Ständchen Mein Liebchen, komm, uns beiden Ist wohl, wenn der Abend scheint. Es hat der Tag beim Scheiden Sein Auge rot geweint. Die allertiefste Bläue Umduftet den Bergeswall, Und wie in süßer Scheue Murmelt der Wasserfall. Lautlos die Flügel regend Hinschwimmt des Winters Flug, Das ist der entschlafenden Gegend Duftflutender Atemzug. Er macht die Welle nicht schüttern, Er streicht ihr Haar nur glatt; Er läßt die Blätter nicht zittern, Er küßt nur jedes Blatt. Die Blumen traumhaft schwanken Und atmen wollustschwer, Es flattern Märchengedanken Um ihre Häupter her. Der Baum mit allen Zweigen Zum Himmel blickt er stät, Er spricht in seligem Schweigen In sich sein Nachtgebet. Mein Liebchen, komm, das Glutmeer Ist hinter die Berge gerollt Und wirft noch über die Flut her Sein letztes Streifchen Gold; Mein Liebchen, komm, es nachtet, Tau schlürfen die Rosen fromm, Mein Mund nur dürstet und schmachtet, Mein Liebchen, komm, o komm!