3. Entsagung 1790. Meine Früchte sind gebrochen, Meine Rosen sind gepflückt, Und das letzte, frohe Pochen Dieses Herzens ist erstickt; Dieses Herzens, das so innig Seine Lieb' um alles schlang, Seinen Haß so gern versang, Nur vielleicht zu eigensinnig Gegen Sturm und Fluten rang. Was, o Herz, hast du errungen? Wo ist dein gelobtes Land? Deine schönsten Huldigungen Nahm die Hoffnung an – und schwand. Nun ist dieser Mut geschieden, Der so stolz die Flügel schlug, Und auf seinem Adlerflug Meine Seel' und ihren Frieden Mitten durch die Stürme trug. Dich nur kenn' ich noch, o Freude, Die du dem Geräusch entweichst, Und zur dunkeln Thränenweide Gern mit deiner Wehmut schleichst. Dort umwankt mich noch ein Schimmer, Wie ein Geist aus toter Welt, Der sich still zu mir gesellt, Und im Dunkellicht die Trümmer Der Vergangenheit erhellt. Alles ist vorüberfliehend. Weinend reißt sich aus dem Schoß Eines Lebens, das so blühend Sie umfing, die Seele los. Unter frommen Nachtigallen Ist mein schönster Traum verhallt; Wachend seh' ich jetzt: der Wald Wird, wenn seine Blätter fallen, Heller wird er, aber kalt. Über Gegendruck und Mängel Flog ich hin, mit Lust und Scherz; Alle Menschen waren Engel, Alle lud ich in mein Herz. Alles, alles fühlt' ich leiser, Was das Leben niederdrückt, Leicht befriedigt, leicht entzückt: Jetzt bin ich ein wenig weiser Und viel weniger beglückt. Junge, heitre Wünsche traten Hin vor meine Phantasie, Die für alles, was sie baten, Ihnen Zuversicht verlieh; Furchtlos, irgendwo zu stranden, Schifften sie den Strom der Zeit, Unter scherzendem Geleit, Rasch und fröhlich hin, und fanden Nicht das Land der Seligkeit. Doch war schön die Zeit der Blüte, Schön die Thyrsusschwingerin; Hold, wie lauter Lieb' und Güte, Froh, wie lauter Lebenssinn, Warf sie freundlich auf den Reigen Meiner Stunden ihren Kranz; Angethan mit ihrem Glanz, Hielten unter Rosenzweigen Glaub' und Hoffnung ihren Tanz. Glaub' und Hoffnung, immer leiser Schlichen sie von mir sich fort; Meine schönsten Lebensreiser Sind von mir hinweg gedorrt. Und die Welt? – ach! die Geschichte Ist der Wiederhall der Zeit, Die sich mit sich selbst entzweit. Komm', mein Herz, o komm' und flüchte In den Schoß der Einsamkeit. Wird die Welt uns noch vermissen, Wenn in ihr uns nichts genügt? Wenn der Fremdling, abgerissen, Wie ein dürrer Zweig da liegt? – O, dann muß er scheiden lernen! Hier ist nicht das Land der Ruh! Armer Pilger, steure du, Unter ausgelöschten Sternen, Tröstender Entsagung zu. Kein verzagendes Gewinsel Zögre deinen raschen Lauf; Eine stille Friedensinsel Nimmt dich endlich schirmend auf. Doch, ihr fernen Huldgestalten, Ihr verlaßt den Fremdling nicht; Ihr seid ihm ein stilles Licht, Wenn die finstern Stürme walten, Und das morsche Fahrzeug bricht.