergleise. Der schwarze Prinz Motto: Denn ewig bleibt es wahr: französisch Blut Und englisch kann sich redlich nie vermischen. Schillers Johanna d'Arc Wohl kann ich nicht stürmend mit bloßem Schwert Aufdonnern im Kampfesflug, Doch kann ich singen der Helden Wert Im wirbelnden Windeszug. Doch will ich spotten dem Minnedank Im brausenden Liedergeroll, Doch will ich singen und sagen frank, Wie das mutige Herz mir schwoll. Der schwarze Prinz Herr Eduard war's von Engelland, Ein Ritter, kühn und gut, Der hat ein Söhnlein, keck und schlank, Ein rasches Heldenblut. Es sprach der Herr zum Sohne sein: »Du Junker frank, hab' acht! Ich will dir geben Land und Burg Und reisige Heeresmacht.« »Ich will dir geben ein Mägdlein lieb, Recht rosig rot und mild, Ich will dir geben ein gutes Schwert Und ein schnaubendes Rotroß wild.« »Ich will dir geben ein Sammetkleid, Von Purpur und Golde blank, Ich will dir geben den Helmbusch weiß Und die funkelnde Lanze schlank.« »Laßt Land und Leut' und Burg und Schloß, Gebt Panzer mir und Schwert, Da will ich sitzen auf gutem Roß, Ein reisiger Ritter wert.« »Zum Bräutlein gebt mir Altengland grün, Das liebliche Mädchen hold, Und gebt zum Gewand mir das Panzerhemd Statt Seide und rotem Gold.« »Und nehmt mich mit euch übers blaue Meer Durch tosenden Wogendrang, Da will ich zerbrechen des Franzmanns Helm Mit grimmigem Schwertesschwang.« »Da will ich zerreißen des Franzmanns Panier, Will's treten in Schmach und Tod, Da will ich stampfen die Lilie weiß Tief in den blutigen Kot.« »So ziehe zum Meere, du Ritter frank, Nach Frankreich mit Schwert und Schild. Und nehme St. Georg dich in feste Hut, Du wackerer Degen wild.« Des Prinzen Fahrt Der Ritter stand im Meergetos Wohl hoch auf schwankem Mast, Es heult der Sturm, es schlägt die See Wild an die Heldenrast. Im Winde weht der Helmbusch weiß, Der Panzer blitzt im Strahl, Wie fliegt des Löwen Auge heiß Durchs blaue Wogental. Das Banner rauscht in Sturmesnacht Nach Frankreich seinen Gruß, Der Ritter auf der Segelwacht Steht stolz im Windeskuß. Da rauscht es dumpf, da klingt's empor Wohl aus der Tiefe Nacht, Da schlägt es an des Ritters Ohr In wundervoller Macht. Aus tiefem Grund der Feye Mund Erschallt im Zauberland, Die Welle ruht, es horcht der Sturm Den Klängen wundertraut. »Wir tragen Dich, wir heben Dich, Du Leu! auf laue Flut, Wir küssen, wir umschweben Dich In himmelsblauer Glut.« »Du bist der Sohn der Meeresfey, Die Englands Lippe kost; Drum braust das Meer so hoch und frei, Das an die Klippe tost.« »Du Meereswoge, wild und kalt! Wie tobst Du raschen Grimms! Wie schleuderst Du die Schaumesflut An Englands Felsensims!« »Wie klammerst Du Dich inniglich An seines Busens Schnee, Wie rauschest Du so minniglich, Du dunkelblaue See.« »Siehst Du den Löwen flattern hoch, Der heiß nach Frankreich schaut, Den Löwen von Britannien, Den Meeresbuhlen traut?« »Du Löwenbruder wunderschön! Dich grüßt der Wogen Lied, Dir klingt des Sturmes Schlachtgetön, Der rasche Bogen zieht.« »Zerreiße Du des Franzmanns Stolz Mit Deiner Klauen Wucht, Wir schaukeln Dich im Segelholz Zur meeresblauen Bucht.« »Wir schützen Dir Dein England grün Mit Sturm und Wogennacht, Du ziehe hin, mein Löwe kühn, In wetterschneller Macht.« Der Ritter horcht und staunt und sinnt. Verklungen ist das Lied, Da ist die weiße Lilie In Todesnacht verblüht. Die Bitte Es stand am Hügel der alte Leu Wohl hoch ob Crecys Feld, Und vor ihm auf blutigem Rasengrün Der blühende Königsheld. Es dunkelt der Panzer so nächtlich grimm, Drum blutiger Helmbusch wallt, Du Franzmann, hüte die Lilie fein, Vor des schwarzen Prinzen Gewalt! »Herr Vater mein, so hoch und stark, Zur Scheide nur königlich Schwert! Auf! laßt mich prüfen das Rittermark, Ihr habt mich's wacker gelehrt.« »Laßt mich ausfechten des Straußes Zorn Mit gewappneter Ritterfaust, Laßt mich ausschlürfen des Sieges Born, Der schäumend aus Herzen braust.« Da hallt es wie schmetternder Todesruf, Da blitzt es in Berg und Schlucht, Da rasselt's heran mit des Donners Huf Und rasselnder Hiebeswucht. »Ha, siehst Du sie ziehen, die Franken stolz, In ungemessener Zahl? Willst führen mit tausend Rittern Dein Den dampfenden Würgerstahl?« »Erringen will ich den goldenen Sporn, Und gält' es den höllischen Wurm, Und läg' ich noch heut in dem Herzblut mein Auf zuckender Leichen Turm.« Zu Rosse schwang sich der Knabe gut, Zu Rosse die Ritter all; Herr Eduard faltet die Panzerhand Zum rollenden Sonnenball. Des Prinzen Not und Sieg Durch Crecys Felder da schritt der Tod, Da hielt er blutige Mahd, Da neigte welkend die Lilie sich Ins purpurne Wellenbad. Wie rang im Schaume der starke Leu Im markigen Kampfeszorn, Wie schwang die Sense der schwarze Prinz Durchs fränkische Ritterkorn. Wie wogt so golden die Locke hell Aus mächtigen Helmessaum, Wie zieht am Bogen die Sense schnell Im triefenden Todesschaum. Da ward zum Purpur das Panzerhemd In schäumender Farben Glut, Da dampfte kochend der Helmbusch rot Vom träufelnden Frankenblut. Wie tobst Du so mächtig! Du junger Leu! Halt an Dein stöhnendes Roß, Willst erfechten Du Dir das Spornes Gold Als des Todes Waffengenoß? Sieh hin! wie sie sinken, die Ritter Dein Um Dich in blutigem Kreis, Schau hin! wie dampfet von Englands Blut Die fränkische Erde heiß! Schau hin, wie den Boden der Bannerherr Mit stöhnender Lippe preßt! Ha, wahre Dich, Leu, in des Stromes Macht, Daß die Kraft Dich nimmer verläßt. Da stürzte getroffen des Prinzen Tier In mächtigen Todeswucht, Da schoß im Bogen der Heldenstrom Aus klaffender Helmesbucht. Und über ihn hin des Franken Tier Mit stampfendem Hufesrand, Da lag in grimmiger Todesnot Die Blume von Engelland! Da ringt er gewaltig, da hebt er sich hoch, Zum Banner die Linke greift, Da läßt er sausen die Klinge gut, Wie prasselnder Hagel streift. Da tritt er stolz auf des Rosses Leib, Des blutigen Helmes bar, Da schüttelt er wild in des Löwen Zorn Sein rollendes Löwenhaar. »Und soll denn brechen mein Königsherz, So werd' es dem Franken zum Gift! So will ich zeichnen den Todestag In purpurner Riesenschrift.« Und mächtiger tobt er und mäht und würgt Auf zuckender Blutessaat, Und mächtig zieht er mit grimmer Wucht Das flammende Schwertesrad. Und als die Sonne zur Neige ging, Da brach die fränkische Macht, Da hatte geschlagen der schwarze Prinz Die mutige Siegesschlacht. Da hatt' er gebrochen den Lilienzweig Auf blutigem Blumenrevier, Da trat die Klaue des Britenleu'n Auf Frankreichs Kriegspanier. Des Königs Zorn und Lust Von Norwich war's, der tapf're Graf, Der saß auf blut'gem Pferd, Wohl quoll ihm hell aus Brust und Helm Die Heldenfeuchte wert. Und als zusammenbrach das Roß Im letzten Todeskrampf, Da sank er vor Herrn Edward hin Im blut'gen Schaumesdampf. »Herr König auf! Zu Roß! Zu Roß! Wollt retten Euer Blut! Seht fechten Euren Heldensproß In rascher Todeswut.« »Seht fallen seine Ritter all' Vertreten und zerfetzt; Schaut, wie der Frankenlilie Schwert Die scharfe Klinge wetzt.« »Schaut, wie er ficht im hellen Zorn, Das Banner in der Faust, Herr König, auf! Zu Roß! Zu Roß! Daß neu das Treffen braust.« »Ausfechten wollt' er den ersten Strauß, Der Knabe keck und wild, So mag er fechten als guter Held Und sterben auf Englands Schild.« »Ich rühre nimmer die Klinge mein, Tut ihm die Worte kund.« Der König wandte den Rücken stolz Dem Ritter todeswund. Doch als er schaute ins Blutesfeld, Da ward sein Auge klar, Da stand im Blute der junge Held Auf zuckender Leichenschar. Da hatte geschwelget der Löwe gut Im purpurnen Schlachtenmahl, Da schritt als Sieger der schwarze Prinz Durchs dampfende Blutestal. Da stieg Herr Edward vom Rosse fein Aufs Knie in das strömende Rot: »Hab' Dank, St. Georg, für die Hilfe dein In würgender Kampfesnot!« Des Böhmenkönigs Tod Von Böhmen war's der blinde Held, Der hielt am Bergessaum, Es brandet die Schlacht wohl an sein Ohr Wie blutiger Todestraum. Er horcht und lauscht dem Kampfesgetos Wie verklungenem Zauberschall, Er neigt sich leis von des Sattels Saum Dem tönenden Widerhall. »Auf, sag' mir an! Du Knappe brav, Fliegt Frankreichs Banner im Sturm? Liegt England nieder im Blute rot, Der trotzige Meereswurm?« »Hoch bäumt er auf, Herr König mein, Die Lilie bleicht im Tod, Für England ficht ein Ritter schwarz, Der bringt uns grimmige Not.« Da hebt sich hoch der Heldengreis In der Jugend erloschener Kraft, Aus der Augen Höhlung stumm und tot Dringt's leuchtend zauberhaft. Da fährt die Faust an das alte Schwert, Da Helm und Panzer erklingt, Da haut er wild in die Nebelluft, Daß leuchtender Funke springt. »Soll Frankreich strecken, für das ich focht, Die blutige Klinge scharf? Soll singend brüllen der Inselleu, Der's zornig in Stücke warf?« »Ha! wäre noch markig der greise Arm, Noch wuchtig der Schwerterschlag, Ich wollte bestehen den Ritter schwarz, Es wäre sein letzter Tag.« »Ha! Könnt' ich noch schauen der Sonne Gold, Noch schauen des Schwertes Strahl, Ich wollte zerreißen des Löwen Herz In zuckender Todesqual.« »Will fechten den letzten Ritterstreit, Will führen den letzten Hieb, O! nimm mich auf in die Arme dein, Du heilige Jungfrau lieb!« In die Mitte nehmen die Ritter ihn, Sie koppeln die Rosse all', Sie sprengen hinunter zum Schlachtgewog' Vom blutigen Hügelwall. Da führte der König den letzten Stoß, Bis alle das Schwert verschlang, Da führte der König den letzten Streich, Bis das mutige Herz ihm sprang. Das Schlachtfeld Herr Edward ritt durch Crecys Feld Mit Ritter und mit Graf, Und neben ihm der schwarze Prinz, Der stolze Degen brav. Da sah man stehn in blut'ger Schrift Des kühnen Siegers Zorn, Da hatte geleert ob kühner Trift Der Tod sein Füllehorn. – – – – – – – – – – – – – – – – Jugenddichtungen Um die Sonne ... Um die Sonne rollt die Erde, Rasch im ruhelosen Wirken, Daß es immer lichter werde In den irdischen Bezirken. Um der Wahrheit Sonnenrunde Kreist die Menschheit laß und schleichend Einen Zoll in jeder Stunde, Schwitzend, stöhnend, mürrisch keuchend. Und die Erde, die gewalt'ge, Kann die Sonne nicht erringen: Wird der Mensch, der staubgestalt'ge, Je zum großen Ziele dringen? Das Nibelungenlied Das deutsche Lied in dunkle Nacht verschlagen Hat lang geschlummert, bis sein Strahl erwacht, Bis mit des Geistes göttlich hoher Macht Ein blühend Kind es an das Licht getragen. Das war die Mär' von alten Heldensagen, Die hat's zur Götterflamme angefacht, Bis es erblüht' in unerreichte Pracht Und flog empor auf goldnem Sonnenwagen. »Da zog einher mein mächtig Kampfestönen Durchs deutsche Land von heil'ger Kraft erfüllt, Obgleich kein Meißel glättend mich gefeilt, Und immer tön' ich noch der Dichtkunst Söhnen, Das erste Kind, das deutscher Sang belebt, Das zu der Sonne stolz vorangeeilt.« Gepanzerte Sonette So brecht denn auf, ihr meines Wehes Quellen! Schießt mächtig, klangvoll aus des Herzens Grunde, Und mit des Stromes flut'gem Liedermunde Laßt brausend auf des Schmerzes Töne schwellen! Soll nimmer Licht der Seele Nacht erhellen? Reicht Minne nie dem Lied die Hand zum Bunde? So schall' es auf, wie aus dem Wogenschlunde Im Sturmesheulen brausen Strudelwellen. Und darf die Lieb' es nicht in Rosen hüllen, So soll es starren denn von Schwert und Lanze, Und Schlachtgewitter soll es mächtig brüllen, Und stürmen soll's im Kriegeswaffentanze, Mit zorn'gem Donner weit die Lüfte füllen, Und blitzen hell im lichten Panzerglanze. [Als Gott der Ew'ge niederwärts gestiegen] Als Gott der Ew'ge niederwärts gestiegen, Sein Hauch geformt den Geist, den Himmelssprossen, Da hat er Flammenmut ihm eingegossen, Den Flammenmut, zu kämpfen und zu siegen. »Nicht magst du,« rief er, »zagend unterliegen, Vom Weh des Unglücks dräuend eingeschlossen, Und fahren sollst du, wie auf Sonnenrossen, Durch Nacht und Kampf, die grimm sich an dich schmiegen.« »Nicht vor den Mächt'gen sollst du knieend flehen; Das Aug' hoch hebend zu des Äthers Weiten, Sollst frei du vor dem Gott der Freiheit stehen.« »Nicht mag ich kriechend Den im Staube sehen, Den ich erschuf, den Herrscher aller Zeiten, Denn nur der Freie mag zum Himmel schreiten.« [Bist, Mann, geformt du aus so weichen Massen] Bist, Mann, geformt du aus so weichen Massen, Daß dir die Schwertwucht lähmt die Weiberarme? Kannst du nicht stehn im dichten Waffenschwarme, Wenn Gott des Kampfes Wetter losgelassen? Ha! nimmer soll dein Angesicht erblassen, Gib Worte kühn des freien Herzens Harme, Den Worten Schwertesstreiche, zorneswarme, Wenn Schmach und Unrecht krallend dich umfassen. Denn nicht allein auf blut'gem Schlachtenfelde Ziemt's kühn zu wallen durch des Streites Nächte, Nein, auch die Harfe mag zum Schwerte werden; Denn daß den Klang des Heldenschwerts er melde, Im edlen Streit mit Waffenliedern fechte – Das ist die Pflicht des Sängers auf der Erden. [Im Fluggewimmel meiner Traumgedanken] Im Fluggewimmel meiner Traumgedanken, Wenn ich geforscht im Ruhm von alten Tagen, Hab' ich gesehnt mich, Helm und Schwert zu tragen, Ein Ritter frei im Schlachtenwogenschwanken. Aus dem Geschlecht, dem kraftlos feigen, kranken, Möcht' ich mich heben stolz mit keckem Wagen, Dann möcht' ich hell die Ritterharfe schlagen, Wenn nicht die Fesseln mehr den Geist umranken. Alltäglichkeit, du Pest der freien Klarheit, Die du erschlaffst die Nerven des Gesanges, Die du erlähmst die Geisteskraft, die hohe, Dich brechen möcht' ich und zur Sternenwahrheit Aufschwingen mich, im Braus des Sphärenklanges, Denn in Gemeinschaft stirbt des Herzens Lohe. [Die alte Zeit mit ihrer Kraft, der reinen] Die alte Zeit mit ihrer Kraft, der reinen, Mit ihrem Leid aus tiefen Herzenstrieben, Mit ihrer Treue, ihrem Feuerlieben, Die mag mir oft als liebes Bild erscheinen. Und heiße Tränen möcht' ich klagend weinen Bei alter Mär' von deutschen Schwerteshieben, Von Minnehuld, die fest im Tod geblieben, Mit Blut besiegelnd ihres Bunds Vereinen. Die Treue schwand, die Tod nicht trennen konnte, Sie floh hinweg vom Zeitensturm verschlagen, Als sie nicht mehr im Rittermut sich sonnte. Die Minne starb im Hauch der feigen Lüste, Der Sänger blieb mit seiner Lieder Klagen Ein grünes Eiland in der Sandeswüste. [Es schläft im Busen, in dem deutschen, treuen] Es schläft im Busen, in dem deutschen, treuen, Das Wort der Wahrheit, das noch nimmer bebte; Was in der Brust in kühner Wahrheit lebte, Das sollst du mutig in die Lüfte streuen. Und edel, mächtig, mit dem Zorn des Leuen Soll es zerreißen, was die Falschheit webte; Ob Meer und Erde wild dawider strebte, Soll's selbst das Donnerwort der Macht nicht scheuen. Frei brüllt das Tier sein Zornesheulen grimmig, Der Mann soll reden, wie's der Geist geboten, Nicht flüstern, wenn im edlen Zorn er siedet. Und ob der Falschheit Zungen tausendstimmig Mit Tod und Ketten mächtig ihn bedrohten, Der Wahrheit ward von Gott kein Band geschmiedet. [Schämst du dich, Deutscher, deines Vaterlandes] Schämst du dich, Deutscher, deines Vaterlandes, Der mark'gen Heimat alter Heldensiege, Daß du als Stelle deiner Säuglingswiege Den Teil nur nennst des innigen Verbandes. Sei's auf dem Stein des Ostseeklippenstrandes, Sei's wo du schlürfst des Rheinweins Nektarzüge, Der einz'ge Namen tut dir stolz Genüge, Vom Meere bis zum Schnee des Alpenrandes. Denn von dem Leib von unerreichtem Ruhme Sollst du ein Glied nicht räub'risch einzeln brauchen, Sonst machst du ihn zum Stumpf, zum säftelosen. Drum blühe fort, du deutsche Heldenblume, Mild angeweht von deutscher Lieder Hauchen, Die schönste von des Länderkranzes Rosen. [Was girrst Du, Sänger, auf zum Himmelsbogen] Was girrst Du, Sänger, auf zum Himmelsbogen Leis mit der Turteltaube Liebesstöhnen? Nicht weinend schaut Dein Aug' das Reich des Schönen, Noch hat kein Weichling seinen Kuß gesogen. Frei wie die Wolken, die auf weiten Wogen Im Sturm dahinziehn, kühn mit Donnertönen Magst Du die Welt mit ihrem Treiben höhnen, Vom Flammenstrahl der Götterkraft umflogen. Denn in den Wolken ist des Sängers Weilen, Und mit dem Donner soll sein Lied sich messen, Und klingen soll's wie aus des Himmels Fernen, Und frei zum Himmel soll es mächtig eilen, Der Erdennacht des Erdenseins vergessen, Denn seine Flamme nahm es von den Sternen. [Wohl mag das Lied auch schmelzen hold und sinnig] Wohl mag das Lied auch schmelzen hold und sinnig, Wenn's gilt, der Frauen Lockenhaupt zu zieren, Doch nimmer soll's die heil'ge Kraft verlieren, Die ihm verliehen, stolz zugleich und minnig. Und was du minnst im Busen herzensinnig, Das magst du auch zum Stoff der Lieder küren, Denn was in Liebe mir das Herz mag rühren, Dem treu mit Schwert und Lied ergeben bin ich. Doch eher mag ihr Feuer mich verzehren, Eh' in der Minne Diensten ich zum Knechte Mich wandle um, in Liedern und in Taten; Des kühnen Herzens mut'gem Drange wehren, Das heißt zernichten seine edlen Rechte, Das heißt die Mannheit an ein Weib verraten. Anastasius Grün Viel hab' ich oft im Herzen, in dem jungen, Geträumt vom Liedermut, dem freien, wahren, Du solltest mir es herrlich offenbaren, Was mir nur fern ein leiser Hauch geklungen. Die Würde hast du mit der Kraft verschlungen, Die feurig hinzieht, gleich den Sonnenaaren, Und mit dem Wort, dem ernsten, lichtvoll klaren, Hast dem Geschlecht ein Straflied du gesungen. Dich seh' ich stehn, wie deinen letzten Ritter, Im Schwall der Schlaffheit, deiner selbst bewußt, Ein grüner Stamm im grauen Nachtewitter. Ging auch das Land in tausend morsche Splitter, Für das der Ton scholl deiner deutschen Brust, Ist Grün die Farbe doch der Hoffnungslust. Wie ich lieben könnte Willst du mit Hand und Herzen sein mein eigen, So bin ich dein, mit meinem tiefsten Minnen, Mit meinem Denken, meinem Liedersinnen, Und nie, beim Himmel! soll dies Minnen schweigen. Nicht kann ich Gold und Lieblichkeit dir zeigen, Nicht Prunk und Worte, die das Herz gewinnen, Doch bis des Blutes Tropfen all' verrinnen, Bin ich dein Ritter, bis zum Sternenreigen. Nicht kann ich mild, huldflehend vor dir knien, Denn nimmer noch hat sich dies Knie gebeugt, Als nur dem Herrn, der mir das Lied gegeben. Durch Herz und Saite soll dein Bild nur ziehn, Doch wenn dein Herz in meines sich verzweigt, Darfst du es nimmer von mir heben. [Das tiefe Weh, das mir die Brust gepeinigt] Das tiefe Weh, das mir die Brust gepeinigt, Das strömt' ich aus in heißen Südlandsliedern, Denn ewig mag das feige Tun mich widern, Das nicht die Worte mit dem Herzen einigt. Ihr! die ich keck mit diesem Wort gesteinigt, Ihr könnt das Herz mir nimmermehr erniedern, Und Fehde ruf' ich eures Haufens Gliedern, Bis deutsche Kraft den deutschen Sinn gereinigt. »Was spricht der Knabe von der Völkerss Walten? Was will er Land und Staat und Lieder meistern?« Mögt ihr ausrufen in des Zornes Toben. – Ihr echten Sänger, mit den Flammengeistern, Ihr mögt das junge Herz mir aufrecht halten, Denn Sang und Wahrheit kommt vom Vater droben. Lichtgedanken bei Nacht Wenn am grausigsten dunkelt die Nacht, Sternlos im finsteren Todesgrau, Wenn am grimmsten der Donner kracht, Blitze schießen durch Wolkenau, Schaurig mein Flämmlein im Hauche bebt, Nächtliches Grausen die Weite hüllt, Fühl' ich mich dennoch so warm durchbebt, Weil mir die Sonne den Busen füllt, Denk' ich an Wonne und Lenzeslied, Denk' ich an Rose und Maiengrün, Und das Wolkengewimmel, das draußen flieht, Lass' ich klanglos und fühllos vorüberziehn. Wenn die Zeit so erbärmlich dem Aug' sich zeigt, Sinnt das Herz von der Vorwelt mächtiger Pracht, Wenn des Leides Nebel herniedersteigt, Strahlt der Wonne Erinnerung durch Schicksalsnacht. Wenn die Liebe sich höhnend von mir gewandt Und verschwindet im bergenden Nebelsaum, Da zieht es das Herz, wie mit Zauberhand, In den längst verklungenen Wonnetraum. Denn das Dunkel, es mahnet das Herz ans Licht, Und der Winter erinnert an Lenzesblühn, Und das Herz, das endlich in Liebe bricht, Denkt stets an erloschenes Sonnenglühn. Ghasel Was frommt, wenn du nicht küssen willst, der Reiz der Schäferstunde dir? Was, wenn du nimmer sie verstehst, der Minne süße Kunde dir? Was frommt, wenn du nicht kühn und keck ihn brauchst zum Schwerthieb in der Schlacht, Was frommt im feigen Wollustschlaf der Arm denn, der gesunde, dir? Was eilt, wenn du nicht nippen willst, des Weines goldne Zauberpracht, Was eilt des Bechers goldner Rand zu dem Philistermunde dir? Wenn nicht der Liebe Lebenshauch im tiefsten Busen ist erwacht, Was frommt, o Dirnlein, minniglich, der Busen denn, der runde, dir? Was dudelst du ein Liedlein her, von lauen Seufzern angefacht, Wenn wahre Lied- und Liebeslust nicht stehn im reinen Bunde dir? – Blick' in der heiligen Natur schwarzdunkeln wahren Zauberschacht, Dann senkt sich gern der Muse Wort zum tiefsten Herzensgrunde dir? Und was das Auge dir umspielt, das halte fest mit kühner Macht, Was in dir schläft, das blitz' empor aus Herz und Faust und Munde dir, Dem Feigling blüht die Rose nicht durch seines Busens Nebelnacht, Doch kühn schlürfst du des Glückes Trank aus seines Fasses Spunde dir. Dann erst Was des Herzens Drang geschaffen, Magst du treu und fest bewahren, Bis in freudigem Erraffen Sich der Klang mag offenbaren. Laß ihn dann zum Lichte schießen, Wenn er nicht erliegt der Blendung, Denn die Sonne zu begrüßen Ist allein des Adlers Sendung. Setz' ihn dann auf Rosses Rücken, Wenn er's kühn vermag zu spornen, Lehr' ihn dann erst Rosen pflücken, Wenn die Händ' er wahrt vor Dornen. Lehr' ihn dann das Meer befahren, Wenn sein Segel wehrt den Stürmen, Send' ihn dann in Schlachtgefahren, Wenn ihn starke Panzer schirmen. Laß ihn dann durch Strudel tauchen, Wenn sein Arm die Flut mag zwingen, Dann erst in die Tuba hauchen, Wenn ihm nicht die Adern springen. Führ' ihn dann zu blut'gen Siegen, Wenn der Arm nicht macht das Schwert matt, Lehr' ihn in der Rennbahn fliegen, Wenn er Schenkelkraft bewährt hat. Der steht nimmer im Gefechte, Dem vom morschen Holz die Lanze, Und des Ringers lahme Rechte Nimmer greift zum Siegeskranze. An die Frauen Nicht in der Freude Glanzverklärung, Im wonnevollen Blütensaum, Im Zauberlächeln der Gewährung, Im sonnelichten Liebestraum, – Am liebsten mag ich euch erschauen, Wenn ihr der Minne Wehe trinkt, Wenn unterm Lilienkelch der Brauen Die stumme Demantträne blinkt. Nicht in des Mittagshauches Kosen, Nicht in der Maienlüfte Blau, Es blühn am herrlichsten die Rosen Im perlenhellen Abendtau. Adel der Frauen Es soll der Mann zur Sonne greifen, Zu seiner Ehre Wunderland, Zum tiefsten Schacht der Erde streifen Nach seines Ruhmes Diamant. In eures Busens Minnehulden Liegt eures Ruhmes Sonne tief; Denn eure Kraft ist stilles Dulden Und Liebe euer Adelsbrief. Frühlingslied Selig anlächelnder Lenzeskuß, Der du aus sonniger Grüne schaust, Tosend aufrollender Stromesguß, Der du durch blumige Hügel braust! Knospenzerbrechender Blütenkeim, Waldesgebrause und Ätherblau, Schmetterlingfesselnder Rosenseim, Perlender, schillernder Kelchestau, Lilienduftstrom, der üppig zieht, Grünedurchbrechende Sonnenglut, Leuchtet herein mit des Lenzes Lied, Mit der Lüfte melodischer Rosenflut! Rauscht durch die Weiten mit Duft und Strahl, Schenkt uns die Rosen, die rasch verblühn, Schmücket die Erde zum Festessaal, Sonnen sind Kerzen, die schnell verglühn! Jo! ich preise dich, Evius! Wohl möcht' ich mich stürzen hinab, hinab In des Kelches aufperlenden Purpurgrund, Wohl möcht' ich versenkt sein ins Wellengrab, In des Weines hellgoldenen Meeresschlund, Wo die Woge leis Aufschwillt im Kreis Um die göttlichen Glieder des Bassareus. Leb' wohl du Sonne, leb wohl mein Lieb, Es ruft mich die Flut mit der Liebe Klang, Wohl zieht mich hinabwärts des Gottes Trieb In des himmlischen Nektartaus Wogendrang, Der schäumend entfloß, Den perlend ergoß Das olympische Füllhorn des Bromios. Wohl lieg' ich da drunten in süßer Haft Der ätherischen Arme der Purpurflut; Wohl trägt mich des Gottes allwaltende Kraft Durch das rauschende, duftige Rebenblut, Wo des Himmels Licht Sich blitzend bricht In der Woge erglühendem Angesicht. Ha! rufe mich nicht aus dem Bade kühl, Du alldurchdringender Sonnenstrahl! Laß schlummern mich ewig im Purpurpfühl In des Gottes goldenem Königssaal, In der Welle Kuß, In der Welle Schuß! Jo! ich preise dich, Evius! Champagnerlied Schlage zum Himmel, Champagnergezisch, Springe in silbernen Strudelkaskaden, Schieße in pochenden, Bäumenden Fluten, Fließe in kochenden, Schäumenden Gluten, Ähnlich dem Bronnen der Quellennajaden, Drin sich die Glieder der Artemis baden, Tief in des Idas Zypressengebüsch. Forme die Perlen von silbernem Schaum, Die sich erheben aus siedendem Spiegel, Die in den spitzigen Trichterpokalen Funkelnd dem hitzigen Sprudel entstrahlen, Die aus der Flasche gebrochenem Siegel Schweben und tanzen auf duftigem Flügel, Steigen und sinken im goldigen Raum. Schlagt auf die Becher mit wirbelndem Schlag, Daß sie erbrausen in rollendem Falle; Laßt in den duftigen Tiefen des Nasses Tanzen die luftigen Geister des Fasses; Laßt sie in spritzendem, staubendem Falle Stürzen aus blitzendem Becherkristalle; Kurz ist der Jugend moussierender Tag. Klage Es ist von meinen Tagen Noch kurz der junge Zug, Doch hab' ich drin ertragen Der schweren Leiden genug. Ich darf manch lange Stunde Nicht schaun dein Angesicht, Ich darf an deinem Munde Ach! ewig hangen nicht. Das ist mein schwerstes Tragen Und bricht mein Herz entzwei, Dir aber ist mein Klagen Ach! ewig einerlei. Die Edelsteine Ihr wißt vom Blitze eine graue Märe, Der im granitnen Leibe des Giganten, Herabgeschleudert aus azurner Sphäre, Zum Strahl verkörpert ward des Diamanten. Doch wie entsprungen in des Berges Minen Granaten, Amethyst' und Crysolithe, Agath', Saphir', Topasen und Rubinen, Des will ich künden euch die andre Mythe. Als einst der Herr gemalt den Regenbogen Mit buntem Schmelze aller Trikoloren, Als Riesenbuchstab im Azur gezogen, Gewoben aus der Liebe Meteoren, Da sprach ein Cherub zu dem Herrn der Erde: »Was frommt Jehova dieser Farben Blendung, Wenn auf des Bergs porphyrnem Feuerherde Der Strahl verflüchtet deiner Gnadensendung?« »Willst du der Welt ein ewig' Zeichen stiften, So laß die Glut zum Körper sich versteinen, Daß aus der Erde mitternächt'gen Triften Die Sonnenfarben deiner Liebe scheinen.« Da senkt der Herr des Bogens bunte Spitze Tief in des Berges fels'gen Riesennacken, Bis sich versteint das bunte Kind der Blitze In millionenfarb'gen Edelschlacken. Da ward aus Rot der Purpur der Granate, Der Chrysolith aus meeresgrünem Tau, Aus reinem Weiß der Milchstoff der Agathe Und der Saphir aus lichtem Himmelsblau. In Rosenfarb' ist der Rubin entglommen Und der Topas im feuergelben Scheine, In Violet der Amethyst verschwommen; Das ist der Stammbaum jener Edelsteine. Aus reiferer Zeit Die Rose im Meer Es schwamm im Meer, im rauschenden Meer, Eine sturmgebrochne Rose her, Eine Rose, voll und licht; Sie schwamm auf schaukelnder Wogenbahn Hinab, hinan, Rings um sie rauschte der Ozean, Und er verschlang sie nicht. Wie ein rosig Weib, das traumbesiegt Auf grüner, schwellender Matte liegt, So lag sie auf grüner Flut; Der blühende Schein, der Farbenduft In Meer und Luft Durchglomm die smaragdene Wassergruft Mit reiner Rosenglut. Die Wellen küßten sich gar nicht satt. Auf perlenstrahlender Lagerstatt Erwachte die Fei der See: Was leuchtet über dem feuchten Schwall, Allüberall? Es flammt wie der glühende Sonnenball Und tut dem Auge nicht weh! Die Muscheln schminkten sich rosenrot, Die Korallen schämten sich fast zu Tod, Verwundert schaute das Meer: Wo kamest Du her, wer magst Du sein, Du schöner Schein? Fielst Du vom Felsen ins Meer hinein, Fielst Du vom Himmel her? Der Welt erkältenden Wellentau Durchschwimmst Du allein, Du schöne Frau, Und machst ihn farbig erglühn. Wir wissen es nicht, woher Du schwammst, Woher Du flammst, Ob Du von der Erde, vom Himmel stammst, Genug, wir sehen Dich blühn! Die neue französische Muse Sie schläft, ein südlich glühend Weib Auf blut'gem, tränenfeuchtem Pfühl, Bloß jedem Auge liegt ihr Leib, Und üppig ist sein Gliederspiel. Sie träumt – es ist ein wüster Traum! Von Stirn und Schläfen tropft es kalt, Auf heißem Munde steht der Schaum, Der Atem kocht, die Lippe lallt. Ihr Busen flutet regellos, Ihr Schwarzhaar sträubt sich wild zerworr'n, Die Glieder schüttelt Fieberstoß, Die vollen Arme strafft der Zorn. Es knistert schaudernd Zahn auf Zahn, Die Hände ballt der inn're Krampf, Das Hirn umflattert Schwank und Wahn, Ein böser Traum, ein harter Kampf. Es liegt auf ihr ein Ungeheu'r Und drückt die Krallen ihr ins Fleisch, Haucht in den Mund ihr Glut und Feu'r Und füllt ihr Ohr mit Wutgekreisch. Es saugt ihr Mark und zaust ihr Haar, Und schlägt mit Flügeln naß und kalt, Bald Lindwurm scheint, bald Greif, bald Aar, Bald Vampir scheint die Graungestalt. Und grimmer wird des Schauders Macht Und wuchtender des Fittichs Schlag; – Da haut durchs Greulgeweb' der Nacht Mit rotem Flammenschwert der Tag. Sie fährt empor, ihr Blick ist stier, Sie atmet auf, vom Licht erquickt, Was lastete als Alp auf ihr? Ein Melodram' hat sie gedrückt. Eine Nacht Es war eine Nacht voll Grimm und Graus, In Tränen die Wolken schwammen, In der Ferne stand Deines Vaters Haus, Drum tanzten die Blitzesflammen. Die Erde schauderte bis zum Kern, Es ächzte der Wald im Leide, Wie eines Verzweifelnden Augenstern So stierte mich an die Heide. Und auf der Heide öd' und kalt, O könnt' ich's endlich vergessen – Da hat eine weiße Frauengestalt An meinem Wege gesessen. Und wie ich entsetzt, halb unbewußt, Von dem stutzenden Rosse schwang mich, Da fühlt' ich, wie mit bebender Lust Dein zittender Arm umschlang mich. Ich hab' Dich verlassen wie ein Wicht, O könnt' ich das Wort versenken! Stets muß ich, beim hellsten Tageslicht, An jene Nacht gedenken. Stets seh' ich Dich, verratenes Weib, Beim Donnerschlage Dich bücken, Stets seh' ich Deinen zärtlichen Leib Im Sturm zusammenknicken. Du gingst durch der Nacht zornbrüllende Wut, Um mich einmal zu umfassen, Ich aber hab' Dich mit leichtem Mut Drei Tage darauf verlassen. Der König immer der Erste König Styrbiörn kam an Sästnes Strand: »Nun will ich erfassen das Schwedenland!« In die Boote werfen sie Schwert und Schild, Und ans Wasser sprangen die Helden wild: Der König immer der Erste! König Styrbiörn sprach: »Die Geier zieh'n; Nun gilt's zu streiten und nicht zu fliehn! Daß keiner zurück mehr komme von Euch, So sollen verbrennen die Schiffe gleich! Des Königs Schiff das Erste!« König Styrbiörn warf den ersten Brand, Rot glüht die Flut und rot das Land, Und als verglommen der letzte Schein, Da legten die Helden die Speere ein: Der König immer der Erste! Auf Fyriswall, da war die Schlacht, Laut war der Tag und still die Nacht. Da fragte wohl keiner nach Schiff und Meer, Erschlagen die Helden, erschlagen das Heer, Der König immer der Erste! Der singende Quell Mir ist, als hört' ich sagen: Es ward einmal in schwarzer Stund', Im Waldesgrund, Ein Sängersmann erschlagen. Und als er schlief in der Erde tief An zweigumflüsterter Stell', Da quoll aus seinem Herzen empor, Aus Blumen hervor Ein sangaufrauschender Quell. Der säuselnde Ast und der Vogel drin, Sie lernten die Melodie, Es badet die Elfenkönigin Im Quelle ihr schneeweiß Knie. Er rinnt durch die köstliche Waldesruh' Wohl immerzu, Ihm ist gar still zu Mut – O! Dreimal seliger Dichter Du, Wie schläfst Du kühl und gut! Des Einsamen Gesang in der großen Wüste Alles Schöne, das aufblüht im Erdenrund, Stirbt heut' oder morgen geschwind; Wo die Rose sich rötet, in selber Stund', Da tummelt im Schnee sich der Wind. Was in Lieb' an die Brust ich geschlossen hatt' Floh hin wie der Woge Schaum, Wie im stürmischen Herbste Blatt um Blatt In gelblichen Wirbeln vom Baum. Einen Freund ich hatt', ich vergoß mein Blut, Wenn sein Blick es begehrt von mir, Doch ertrug er nicht meines Herzens Glut, Sich zu kühlen mußt' er von hier. Laut weint' ich und rief den Namen sein, Ja! Der Meinige war er einmal – Die Erinn'rung an ihn umschloß ich allein, Da ward eng mir der Weltensaal. Am Sirenengestade, da hab' ich gekost Auf der Liebe Rosengrund; Dort war eine Blume mein Augentrost, Doch nur eine kurze Stund'. So herrlich erblühte meine Ros', Und der Duft lauter Liebe war; Doch ein Räuber riß die Blätter los Und ließ mir die Dornenschar. Und mein Wesen, es ward so stumm und kalt, Wie wenn Tod mit dem Finger es schlug, Doch verschmäh' ich den Trost, der aus Tränen wallt, Man weint ja auf Erden genug. Matt lächelt mein Aug', wie die Herbstessonn' Über Küsten einsam und leer, Die Erde sieht oft neue Lenzeswonn', Mein Herz weiß vom Lenze nichts mehr. Doch wenn Himmel und Erde der Sturm aufstört, Hab' ich noch am Sein meine Lust, Der, dem nichts auf der Erde angehört, Er leidet auch keinen Verlust. Nun geh' ich über den Markt der Welt, Wo ein Spielzeug ist jede War', Mein wird nicht die Sonne am Himmelszelt, Drum begehr' ich nichts mehr immerdar. Johann Banners Schlachtlied Ich reiße mich aus der üppigen Ruh' Und eile dem blutigen Streite zu, So handeln, wie schwelgen ich kann! Wohl hab' ich den Becher der Lust hier geleert, Und wenn dorten den Becher der Tod mir beschert, Ich leere auch ihn wie ein Mann! Sei klar, mein Auge, sei kalt, mein Blut, Soldaten, beweist den uralten Mut, Laßt es mannlich ergehen, frisch auf! Will schau'n in der Schlacht tiefinnersten Schlund Und jeglichem Feind will ich geben vom Grund Drei Ellen, zu fallen darauf. König Gustav der Große, er führt uns nicht mehr, Doch wieder vom Himmel schaut wachend er Auf den Streit, wie wir halten Stand; Noch herrscht in der Welt seine mächtige Seel' Und siegt wie vordem. Noch sieht er nicht scheel Auf uns und das Vaterland. Sein Gedächtnis, wir feiern's mit Kugelmusik, Sein Grabmal, wir bauen's mit Leichen dick Im brennenden Sturm und Streit. Jeder Feind, der gefällt von dem rächenden Schwert, Ist nicht mehr als ein Haar seines Hauptes wert, Um so Mehre erschlagen wir heut'! Flieg', Fahne, flieg' unter den Wolken kühn, Voran magst Du schweben, Du kannst nicht fliehn. Flieg' hoch, daß wir schauen nach Dir! In der Sonne laß leuchten die Kronen Dein, Unsre Burg, unser Königreich sollst Du sein, Hochstrahlendes Schwedenpanier! Am fernen Gestad'... Am fernen Gestad' an der blaulichen See, Da stand ich und Du warst weit, Und es schwebte kein Schatten von meinem Weh Vor Deine Herrlichkeit. Und leuchtend über den Wellenschaum Hinwebte es wunderbar, Und Du stiegest herauf als Meeresfee Und es wehte Dein schwarzblau Haar. Und so hab' ich geträumt und mein Traum war süß, Wie der Nachtwind über dem Meer, Doch Du warst weit und kein Lufthauch blies Meine säuselnde Sehnsucht daher; Und ich kehrte zurück und ich hab' es gewagt Und ich trete vor Dich hin, Und ich beuge mein Knie und es sei gesagt, Daß ich Dein eigen bin. Dein eigen, wunderherrliche Frau, Du Palme aus Edens Pracht, Dein eigen, wie der weinende Tau Dem Auge der sternigen Nacht. Nur ein einziges Wort, es sei erfleht, Und wenn es auch zürnend droht, Denn wer in Deinem Atem vergeht, Darf lächeln noch im Tod! Der Richter von Usedom Es war ein Richter zu einer Zeit, Ein Richter zu Usedom, Der liebte nichts auf der Erde weit Als Wasser und Wellenstrom. Und wenn der Richter am Steuer saß Und schaut' in die Wogen glatt, Da dachte der Richter an dies und das, Nur nicht an seine Stadt. Was kümmert mich der edle Rat Und was die Polizei?! Der Teufel hole den Magistrat, Die ganze Stadt dabei. Was kümmert mich der Erden Pracht? Und was der Himmel itzt? Wenn nur mein Mast vorm Winde kracht, Mein Schiff nicht trocken sitzt. So sprach der Richter von Usedom, Es war ein kluger Mann, So spricht der Richter von Usedom Und spricht es noch fortan. Wir aber rufen mit Sing und Klang Im Chorus, lusterhitzt: Was kümmert uns der Weltengang? Wenn's Schiff nicht trocken sitzt! Berlin Wenn tiefe Trauer meine Seele kettet An die Erinn'rung hier verlor'ner Stunden, An hundert Nächte, schlummerlos durchwunden, An Lager, die das Siechtum mir gebettet; An alles Gute, das ich hier verwettet, An alles Böse, das ich hier gefunden, So frag' ich oft, was außer Deinen Wunden Heut Du von hier, o trotzig Herz, gerettet? Nicht Menschen fandest du, nein, trockne Fratzen, Nicht Freunde fandest du, nein, kalte Spötter, Und wo sie freundlich schienen, falsche Katzen. Ein einzig Herz , das sandten mir die Götter, Doch eh' es kaum mir herzlich Freund geworden, Entführten sie es wiederum nach Norden. Widmung an Heinrich Friedberg Horch auf! Der Seiger rührte sich Und tut sich viermal schwingen, Mir ist zumut ganz tunnelich ! Ich muß ein bißchen singen! Zwar, daß ich véritablement Der Themis ernster Schüler, Das hast Du längst probablement Gehört von Loos und Mühler. Doch glaub' nicht alles, was ich schrieb In longo et in lato, Ich bin trotz Recht und Weisheitstrieb Noch ziemlich toll bis dato! Noch immer muß ich in dem Netz Des süßen Wahnsinns stecken, Es geht mit dem verrückten Götz Noch immer durch der Schecken. Die Verse, die ich lege bei Sequentibus figuris, Sie schmecken nach jeder Teufelei, Nur nicht nach corpus juris. Du aber magst nun sehr erbost Die kritische Nase rümpfen, Es bleibt mir ja der süße Trost: »Ich höre Dich nicht schimpfen!« Schluß Das Lied ging aus, der Tag zu Tal, Nun grüß' ich Euer fromm Gemahl, Und bitte dann: Vor Elf und Wolf Behüte Gott den kleinen Rolf! Auf der Heide Ein blutiges Lied! – es stirbt die Nacht, Aus der Heide jubelt der Wind der Schlacht! – Ihre Schwerter sind blau, ihre Banner rot, Und sie reiten hinein in den roten Tod Wohl über die breite Heide! Und einer voran, sein Streithengst fliegt, Sein Herz sich über den Wolken wiegt, Eine Rose blüht auf des Feindes Wall, Nach der Rose sieht er allüberall Wohl über die dunkle Heide! Sein Sporn ist scharf, sein Herz ist frisch, Die Blume, die blüht so zauberisch. Einen tüchtigen Satz und drauf und drein – »O Rose, Du mußt mein eigen sein!« – Vom Hufschlag donnert die Heide. Einen tüchtigen Satz! Die Kugel pfeift, Er greift nach dem Herzen, er wird geschleift. Der Hengst reißt aus mit dem Ritter wert, Daß blutendes Haar die Heide kehrt Die Heide, die rote Heide! – Der Mann bin ich, ich war einst jung, So trotzig mein Herz, so hoch sein Schwung. Mein freudiges Leben setzt' ich ein, Denn die Rose sollte gewonnen sein, Die herrliche Rose der Heide! Vorbei, vorbei, der Schuß traf vorn, O süße Rose, wie brennt Dein Dorn! Durch das Leben geschleift von Zorn und Qual, Wann steht das Roß, wann ruhst Du einmal, Mein Herz, tief unter der Heide? Das Reh! Romanze Ein Jäger ritt zum Buchenwald, Die Morgensonne schien, Ihm über'm Haupte wölbten sich Die Blätter goldig-grün. Und als er kam mit freud'gem Mut An den heimlich stillen See, Da sprang aus dunkelgrüner Flut Ein wunderschlankes Reh! Der Ritter warf den Speer von sich: »Wer täte Dir ein Weh?! Wohl aber fangen möcht' ich Dich, Du dunkeläugig Reh!« Durchs Dickicht brach sein Roß mit Macht, Voran das schöne Tier, Er ritt bis an der Waldesnacht Verborgenstes Revier. Im Eichenringe war ein Plan, Tiefgrün, wie ein Smaragd, Die Zügel zog der Ritter an Von freud'gem Schreck gepackt. Verschwunden war das scheue Reh, Wohl über Stein und Stock, Und vor ihm stand die Waldesfee Mit flutendem Gelock. In tiefen Augen zitterte Ein Meer von Lust und Weh, Die lange Wimper schattete, Wie Zweige über'm See. Sie schwebte leicht und zauberisch, Wie Wind auf Wellen tanzt; »Ich bin das Reh, nun schieße frisch, Und triff mich, wenn Du kannst!« Es ist ein altes Märchenlied, Das hat gar düst'ren Schluß: Daß, wer dem Reh ins Auge sieht, Verzaubert sterben muß. Der Ritter lag so totenbleich Und ist nie mehr erwacht, – Ich aber rate: Nehmet Euch Vor jedem Reh in Acht! Vorüber Im Dorfe gellt des Wächters Ruf, Ich fahre durch die schwüle Nacht, Den sprühenden Kiesel haut der Huf, Die dampfende Achse stöhnt und kracht. Ich fahr' an meiner Dame Schloß Vorüber in die Weite trüb. Ich darf nicht sagen: »Steh, mein Roß!« Und nicht: »Gut Nacht, mein süßes Lieb!« Du träumst, o Herrin! – träume süß Und träume uns ein beßres Glück! Ein Traum nur ist das Paradies Und jeder sel'ge Augenblick. Du träumst, o Herrin, – träume hold! Und breche nicht des Schlummers Kraft Der Wagen, der vorüberrollt Mit mir und meiner Leidenschaft! Nicht störe Dich mein Auge wild, Das brennend durch die Nächte sprüht! Nicht fließe in Dein Traumgebild Das wohllautlose Klagelied! Nicht störe Dich mein tobend Herz, Das ich im Busen halte kaum: Nicht würdig ist des Sünders Schmerz, Zu stören einen Engelstraum. Der Sturm ist los Der Sturm ist los, der Schiffer muß verzagen, Der kühne Mast bis auf die Flut gebogen, Indessen die erbarmungslosen Wogen Das tapfre Fahrzeug an die Riffe schlagen. Vorbei das Wollen und umsonst das Wagen, Der Wunsch begraben, das Gebet betrogen! Der Wirbel kreist, das Schiff ist eingesogen, Und drüber hin die schnellen Möven jagen. – So sank mein Leben im Gewoge nieder, Und über'm Schaum mit schrillendem Geklage Als weiße Möven schießen meine Lieder. Der Abgrund schweigt, die Welle murmelt trübe Und leise singt die Fei zum Wogenschlage: »Da drunten schlummert eine große Liebe!« Aus Liebesleid Die innre Glut macht zeitig alt, Meine Stirne wird schon faltig; Du aber göttliche Gestalt Bist ewig lichtgestaltig. Daß ich Dir nie gefallen mag, Mein Herz beginnt's zu ahnen, Was soll der süße Rosenhag Auf rauchenden Vulkanen? Es macht Dich scheu die düstre Kraft, Die meinem Aug' entfunkelt, Wenn mir das Deine märchenhaft Aus schattigen Wimpern dunkelt. Es macht Dich scheu der wilde Strom, Den meine Lippe flutet, Wenn jedes innerste Atom Verborgen zuckt und blutet. Recht hast Du! ich verdiene nicht Dein keusches Bild zu hegen; In meinem Feuer ist kein Licht, In meiner Kraft kein Segen. Ein wilder Wandrer ist mein Herz, Den niemand liebt und achtet, Bis er allein mit seinem Schmerz In Finsternis verschmachtet. Und dennoch! hättest Du gewollt! O reizendes Erinnern. Mir wäre dann so wild gerollt Der Strom in meinem Innern, Sein Ufer wäre ein Smaragd Und seine Flut kristallen, Er ließe Lieder stolz beflaggt Nach ewigen Meeren wallen. Dahin, dahin! es ist vorbei! Ich soll nicht mehr genesen Und jede edle Schwärmerei Ist knabenhaft gewesen. Doch wenn dies Herz in Asche stiebt Mit seinem letzten Liede, So denk': »Er hat mich sehr geliebt. Gott schenk' ihm endlich Friede!« [Du bist so rein, so schön und gut!] Du bist so rein, so schön und gut! Durchsichtig ohne Fehle Wogt eine heil'ge blaue Flut Im Auge Dir die Seele. Den Himmel auf der Stirne Dein, Wer darf ihn frevelnd trüben? Du bist zu schön, Du bist zu rein – Du wirst mich niemals lieben! Ich werde nie Dein Ideal Und nimmermehr Dir teuer. Du bist ein milder Sonnenstrahl Und ich ein wildes Feuer. Mag baden Deine Seele sich In spiegelreiner Helle, Bis Dir ein beßrer Mann als ich Melodisch rührt die Welle. Das sei ein Mann mit lichter Stirn, Der Deiner Liebe tauge, Der ganze Welten trägt im Hirn Und Sonnen trägt im Auge. Das sei ein Mann von Gott geweiht In Liebe und im Hasse, Der Deine ganze Seligkeit Im ersten Kuß umfasse! Ich aber – nun wer fragt nach mir? Vergessen und verschollen! Mir gilt es gleich, wo fern von Dir Sie mich begraben wollen. Die Welt hat Dichter nah und fern, Wird mich nicht lang beweinen. Du aber, wunderschöner Stern – Wirst einem andern scheinen! Venedig Ich bin so krank und sterben möcht' ich gerne Hier in Venedig, und begraben liegen In dieser Flut, dem Ruheplatz der Sterne! In jeder Nacht pfleg' ich mich drauf zu wiegen, Und ihrer Tiefe schwärzeste Geschichten Behorch' ich dann mit schaurigem Vergnügen. – Beschloß der Rat der Drei, geheim zu richten Ein Opfer, des Geschrei's im Volke wegen, Und galt's ein schnell und spurenlos Vernichten: Da glitt um Mitternacht, dem Mond entgegen, Die Gondel aus der Seufzerbrücke Schatten, So schwarz und still, wie alle Gondeln pflegen. Und lautlos durch Galeeren und Fregatten Kroch sie hindurch, bis wo des Meeres Enge Sich dehnt zu breiteren, smaragdnen Matten. Dort hielt sie still. Dann aber war's, als sprenge Ein dumpfer Fall die kaum bewegte Fläche, Und leise Kreise zitterten in Menge. Auch war's den Schiffern, die im Nachtgespräche An Lido's Ufern stellten ihre Stricke, Als ob ein Schrei im Wellenschlag zerbräche. Die stille Gondel aber schwamm zurücke, Wie sie gekommen, spurlos und verborgen, Und schwand im Schattenstreif der Seufzerbrücke: Doch der Verbrecher starb am andern Morgen . [Stets singt und jubelt der Venetianer] Stets singt und jubelt der Venetianer, Ihn stören kaum die Säulen alter Tage, Die ihn umragen, steinerne Ermahner! Hier schwimmt Musik im Silberwellenschlage Und die Piazza trieft von Licht und Leben, Verloren scheint die Sage und die Klage! Mich aber packt ein innerstes Erbeben, Seh' ich um dieses wimmelnde Gewürme Die alte Pracht ihr fürstlich Haupt erheben! Wie dumpfer Vorwurf tönt der Mund der Türme, Und von dem Meere durch des Löwen Mähne Ergeht ein Wehen längst verbrauster Stürme! Hinaus, hinaus, wie stille, schwarze Schwäne Ziehn dort die Gondeln, draußen ist es stille, Ich muß im Stillen weinen eine Träne: Venedig fiel, das war, o Herr, Dein Wille! – [Der alte Gondolier beginnt zu plaudern] Der alte Gondolier beginnt zu plaudern, Liebkosend, sanfter streichelt er die Fluten, Die leicht im kalten Mondenlichte schaudern! Indes verlodern der Piazza Gluten, Es ist, als hörte man in Tropfen leise Da Herz Venedigs durch die Stille bluten! Und mit gedämpfter Stimme spricht der Greise: »Wenn so der Vollmond durch die Kolonnade Der Dogen zittert, wie verloren Weise, Dann kommt entlang die schattende Arkade Ein schwarzes Weib, den schwarzen Zendel tragend, Und lehnt sich schweigend an die Balustrade. Darauf, den Schleier aus der Stirne schlagend, Hebt mit dem Antlitz sie, dem stolzen, bleichen, Zum Mond empor ihr dunkles Auge klagend. Und ob des Meers mondschimmernden Bereichen Erteilt sie so mit zärtlich bangem Blicke Aus schlanker Hand des Kreuzes Segenzeichen. Gesenkten Hauptes wallt sie dann zurücke, Und mancher meint, daß aus des Schleiers Welle Das goldne Horn der Dogenkrone blicke. Durchs Tor La Casta wandelt sie ins Helle, Und von der Riva Säulen sieht man schieben Sich eine Gondel, schlank wie die Gazelle. Noch auf der Puppa rückwärts stehn geblieben, Wirft auf die Löwenstadt die blasse Fraue Den letzten Blick mit schwermutsvollem Lieben – Dann schwimmt die Gondel rasch hinaus ins Blaue!« [Der alte Gondolier hört auf zu plaudern] Der alte Gondolier hört auf zu plaudern, Aus seinen Falten scheint es leis' zu rinnen, Durch ganz Venedig weht geheimes Schaudern. So ist's! – Du wardst entfernt und gingst von hinnen, Doch ängstlich kehrst Du heim mit frommer Treue, Dein Aug' zu weiden an den teuren Zinnen. Ich sah Dich schon, es war mit heil'ger Scheue; Denn Sonnenglorie schwamm um Deine Züge, Gold war Dein Mantel und Dein Thron der Leue! Die Welle kam, daß sie sich dienend schmiege An Deinen Fuß, Du trugst die Mauerkrone, Um ihre Zacken stob der Sturm der Siege! Vor seinem Hauche stürzten Kaiserthrone, Und hingeschmettert wimmerten die Heere Und sanken Flotten, stolze Amazone! So sah ich Dich im Schimmer höchster Ehre, Ein glücklich Weib, um das man gerne würbe – Nun aber schweifst Du einsam durch die Meere, Und niemand ist, der für Dich lebt' und stürbe! [Im Gondelkissen ruht der fremde Kranke] Im Gondelkissen ruht der fremde Kranke, Sich sonnend in der wundervollen Kläre, Da stürmt ihn auf ein tödlicher Gedanke: Und wenn ich wirklich nun gestorben wäre Und meines Dichtens unglücksel'ger Schatte Dahingeweht im Hauche dieser Meere, Dann kämest Du, die ich verloren hatte, Vielleicht hierher, Venedigs Glanz zu schauen, Und mit Dir käme ein geliebter Gatte! Ich sehe schon in Deinem Auge tauen Der reinsten Seele keuschestes Entzücken, So wie der Vollmond schwimmt im Dunkelblauen. Ich seh' Dich gehn mit wundersel'gen Blicken Durch diese duftgewobenen Arkaden, Die feenhaft sich ineinander stricken! Ich seh' Dich trunken dann im Glanze baden, Wenn der Piazza Feiernächte blinken Und ganz Venedig schwimmt in Serenaden. O stolzes Glück, Dein selig Ach zu trinken, Und Hand in Hand auf einem Meer zu schweben, Drin Mond und Sterne jubelnd untersinken. Doch mitten in dem farbenreichsten Leben Soll sich vor Dir ein längst vergess'ner Name, Des armen Träumers bleich Gespenst erheben! Und sprechen soll es mit melod'schem Grame, Wie ferner Wellen klagendes Getose: »Laß mich Dein Führer sein, o schöne Dame! Bis zu des Abgrunds muschelreichem Moose Kenn' ich Venedig und ich will erschließen Den tiefsten Kelch Dir dieser Meeresrose. Als man mich damals riß von Deinen Füßen, Da sucht' ich noch dies Ufer zu erreichen, Um meinen Schmerz erhaben zu genießen! Hier prangt der Tod mit tausend Siegeszeichen, Doch ew'ge Schönheit strahlt von seiner Hippe, Und wölbt sich glorreich über stolzen Leichen! Es wirft die Kunst um bleichende Gerippe Ihr Purpurkleid im reinsten Farbentone, Bis daß sie lächeln, süß wie Deine Lippe! – Sprich! bin ich nicht ein guter Cicerone? Wie blüht Venedig! Doch der Hauch der Grüfte Wogt fast berauschend aus der Blumenkrone. Durch all' den Jubel goldgestirnter Lüfte.« [Kannst Du das Leben nicht lebendig leben] Kannst Du das Leben nicht lebendig leben, Statt über diesen feuertrunknen Farben Auf schwarzen Fittich alten Grams zu schweben? Venedig fiel und seine Helden starben! – Doch sieh, der Markusplatz ist lauter Feuer Und wirft ins Wasser tausend Strahlengarben. Hier schwimmt die Lust und wirft hinweg das Steuer, Hier wehn der Schönheit jugendliche Lichter Um alter Meister herrlichstes Gemäuer. Da unten aber wogt es dicht und dichter; Und zwingt Dich nicht zum reizenden Vergessen Die Lebensfülle strahlender Gesichter? Der tiefe Himmel wölbt den Platz indessen Mit Amethyst zum säulenstolzen Saale, In keinem schönern bist Du je gesessen! – Umsonst, umsonst! Mein Auge schmerzt vom Strahle, Mein Herz ist müd – laß schnell Dein Ruder triefen, Mein Gondolier, hinab den Gran Canale! Wenn Licht und Lärm sich hinter uns verliefen, Dann kann mein Aug' auf Mondeswellen schweifen In öder Fenster schwermutsvolle Tiefen! Hier weht von wundervollen Säulenknäufen Der Schwermut Schlingkraut über Tor und Mauer, Hier kann mein Herz im Stillen blühn und reifen! Nicht kam ich her zu diesem Wonneschauer, Venetia, daß kurzer Glanz mich bade, Ich kam zu Dir, zu teilen Deine Trauer! Kein Fenster klirrt auf meinem öden Pfade, Und nur die Welle, träumerisch und trübe, Spielt an Venedigs marmorne Gestade Mit leisem Schlag ein Lied – verlorner Liebe! [Venedigs Tochter mit dem schönsten Busen] Venedigs Tochter mit dem schönsten Busen, Wie sie gemalt die Kunst des Veronesen, Was ist für Dich der fremde Sohn der Musen? Ich sage Dir, es ist ein Tag gewesen, Wo nicht umsonst mich so Dein Aug' betrachtet, Das Köstlichste hätt' ich herausgelesen! Ich weiß recht gut, wenn's im Canale nachtet, Wie man sich schwingt zu maurischen Geländern, Wo hinter Blumen solch ein Auge schmachtet! Süß ist es dann ins Meer hinauszuschlendern, Und Stirn an Stirn im Mondenstrahl zu stützen: – Die Lieb' ist schön in diesen schönen Ländern! Du siehst indes das Ruder Perlen spritzen Und leichter Seewind kühlt der Wange Flamme; – Doch all den Reichtum darf ich nicht besitzen! Es ist ein kaltes Land, woher ich stamme, Und kalte Augen werden mich begrüßen, Doch sieh! schon liegt mein Schiff am Hafendamme! Mein Herz will möwengleich durch Meere schießen, Und über Alpen kriecht es auf den Knieen, Damit's daheim getreten sei mit Füßen – Doch mir, Signora, sei von Dir verziehen! [So fahre wohl, Venetia] So fahre wohl, Venetia, Es donnert das Signal! Die Woge spricht vom Märchenglanz Mir ach! zum letztenmal! Hab' treuen Dank, Du Meeresfee, Für Deine reiche Huld, Und, daß ich nicht vergessen kann – Es war nicht Deine Schuld. Schwarzäugige Venetianerin, Die in der Gondel liegt, Indes das prächtige Gelock Im Wellenwinde fliegt, Es spielt Dein Finger in der Flut, Dein Auge flammt mich an – Und wenn ich hier nicht glücklich war, Du bist nicht schuld daran. Glorreiche Kunst, die, perlengleich, Im Meeresschoß gereift, Prachtvolle Schwermut, fahre wohl, Die hier so üppig träuft! Wie reizend bist Du, Stern der See! Aus Norden weht es kalt! Wer hier Vergessen nicht gelernt, Der lernt es nicht so bald! [Venedig schwindet in des Meeres Düften] Venedig schwindet in des Meeres Düften, Schon rankt sich farbig in Gewind' und Lauben Des Herbstes Rebe über samtnen Triften. Der erste Staub beginnt am Weg zu stauben, Und fast verwundert hör' ich wieder Pferde Nach langer Zeit im Morgenwinde schnauben. Doch fast erbittert mich die grüne Erde! – Du edle Stadt aus Wasser und aus Steinen, Weiß Gott, wann ich Dich wiedersehen werde. Als wie ein Traumbild willst Du uns erscheinen, Und wie ein Traumbild seh' ich Dich verwehen, Und schaue nach und möcht' am liebsten weinen! Denn wer gehört das Lied der Meeresfeen, Der starrt so lang' ins feuchte Aug' der Tiefe, Bis er versinkt – und wird nicht mehr gesehen! Und wenn mich nicht ein andres Auge riefe, So scheu und tief, wie Adria's Gewässer, Geblieben wär' ich, bis mein Herz entschliefe – Und nirgend schläft ein müdes Herze besser! [Und weißt Du, was 'ne Gondel ist] Und weißt Du, was 'ne Gondel ist, Und wie sich's drinnen wiegt? Ein Ding, das kaum die Woge küßt, Wenn's zierlich drüber fliegt! Sie schwebt so gleich, Du ruhst so weich, Der Äther liegt im Meer, Du denkst, Du schwimmst im Himmelreich, Die Sterne um Dich her! Sei mir gesegnet, schwarzer Schwan, Wie hast du mich verwöhnt – O weh! das ist die Eisenbahn, Ha, wie das keucht und stöhnt! Das Ohr ist taub, das Herz ist matt, Nun rumpelt es von dann' – Und wer das Ding erfunden hat, Der war – ein großer Mann! An Victorie Für Deine wundervolle Mild' und Güte, Wie könnt' ich jemals hoffen, Dir zu danken! Ich kann nur beten, daß Dich Gott behüte! Du saßest standhaft bei dem wilden Kranken Und hörtest an und suchtest zu beschwichten Des wunden Herzens stürmische Gedanken. So kennst Du denn mein Denken und mein Dichten, Ich ließ Dich schaun bis auf den Grund der Welle, Du kennst mich ganz; Du wirst zu streng nicht richten! Es rollt mein Blut in mehr als deutscher Schnelle, Und viel gesündigt hat dies Blut zu Zeiten; Doch bin ich sonst ein ehrlicher Geselle. Ich konnte selten nur dies Blut bestreiten, Geschrieben steht in diesem Buch mit Flammen Die lange Kunde meiner Trunkenheiten. Doch Du bist gut und wirst mich nicht verdammen.