Tirso de Molina Der Spötter von Sevilla und der steinerne Gast (El Burlador de Sevilla y Convidado de Pietra) Personen Personen: Don Diego Tenorio, Oberkammerherr des Königs von Kastilien. Don Juan Tenorio, dessen Sohn. Catalinon, Don Juans Diener. Der König von Neapel. Herzog Octavio. Marques Don Pedro Tenorio, Don Juans Oheim, kastilischer Gesandter am Hofe zu Neapel. Marques de la Mota. Don Gonzalo de Ulloa, Großkomtur des Ordens von Calatrava. Don Alonso (Alfonso XI.), König von Kastilien. Herzogin Isabella. Doña Anna, Don Gonzalo's Tochter. Tisbea, Belisa, Fischerinnen. Aminta, Belisena, Bäuerinnen. Anfriso, Coridon, Fischer. Gaseno, Aminta's Vater. Patricio, Aminta's Bräutigam. Fabio, Isabella's Diener. Ripio, Octavio's Diener. Eine alte Zofe der Doña Anna. Sänger, Diener, Wachen, Fischer, Landleute, Hofherren. 1. Akt 1. Szene Erster Auftritt. Zimmer im königlichen Palast zu Neapel. Don Juan Tenorio. Isabella. Herzog Octavio, dieser Ausgang ist Der sicherste. Ich schwör' euch, Herzogin, Aufs neu: mein Wort erfüll' ich am Altar. Mein Stolz sei eure Treu' und ächte Liebe! Mein Glück sei, euch zu lieben! Theure, ja! Ich hol' ein Licht. Was soll's? rasch ein Licht holend. Mein Auge soll Mein Glück bezeugen. schlägt ihr den Leuchter aus der Hand. Und ich lösch' es aus. O Himmel! Mann, wer bist du? Wer ich bin? Ein namenloser Mann. Wie? bist du nicht Der Herzog? Nein. Herbei, herbei, ihr Leute Vom Schloß! Halt, Herzogin! gieb mir die Hand! Halte mich nicht, Verruchter! Auf, ihr Leute Des Königs! Wache! 2. Szene Zweiter Auftritt. Die Vorigen. Der König von Neapel, ein Licht in der Hand. Was ist das? Der König! Weh mir! Verhüllt sich. Wer bist du? sich in den Mantel bergend. Wer denn soll es sein? Ein Mann, ein Weib. für sich. Hier gilt es Muth und Klugheit. Laut. He, Wachen! hier, nehmt diesen Mann gefangen! Weh der verlornen Ehre! 3. Szene Dritter Auftritt. Die Vorigen. Don Pedro Tenorio. Wachen. Hoher Herr, So lauter Lärm im fürstlichen Gemach? Was ging hier vor? Euch brauch' ich grad, Don Pedro Tenorio. Nehmt mir diese Zwei in Haft! So kurz ich bin, so gründlich sollt ihr sein. Erforscht, wer Beide sind; doch insgeheim Soll es geschehn, denn ich vermuthe Böses. Säh' ich mir selbst die Sache an, dann bliebe Nichts übrig mir, als klar darin zu sehn. Ab. 4. Szene Vierter Auftritt. Isabella. Don Pedro. Don Juan. Wachen. Ergreift ihn! Ha, wer wagt's? Ich kann das Leben Verlieren; doch verkauf' ich es so theuer, Daß es noch Manchen reuet. Tödtet ihn! zieht. Wer täuscht euch? Sterben will ich eher! denn Ich bin ein Edelmann, bin vom Gefolge Des spanischen Gesandten; ihm allein Ergeb' ich mich. – – Geht all' bei Seite; geht Mit diesem Weib dort in das Zimmer. Wachen ab mit Isabella. 5. Szene Fünfter Auftritt. Don Juan. Don Pedro. Jetzt Sind wir allein; hier zeige deinen Muth. Muth hab' ich, Oheim; doch nicht gegen euch. Sag', wer du bist. Ich sagt' es schon; dein Neffe. Enthüllt sich. O weh, mein Herz! ich fürchte Frevelthat. Was thatest du, Feind meiner Ruh? Warum Hier so verhüllt? Sag' eilg, was es giebt. Ha, Frecher! morden möcht' ich dich, Rebell. Sprich jetzt! Mein Herr und Ohm, ich bin ein Jüngling; Ein Jüngling warst auch du. Du kennst die Liebe; Drum finde meine Lieb' Entschuldigung. Und weil du Wahrheit mich zu sagen zwingst, So hör'; ich will sie sagen: Isabella, Die Herzogin, hab' ich getäuscht, gebrochen Der Liebe Frucht ... Hör' auf; halt ein. Wie hast Du sie getäuscht? Sprich leise, oder schweig. Ich gab mich für den Herzog, für Octavio ... Nicht weiter! Schweig; genug! Für sich. Ich bin verloren, Wenn es der König hört. Was soll ich thun? List soll mir helfen in so bösem Handel. Laut. Sprich, Bube: war's dir nicht genug, daß du Gewaltsam solchen Frevel schon geübt In Spanien einst an einem edlen Weibe; Jetzt in Neapel auch, im Schloß des Königs, An solcher hohen Frau? Gott strafe dich, Amen! – Dein Vater sandt' aus Spanien Dich nach Neapel, wo das schäumende Gestade des ital'schen Meers dich aufnahm, Erwartend für so gastlichen Empfang Den Zoll der Dankbarkeit; und du besteckst Des Landes Ehr' in solcher hohen Frau! – – Doch hier ist jede Zögerung Verderben; Was willst du thun? Entschuldigung verschmäh' ich, Denn eine schlimme hätt' ich euch zu geben. Mein Blut ist eures: nehmt es hin; es zahle Die Schuld. Zu euren Füßen biet' ich mich; Hier ist mein Schwert. Steh auf und zeige Muth; Von deiner Demuth fühl' ich mich besiegt. Wirst du hier vom Balkon zu springen wagen? Ich wag' es; Flügel giebt mir deine Gunst. So rett' ich dich. Du gehst nach Mailand oder Sicilien, wo du im Verborgnen lebst. Ich thu' es ungesäumt. Gewiß? Gewiß. Und meine Briefe melden dir alsbald, Wie sich entwickelt dieser böse Handel, Den du verschuldet. für sich. Mir zur Lust gedieh er. – Laut. Ja, schuldig war ich, und gesteh's. Dich täuscht Dein Jugendmuth. – Hinunter vom Balkon! für sich. Voll Jugendmuthes, der mich nimmer täuscht, In sichrem Hoffen jetzt – – nach Spanien! Ab. 6. Szene Sechster Auftritt. Don Pedro. Der König. Schon hab' ich dein gerechtes Machtgebot Vollführt, mein hoher Herr; der Jüngling – – Starb? Er ist dem Racheschwert entflohn. Wie das? So kam es: kaum war dein Befehl gesprochen, Als, ohn' Entschuldigung zu suchen, rasch Er nach dem Schwerte griff. Er wirft den Mantel Um seinen Arm; mit kühner Schnelle dringt Er auf die Wachen ein; den Tod schon nah Erblickend, kämpft er sich hindurch und schwingt Sich vom Balkon hinunter in den Garten. Ihm folgen deine Leute rasch; und wie Sie durch die Thüre dringen, finden sie Ihn mit dem Tode kämpfend. Aber wie Sich eine Schlang' entringelt, springt er auf; Und unter ihrem Ruf: Er sterb', er sterbe! Enteilt er, blutgebadet sein Gesicht, Mit jähem Heldenmuth, daß mich Bestürzung Ergriff. – Das Weib, – 's ist Isabella, Herr; Ich seh' dich staunen bei dem edlen Namen! – Dort ins Gemach sich bergend, sagt, es sei Herzog Octavio, der durch Trug und List Sie überwand. Was sagst du? Herr, ich sage, Was sie mir selbst bekannt. Ach arme Ehre! Wenn du des Mannes Seele bist, warum Vertraut man dich dem unbeständ'gen Weib, Das doch der Leichtsinn selber ist? – He da! 7. Szene Siebenter Auftritt. Der König. Don Pedro. Ein Diener. Mein hoher Herr? Bringt vor mein Angesicht Mir jenes Weib. Schon kommt mit ihr die Wache. 8. Szene Achter Auftritt. Die Vorigen. Isabella. Wache. für sich. Mit welchen Augen schau' ich auf zum König! Entfernt euch! Hütet des Gemaches Thür. Wache und Diener nach dem Hintergrund. Sprich, Weib! welch Mißgeschick, welch böser Stern Riß dich dahin, daß du, so schön und stolz, Entweihtest meines Schlosses Schwelle? Herr! ... Schweig! denn die Zunge kann den Frevel nicht Vergolden, den du mir zum Hohn begingst. Herzog Octavio war es also –? Herr! Nicht hilft die Macht, nicht Wachen, Diener, Mauern, Noch wohlbewehrte Zinnen gegen Liebe; Die Macht des kind'schen Gottes dringt ja selbst Bis zu den Todten! – Augenblicks, Don Pedro Tenorio, führt sie ins Thurmverließ! Dann laßt den Herzog insgeheim verhaften; Ich werd' ihn zwingen, ihr sein Wort zu halten. Herr, wendet euer Angesicht zu mir! Habt hinter meinem Rücken ihr gesündigt, So wend' ich strafend euch den Rücken zu. Ab. 9. Szene Neunter Auftritt. Isabella. Don Pedro. Wachen. Kommt, Herzogin! Nie giebt's Entschuldigung, Die mein Vergehen tilge; doch der Fehler Ist minder groß, wenn ihn Octavio bessert. Alle ab. 10. Szene Zehnter Auftritt. Wohnung des Herzogs Octavio. Herzog Octavio. Ripio. So früh erhebst du dich vom Lager, Herr? Ach! keine Ruhe kann das Feuer dämpfen, Das Lieb' in meinem Herzen hat entflammt! Denn Liebe ist ein Kind: sie sehnt sich nicht Nach weichem Bett, zu ruhn in weichem Linnen, Bedeckt von weißem Hermelin; sie legt Sich nieder, doch sie ruhet nicht; sie will Früh wachen stets, und aufstehn nur zum Spielen. Denn spielen will sie, als ein Kind. Gedanken An Isabella scheuchen meine Ruh; Denn da sie stets in meiner Seele lebt, So geht mein Körper stets umher als Wache, Anwesend oder gegenwärtig hütend Die Burg der Ehre. Deine Liebe, Herr, – Verzeih mir, – ist ein unvernünftig Ding. Was sagst du, Thor? Ich sag': 's ist unvernünftig, Zu lieben, wie – – du liebst. Willst du mich hören? Nun denn? Nun denn: liebt Isabella dich? Ha, Dummkopf, darfst du das bezweifeln? Nein; Doch wollt' ich fragen. Und du liebst sie auch? Ja. Nun, bin ich ein Pinsel nicht (wenn auch Von hohem Adel), wenn ich den Verstand Für die verliere, die ich lieb', und die Mich liebt? Wenn ihr so völlig gleich euch liebt, Wer hindert, daß ihr gleich zur Trauung geht? 11. Szene Elfter Auftritt. Octavio. Ripio. Ein Diener. Der spanische Gesandte steigt soeben Im Thorweg ab; mit zürnend rauhem Ton Begehrt er, dich zu sehn; und wenn ich recht Gehört, so hör' ich von Verhaftung reden. Verhaftung? und weswegen? – Laßt ihn ein. Der Diener ab. 12. Szene Zwölfter Auftritt. Die Vorigen. Don Pedro. Wachen. Ei! wer so sorglos schlummern kann, hat wohl Ein rein Gewissen. Wenn eur' Excellenz So durch Besuch mich ehrt, darf ich nicht schlummern; Ich wachte lebenslang um solche Gunst. Doch wozu euer Kommen, und warum? Der König hat mich hergesendet. Wenn Mein Herr und König jetzo meiner denkt, Gebührt sich's, daß ich ihm das Leben opfre. Sagt, welch ein Stern hat über mir gewaltet, Daß sich der König mein erinnerte? Nein, Herzog; euer Unstern wollt' es so. Des Königs Abgesandter komm' ich her, Und seine Botschaft bring' ich euch. Marques, Mein Herz ist ruhig. Sprecht; ich steh' erwartend. Die Wachen ziehen sich auf einen Wink Don Pedro's zurück. Euch zu verhaften, hat der König mich Gesandt; erschreckt nicht. Ihr nehmt auf Befehl Des Königs mich gefangen? Welcher Schuld Bin ich bezichtigt? Besser wißt ihr das, Als ich; doch täusch' ich mich, hört die Enttäuschung, Und weshalb mich der König hergesandt. – Des Himmels schwarze Riesen hatten früh Zusammen schon gerollt die düstern Zelte, In Eile vor der Morgendämmerung Entfliehend, Wolke strauchelnd über Wolke: Und noch befand ich mich bei Seiner Hoheit, Verhandelnd manch Geschäft; es sind ja stets Die großen Herrn der Sonne Antipoden. Da hören wir den Angstschrei eines Weibes; Das Echo, durch die hehren Wölbungen Vertausendfacht, ruft: Hilfe! Bei dem Schrei'n Und Lärmen eilt der König selbst hinzu, Und findet Isabella in den Armen – – Wohl eines Manns von hohem Rang; ja wer Sich an den Himmel also frevelnd wagt, Ist ein Gigante, ist ein Ungeheuer. Der Fürst befahl mir, Beide zu verhaften, Und ließ mich mit dem unbekannten Mann. Ich eilt', ihn zu entwaffnen; doch mich dünkt, Es hab' in ihm ein Teufel menschliche Gestaltung angenommen; denn gleichwie In Rauch und Staub verwandelt, stürzt' er sich Vom Fenster zu den Ulmen nieder, die Die reichen Säulen des Palasts bekrönen. Die Herzogin ließ ich verhaften; und In Aller Gegenwart sagt sie, es sei Herzog Octavio, der des Gatten Recht Bei ihr geübt. Was sagt ihr? Was bereits Der ganzen Welt bekannt, was klar bewiesen, Was Isabella tausendfach ... Laßt mich! O sagt mir nicht so gräßlichen Verrath Von Isabella! – – – Doch wenn ihre Ehre Nur Täuschung war? – – Fahrt fort. Was schweigt ihr? Habt Ihr Gift für mich, ein festes Herz zu brechen, So kann ich sagen, jetzo ahm' ich nach Der fabelhaften Viper, die durch's Ohr Empfängt, um zu gebären durch den Mund. – Ist's wahr, mein Herz, daß Isabella mich Vergessen hat, um mich zu morden? Ja! Denn ach! das Gute schläft, das Böse wacht. Mein Herz hat nun nichts mehr zu fürchten; ja, Darin erkenn' ich eines Weibs Gelüste! O welch ein herbes Weh, daß all dies eindrang Mir ins Bewußtsein, und das Ohr vernahm, Was durch des Auges Zeugniß wird beglaubigt! Ist's möglich, Herr Marques? hat Isabella Mich so getäuscht, gespottet meiner Liebe? Unmöglich scheint's. O Weib! o schreckliches Gesetz der Ehre! – Gegen wen mich wenden? – – – Doch ist nicht deine Ehre ein Betrug? – – Im Schloß ein Mann, zu Nacht, bei Isabella! Ich werde toll! So wahr in Lüften Vögel Und Fische sind im Meere, die da allen Vier Elementen wechselnd angehören; So wahr im Ruhm ist Wonne, Treu' in Freunden, Und Dunkel in der Nacht, und Licht im Tage: So wahr ist Wahrheit, was ich euch gesagt. Schon glaub' ich euch. Nichts kann mich mehr erstaunen: Das treuste Weib ist nur ein Weib. Ich kann Nicht zweifeln; meine Schmach ist offenbar. Da ihr erfahren seid und klug, so wählt, Was euch am besten sei. Abwesenheit Gewährt vielleicht mir Heilung. So ergreift Das Mittel rasch. Nach Spanien will ich segeln, Und enden dort mein Leid. Durch's Gartenthor Entgeht ihr der Verhaftung, die euch droht. O Wetterfahne! o gebrechlich Rohr! Mir schwillt das Herz in Wuth. In fremde Lande Treibt mich's, um deiner Tücke zu entfliehn. Leb wohl, mein Vaterland! Bei Isabella Ein Mann im Schloß! o Gott! ich werde toll. Beide ab. 13. Szene Dreizehnter Auftritt. Meeresufer bei Tarragona. eine Angelruthe in der Hand. So vieler Mägdelein Jasmin- und Rosenfüßchen Am Strand hier küßt die Welle, Von allen doch allein Bin ich nur frei der Liebe, Bin ich allein beglückt; Und strengen Sinns verschmäh' ich Ihr Band, das Thoren drückt. Hier, wo die Sonne grüßend Vom Schlaf die Wellen weckt, Und heitres Blau sie anlacht, Wenn Dunkel sie geschreckt; Im zarten Sand des Ufers, Der bald wie Perlen sprüht, Und bald wie Sonnenstäubchen Vom Gold der Strahlen glüht; Hier lauschend auf der Vöglein Zärtliche Liebesklagen, Und auf der Quellen Wettstreit, Die durch's Gestein sich jagen; Bald mit der Angelruthe, Die schwankend sich gebogen Vom Fang des dummen Fischleins, Das zappelnd peitscht die Wogen; Bald mit dem breiten Netze, Das Alles fängt zumal, Was in den dunkeln Wellen Tief wohnt im Muschelsaal: Hier kann in Ruh die Seele Der Freiheit Lust erwerben; – Des Basilisken Liebe Kann ja kein Gift verderben! – Und wenn der Mägdlein tausend Vergehn in Liebesleid, Wie ich sie All' verlache, So bin ich Aller Neid. O Glück, daß du mich, Liebe, Schonend vorübergehst! Wenn du nicht gar mein Hüttchen, Weil es so klein, verschmähst. Nur Obelisken zieren's Von Stroh, ländliche Kronen, Wo tolle Turteltäubchen, Cicaden traulich wohnen. In Stroh hüll' ich die Ehre, Wie Frucht, von Saft geschwellt; Wie Glas in Stroh man hüllet, Damit es nicht zerschellt. Die Fischer all, die schützet An diesem Silberstrande Das kühne Tarragona Vor der Piraten Bande, Entzück' ich und verschmäh' ich, Fühllos bei ihren Plagen, Grausam bei ihrem Flehen, Ein Fels bei ihren Klagen. Anfriso, dem vor Allen Des Himmels mächt'ge Hand An Leib und Seele Gaben In Fülle zugewandt; Gewohnt, nur karg mit Worten, Mit Thaten reich zu zahlen, Verschmähung sanft zu tragen, Und still zu dulden Qualen: – In eisiger Nacht umschweift er Mein schweigendes Gemach, Verjünget, trotz dem Winter, Mein strohbedecktes Dach; Mit grüner Ulmen Zweigen Schmückt er es mannigfach: So wacht es auf, umgürtet Von Liebesschmeichelei. Bald auch mit süßer Zither Und klingender Schalmei Bringt er mir manches Ständchen; Doch bleib' ich Eis dabei. Die Liebe streng beherrschend, Tyrannin aller Herzen, Ist Wonne mir sein Leiden, Und Stolz mir seine Schmerzen. Die Mädchen all ersterben Um ihn in Liebesnoth; Ich gebe durch Verschmähung Allstündlich ihm den Tod. 'S ist ja die Art der Liebe, Daß man nach Herzen trachtet, Die hassen, und verschmähet Ein Herz, das glühend schmachtet; Sie stirbt, wenn man ihr schmeichelt, Lebt, wenn man sie verachtet. So leb' ich froh, weil nimmer Von Schmeichelei bethört, Die Jahre meiner Jugend Kein Pfeil der Liebe stört. – – Doch nicht mit loser Rede Will ich die Zeit verbringen, Nicht meine Arbeit stören Mit so unwicht'gen Dingen. Ich geb' zum Spiel den Lüften Der Angel dünnes Rohr; Dem Mund des blöden Fischleins Werf' ich den Köder vor. – – Doch sieh! zwei Männer springen Aus jenem Schiff ins Meer, Eh es die Flut verschlinget. Von dorten kam es her; Nun hängt es an den Klippen, Vom Strudel umgetrieben. Wie sein Verdeck, sein Prachtbau, Im Augenblick zerstieben! Die Flut dringt ein zur Seite; Sein Mastkorb geht verloren: Den haben sich die Winde Zum Wohnsitz auserkoren; Fürwahr, ein rechter Wohnsitz Für derlei wilde Thoren! hinter der Bühne. Ich sinke! helft! Ein Jüngling Bewältigt kühn die Flut, Dem Rufenden zu helfen; O edler Heldenmuth! Er nimmt ihn auf die Schultern; Als ein Aeneas er, Als ein Anchises Jener, Wenn Troja ist das Meer. Er theilt mit Kraft die Wogen; Das nenn' ich kühn geschwommen! Doch seh' am Strand ich Niemand, Seh' keine Hilfe kommen. Herbei, Anfriso, Alfred, Tirseo! helft! Mich sehen Die Fischer dort; o könnten Sie meinen Ruf verstehen! – O Wunder! Beide landen; Doch sinkt ohn' Athemzug Der Jüngling; Jener lebet, Den er ans Ufer trug. 14. Szene Vierzehnter Auftritt. Tisbea. Catalinon, Don Juan in den Armen tragend. Ei potztausend, welch Gewässer! Und wie salzig schmeckt das Meer! Ja, wer gern geborgen wär', Hier im Trocknen schwimmt sich's besser; Draußen, wo die Todeswellen Stürmen, ist's ein Narrenspiel. – Dort, wo Wassers quillt so viel, Ließ' Gott so viel Weins doch quellen! Herr! – – Er liegt in Eises Starrheit. Herr! – – Ist er gar mausetodt? Ach! das ist des Meeres Noth; Das ist meine eigne Narrheit. Fluch auf ihn, der gottvergessen Fichten sät' in Meereswellen, Und mit schwachem Kiel die schnellen Bahnen hat zuerst durchmessen! Jason sei verflucht fortan! Typhis sei verflucht desgleichen! – Muß mein Herr so früh erbleichen! – Was beginn' ich armer Mann? Weh! wer konnte das vermuthen! Mann, der du mit Jammerstimme Klagst, was hast du? Vieles Schlimme, Mangel auch an vielem Guten Mich zu retten aus dem Meer, Litt mein Herr den Tod; sieh her! Nein, er athmet noch. Fort! fort! Heiß hieher die Fischer eilen, Die in jener Hütte weilen. Kommen sie denn auf mein Wort? Du wirst sehn, sie kommen gern. Catalinon will gehen. Doch wer ist er? sprich, erwiedre! Dieser Jüngling ist der biedre Sohn des Oberkammerherrn Unsers Königs; und wir waren Nach Sevilla just gefahren, Wo des Königs Hoheit wohnt; Und bald werd' ich Graf mich nennen, Wenn er mir nach Würden lohnt. Will gehen. Seinen Namen möcht' ich kennen; Sprich. Don Juan Tenorio heißt er. Rufe meine Leute! Gleich! Ab. 15. Szene Fünfzehnter Auftritt. Tisbea. Don Juan. nimmt seinen Kopf auf ihren Schooß. Edler Jüngling, anmuthreich! Athmet, sammelt eure Geister! Sprecht! Wo bin ich? In den Armen Eines Weibes; könnt's ja sehn! Sollt' im Meer ich untergehn, So zum Leben zu erwarmen? Nicht mehr fürcht' ich, zaghaft, feige, Daß ertränke mich die Welle, Da ich aus des Meeres Hölle Auf zu eurem Himmel steige. Ja, darum hat der Orkan Meines Schiffes Kiel zerschlagen, Euch zu Füßen mich zu tragen, Die mir Schutz und Heil fortan. Ei, viel sprecht ihr auf ein Mal, Ihr, dem ja der Athem fehlte! Da euch Meeressturm erst quälte, Habt ihr wieder Sturm und Qual. – Doch wenn Pein die Wogen bringen, Und wenn Folter ist die See, Mag nur dieser Folter Weh Dieß Geständniß euch entringen. Wohl habt ihr aus euren Schmerzen Eurer Rede Trank gesogen; Aus dem Salz der Meereswogen Kam das Salz in euren Scherzen. Wenn ihr schweigt, dieß Schweigen spricht; Da ihr sterbend hier gelandet, Scheint's, daß ihr gar viel empfandet. Gebe Gott, ihr lüget nicht! Ein trojanisch Roß, aus Fluten Wurdet ihr ans Land gezogen, Kamt als ein Gebild der Wogen, Und seid doch gefüllt mit Gluten. Wenn ihr naß entflammt, wie bricht Erst die Glut aus, wenn ihr trocken? Feurig wißt ihr zu verlocken; Gebe Gott, ihr lüget nicht! Ließe Gott mich dem Verderben Doch im Meere nicht entrinnen! Dann würd' ich bei vollen Sinnen, Nicht um euch in Wahnsinn sterben. Denn in seinen Silberfluten, Die den Strand erzürnt umschränken, Konnte mich das Meer ertränken, Nicht verzehren mich in Gluten. Seid ihr wohl der Sonn' entstammt, Daß ihr gleich der Sonne waltet? Daß, obwohl aus Schnee gestaltet, Euer Anblick schon entflammt? Eurer Glieder Kälte trügt; Ihr seid's, der von Flammen sprühet, Wenn in meinem Blick ihr glühet – Gebe Gott, daß ihr nicht lügt! 16. Szene Sechzehnter Auftritt. Die Vorigen. Catalinon. Anfriso. Coridon. Mehrere Fischer. Sieh, schon kommen Alle her. Und schon lebt dein Herr. Das Leben, Das ich eingebüßt im Meer, Hat dein Blick mir neu gegeben. Was befiehlst du? Coridon! – – Hört, – – Anfriso! Freunde! – – Alle Forschen wir, was dir gefalle; Dir zu dienen, ist uns Lohn. Sag, Tisbea, dein Begehren; Und dein nelkenrother Mund Thut es kaum dem Jüngling kund, Der nur strebt, dich zu verehren, So wird er die tiefsten Klüfte, Berge, die sich hochauf thürmen, Wird er Land und Meer durchstürmen, Feu'r und Wasser, Erd' und Lüfte! für sich. Gestern, wie so leicht noch wogen Schmeichelworte mir, gleich diesen! Und heut möcht' ich, sie bewiesen, Daß sein Mund mir nicht gelogen. Laut. Fischend stand ich, o Gesellen, Dort auf jenem Felsenriff: Da sah scheitern ich ein Schiff; Und zwei Männer auf den Wellen Sah ich schwimmen. Voll Erbarmen Schrie ich auf, von Angst beklommen; Doch mein Ruf ward nicht vernommen. Plötzlich trug in seinen Armen Dieser Diener her zum Strande Einen Ritter, kalt und todt; Frei von grimmer Meeresnoth, Doch erstarrt: – und gramvoll sandte Ich nach euch. Da wir in Eil Alle deinem Ruf erschienen, Laß uns deinem Wunsche dienen! Gönn' uns dieß ersehnte Heil! Bringt zur Hütte mir die Gäste, Daß wir an des Herdes Brand Freundlich trocknen ihr Gewand, Und bewirthen sie aufs Beste. Denn zu solchem frommen Werke Ist mein Vater gern bereit. leise zu Don Juan. Bildschön ist sie. ebenso leise zu Catalinon. Komm beiseit; Hör! Ich höre schon. Wohl, merke! Fragt sie dich, wie ich mich nenne, Sage nur, du weißt es nicht. Herr, wann brauchst du meine Pflicht Mich zu lehren? Ich entbrenne So in Glut, daß ich noch heute Sie genießen muß und will. Doch wie fängst du's an? Still, still! Laß uns gehn, daß unsre Leute Rüsten Sang und Tanz. In Scherben Sollen alle Gläser springen! Alles soll im Tanz sich schwingen Diese Nacht. Die Fischer ab. 17. Szene Siebzehnter Auftritt. Don Juan. Tisbea. Catalinon. zu Tisbea. Ich muß ersterben! Sterben, wenn die Lippe spricht? Wie ihr hört, sie spricht nur Schmerzen. Viel der Worte! Viel von Herzen. Gebe Gott, ihr lüget nicht! Alle ab. 18. Szene Achtzehnter Auftritt. Königliches Schloß in Sevilla. Don Gonzalo de Ulloa. Der König von Kastilien. Wie glückt' euch die Gesandschaft, Großkomtur? Ich fand den König Don Juan, deinen Vetter, In Lissabon, wo er ein Kriegsgeschwader Von dreißig Schiffen rüstete. Wohin? Nach Goa, sagt' er mir; jedoch ich glaube, Ein leichtres Unternehmen rüstet er. Ich denke, Ceuta oder Tanger will Er diesen Lenz belagern. Hilf' und Lohn Gewähr' ihm Gott, für dessen Ruhm er eifert! – Wie seid ihr übereingekommen? Herr, Er fordert Cerpa, Mora, Olivenza Und Toro; dafür beut er Almendral, Herrera, Villaverde, Mértola. Wohl; zwischen Spanien und Portugal Soll unterzeichnet werden der Vertrag, Und unverzüglich. Doch vor allem sagt: Wie ging's euch auf der Fahrt? Schwer war der Dienst, Doch groß auch das Verdienst. In eurem Dienst Ist nichts mir schwer. Wohl ein gesegnet Land Ist Lissabon? Hispaniens größte Stadt; Und willst du, daß ich sage, was ich sah, Werd' ich von seinen seltnen Reizen dir Sofort ein treues Bild vor Augen legen. Gern werd' ich's hören. – Einen Sessel bringt! – Diener bringen ihm einen Sessel. Der Welt gilt Lissabon als achtes Wunder! – – In Spaniens Herzen, dem Gebiet von Cuenca, Entquillt der wasserreiche Tajo, der Durch Spaniens Mitte strömt. Dem Ocean Gesellt er sich am heiligen Gestad Von Lissabon, gen Süden. Eh ihm aber Sein hehrer Name endet und sein Lauf, Hat er inmitten zweier Bergesketten Den besten Hafen ausgehöhlt, darin Sich Barken, Schiffe, Caravellen bergen. Da sind so viel Lastschiffe und Galeeren, Daß du vom Land aus eine große Stadt Zu schauen wähnest, wo Neptun regiert. Den Hafen hüten gegen West zwei Vesten, Cascaes und Sankt Julian, die stärksten wohl Auf Erden. Eine halbe Meile fern Der großen Hauptstadt liegt Belem, das Kloster Des Heil'gen, den ihr an dem Stein erkennt, Und an dem Löwen, der ihn treu bewacht 1 ; Da ist den Königen und Königinnen, Den altkatholisch-christlichen, bereitet Der ew'gen Ruhe Sitz. Der mächt'ge Bau Lehnt an Alcantara, und streckt sich hin Wohl eine Meile zur Abtei Jabregas. Inmitten liegt, gekrönet von drei Hügeln, Das schöne Thal; – Apelles ließe selbst Den Pinsel fallen, wenn er's malen sollte. Die Hügel, wenn du sie von Weitem siehst, Sind Riesenfrüchten gleich aus Perlen, nieder Vom Himmel hangend; und ihr weiter Kreis Umschließt ein zehnfach Rom an Klöstern und An Kirchen, Bauten, Straßen, Rittergütern Und Komtureien; ja ein zehnfach Rom An Wissenschaft und Waffen, an des Rechts Gerechter Pflege, und an thätiger Barmherzigkeit, der Ehre Portugals. Und was zumeist ich rühm' an jenem Bau: Du siehst vom selben Schloß in einem Umkreis Von kaum drei Meilen wohl an sechzig Orte, An deren Pforten pocht der Ocean; Darunter ist das Kloster Olivela; Wo ich sechshundert dreißig Zellen sah Mit eignen Augen; Nonnen aber sind Und Laienschwestern mehr als zwölfmal hundert. Von dort bis Lissabon, wie sehr gering Auch die Entfernung sei, sind eilfmal hundert Und dreißig Meierhöfe, jeglicher Mit seinem Garten, seinem Schattengang. Inmitten Lissabons erstrecket sich Ein prächt'ger Platz, Rocío nennt er sich; Und über diesem hat vor hundert Jahren Das Meer noch seinen Sand gerollt. Doch jetzt Stehn dreißigtausend Häuser von dem Platz Bis hin zum Meere; denn es hat seitdem, Die Strömung wechselnd, andren Uferstellen Sich zugewendet. Eine Straß' ist dort, – Die neue heißt sie, – die in sich allein An Pracht und Glanz den ganzen Orient Umschließt; so daß, wie mir der König sagte, Ein Handelsherr dort wohnet, der sein Gold, Weil er's nicht zählen kann, mit Scheffeln mißt. Am Strand, wo Portugal sein Königsschloß Gegründet hat, sind zahllos Schiffe stets Vor Anker, die das Land mit Frankreichs Korn Und Englands Weizen nähren. Und die Burg Des Königs, deren Fuß der Tajo küßt, (Ruhmvoll zu sagen!) ist Ulysses' Werk, Der auch der Stadt den röm'schen Namen gab; Denn auf Latein heißt sie Ulisipo. Ihr Wappen ist die Kugel, drüber prangen Die Wundenmale, die in blut'ger Schlacht Dem König Don Alonso Enriquez Die ew'ge Majestät des Herrn verliehn. Auf ihrer großen Werfte liegen viel Der Schiffe; da liegt auch die stolze Flotte, Die zur Eroberung gerüstet wird: So mächt'ge Schiffe, daß, vom Land gesehn, Der Mastenwald die Sterne scheint zu rühren. Und was vor Allem wunderbar zu sagen Von jener Stadt: wenn ihre Bürger sich Zum Mahle setzen, schaun sie von den Tischen, Wie man vor ihren Thüren wirft die Netze, Und wie man dann herein zu diesen Thüren Noch zappelnd in dem Garn die Fische bringt. Und über Alles: jeden Abend nahn Zu ihrem Ufer mehr als tausend Barken, Beladen reich mit Waaren mannigfalt, Und was das tägliche Bedürfniß heischt: Brot, Oel und Wein, Holz, Früchte jeder Art; Aus dem Gebirg Estrella rohes Eis, Das auf dem Kopfe man die Straßen durch Ausrufend zum Verkaufe bringt. – Jedoch Was müh' ich mich mit Worten ab? Es hieße Die Sterne zählen, wollt' ich einen Theil Erzählen von den Schätzen Lissabons. Einhundert dreißig tausend Bürger hat Die Stadt, mein hoher Herr; und daß ich dich Nicht mehr ermüde, – einen König, der Durch meinen Mund dir seine Dienste beut. Mehr gilt mir's, Don Gonzalo, daß von euch Ich die gedrängte Schilderung vernommen, Als hätt' ich ihre Größe selbst gesehn. – – Besitzt ihr Kinder? Eine holde Tochter, O Herr, in deren Antlitz die Natur Sich selber übertroffen. Wohl, ich will Mit eigner Hand ihr einen Gatten wählen. Was dein Belieben sei, mein hoher Herr, So sag' ich zu für sie. Und wen bestimmst Du ihr zum Gatten? Zwar in fremdem Land Ist er, doch aus Sevilla; und er heißt Don Juan Tenorio. Augenblicks bring' ich Dein Wort zu Doña Anna. Geht mit Gott, Und kehrt bald mit der Antwort, Don Gonzalo. Beide ab. Fußnoten 1 Sankt Hieronymus. 19. Szene Neunzehnter Auftritt. Seeufer bei Tarragona. Don Juan Tenorio. Catalinon. Halt mir bereit die beiden Stuten, die Tisbea mir geschenkt; sie sind erwünscht! O Herr, ich heiße zwar Catalinon; Doch spräch' ich nie als Gatte Allen Hohn, Wenn auch mein Name reimt auf Allen Hohn. Von mir kann Keiner sagen: »Seht, das ist Catalinon; ihr wißt schon!« ... Nein; mein Name Paßt nicht zu mir. Dieweil die Fischer hier In Freude sich ergehn und Festlichkeit, Hältst du die beiden Stuten mir bereit; Denn ihrem flügelschnellen Huf allein Vertrau' ich unsres Trugs Erfolg. Du willst Tisbea's Blüthe knicken? Pah! wenn Hohn Mit Mädchen treiben mir Gewohnheit ist, Was fragst du, da du meine Art doch kennst? Der Frau'n Zuchtruthe bist du, weiß ich längst. Tisbea füllt mein Herz; ein prächtig Weib! Du zahlst ihr schön den gastlichen Empfang. Du Taugenichts! that nicht Aeneas einst Dasselbe mit der Fürstin von Karthago? So bösliche Verstellung, solche Täuschung Der Frau'n bezahlst du auf dem Sterbebett. Du giebst mir lange Frist! Mit Recht, du Schwätzer, Heißt du Catalinon, als Papagei. Folg deiner Lust; doch ich will vom Verführen Der Weiber plaudern nur, als Papagei. Da kommt die Unglücksel'ge schon. Geh nur, Und sattle mir die Stuten. Armes Weib! Wie theuer zahlt man die Bewirthung dir! Ab. 20. Szene Zwanzigster Auftritt. Don Juan. Tisbea. Fern von dir muß ich verschmachten, Bin ich selbst entfremdet mir. Täuschung nur ist all dein Trachten; Falsche, nimmer glaub' ich dir. Warum? Wenn du Lieb' empfändest, Gäbst du meinem Herzen Ruh. Ich bin dein. Doch nimmer endest Du mein Leid; – was fürchtest du? Ach ich fürchte, daß dieß Lieben Mir nur Amors Strafe war! Du bist mir ins Herz geschrieben; Jedem Wunsch biet' ich mich dar. Wüßt' ich, daß das Leben mir Würd' in deinem Dienst entrissen, Würd' ich gern das Leben missen! Herz und Hand versprech' ich dir. Ich bin ungleich deinem Stande. In der Liebe hohem Reich Gilt die grobe Wolle gleich Mit dem seidenen Gewande. Gern möcht' ich dir Glauben schenken; Doch ihr Männer täuscht so gern! Wie? du kannst, mein holder Stern, So mein Herz verkennen, kränken? Deiner Locken seidnes Band Hält die Seele mir gefangen. Soll ich krönen dein Verlangen, Reich als Gatte mir die Hand. Ja, ich werde dein Gemahl, Schwör's bei dieser Augen Strahl, Deren Blick mein Sein vernichtet! Denk, ein Gott ist über dir, Der im Tod den Frevler richtet! für sich. Lange Frist gewährst du mir. Laut. So lang Gott mir Leben leihet, Bin ich als ein Sclave dein; Herz und Hand sind dir geweihet. Nicht undankbar werd' ich sein. Wie Erwartung heiß mich quälet! Komm, und meiner Hütte Dach Sei der Lieb', die uns beseelet, Ruhesitz und Brautgemach. Bleib im Schilf verborgen dort, Bis ich dich daheim empfange. Sag, wie ich zu dir gelange? Komm, ich zeige dir den Ort. Glück und Leben dank' ich dir. Aber halte dein Versprechen; Sonst wird Gott den Frevel rächen! für sich. Lange Frist gewährst du mir! Beide ab. 21. Szene Einundzwanzigster Auftritt. Coridon. Anfriso. Belisa. Sänger. He, ruft Tisbea, ruft die Burschen all, Damit der Gastfreund auf dem stillen Dorfe Die Lust der Hauptstadt wiederfinde. Kommt, Wir rufen sie. Kommt, kommt. Zu ihrer Hütte Müßt ihr. Doch nein; – bedenk', sie ist gewiß Mit den beglückten Fremden jetzt beschäftigt, Die tausend Neider haben. für sich. Ja, Tisbea Wird stets beneidet. Nun, so singt einstweilen, Bis sie hieher kommt; denn wir wollen tanzen. für sich. Vermag die Eifersucht jemals zu ruhn? Das Mägdlein trat aus dem Fischerhaus; Die Netze warf sie ins Meer hinaus: Und wenn kein Fisch in das Netz ihr ging, Die Fischerin doch die Herzen fing, Die Herzen! 22. Szene Zweiundzwanzigster Auftritt. Die Vorigen. Tisbea stürzt wie im Wahnsinn herein. Feu'r! mein Hüttchen steht in Gluten; Feu'r! ich bin der Flammen Beute. Zieht die Glocken! Sturmgeläute! Seht, mein Auge gießt schon Fluten. Ach! mein Hüttchen sinkt zusammen, Ist ein Troja, ganz in Brand; Seit die Lieb' kein Troja fand, Setzt sie Hütten gern in Flammen. Feuer, Feuer, o Genossen! Wasser, Wasser rasch zur Hand! Liebe, Liebe, übe Gnade! meine Seele steht in Brand. Hütte, die geliehn ihr Dach, Meine Ehre hinzumorden, Räuberhöhle bist du worden, Tempel meiner tiefsten Schmach. Falscher, warum mich besiegen, Und entehrt mich eilig meiden? Wolke, die dem Meer entstiegen, Zu ertränken mich in Leiden! Feuer, Feuer, o Genossen! Wasser, Wasser rasch zur Hand! Liebe, Liebe, übe Gnade! meine Seele steht in Brand. Ja, ich bin es, die bis heute Stolz verhöhnte treues Lieben; Die mit Herzen Spott getrieben, Wird nun selbst zum Spott der Leute. Durch der Treue höchsten Eid Hat der Ritter mich betrogen, Mir der Ehre Kranz entzogen, Mein jungfräulich Bett entweiht. Ich selbst, da er mich entehrte, Habe Flügel ihm geliehn, Meine Stuten, die ich nährte; Und so konnt' er mir entfliehn. Eilt ihm nach auf flücht'gen Sohlen! – – Nein doch, laßt ihn nur entfliehen; Zu dem König will ich ziehen, Will mir dort die Rache holen. Feuer, Feuer, o Genossen! Wasser, Wasser rasch zur Hand! Liebe, Liebe, übe Gnade! meine Seele steht in Brand. Eilt ab. 23. Szene Dreiundzwanzigster Auftritt. Die Vorigen, ohne Tisbea. Genossen auf! verfolgt den schlechten Ritter. O weh, wer leiden muß und schweigen! Doch Er soll mir büßen für die Undankbare. Kommt, eilt ihr nach! Verzweifelnd floh sie fort, Und flieht vielleicht noch größrem Unheil zu. So muß der Hochmuth enden! Solches Ziel Hat ihre Thorheit, hat ihr Stolz erreicht! hinter der Bühne. Feuer, Feuer! Sie stürzt sich in die See! Halt ein, Tisbea! hinter der Bühne. Feuer, Feuer, o Genossen! Wasser, Wasser rasch zur Hand! Liebe, Liebe, übe Gnade! meine Seele steht in Brand. Alle eilig ab. 2. Akt 1. Szene Erster Auftritt. Zimmer im Königsschlosse zu Sevilla. Der König von Kastilien. Don Diego Tenorio. Was sagst du mir? Die Wahrheit, hoher Herr. Durch diesen Brief bin ich der Sache sicher, Den dein Gesandter dort, mein Bruder, schrieb. Im eigenen Gemach des Königs fand Man ihn mit einer Dame des Palastes. Weß Standes? Fürstin Isabella war's. Wie? Isabella! Nichts Geringeres. O freches Wagniß! Und wo ist er jetzt? Mein König, eurer Hoheit darf ich ja Die Wahrheit nicht verhüllen: – diese Nacht Kam er mit einem Diener nach Sevilla. Ihr wißt, ich schätz' euch sehr, Tenorio: – gleich Werd' ich dem König von Neapel schreiben, Den Ehrenräuber mit der Herzogin Vermählen, und Octavio's Schmerzen heilen, Der so unschuldig leidet; – doch es soll Don Juan sogleich verbannt von hinnen weichen. Wohin, mein Fürst? Es zeig' ihm die Verbannung, Daß ich ihm zürne; noch in dieser Nacht Entfern' er nach Lebrija sich, und danke Nur den Verdiensten seines edlen Vaters, Daß er nicht härter ... Doch, Don Diego, sprecht: Was sagen wir Gonzalo de Ulloa, Als daß wir irrten? Denn mit seiner Tochter Hab' ich Don Juan verlobt, und weiß noch nicht, Wie da zu helfen sei. Mein hoher Herr, Bedenke, was zu thun du mir befiehlst, Das für die Ehre dieser edlen Frau, Der Tochter solchen Vaters, sich gezieme? Ich werd' ein Mittel finden, das gewiß Ihm allen Groll benimmt; – – so will ich ihn Zum Obermarschall meines Hofs ernennen. 2. Szene Zweiter Auftritt. König. Don Diego. Ein Diener. Ein Ritter im Gewand der Reise naht; Herzog Octavio nennt er sich, mein König. Herzog Octavio? Ja. Er mag erscheinen. Der Diener ab. 3. Szene Dritter Auftritt. König. Don Diego. Herzog Octavio im Reiseanzug. Zu euren Füßen, königlicher Herr, Wirft sich ein Wandersmann, verbannt und arm, Dem nun des Weges Müh gering erscheint In eurem hohen Anblick. Wie? der Herzog Octavio! Fliehend jetzt ob eines Weibes Wahnsinn'gem Fehltritt, eines Edelmanns Verwegnem Frevel, der die Ursach ward, Daß ich mich eurem Thron also genaht. Herzog Octavio, eure Unschuld kenn' ich: Und eurem König schreib' ich, daß er euch, Sofern die Flucht zum Schaden euch gedieh, Herstellen mög' in aller Ehr' und Würden; Vermählen in Sevilla werd' ich euch, Wenn er es freundlich und mit Gunst gestattet. Denn wär' ein Engel Isabella, – schaut Die ich euch geb', und Isabel ist häßlich. – Der Großkomtur des Calatravaordens, Gonzalo de Ulloa, ist ein Held, Den selbst der Maure preist, – aus schnöder Angst, (Denn Schmeicheln ist ja stets des Feigen Art,) Und er hat eine Tochter, der zur Mitgift Die Tugend schon genügte, die sie schmückt, Wär' sie auch nicht ein Wunder höchster Schönheit, Und ihre Sonne nicht Kastiliens Stern! Sie, ist mein Wunsch, soll eure Gattin werden. Hätt' ich um solches Zieles willen nur Die Fahrt gewagt, mein Schicksal wär' beglückt, Da mir's vergönnt, nach eurem Wunsch zu thun. Don Diego, nehmt den Herzog gastlich auf; Sorgt, daß er nichts entbehrt. Wer auf euch hofft, Mein König, der wird reich belohnt; ihr seid Alfons der Eilfte und der Erste doch. Alle ab. 4. Szene Vierter Auftritt. Straße in Sevilla. Octavio. Ripio. Wie ging's? So, daß ich die ertragne Mühsal, Nach dem Ergebniß, nun zum Glück mir achte. Der König ließ mich vor; hoch ehrt' er mich. Ich war ein Cäsar bei dem Cäsar; denn Ich kam, ich sah, ich siegte. Ja, ich soll Aus seiner Hand empfangen eine Gattin; Und er erbot sich, meines Königs Zorn, Des Bannes Donnerwort zu sänftigen. Hochherzig nennt Kastilien ihn mit Recht. Also er bot dir eines Weibes Hand? Ja, Freund, ein sevillanisch Weib. Sevilla, (Dein Auge prüf' es, wenn's dein Ohr nicht glaubt,) So wie es Männer stark und kühn erzeugt, So giebt's dem Reich anmuthig edle Frau'n. Ja, eine kecke, liebliche Mantilla, In der sich eine reine Sonne birgt, Wo wäre die zu finden, wenn nicht hier? So groß ist mein Entzücken, daß es schon Ob meines Leids mich tröstet. 5. Szene Fünfter Auftritt. Die Vorigen. Don Juan. Catalinon. Halt, Señor! Denn dorten seh' ich das unschuld'ge Kind, Den Herzog, Isabella's Waffenträger; – Vielmehr sollt' ich ihn Hörnerträger nennen! Hier gilt Verstellung, merk es wohl. für sich. Der Judas! Wenn er den Mann verkauft, thut er ihm schön. vortretend. Da ich Neapel übereilt verließ, Weil mich der König, dessen Wünsche mir Gesetze sind, ohn' Aufschub herbeschied, So war es mir, Octavio, nicht verstattet, Abschied von euch zu nehmen, wie sich ziemt. Da muß ich freilich wohl euch schuldlos nennen. – So treffen in Sevilla wir zusammen? Wer dachte, Herzog, daß ich in Sevilla Euch sehen sollte, um euch hier zu dienen, – Wie stets mein Wunsch! – Ihr habt dort Herrliches Verlassen; doch so schön Neapel ist, Nur für Sevilla kann man es verlassen. Hört' ich euch in Neapel, und nicht hier, So glaub' ich fast, ich würde herzlich lachen Der Meinung, die ich jetzo theilen muß. Doch da ich nun Sevilla's Herrlichkeit Mit Augen sehe, dünkt mich jedes Lob Zu klein für diese Stadt. – Seht, wer da kommt? Der kommt, es ist der Marques de la Mota, Und nothgedrungen bin ich jetzt unhöflich. Bedürft ihr mein, bereit ist Arm und Schwert. für sich. Und hat er Lust, so wird er noch ein Weib Von gutem Rufe unter seinem Namen Verführen. Sehr verbunden bin ich euch. Octavio und Ripio ab. 6. Szene Sechster Auftritt. Don Juan. Catalinon. Marques de la Mota. Ein Diener des Letzteren. Den ganzen Tag hab' ich euch aufgesucht, Und konnt' euch nirgends finden. Ihr, Don Juan, An diesem Ort, und euer Freund muß schmerzlich Noch stets entbehren eure Gegenwart? Bei Gott, mein Freund, wohl hab' ich solche Güte Um euch verdient. Was Neues in Sevilla? Die ganze Residenz ist umgewandelt. Die Weiber? Alles abgethan. Inés? Die zieht sich nach Bejer zurück. Fürwahr, Der beste Wohnort für die große Dame! Das Alter hat sie nach Bejer verbannt. Dort will sie christlich sterben. – Und Constanza? Das ist 'ne haarige Geschichte, traun! Ihr gehn die Haar' an Kopf und Brauen aus. Ihr sagt selbst der gemeinste Portugiese 1 : »Scher dich, o alte taube Liebesthörin!« Und sie, halb taub, meint immer nur, er sage: »Der dich, o holde Taube, liebet, hör' ihn!« Und Theodora? Ist den Sommer erst Von Liebesleiden auferstanden, und So frisch und jugendlich, daß sie vorgestern So mitten unter zarten Redeblumen Mir einen ihrer Zähn' entgegen spie. Und Julia, die aus dem Lampengäßchen? Mit ihrer Schminke liegt sie stets im Kampf. Verkauft sie sich noch stets für frischen Hecht? Sie ist jetzt froh, wer sie für Stockfisch nimmt. Ist auch noch reich an Jungfern das Quartier Von Cantaranas? Canthariden sind es. Sind die zwei Schwestern noch am Leben? Freilich; Und die Mama, die alte Aeffin, auch, 'Ne wahre Celestina 2 , die die Töchter So trefflich eingeschult. Der Teufelsbraten! Was aber treibt die ältre Schwester jetzt? Die Blanca? ist ohn' einen blanken Pfennig; Sie hat 'nen Heil'gen, dem zu Lieb' sie fastet. Die jüngre? Die hat einen bessern Grundsatz, Verschmäht nicht Abfall noch Gerümpel. Ei, Sie legt sich wohl auf einen Trödelkram! – Was Neues von galanten Schelmenstreichen? Da spielt' ich mit Don Pedro d'Esquivel 'Nen ganz famosen letzte Nacht, und hab' Noch zwei vor auf heut Abend. Ich begleit' euch. Auch muß ich nach 'nem Neste sehn, worein Ich Eier für uns Zwei gelegt. – Macht ihr Fensterparaden? Paradieren kann ich Nicht mehr; mich drückt zu schwere Liebesnoth. Wie das? Ich suche das Unmögliche. So widerstrebt man eurem Wunsch? O nein; Man achtet und begünstigt mich. Wer ist's? Mein Bäschen, Doña Anna, die seit Kurzem Hier angelangt. Wo war sie denn bisher? Zu Lissabon, bei ihrem Vater, der Dort als Gesandter weilte. Ist sie schön? Zu schön! In Doña Anna de Ulloa Hat die Natur sich selber übertroffen. So schön ist sie? Bei Gott, ich muß sie sehn! Die größte Schönheit schaut ihr, die das Auge Des Königs je gesehn. Vermählt euch denn, Da sie so wunderschön. Der König wählte Ihr einen Gatten; und man weiß nicht, wen. Zeigt sie euch keine Gunst? Sie schreibt mir selbst. beiseite. Halt ein! Der größte Schelm in Spanien Wirft schon sein Netz um dich. Da giebt's ja Keinen, Der glücklicher als ihr. Und ihren letzten Entschluß erwart' ich grad in dieser Stunde. So dürft ihr keinen Augenblick verlieren; Ich warte hier auf euch. Bald kehr' ich wieder. zum Diener des Marques. Gehabt euch wohl, ihr Viereck oder Kugel! Gehabt euch wohl. Marques und Diener ab. Fußnoten 1 Portugiesen versahen in Sevilla die niedrigsten Dienste und wohnten im schlechtesten Viertel. 2 Die Kupplerin aus dem berühmten dialogisierten Roman »Celestina« des Fernando de Rojas, 1499. 7. Szene Siebenter Auftritt. Don Juan. Catalinon. Da wir allein geblieben, So geh ihm nach; er ist hinein ins Schloß. Catalinon ab. 8. Szene Achter Auftritt. Don Juan. Die Zofe Doña Anna's erscheint hinter einem Fenstergitter. He, hört einmal! Wer ruft? Ihr seid befreundet Mit dem Marques, seid edlen Muths und klug; So gebt ihm gleich dieß Briefchen, und bedenkt: Daran hängt einer Dame Ruh und Glück. Verlaßt euch drauf, ich geb' es ihm; ich bin Sein Freund, und bin ein Edelmann. Ich kann Mich schon auf euch verlassen, fremder Herr; Drum Gott befohlen. Ab. 9. Szene Neunter Auftritt. Don Juan. »Und die Stimm' – entschwand.« Scheint es nicht Zauberei, was hier geschehn? Mir kommt dieß Briefchen mit der Post der Lüfte! Gewiß, das Fräulein ist's, das der Marques Mir so gepriesen hat; sieh nur mein Glück! Laut nennt Sevilla den Verführer mich; Und meine höchste Lust von jeher war's, Ein Weib verführen und entehrt verlassen. Bei Gott, ich will es öffnen. Erst geh' ich Ein wenig seitwärts von dem Haus; bedarf's Hier eine andre Kriegslist noch? Fürwahr, Da muß ich lachen! – – Auf mit diesem Brief! Er ist an den Marques; das ist ganz klar; Denn Doña Anna heißt die Unterschrift. Was schreibt sie? Liest. »Seines Worts vergessend, hat Mein Vater im Geheimen mich verlobt; Mir half kein Widerstand. Kann ich noch leben, Da er den Tod mir gab? Wenn nach Gebühr Du meine Lieb' und meinen Willen achtest, Und deine Liebe wahr ist, zeig' es nun! Auf daß du siehst, wie ich dich schätze, komm In dieser Nacht ans Thor; es soll dir, Vetter, Um elf geöffnet sein: so wirst du dann Das Ziel erlangen deiner Lieb' und Hoffnung. Zum Zeichen für Leonorilla und Die Dienerinnen, Theurer, hülle dich In einen rothen Mantel. – Meine Liebe Baut nur auf dich, mein unglücksel'ger Freund!« – Wie sich das fügt! Der Spaß giebt mir zu lachen. Bei Gott, mit gleicher List und Täuschung will Ich sie erobern, so wie Isabella Einst in Neapel. 10. Szene Zehnter Auftritt. Don Juan. Catalinon eilig. Der Marques, er kommt! Wir beide haben diese Nacht zu thun. Giebt's nene Schelmerei? Die herrlichste! Ich kann's nicht loben, Herr; du machst, daß wir Doch einmal schlimm anlaufen. Wer da lebt Von List und Trug, wird einst noch arg betrogen. Ha, Prediger, wirst du unverschämt? Für jetzt Will ich dich warnen, daß ich nicht noch Einmal Dich warnen muß! Herr, künftig will ich thun, Was du befiehlst; ich zücht'ge Elephanten Und peitsche Tiger, wenn ich bei dir bin. 11. Szene Elfter Auftritt. Die Vorigen. Marques de la Mota. beiseite zu Catalinon. Still; der Marques. Er also soll der Züchtling Und der Gepeitschte sein? – Marques, für euch Ward eine süße Botschaft mir gegeben Aus jenem Gitter: ich vermochte nicht Den Geber zu erkennen; doch die Stimme Verrieth ein Weib. Und kurz: um Mitternacht Sollst du zur Thüre kommen insgeheim, Wo deine Hoffnung durch der Liebe Glück Sich bald erfüllen wird; doch trage du, Zum Zeichen für Leonorilla und Die Dienerinnen, einen rothen Mantel. Was sagst du? Diese Botschaft gab man mir Aus jenem Fenster; doch ich sah nicht, wer. Dieß wandelt meine Noth in süße Lust! Ja, Freund, mein Hoffen konnte nur durch dich Zum Leben auferstehn; laß dich umarmen! Bedenk, ich bin dein Bäschen nicht. Bist du's, Der sie erlangen soll, und küssest mich? So groß ist meine Lust, daß sie die Sinne Mir raubt. O Sonne, schreite rascher heut! Schon lenkt sie ihren Pfad zum Untergang. Kommt, Freunde; kleiden wir uns um, wie sich's Zu Abend schickt. – Ich bin wie toll! Ich seh's; Doch weiß ich wohl, daß erst um Mitternacht Du noch weit toller dich geberden wirst. O Bäschen! Herzensbäschen! loses Mädchen! Harrt meiner Treue solch ein Loos? für sich. Bei Gott, Nicht einen Heller geb' ich für das Loos. Der Marques geht ab. 12. Szene Zwölfter Auftritt. Catalinon. Don Juan. Don Diego Tenorio. Don Juan! Dein Vater ruft dich. Gnäd'ger Herr, Was steht zu Diensten? Weiser möcht' ich dich Und tugendhafter sehn, und bessern Rufes. Ist's möglich, daß du auf nichts weiter sinnst Als meinen Tod? Warum nahst du mir so? Um deiner Frechheit, deiner Thorheit willen! Vernimm: der König gab mir den Befehl, Dich aus der Stadt zu weisen; denn er ist Mit Recht ob einer Frevelthat entrüstet. Obwohl du mir's verborgen, weiß doch schon Der König in Sevilla das Vergehn, Das gräßliche, das ich kaum nennen kann. Verrath im königlichen Schloß! Verrath An einem Freund! Verräther, gebe Gott Die Strafe dir, die solch ein Frevel heischt. Bedenk, wenn Gott auch scheinbar dir's vergönnt Und zuläßt, seine Strafe säumet nicht; Und welche Strafen sind für die bereit, So seinen Namen frech entweihn! Denn wisse, Gott ist ein strenger Richter dir im Sterben! Im Sterben? giebst du mir so lange Frist? Von hier bis dorthin ist ein langer Weg. Einst wird er kurz dir scheinen. Und der Weg, Den ich soll reisen auf Befehl des Königs, Ist er vielleicht auch lang? Bis daß die Schmach Herzog Octavio's völlig ist getilgt, Und bis der Frevel, den du in Neapel An Isabella thatest, ward gesühnt, Sollst du, ob deines tückischen Verraths, So will's der König, in Lebrija weilen; Geringe Strafe deiner Missethat! für sich. Wüßt' er den Fall der armen Fischerin, Der gute Alte grämte sich noch mehr. Da keine Züchtigung von meiner Hand, Aus meinem Mund dein roh Gemüth besiegt, So stell' ich deine Strafe Gott anheim. Ab. 13. Szene Dreizehnter Auftritt. Don Juan. Catalinon. Der Alte ging erschüttert. Gleich spielt er Den Thränenreichen; 's ist der Alten Art. – Komm, es wird Nacht; wir suchen den Marques. So willst du ihm sein Liebchen wegstipitzen? 'S wird ein famoser Spaß. Ich fleh' zum Himmel, Daß er uns glücklich aus dem Spaße hilft. Nimm dich in Acht, Catalinon! Gewiß, Du bist und bleibst der Scorpion der Weiber; Und gut wär's, auszuschellen öffentlich, Damit vor dir sich jede Jungfer wahre: »Es hüte Jedes sich vor einem Mann, Der an dem Narrenseil die Weiber zieht; Er heißt der große Herzensdieb von Spanien!« Traun, einen hübschen Namen giebst du mir! 14. Szene Vierzehnter Auftritt. Nacht. Die Vorigen. Marques da la Mota in rothen Mantel. Sänger gehen über die Bühne. im Hintergrund. Erhofftes Glück stört deine Ruh; So lang du hoffst, verzweifelst du. Wann ich mein Glück genieße, mög' es nie Tag werden! zu Catalinon. Was ist das? Ein Ständchen ist's. Mir ist's, als spräche der Poet mit mir. – Wer da? Gut Freund! Don Juan? Ha, der Marques! Wer kann es sein als ich? Sobald ich nur Den Mantel sah, so wußt' ich, wer es war. ruft in die Coulisse. Singt weiter, da Don Juan gekommen ist. wie oben. Erhofftes Glück stört deine Ruh; So lang du hoffst, verzweifelst du. Weß ist das Haus, nach dem ihr schaut? Das Haus Des Don Gonzalo de Ulloa. Doch Wo gehn wir hin? Nach Lissabon 1 . Wie das? Seid ihr doch in Sevilla. Wundert's euch? Wohnt nicht besonders gern das Schlechteste Von Portugal im Besten von Kastilien? Wo wohnt Das? In der Schlangenstraße, wo Wir Adam sehn in einen Portugiesen Verwandelt, den in diesem Jammerthal Zum Apfelbiß verlocken tausend Eva's. Dukaten zwar sind es, was sie verlockt; Und doch sind's nur zwei Aepfel, zarte Bissen, Womit sie uns entlocken unser Geld. Gut! – Während ihr nach jener Straße geht, Möcht' ich mit einem falschen Stelldichein Hier Jemand foppen. Einen gleichen Spaß Hatt' ich hier in der Nähe vor. Wenn ihr Mich hingehn lasset, sollt ihr sehn, Marques, Daß es mir nicht mißglückt. Nehmt meinen Mantel, Damit ihr desto besser täuschen könnt. nimmt den Mantel. Sehr gut; gebt her. – Nun zeigt mir auch das Haus. Ihr müßt dabei verstellen Stimm' und Sprache. Seht ihr den Fensterladen dort? Ich seh's. Geht hin, ruft »Beatriz!« und tretet ein. Was für ein Weib? Ein luftig frisches Ding. für sich. Gewiß, sie soll dem Herrn zur Kühlung dienen. Am Gradas-Platze warten wir auf euch. Lebt wohl, Marques. beiseite. Wo gehn wir hin? ebenso. Still, Schuft! Dahin, wo ich den schönsten Streich vollführe. Nichts kann sich deiner List entziehn. O göttlich Ist die Vertauschung doch! Du hast dem Stier Den Mantel über's Aug' geworfen. Nein; Der Ochs hat mir den Mantel umgeworfen. Ab mit Catalinon. Fußnoten 1 D.h. nach dem Quartier in Sevilla, wo die Portugiesen wohnen. Siehe oben den sechsten Auftritt dieses Aufzugs. 15. Szene Fünfzehnter Auftritt. De la Mota. Sänger. Das Weib muß glauben, er sei ich. Das Stückchen Ist gar zu hübsch! Das heißt durch Irrthum siegen. frisch anstimmend. Erhofftes Glück stört deine Ruh; So lang du hoffst, verzweifelst du. Alle ab. 16. Szene Sechzehnter Auftritt. Vorsaal im Hause Don Gonzalo's in Sevilla. Doña Anna und Don Juan beide hinter der Thüre. Ha, falscher Mann, du bist nicht der Marques, Hast mich betrogen! Glaube mir, ich bin's. Verräther, Bube, nein! du lügst, du lügst! 17. Szene Siebzehnter Auftritt. Die Vorigen hinter der Bühne. Don Gonzalo de Ulloa mit gezogenem Degen. Ha! Doña Anna's Stimme hör' ich dort! hinter der Bühne. Ist Keiner da, der den Verräther tödtet, Der mir die Ehre mordet? Weh des Frevels! Die Ehre todt! und ihre Zunge ist So schamlos, daß sie hier als Glocke dient! Auf! tödtet ihn! 18. Szene Achtzehnter Auftritt. Don Gonzalo. Don Juan und Catalinon beide mit gezogenem Degen. Wer da? Du hast hinabgestürzt die Zinne Von meiner Ehre Thurm, in dem das Leben Als Wächter saß! Verräther! Alter, laß Mich meines Wegs! Dein Weg? Hier dieser Degen Zeigt dir ihn! Sie fechten. Du willst sterben. Sei es drum! Bedenk, ich tödte dich. Du stirbst, Verräther! So sterb' ich! Don Gonzalo fällt. Komm' ich hier gesund davon, Nichts mehr von Possen und fidelen Suiten! Weh! du hast mich gemordet! Du hast selber Das Leben dir geraubt. Was hat mein Leben Genützt? Komm, laß uns fliehn. Ab mit Catalinon. 19. Szene Neunzehnter Auftritt. Don Gonzalo. Kaltblütig machte Dich meine Wuth! Ich sterbe; keine Hoffnung! Dir folgt mein Grimm; denn ein Verräther bist du: Und ein Verräther übt Verrath, weil er Ein Feigling ist. Stirbt. Diener tragen die Leiche weg. 20. Szene Zwanzigster Auftritt. Straße. Marques de la Mota. Sänger. Bald schlägt es Mitternacht; Don Juan indessen zögert. Bittre Qual, Wer harren muß! 21. Szene Einundzwanzigster Auftritt. Die Vorigen. Don Juan. Catalinon. Ist's der Marques? Don Juan? Nehmt euren Mantel. Nun, die Fopperei? Ist übel abgelaufen; ja, Marques: Es gab 'nen Todten bei dem Handel. Herr, Mach dich davon vor diesem Todten! Freund, Du machst nur einen Spaß? – Was war es denn? für sich. Ja freilich treibt er seinen Spaß mit euch. Der Spaß ist theu'r zu stehn gekommen. Ich, Don Juan, muß ihn bezahlen; denn das Weib Wird mich verklagen. Lebt denn wohl. Ich wette, Da heißt's nicht: Gleiche Brüder, gleiche Kappen! Komm, laß uns fliehn. Entfliehn? Da soll kein Adler Mir es zuvorthun. Beide ab. 22. Szene Zweiundzwanzigster Auftritt. De la Mota. Sänger. Geht, ihr guten Leute; Ich gehe meines Wegs allein. Sänger ab. 23. Szene Dreiundzwanzigster Auftritt. De la Mota. Volk hinter der Bühne. hinter der Bühne. Hilf Himmel! Welch Unglück! welche Missethat! O Gott! Ich höre Stimmen vor dem Königsschloß. Wer kann es sein zu dieser späten Stunde? Die Brust erstarrt von Eiseskälte mir. Ein glutverzehrtes Troja scheint das Schloß; Die Lichter wachsen rings zu Flammenriesen Zusammen. Eine Schaar von Fackeln naht; Die Glut im Wandeln ahmt die Sterne nach, Und theilt sich in Geschwader ein. Ich muß Die Ursach wissen. 24. Szene Vierundzwanzigster Auftritt. De la Mota. Don Diego. Wache mit Fackeln. Halt! wer da? Ein Mann, Der wissen will, warum der Auflauf. Greift ihn. zieht. Mich greifen? Steckt den Degen ein! Hier ist Der größte Muth, die Waffe nicht zu brauchen. So spricht man mit dem Marques de la Mota? Gebt euren Degen! Es befiehlt der König, Euch zu verhaften. Nun, beim höchsten Gott! – – – 25. Szene Fünfundzwanzigster Auftritt. Die Vorigen. Der König mit Gefolge. Im weiten Spanien soll er nicht entkommen, Noch in Italien, wenn er dahin flieht. Mein König, hier ist der Marques. O Herr! Will eure Hoheit, daß man mich verhafte? Führt ihn hinweg; sein Haupt soll unter's Beil. Du wagst, mir vor's Gesicht zu treten, Bube? O tückisch Liebesglück, das im Entfliehen So eilig wie im Kommen langsam ist! Wohl sprach mit Recht ein weiser Mann, es schwebe Das Unheil zwischen Lipp' und Kelchesrand; – Und dennoch staun' ich ob des Königs Zorn. Ich weiß nicht, warum ich gefangen bin. Wer weiß die Ursach besser, als ihr selbst? Ich? Folget mir. Seltsam und unbegreiflich! Laßt dem Marques sogleich sein Urtheil sprechen; Und morgen legt den Kopf ihm vor die Füße. Und dem Komtur, so hoch und hehr, wie sich's Für heil'ge, fürstliche Personen schickt, Soll die Bestattung angeordnet werden; In Erz errichte man ein Grabmal ihm; Sein steinern Bildniß stelle man darauf; Und in Mosaik sollen gothische Lettern Der Rache, die er fordert, Sprache leihn. Und Alles dies, Bestattung, Grabmal, Standbild, Werd' aus dem königlichen Schatz bezahlt. – Doch wo ist Doña Anna hin? Sie floh Zum heutigen Asyl der Königin. wendet sich zum Gehen. Um diese Lücke wird Kastiliens Heer, Um solchen Feldherrn Calatrava weinen! Alle ab. 26. Szene Sechsundzwanzigster Auftritt. Ländliche Gegend vor dem Dorfe Dos-Hermanas. Patricio. Aminta. Gaseno. Belisena. Bauern und Bäuerinnen. Die Maiensonn' ist neu erwacht, Mit Klee und Veilchen schön bekränzt; Doch holder als die Sonne glänzt Aminta, Stern der Lenzesnacht! Auf diesem Blüthenteppich, wo die Sonn' Ueber bereifte Felder athemlos Mit ihrem neugebornen Lichte schreitet, Hier laßt euch nieder, da so freundlich uns Der holde Ort zur Hochzeitsfeier ladet. 27. Szene Siebenundzwanzigster Auftritt. Die Vorigen. Catalinon im Reiseanzug. Ihr Herrn, die Hochzeit wird noch Gäste kriegen. Die ganze Welt soll unsre Freude theilen. Wer kommt denn noch? Don Juan Tenorio. Ist's Der Alte? Nein; Don Juan. Dann ist's der Sohn, Der schöne Mann. für sich. Welch üble Vorbedeutung! Denn schön und Edelmann nimmt uns die Freude, Und giebt uns Eifersucht dafür. Laut. Wie denn? Wer hat von meiner Hochzeit ihm gesagt? Er kommt vorbei des Weges nach Lebrija. für sich. Ich mein', ihn hat der Teufel hergesandt. Doch was verdrießt's mich? Laut. Mag die ganze Welt Zu meiner süßen Hochzeitsfeier kommen! Für sich. Und doch, ein Edelmann auf meiner Hochzeit, Das deutet Böses mir. Mag der Koloß Von Rhodos, mag der Papst, mag auch der Priester Johannes, der in Indien herrscht, mag auch Mit seinem Hof Alfons der Eilfte kommen, Sie finden bei Gaseno Lust und Kraft, Sie zu empfangen. Denn in meinem Haus Sind Berge Käses, Riesenströme Weins, Und babylonsche Thürme stehn von Schinken; Und unter des Geflügels feigem Heer, Das man benagen mag, sind Hühner da Und Täubchen. Mag denn ein so hoher Herr Nach Dos-Hermanas kommen, auf daß er Mein graues Haar an diesem Tag noch ehre. Es ist der Sohn des Oberkammerherrn. für sich. Dieß all ist mir gar schlimme Vorbedeutung. – Man wird ihn neben meine Gattin setzen. Noch hab' ich selber nichts vom Baum der Liebe Gepflückt, und schon verdammt der Himmel mich Zur Eifersucht. O Liebe! – – Dulden, Schweigen! 28. Szene Achtundzwanzigster Auftritt. Die Vorigen. Don Juan. Zufällig komm' ich dieses Wegs und höre, Es giebt 'ne Hochzeit hier; so will ich denn Sie feiern helfen, da das Glück mich trifft. Ihr kommt, die Hochzeit zu verherrlichen. beiseite. Und ich, den sie am meisten angeht, sage: Ihr seid bei unsrem Fest der Störenfried. Giebst du dem edlen Herrn nicht einen Platz? Wenn ihr's gestattet, setz' ich mich hieher. Setzt sich neben die Braut. O Herr, wenn ihr den Platz euch vorweg nehmt, Seid ihr auf diese Art der Bräutigam? Wär' ich's, so hätt' ich nicht das schlimmste Theil Erwählt. zu Don Juan. Dieß ist der Bräutigam. Verzeiht, Wenn ich aus Irrthum hier verletzt die Sitte. beiseite. O armer Ehemann! leise zu Catalinon. Die Stierhatz ist Bereits im Gang. leise. Ich seh' es wohl; doch machst Du ihn zum Stier, so wird die Hetze arg. Ich geb' ihm für sein Weib und seine Ehre Nicht einen Pfennig. O du armer Teufel, Der du dem Satan in die Hände fielst! Ist's möglich, Mädchen, ward mir solch ein Glück? Ich neide den Gemahl. Ihr scheint ein Schmeichler. für sich. Das sprach sie gut. Ja, schlimme Vorbedeutung, Wenn auf die Hochzeit kommt der Edelmann! Kommt mit; laßt uns zum Frühstück gehn, damit Der gnäd'ge Herr ein wenig ruhen kann. faßt die Braut bei der Hand. Warum versteckt ihr sie? Ei, sie ist mein. Kommt. Stimmt ein Liedchen an. leise zu Catalinon. Was sagst du? ebenso. Ich? Daß mir für's Leben bangt bei diesen Bauern. Ich glüh' für süße Augen, weiße Händchen. für sich. Und Prügel, Wunden: die vier Dinge sind Zu finden hier. leise zu Catalinon. Komm; Alles blickt auf mich. Bei meinem Hochzeitsfest ein Edelmann! Das deutet Böses. Singt! für sich. Ich trage Tod Im Herzen. Singt! Bald giebt's für die zu weinen. 3. Akt 1. Szene Erster Auftritt. Gaseno's Haus im Dorfe Dos-Hermanas. Patricio. Eifersucht, du Uhr der Qualen, Die du mich mit bittrem Wehe, Dessen Grund ich nicht verstehe, Läßt die kurzen Freuden zahlen, – Laß doch ruhn dieß arme Herz! Ach! die Liebe gab mir Leben; Aber was du mir gegeben, War der kalte Todesschmerz. Warum schafft ihr mir dieß Wehe, Gnäd'ger Herr? – Als ich ihn sah, Wohl mit Wahrheit sagt' ich da: Unheil deutet's meiner Ehe! Ha, daß er mein Bräutchen hieß Ihm bei Tisch zur Seite sitzen, Mich nicht mit den Fingerspitzen An die Schüssel rühren ließ! Und war ich einmal so frei, Hat er gleich beim ersten Bissen Mir die Hände weggerissen, Und gesagt; »Pfui, Tölpelei!« Und der andre Teufelsbraten, Wenn ich wünschte ein Gericht, Sprach er: »Davon ißt er nicht? Er ist wahrlich schlecht berathen!« Und wie ich mir was erlesen, Stahl er mir's am Mund vorbei; – Eine Taschenspielerei, Keine Hochzeit ist's gewesen. – Nein, das ist nicht auszustehen, Unter Christen nicht zu leiden! – – Haben nun gespeist die Beiden, Wie wird's erst beim Schlafengehen?! Sicher bleibt er auch dabei! Will ich mich zu nähern wagen Meinem Weib, gleich wird er sagen: Tölpelei! pfui, Tölpelei! – Doch er kommt; ihn auszuspähen, Will ich mich beiseite drücken. – – Aber nein, es wird nicht glücken; Denn er hat mich schon gesehen. 2. Szene Zweiter Auftritt. Patricio. Don Juan. Ei, Patricio! Euer Gnaden Zu Befehl. Ich sage dir – – – für sich. Was hat er zu sagen? – – Mir Neues Unglück aufzuladen! Lang ist's her, daß heiß verliebt Ich Aminta's Gunst begehre; Und ich brach auch – – – Ihre Ehre? Ja. für sich. Die Kunde, die er giebt, Alles sah ich ja vorher. Wär' sie nicht in Lieb' entglommen! Wär' er in ihr Haus gekommen? Laut. – – 'S ist ein Weib; was braucht es mehr? Sie verzweifelte beinah; Und ihr Leid kannst du ermessen, Als sie sich von mir vergessen, Eines Andern Weib sich sah. Eilig sandte sie mir nach; Sieh den Brief, den sie geschrieben! Ich versprach, sie stets zu lieben, Wie sie selber mir versprach. So geschieht's, wie ich gesagt; – Und nun sorge für dein Leben! Denn ich will den Tod ihm geben, Der mein Glück zu stören wagt. Wenn es euer Herz begehrt, Denkt nicht, daß ich's euch verwehre. Wenn man spricht von Weib und Ehre, Sind schon beide nichts mehr werth. Ist das Weib im Mund der Leute, Muß ihr guter Ruf entweichen: Glocken sind sie zu vergleichen, Die man schätzt nach dem Geläute; Hört man's ja von allen Zungen, Daß das Weib im Werthe fällt, Wenn ihr Ruf so klanglos gellt Wie die Glocke, die gesprungen. Da mein Lebensglück zunichte, Meid' ich diese Weiberbrut, Die da zwischen Bös und Gut Wie 'ne Münz' im Dämmerlichte. – Mag sie lange Freud' euch geben! Tragen will ich denn den herben Schmerz der Wahrheit; lieber sterben, Als in Täuschung länger leben. Ab. 3. Szene Dritter Auftritt. Don Juan. Ha, ich packt' ihn bei der Ehre! Ja, auf Ehre hält der Bauer, Liegt beständig auf der Lauer, Daß man sie ihm nicht versehre. Ja, so weit ist es gekommen In der Zeiten Last und Schwere, Daß nun aus der Stadt die Ehre Ihre Flucht ins Dorf genommen. – Doch eh ich mein Werk beginne, Will ich ihren Vater sprechen; Selbst soll er die Bahn mir brechen, Segnen selbst die falsche Minne. Wohl hab' ich es eingeleitet; Diese Nacht noch wird sie mein. Nun zum Alten gleich hinein, Da schon Nacht am Himmel schreitet. Sterne, die ihr mich bestrahlt, Laßt auch diesen Trug gelingen! Soll der Tod mir Strafe bringen, Wird die Schuld gar spät bezahlt. Ab. 4. Szene Vierter Auftritt. Aminta. Belisena. Dein Gatte wird bald kommen; geh hinein, Aminta, und entkleide dich. Ich weiß nicht, Wie diese Hochzeit mich so traurig macht. Den ganzen Tag war mein Patricio tief Getaucht in Schwermuth; Alles ist Verwirrung Und Eifersucht; ein großes Unheil droht! Wer ist der Ritter – – – Schweig; ich ärgre mich; Die Frechheit ist in Spanien adlig worden. Schmach über ihn, der mir den Gatten raubt! Still, still, dein Gatte! denn kein Andrer schreitet So laut und stark im Haus des Neuvermählten. Geh, Belisena, geh. In deinen Armen Verscheuche seinen Kummer. Wolle Gott, Daß ihm mein Seufzen gleichwie Liebesflüstern, Mein Weinen ihm wie holdes Kosen sei! Beide ab. 5. Szene Fünfter Auftritt. Don Juan. Catalinon. Gaseno. Gaseno, Gott befohlen. Ich wollt' euch Begleiten, meiner Tochter Heil zu wünschen Zu solchem Glück. Dazu ist morgen Zeit. Ich geb' euch meine Seel' in diesem Mädchen. Sagt: meine Gattin. Gaseno ab. 6. Szene Sechster Auftritt. Don Juan. Catalinon. Sattle mir die Pferde, Catalinon. Auf wann denn? Auf den Morgen, Der lachend ob des Truges aufgehn wird. Dort in Lebrija, Herr, erwartet uns Noch eine Hochzeit; drum, bei deinem Leben, Mach dich in aller Eil mit dieser fertig. Das ist das feinste Stückchen unter allen. O kämen wir von allen gut davon! Mein Vater führt das Zepter des Gerichts, Und hat des Königs Gunst; was fürchtest du? Gott übet Rache stets an Günstlingen, Wenn sie nicht strafen böse That; und oft Verliert beim Spiele, wer nur zugeschaut. Ich habe deinem Spiele zugeschaut, Und möchte nicht, daß für dieß Schau'n ein Blitz Mich träfe und in Staub verwandelte. Geh, sattle! Morgen schlaf' ich in Sevilla. Wie? in Sevilla? Ja. Was sagst du, Herr?! Bedenk', was du gethan hast, und bedenke, Daß bis zum Tod das längste Leben kurz, Jenseit des Todes eine Hölle ist. Wenn du so lange Frist mir geben willst, So wag' ich's immerhin mit Lug und Trug. Herr! Geh, du langweilst mich mit deiner Angst. Catalinon ab. 7. Szene Siebenter Auftritt. Don Juan. Schon dehnt in dunklem Schweigen sich die Nacht; Und in der Sterne Gruppen schreiten schon Zum Scheitelpunkt des Himmels die Plejaden. Nun setz' ich meinen Trug ins Werk; mich treibt Die Liebe, daß ich meiner Neigung folge, Der nie ein Mensch zu widerstehn vermag. Ich sehne mich ins holde Bett. Aminta! 8. Szene Achter Auftritt. Don Juan. Aminta im Nachtkleide. Wer ruft Aminta? mein Patricio? Nein; Ich bin nicht dein Patricio. Wer bist du? Sieh einmal her, Aminta, wer ich bin. Weh mir! Ich bin verloren. Du bei mir, Zu solcher Stunde? Dieß sind meine Stunden. Hinweg! ich rufe Hilfe! Geht, verletzt Die Achtung nicht, die ihr Patricio schuldet! In Dos-Hermanas auch giebt's römische Emilien, rachedürstende Lucrezien! Hör' mich nur auf zwei Worte! Dräng' ins Herz Zurück den dunkeln Purpur deiner Wangen, Den reichen Schmuck! Hinweg! mein Gatte kommt. Ich bin dein Gatte. Du erstaunst? Seit wann? Seit dieser Stunde. Wer hat das beschlossen? Mein Glück. Wer uns vermählet? Deine Augen. Mit was für Recht und Macht? Mit deinem Anblick. Weiß es Patricio? Ja; denn er vergißt dich. Vergißt er mich? Ja; denn ich liebe dich. Wie? umarmt sie. So! an meinem Herzen. Fort von mir! Kann ich's, da ich in Liebe schier vergehe? Welch große Lüge! Hör', und du erfährst Die Wahrheit, wenn du sie erfahren willst; Ihr Frauen seid ja stets der Wahrheit hold. Ich bin von hohem Adel, bin das Haupt Des alten Hauses der Tenorio's, die Sich der Eroberung Sevilla's rühmen. Mein Vater wird geehret nach dem König; An seinem Mund hängt Leben oder Tod. Ich kam des Wegs zufällig, schaute dich; Denn Amor führt manchmal die Dinge so, Daß er sie selbst nicht mehr zu regeln weiß. Ich sah dich, liebte dich, verzehrte mich: Und diese Liebe fordert, daß ich dich Zur Gattin wähle; der Entschluß ist fest. Und mag der König widersprechen, mag Mein Vater grollend es verwehren, doch Werd' ich dein Gatte sein. – Was sagst du nun? Ich weiß nicht. Was du mir als Wahrheit giebst, Ist überdeckt mit rednerischen Lügen. Denn mit Patricio bin ich ja vermählt, Wie Jeder weiß; und diese Ehe wird Nicht aufgelöst, und stünd' er selber ab. Jedoch für nichtig kann man sie erklären, Weil er sie nicht vollzogen, sei's aus Tücke, Sei es aus Hinterlist. Nein; in Patricio War Alles schlichte Wahrheit. Komm, o komm! Gieb mir die Hand zum Pfande für dein Ja. Nein; du betrügst mich. Der Betrug wär' schlimm Für Jemand. Schwörst du, mir dein Wort zu halten? Ich schwör's, geliebtes Weib, bei dieser Hand, Die eine Hölle kalten Schneees ist, Daß ich mein Wort erfülle. Schwör' bei Gott, Daß er dir fluche, wenn du's nicht erfüllst. Wenn ich dir jemals Wort und Treue breche, So bitt' ich Gott, für solchen Frevel werde Mir gleich der Tod Für sich. von eines Todten Hand; Gott verhüte, daß mich ein Lebend'ger tödte! Auf diesen Eid nimm mich als Gattin hin. Und meine Seele selber biet' ich dir In meinen Armen. Dein ist Seel' und Leben. Mein Kind, Aminta, meiner Augen Stern! In glänzend helle Silberschuhe, die Besternt mit Nägeln aus Tibar'schem Gold, Wirst morgen du die holden Füßchen kleiden; In der Juwelenbänder reiche Haft Wirst schmiegen du den Alabasterhals, Die Fingerchen in Ringe, deren Fassung Durchsichtig seine Perlen eng umschließt. Mein Gatte, deinem Willen beuget sich Von nun an stets der meine; ich bin dein. für sich. Wie schlecht kennst du den Erzschelm von Sevilla! Beide ab. 9. Szene Neunter Auftritt. Meeresufer bei Tarragona. Isabella. Fabio. Beide im Reiseanzug. O daß ein Frevel mir den Theuren raubte, Zusammt dem Kleinod, das mir werth vor allen! Wenn ich den Trug doch glaubte, Und nie gewußt, daß ich so tief gefallen! O Nacht, die mich entseelte, Die freudlos mich mit einem Traum vermählte! – Was nützt sie unserm Glücke, Die Liebe, die in Seel' und Augen strahlet? Denn Lieb' ist Trug und Tücke, Da sie mit Hohn und mit Verachtung zahlet. Will sie dir freundlich scheinen, So hast du bald ein Unglück zu beweinen. – Wild wogt es in den Buchten; Gefahren lauern in der Wuth des Sturmes; Und die Galeeren suchten, O Fürstin, längst den nahen Schutz des Thurmes, Der krönt des Ufers Wüste. Wo sind wir jetzt? An Tarragona's Küste. – Und bald von diesem Strande Gehn nach Valencia wir, das prangt im Segen, Als Königsburg der Lande; Dort wirst du kurze Zeit der Ruhe pflegen, Dann nach Sevilla reisen, Das als das achte Wunder Alle preisen. – Weinst du, daß du verloren Octavio's Hand? Don Juan ist hoch geehrt, Von edlerm Stamm geboren; Er trägt die Grafenkron'; Alfons begehret, Daß er sich dir vermähle; Sein Vater ist des Königs Herz und Seele. Nicht füllt es mich mit Grame, Don Juan vermählt zu sein; denn aller Orten Glänzt hell Tenorio's Name: – Mich grämt's, daß ich ein Ziel den frechen Worten. Mein Ruf ist hin; und Klage Geziemt mir bis ans Ende meiner Tage. Die Fischerin sieh dorten! Sie weint, sie seufzt, sie trägt ein bittres Wehe, Und klagt in sanften Worten. Gewiß, sie kommt; sie sucht hier deine Nähe. – Ich rufe deine Leute; Erforsch' indessen, was ihr Schmerz bedeute. Ab. 10. Szene Zehnter Auftritt. Isabella. Tisbea. Du Meer Hispaniens, glühend In Wuth! ihr Feuerwellen, flücht'ge Wellen, Die meine Hütte sprühend Verzehrt! – denn aus des Abgrunds Quellen Erstehen Wogengluten! Und aus den Flammen speit das Weltmeer Fluten: – – O Fluch dem Kiel, der in der Winde Wehen Durch bittre Flut zuerst den Weg gefunden, Ersehnet von Medeen! Fluch jenem ersten Tau, das aufgewunden Der Sturm! mein Fluch zerstücke Das Segel, das ein Werkzeug ward der Tücke! Was rufst du in die Wogen, O holde Fischerin, so bittre Klagen? Das Meer hat mich betrogen. O glücklich ihr, die kaum vom Sturm verschlagen, Nun lacht, wenn Wogen rollen! Auch ich muß bitterlich dem Meere grollen. – Wo kommst du her? Ich wohnte In jenen Hütten, die der Sturm gefällt hat, Der lange sie verschonte. Wie er die armen Mauern nun zerschellt hat, Daß einsam die Ruinen Nur noch den Vögelein zu Nestern dienen! – – – Seid ihr vielleicht die hehre Europa daß euch diese Stiere 1 tragen? Ach! hier soll meine Ehre In unerwünschtes Eheband mich schlagen! Hört ihr des Mitleids Stimme, Und klagt ihr selber ob des Meeres Grimme: – – So laßt mich mit euch gehen, Um als demüth'ge Sclavin euch zu pflegen. Zum König muß ich flehen, Wenn Schmach und Kummer nicht ins Grab mich legen, Und strenges Recht verlangen Für bösen Trug und frevles Unterfangen. – Jüngst warf an diese Auen Ein Sturm Don Juan Tenorio, Herz und Glieder Erstarrt in Todesgrauen: Ich nahm ihn auf, gab ihm das Leben wieder; Und meinen Frieden brechend, Ward er zur Viper, mir das Herz durchstechend. – Mich zum Altar zu führen, Er schwur's; ich, der vor Liebe sonst gegrauet, Ergab mich seinen Schwüren: O weh dem Weibe, das dem Manne trauet! Er floh; ich blieb verlassen: Nun kannst du meiner Rache Drang erfassen. – Verfluchtes Weib! Geh, meide Mein Antlitz; du vergiftest meine Seele! – – Doch nein; an deinem Leide Bist du ja schuldlos. Fahre fort, erzähle. Mein Glück schien festgebauet ... O weh dem Weibe, das dem Manne trauet! – Und wer wird mit dir gehen? Ein schwacher Greis, mein Vater, der mein Leiden Und meine Schmach gesehen. So ist's mir recht! Komm mit; bald soll uns Beiden Der Tag der Rache grauen. O weh den Weibern, die auf Männer bauen! Beide ab. Fußnoten 1 Nämlich die Schiffe. 11. Szene Elfter Auftritt. Kirche in Sevilla. Im Hintergrunde ein Grabmal mit Don Gonzalo's Bildsäule. Don Juan. Catalinon. Die Sachen stehn so schlecht als möglich. Wie? Octavio weiß um den italischen Verrath; beleidigt fühlt sich De la Mota, Und klagt mit Recht, daß du von seinem Bäschen Ihm falsch erlogne Botschaft hinterbracht, Und mittelst seines Mantels den Verrath Verübt hast, der ihm Schimpf und Schande bringt. Auch heißt es, Isabella komme her, Daß du ihr Gatte werdest; ferner heißt es – – – schlägt ihn auf den Mund. Halt's Maul! Au! einen Backenzahn hast du Mir ausgeschlagen! Schwätzermaul! Wer hat So vieles dumme Zeug dir aufgebunden? 'S ist Wahrheit. Frag' ich denn, ob's Wahrheit ist? Wenn mich Octavio tödten will, bin ich Denn todt? Hab' ich nicht Hände, mich zu wehren? – Wo triebst du mir ein Unterkommen auf? In jenem abgelegnen Gäßchen. Gut. Die Kirche ist 'ne heil'ge Zufluchtsstätte. Doch kann man hier bei Tag mich dennoch tödten. – Sahst du den Bräutigam aus Dos-Hermanas? Ich sah ihn auch; er ist voll Schmerz und Gram. Aminta wird die nächsten vierzehn Tage Nicht hinter meine Schliche kommen. Nein; Sie ist so blind im Garne, daß sie sich Gräfin Aminta nennt. Ein feiner Spaß! Ein Späßchen fein und kurz, das ihr auf lange Zu weinen giebt. Sie bemerken Don Gonzalo's Grabmal. Was für ein Grab ist dieß? Dieß? – Don Gonzalo liegt begraben hier. Den ich erstochen habe? Schau, man hat Ein mächtig Grabmal ihm erbaut. Der König Hat so befohlen. – Ei, wie heißt die Inschrift? liest. »Hier liegt der bravste Rittersmann; von Gott Erwartet er die Rache am Verräther.« Ha, ich muß lachen ob der dunklen Drohung! An mir euch rächen, Alter mit dem Bart Von Marmelstein? Greift dem Standbild an den Bart. Du reißest ihn nicht aus; Er kann sich rühmen eines starken Bartes. Auf diesen Abend lad' ich euch zum Essen In meine Herberg' ein; dort machen wir Die Fordrung aus, wenn ihr die Rache liebt. Zwar wird es übel mit dem Kampfe gehn, Da euer Schwert von Stein ist. Gnäd'ger Herr, Schon wird es Nacht; laßt uns doch schlafen gehn. Geduldet hat sich eure Rache lang; Seid ihr es selber, der sie üben soll, So solltet ihr nicht schlafen. Falls ihr aber Die Rache bis zu meinem Tod verspart, So laßt die Hoffnung schwinden, da ihr mir So lange Frist gewährt für eure Rache! Beide ab. 12. Szene Zwölfter Auftritt. Zimmer in Don Juans Wohnung. Zwei Diener den Tisch deckend. Ich halte jetzt das Mahl bereit; Don Juan Kommt heut zu Tisch. Der Tisch ist schon gedeckt; Wie trödelt er so lange, wenn's ihm einfällt! Der gnäd'ge Herr bleibt aus; ich ärgre mich: Der Wein wird warm; die Speisen werden kalt. Wer kann Don Juans Unordnung je in Ordnung Umwandeln? 13. Szene Dreizehnter Auftritt. Die Vorigen. Don Juan. Catalinon. Hast du zugeschlossen? Herr, Wie du befohlen. Holla, bringt das Essen. Es ist schon aufgetragen. Setz' dich her, Catalinon. Ich esse gern mit Muße. Setz' dich; ich will's. Ich thu' euch schon Bescheid. beiseite. Bescheiden ist's nicht, wenn er mit ihm speist! Setz' dich. Es klopft. Ein Schlag ans Thor! zum ersten Diener. Man klopft wohl an; Sieh, wer es ist. Ich geh' in raschem Flug. Ab. 14. Szene Vierzehnter Auftritt. Die Vorigen ohne den ersten Diener. Wenn's das Gericht nun wäre, Herr? Mag sein; Sei ohne Furcht. 15. Szene Fünfzehnter Auftritt. Die Vorigen. Erster Diener eilt zitternd herein. Wer ist's? was zitterst du? Sein Aussehn zeigt was Böses an. Kaum noch Bezwing' ich meinen Zorn. Antworte, sprich! Was hast du denn gesehn? hat dich der Teufel Erschreckt? Zu Catalinon. Geh du; sieh nach der Thür. Geschwind, mach' eilig! Ich? Du, allerdings. Wer hat den Schlüssel zu der Thür? Sie ist Nur in der Klinke. Nun? du gehst noch nicht? Heut geht's zu Ende mit Catalinon! O weh, wenn die verführten Weiber kommen, Um sich zu rächen an uns Beiden! Geht an die Thüre und öffnet sie; dann läuft er zurück und fällt zu Boden. Nun, Was soll das sein? Der Himmel steh' mir bei! Er bringt mich um! er packt mich an! Wer packt dich? Wer bringt dich um? Sag', was hast du gesehn? O Herr, ich sah, ... so wie ich an die Thür Gekommen, ... O! wer faßt mich an? wer reißt Mich fort? ... Ich kam, als man ... darauf, erblindet, ... – – – Ich kam; ... ich wurde blind, als ich ihn sah ... Ich schwör's bei Gott. Ich sprach mit ihm; ... ich sagte: Wer seid ihr? ... und er gab mir Antwort; ... und Ich gab ihm Antwort gleich; ... ich stieß auf ihn; Da sah ich ... Wen? Ich weiß nicht. Wie der Wein Das bischen Hirn verrückt! Gieb mir das Licht, Du Hasenherz; ich sehe selbst, wer klopft. 16. Szene Sechzehnter Auftritt. Die Vorigen. Don Gonzalo's Standbild. Don Juan nimmt das Licht und geht nach der Thüre; Don Gonzalo's Bildsäule, wie sie vorher auf der Gruft gestanden, kommt ihm entgegen. Don Juan geht bestürzt zurück und zieht den Degen mit der Rechten, während er in der Linken immer noch das Licht hält. Don Gonzalo nähert sich ihm mit langsamen Schritten und Don Juan weicht ebenso zurück, bis Beide in der Mitte der Bühne stehen. Wer da? Ich bin es. Wer seid ihr? Ich bin Der edle Rittersmann, den du zum Mahl Geladen. Wohl. Das Mahl reicht für uns Beide; Und kommen mehr mit dir, reicht's noch für Alle. Schon ist der Tisch gedeckt; nimm deinen Platz. Gott steh' mir bei! Hilf, heiliger Panuncio! Hilf, heiliger Antonio! Nähert sich zitternd. Also essen Die Todten auch? Sprich doch! – – Die Bildsäule nickt. Er nickt ein Ja. Setz dich, Catalinon. O nicht doch, Herr; Ich nehm' es für gegessen an. Ein Unsinn! Vor Todten hast du Furcht? Was thätest du, Wenn er noch lebte? Dumme, niedre Furcht! Iß du mit deinem Gast; ich hab' gegessen. Soll ich dir böse werden? Herr, bei Gott, Ich rieche aus dem Mund. Komm! soll ich warten? Ach! ich bin todt von vorn und todt von hinten! Don Juan winkt den Dienern; sie bleiben zitternd stehen. Und ihr, was haltet ihr Maulaffen feil? Was steht ihr da? ihr Tölpel, was, ihr zittert? Mit Leuten aus der Fremde mag ich nicht Zusammen speisen. Herr, soll ich mich setzen Zu einem Gast von Stein? Einfält'ge Angst! Ist er von Stein, was kann er denn dir thun? Ein Loch mir schmeißen in den Kopf. Komm, rede Ihn höflich an. Geht's euer Gnaden wohl? Ist's eine schöne Gegend, jenes Leben? Ist's eben oder bergig? Ehrt man dort Die Poesie? Die Bildsäule nickt. Zu Allem nickt er Ja. Giebt's auch dort viele Schenken? Sicherlich; Sonst müßten ja die Todten hier logieren. Holla, gebt uns zu trinken her. Herr Leichnam, Trinkt man auch dort in Eis? und giebt es Eis? Don Gonzalo nickt mit dem Kopfe. 'Ne schöne Gegend! Hört ihr gern Gesang, So wird man singen. Don Gonzalo nickt mit dem Kopfe. Er sagt Ja. So singt. Herr Leichnam sind ein Mann von Lebensart. Ein edler Herr, gewiß, ein Freund von Scherz. hinter der Bühne. Ist's dein Wille, süße Maid, Meinem heißen Liebesstreben Erst im Tode Lohn zu geben, O, da wart' ich lange Zeit! Herr Leichnam sind von dieser Sommerhitze Ermattet, oder essen sonst nicht viel; Ich mach' mich an die Schüssel. Trinkt. Jenseits wird Nicht viel getrunken; gut, ich thu's für beide. Ich bring' euch eine steinerne Gesundheit! Beim Himmel, meine Furcht nimmt mächtig ab. hinter der Bühne. Soll ich deine Gunst genießen Erst nach meinem Erdengange, Währt mein Leben mir zu lange; Mag's nur gleich im Nu zerfließen! Ist's dein Wille, süße Maid, Meinem heißen Liebesstreben Erst im Tode Lohn zu geben, O, das ist gar lange Zeit! Mit welcher denn von so viel Weibern, Herr, Die du betrogen hast, spricht dieses Lied? Freund, über Alle lach' ich heute noch. Einst in Neapel hab' ich Isabella – – – Die, Herr, ist nicht betrogen, da sie sich Mit dir vermählt, wie sich gebührt. Du hast Die Fischerin betrogen, die aus Sturm Und Wogen dich gerettet, hast bezahlt Den gastlichen Empfang mit schnöder Münze. Betrogen hast du Doña Anna – – – Still! 'S ist Einer hier, der für sie zahlen mußte, Und auf die Rache wartet. Ja, das ist Ein starker Held von Stein; du bist von Fleisch: Der Handel ist nicht gleich. Don Gonzalo deutet durch Zeichen an, daß man die Tafel wegräume und ihn mit Don Juan allein lasse. He, räumt den Tisch Hinweg! Er giebt mir Zeichen, daß wir zwei Allein hier bleiben, und die Andern gehn. Das geht nicht an; bei Gott, du darfst nicht bleiben. 'S giebt Todte, die mit einem Nasenstüber Den stärksten Helden schlagen mausetodt. Geht alle; – ja, wär' ich Catalinon! – – Hinweg! Er will's. Die Diener ab. Don Gonzalo deutet durch Zeichen an, daß Don Juan die Thüre verschließen soll. Er thut es. 17. Szene Siebzehnter Auftritt. Don Juan. Don Gonzalo's Standbild. Schon ist die Thür verschlossen; Erwartend steh' ich da. Sag' dein Begehr, Du Schatten, Scheinbild, oder Traumgesicht! Wenn du in Qualen wandelst, oder wenn Heilmittel du bedarfst für deine Seele, So sprich; ich gebe dir mein Wort, ich thue, Was du gebeutst. Bist du im Stand der Gnade? Gab ich in deinen Sünden dir den Tod? Sprich; alle meine Geister sind gespannt. mit dumpfem Grabeston. Wirst du ein Wort als Edelmann mir halten? Ich bin ein Mann von Ehre, und mein Wort Erfüll' ich; denn ich bin ein Edelmann. So reiche deine Hand mir; zittre nicht. Das sagst du mir? Ich zittern? Wärst du auch Die Hölle selbst, ich gäbe dir die Hand. Giebt sie ihm. Bei dieser Hand und deinem Worte, morgen Erwart' ich dich um zehn zum Abendessen; Wirst du erscheinen? O, ich meinte wohl, Du würdest Größeres begehren. Morgen Bin ich dein Gast. Und wohin lädst du mich? In meine Gruftkapelle. Soll ich dich Allein besuchen? Nein, kommt alle Beide; Und halte mir dein Wort, wie ich's gehalten. Glaub' mir, ich halt' es; denn ich bin Tenorio. Und ich Ulloa. Pünktlich, zweifle nicht, Find' ich mich ein. Ich glaub' es; Gott befohlen. Geht langsam nach der Thüre. Geduld, ich will dir leuchten. Leuchte nicht; Ich bin im Stand der Gnade. Don Gonzalo entfernt sich, beständig den Blick auf Don Juan geheftet, während Don Juan ihn ebenso anstarrt, bis Don Gonzalo die Bühne verlassen. 18. Szene Achtzehnter Auftritt. Don Juan. voll Entsetzen. Himmel, hilf! Mein ganzer Körper ist in Schweiß gebadet; In meinem Busen wird zu Eis mein Herz. Wie er die Hand mir faßte, preßt' er sie So gräßlich, daß mir's eine Hölle dünkte; Nie fühlt' ich solche Glut. Und als sein Mund Die Stimme formte, haucht' er einen Athem So eisig aus, es schien ein Hauch der Hölle. Doch all dieß ist nur ein Gedankenspiel, Von Furcht den heißen Sinnen vorgegaukelt; Und Todte fürchten, ist die feigste Furcht. Denn wenn ein edler, lebensfrischer Leib, Begabt mit Geisteskräften und Vernunft, Nicht Furcht erweckt, wer fürchtet todte Leiber? Ja, morgen werd' ich zur Kapelle gehn, Wohin er mich geladen, daß Sevilla Anstaune voll Entsetzens meinen Muth. Ab. 19. Szene Neunzehnter Auftritt. Königliches Schloß in Sevilla. Der König. Don Diego Tenorio. Gefolge. Ist Isabella endlich angelangt? Ja, Herr, doch tief bekümmert. Hat sie denn Nicht freudig die Vermählung angenommen? Es schmerzt sie, daß der Ruf entehrt sie nennt. Aus anderm Grunde wohl entquillt ihr Gram. – Wo stieg sie ab? Im Karmeliterkloster. Sie soll das Kloster augenblicks verlassen, Bequemlich weilen bei der Königin. Soll die Verlobung mit Don Juan geschehn, So laß ihn, Herr, dein Antlitz wieder schauen. Er mag erscheinen, und in stolzen Ehren; Mein Wille werde kund der ganzen Welt. Don Juan Tenorio soll von diesem Tag Als Graf besitzen meine Stadt Lebrija; Steht Isabella einem Herzog gleich, So mag sie, da sie einen Herzog erst Verloren, einen Grafen nun gewinnen. Für diese Gnade küss' ich deine Füße. Wohl hast du würdig meine Gunst verdient; Und wenn wir die Verdienste wägen wollen, So geb' ich nicht genug mit dieser Gunst. Mir deucht es gut, Don Diego, daß zugleich Wir Doña Anna's Hochzeitsfest begehn. Sie wird Octavio's Gattin? Nein; nicht soll Octavio tilgen ihrer Ehre Makel. Hört: Doña Anna, wie die Königin, Erbat von mir Verzeihung dem Marques; Denn nach des Vaters Tod wünscht Doña Anna Im Gatten einen Vater zu gewinnen. So geht mit wen'gen Leuten, unbemerkt, Sofort ins Schloß Triana; kündet ihm, Daß ich, ihn zu erfreun, und seiner Base Beleidigung zu sühnen, ihm verzeihe. So wird erfüllet, was ich heiß ersehnt. Ihr könnt ihm sagen, die Verlobung sei Auf diesen Abend. Alles endet gut. Leicht wird sich der Marques bereden lassen; Er ist in seine Base heiß verliebt. Setzt auch Octavio gleich davon in Kenntniß. Der Herzog hat mit Weibern nun kein Glück; Sie alle sind Einbildung nur und Laune. – Ich hör', er grolle heftig eurem Sohn. Mich wundert's nicht; – wenn er Don Juans Vergehn Erfuhr, das so viel Schlimmes ihm gebracht. – Der Herzog kommt. Bleibt mir zur Seite hier; Denn das Vergehen habt ihr mit zu tragen. 20. Szene Zwanzigster Auftritt. Die Vorigen. Octavio. Siegreicher König, deine Hoheit reiche Den Fuß zum Kusse mir. Steht auf; bedeckt Das Haupt euch, Herzog. Sagt, was ihr begehrt. Zu euren Füßen hingestreckt, fleh' ich Um eine Gnade; meine Bitte ist Gerecht, und würdig der Gewährung. Herzog, Wenn sie gerecht ist, geb' ich euch mein Wort, Sie zu gewähren. Nennt die Bitte. Herr, Du weißt durch Briefe deines Abgesandten, Und durch des Rufes Zunge weiß die Welt: Don Juan Tenorio hat mit spanischer Anmaßung in Neapel eines Nachts (O Schreckensnacht für mich!) das heilige Asyl entweihet einer hohen Frau, Und meinen Namen zu der That mißbraucht. Genug; dein Unglück kenn' ich. Was begehrst du? Mir zu gestatten, daß im offnen Feld Ich ihm beweise, daß er ein Verräther. Das nicht! In seinem Blut fließt solche Ehre – – – Don Diego! Und wer bist du, daß du so In Gegenwart des Königs sprechen darfst? Ich bin der Mann, der schweigt, weil es der König Gebeut; sonst gäb' dir Antwort dieses Schwert. Du bist ein Greis. Doch in Italien War ich ein Jüngling einst, zu eurem Schmerz; Mailand und Neapel kannten wohl mein Schwert. Dein Blut ist eingefroren längst. Ich war, Gilt wenig; nur: ich bin. Ich war und bin! Greift zum Schwert. Nicht weiter! haltet ein! Laßt gut sein, schweigt, Don Diego; ehrt des Königs Angesicht! Ihr, Herzog, wenn vorüber die Vermählung, Mögt ihr mit beßrer Muße mit mir sprechen. Don Juan ist Kammerherr, ist mein Geschöpf, Und dieses Stammes Zweig; so zollt ihm Achtung. Ich werde thun, o Herr, wie du befiehlst. Folgt mir, Don Diego. für sich. O mein Sohn, wie schlecht Zahlst du die Liebe, die ich dir geweiht! Herzog! Mein König? Morgen sei auch eure Vermählung. Wohl, sie sei, da du's befiehlst. Der König und Don Diego ab. 21. Szene Einundzwanzigster Auftritt. Octavio. Gaseno. Aminta. Gewiß kann dieser Herr uns sagen, wo Don Juan Tenorio weilt. – O gnäd'ger Herr, Ist ein Don Juan wohl hier herum zu finden? Bekannt muß sein Familienname sein. Ihr meint Don Juan Tenorio? Ja, ganz recht; Der Don Juan ist's. Der weilet hier. Was wollt ihr Von ihm? Der edle Herr ist mein Gemahl. Wie? Wißt ihr's nicht, da ihr am Hofe lebt? Er hat mir nichts gesagt. Ist's möglich? Freilich! Doña Aminta ist mit Recht geehrt Durch solche Heirath; sie ist durch und durch Bis auf die Knochen eine alte Christin, Und weiß mit ihrem Gut in Dos-Hermanas Viel besser Haus zu halten, als ein Graf Und ein Marques. Don Juan verlobte sich Mit ihr und nahm sie dem Patricio weg. Sagt auch, daß ich als Jungfrau ward sein eigen. Hier ist ja kein Gericht; hier klagt man nicht. für sich. Das ist ein Streich, wie sie Don Juan verübt; Und meiner Rache kommt zu gut die Kunde. Laut. Was wollt ihr denn? Ich möchte, weil die Zeit Vergeht, daß baldigst nun die Hochzeit sei; Sonst klag' ich bei dem König. Eure Absicht Ist gut. Und ganz gebührlich, und gerecht. für sich. Nach Herzenswunsch kommt die Gelegenheit. Laut. Im Schlosse giebt es Hochzeit. Meine Hochzeit? Damit es uns gelingt, ersinn' ich Etwas Für euch: – kommt, Fräulein! zieht ein Hofkleid an; Dann geht ihr mit mir in des Königs Saal. Ihr führt mit eurer Hand mich zu Don Juan. So fangen wir's gescheidt und listig an. Das Mittel deucht mir gut. für sich. Die Beiden hier Verschaffen Rache mir an diesem Buben Für seine Frevelthat an Isabella! Alle ab. 22. Szene Zweiundzwanzigster Auftritt. Platz vor der Kirche. Don Juan. Catalinon. Wie hat der König dich empfangen? Besser Und wärmer, als mein Vater. Warst du auch Bei Isabella? Auch. Wie sieht sie aus? So wie ein Engel. Nahm sie dich wohl auf? Das Angesicht in Milch und Blut getaucht, So wie die Rose, die beim Morgenroth Erwacht und ihres Kelches Blätter öffnet. Und Hochzeit ist heut Nacht? Unfehlbar heut. So kriegst du nun den aufgewärmten Braten; Er wäre frisch, hätt'st du sie nicht vorher Betrogen! – Doch du nimmst dir eine Frau Mit schweren Lasten. Wirst du unverschämt? Und besser wär's, du hieltest morgen Hochzeit; Heut ist ein böser Tag. Was für ein Tag Ist heute denn? Ein Freitag 1 . Tausend Heuchler Und Narren baun auf solche Albernheiten. Den Tag nur nenn' ich bös, abscheulich, grausig, Wo mir das Geld fehlt; Alles sonst ist Wind. Komm nun, dich anzukleiden. S' ist schon spät; Und man erwartet dich. Wie dringend auch Man uns erwarte, haben wir doch erst Ein anderes Geschäft. Was? Bei dem Todten Zu speisen. Thorheit über Thorheit! Was? Ich gab mein Wort! Und wenn du's ihm auch brichst, Was liegt dran? Wird ein Steinbild Rechenschaft Dir für dein Wort abfordern? ironisch. Nun, es kann Der Todte öffentlich mich ehrlos schelten. Die Kirch' ist schon verschlossen. Klopfe denn! Was nützt das Klopfen hier? Die Küster schlafen; 'S macht Keiner auf. Klopf' an der Seitenthür drückt auf die Klinke. Die steht schon offen. Komm. Da geh' ein Pfaffe Hinein mit seinem Wedel und der Stola! Folg' mir, und schweige. Schweigen soll ich? Ja. Gott helfe mir mit heiler Haut von solchen Gastmählern! Sie gehen in die Kirche. Fußnoten 1 Bei den Spaniern ist es der Dienstag. 23. Szene Dreiundzwanzigster Auftritt. Das Innere der Kirche. Don Juan. Catalinon. Herr, wie finster ist die Kirche Für ihren großen Raum! O weh! o weh! Herr, halte mich! Sie packen mich am Mantel. 24. Szene Vierundzwanzigster Auftritt. Die Vorigen. Don Gonzalo's Standbild tritt ihnen entgegen. Wer da? Ich bin's. Ich bin des Tods! Ich bin Der Todte; zittre nicht! – Ich dachte nicht, Daß du dein Wort mir hieltest; denn dir ist Doch Alles Spott. Glaubst du mich feige? Ja; Denn als du mich getödtet, jene Nacht, Flohst du hinweg von mir. Vor dem Erkennen Entfloh ich. Doch nun hast du mich vor Augen; Sag' eilig, was du willst. Ich will zum Mahl Dich laden. zitternd, steht seitwärts. Wir erlassen dir das Mahl; Es kann ja doch nur kalten Braten geben, Da eine Küche nicht zu sehen ist. So laß uns speisen. Um zu speisen, mußt Du diesen Grabstein aus dem Boden heben. Liegt dir daran, heb' ich die Pfeiler auch Aus ihrem Grund. Er stemmt sich gegen den Grabstein; dieser schiebt sich seitwärts; es erscheint ein schwarzgedeckter Tisch. Du bist ein starker Held. Ich hab' in meinen Adern Muth und Kraft. Das ist ein Tisch aus Mohrenland, so schwarz! Dort giebt es also keine Wäscherin? Nimm Platz! Wo? Schau, mit Stühlen kommen schon Zwei schwarze Edelknaben. Zwei Vermummte bringen Stühle. Trägt man dort Auch Trauerkleider und Flanell aus Flandern? Nimm Platz! Ich, Herr? Ich nahm heut Nachmittag Ein Vesperbrod. Sprich nicht! Ich spreche nicht. Gott helfe mir mit heiler Haut von hinnen! – Herr, was für eine Schüssel ist dieß wohl? Dieß hier ist eine Schüssel Scorpionen Und Vipern. Eine schöne Schüssel! Das Sind unsre Speisen. Ißt du nichts? Ich esse, Und gäbst du mir auch Basilisken, und So viele Basilisken trägt die Hölle! Du sollst Gesang auch bei der Tafel haben. Was trinkt man dort für einen Wein? Versuch' ihn! versucht. Puh! Essig ist und Galle dieser Wein. Das ist der Wein, den unsre Keltern pressen. hinter der Bühne. Merk' es, wer da gegen Gottes Strafgerichte stolz geprahlt: Jede Frist kommt an ihr Ende; Keine Schuld bleibt unbezahlt. O Jesus! das ist schlimm, daß ich dieß Lied Muß hören, und daß es uns Beide meint! O! Eisesfrost verbrennt den Busen mir. hinter der Bühne. Solche frechen Worte scheue: »O noch hab' ich lange Zeit!« Der du trägst des Staubes Kleid, Kurz nur ist die Frist der Reue. Wovon ist dieß Ragout? Von Krallen. So? Wohl von den langen Fingern eines Schneiders? Ich bin gesättigt; heb' die Tafel auf. Der Tisch wird entfernt. Gieb deine Hand mir; zittre nicht. Die Hand! Was sagst du mir? Ich zittern? – Reicht ihm die Hand. Ich verbrenne; Verbrenne du mich nicht mit deiner Glut! Das ist noch wenig gegen jene Glut, Die du erstrebet hast. Die Wunder Gottes, Don Juan, sind unerforschlich; er gebeut, Daß eines Todten Hand den Lohn dir zahle. Das sind des Herrn Gerichte; wie die Thaten, So auch der Lohn. Ich brenne! Laß die Hand Mir frei; ich tödte dich mit diesem Schwert. Weh! weh! umsonst! Ich treffe nur die Lüfte. – Ich habe deine Tochter nicht beleidigt; Denn sie entdeckte den Betrug zuvor. Die böse Absicht zählet gleich der That. Gestatte einen Priester mir, daß er Mich beichten hör', und mir die Sünd' erlasse. Es kann nicht sein; du denkst zu spät daran. Ich glüh', ich brenne! Weh! ich bin des Todes. Stürzt nieder. knieend. Kommt Niemand hier davon? Auch ich muß sterben, Weil ich ihm hergefolgt. Das sind des Herrn Gerichte; wie die Thaten, so der Lohn. Das Grabmal versinkt mit Don Juan und Don Gonzalo. 25. Szene Fünfundzwanzigster Auftritt. auf den Knieen sich vorwärts schleppend. O Gott! was ist das? Die Kapelle steht In Flammen; und ich bleibe hier, und halte Die Leichenwacht. – Ich schleppe mich hinweg, So gut ich kann, und will's dem Vater melden. O heiliger Georg! o du Lamm Gottes! Helft mir mit heiler Haut nur auf die Gasse. Ab. 26. Szene Sechsundzwanzigster Auftritt. Schloß. Der König. Don Diego. Gefolge. Schon harret der Marques des hohen Glücks, Daß er des Königs Füße küssen dürfe. Er möge kommen. Laßt dem Grafen sagen, Daß er nicht säumt. 27. Szene Siebenundzwanzigster Auftritt. Die Vorigen. Patricio. Gaseno. Kann hier zu Lande, Herr, So frecher Hochmuth wohl gestattet sein, Daß deine Diener arme niedre Leute In Schimpf und Schande stürzen? Sprich, was meinst du? Don Juan Tenorio hat verrätherisch Und schändlich an dem Abend meiner Hochzeit, Eh sie vollzogen war, mich um mein Weib Betrogen. Zeugen hab' ich hier. 28. Szene Achtundzwanzigster Auftritt. Die Vorigen. Tisbea. O Herr, Wenn eure Hoheit an Don Juan Tenorio Mir nicht Gerechtigkeit verschafft, muß ich Mein Leben lang vor Gott und Menschen klagen. Das Meer warf ihn ans Ufer; er verdankt Sein Leben mir und gastlichen Empfang: Und zu der Freundschaft Lohn belog er mich, Betrog mich durch ein falsches Ehversprechen. Was sagst du mir? Die Wahrheit. 29. Szene Neunundzwanzigster Auftritt. Die Vorigen. Octavio mit Aminta die sich in Hofkleidern linkisch bewegt. Was ist das? Weiß man's noch nicht? Der Herr Don Juan Tenorio, Drum komm' ich her, ich will zum Mann ihn haben; Er muß mir meine Ehre wiedergeben. Er ist ein Edelmann; er darf mir's nicht Abschlagen. Gieb Befehl zur Trauung, Herr! 30. Szene Dreißigster Auftritt. Die Vorigen. De la Mota. Es ist nun Zeit, die Wahrheit an das Licht Zu ziehn, mein hoher Herr! Erfahr' es denn: Don Juan Tenorio trägt die Schuld, die du Mir beigemessen; denn als falscher Freund Hat der Verräther mich getäuscht. Dafür Hab' ich zwei Zeugen. Ha, der Büberei! Nehmt ihn in Haft; gebt ihm den Tod zur Stunde. Ich selbst erfleh', als meiner Dienste Lohn: Laß ihn ergreifen; laß die Schuld ihn büßen, Damit für meines Sohnes Bosheit nicht Des Himmels Blitze fahren auf mein Haupt. 31. Szene Einunddreißigster Auftritt. Die Vorigen. Catalinon. Vernehmt, ihr Herrn, das gräßlichste Begebniß, Das je sich zugetragen auf der Welt; Und wenn ihr es vernehmt, so bringt mich um! Don Juan, nachdem er dem Komtur geraubt Die zwei Kleinode, die am höchsten gelten, Verübte eines Abends Spott an ihm, Und griff dem Marmorbild frech an den Bart, Und lud ihn höhnend ein zum Abendessen; – O hätt' er doch ihn nimmer eingeladen! – Das Bildniß kam, und lud ihn gleichfalls ein: Und nach der Mahlzeit, daß ich's kurz berichte, Jetzt eben, unter tausend Wunderzeichen, Nahm es ihn bei der Hand, und preßte sie, Bis daß es ihm das Leben ausgepreßt, Und sprach: Gott will's, daß ich dich also tödte, Zu deiner Sünden Strafe; wie die Thaten, So auch der Lohn. Was sagst du? Reine Wahrheit. Don Juan hat vor dem Tode noch bekannt, Daß Doña Anna's Ehre rein geblieben, Weil ihn die Leute hörten, eh er noch Vollführte den Betrug. Für diese Kunde Geb' ich dir tausendfachen Botenlohn. Das ist des Herrn gerechtes Strafgericht! – Und nun geziemt's, daß Alle sich vermählen; Die Ursach alles Unheils traf der Tod. Da Isabella nun verwitwet ist, Führ' ich sie zum Altar. Und ich mein Bäschen. Und so auch wir die Unseren, auf daß Es mit dem steinernen Gast zu Ende komme. Das Grabmal aber werde nach Madrid Versetzt in San Francisco's hohen Chor, Auf daß sein Angedenken ewig glänze.