An Frau von Oheimb Gönn mir das traute Du. Ich kann vor Lachen dich ja nicht siezen – nimm mir das nicht krumm! Sag mir nur eines: Was sie bei dir machen, siehst du das nicht – den Fez um dich herum? Die gehrockeingebundnen Bürokraten, die Talleyrand-Kopien der Diplomaten, der aus Liberia – und selbst der aus Minka . . . Kathinka –! Ach, ihr beklagt in wichtigkeitsgeschwollnen und schönen Reden diese Not der Zeit. Um Autokühler die kameelhaarwollnen Schutzdecken . . . Damen mit dem Schleppenkleid . . . Du bist so selig, wenn die Schmöcke schreiben. Ihr quatscht und quatscht. Die Dividenden bleiben. Es flirrn und flirten Tee- und Kaffee-Trinker . . . Kathinka –! Die Republik gibt sich in deinen Räumen ein Stelldichein. O stell sie wieder weg! Schlafwandler sind sie, die regierend träumen . . . und die Reformen sind wie Teegebäck. Und blickte Salomo auf diese Scheitel, er spräche: Hier ist alles eitel. Auf hundert rechte Gäste kommt ein linker . . . Kathinka –! Kathinka, gutes Kind! Du bist so niedlich und hältst dich für den Nagel der Saison. Geh, hör gut zu – ich sag dirs friedlich: ne gute Stube ist noch kein Salon. Du weißt von Politik auch nicht die Bohne. Hörst du den Schritt der Proletarier-Bataillone? Du kommst zu spät. Denn unsre Zeit ist flinker als du, Kathinka. · Theobald Tiger Die Weltbühne, 30.12.1930, Nr. 53, S. 982.