Der Mitesser Denen, die sich nicht getroffen fühlen Er wohnt am Rand der reichen Leute, verkehrt mit Adel und heißt Schmidt. Den Schlips von morgen trägt er heute und fährt in fremden Autos mit. Er lebt in einem ihm fremden Stile – Fauler Kopp! Fauler Snob! Aber davon gibts viele. Er selbst hat nur ein kleines Zimmer, als Untermieter bei Frau Schay. Doch geht er aus, dann tut er immer, als wär er aufgewachsen bei. Von der Socke bis zum gescheitelten Haar: es ist alles nicht wahr – es ist alles nicht wahr! Er ist so gerne eingeladen: er zeckt an Kaufmann und Bankier. Er weiß, am Lido muß man baden, er grüßt im Ritz den Herrn Portier. Er nassauert elegant und beflissen vor fremden Kulissen. Was er auch hat, das hat er gratis. Er läuft mit der Society. Er kennt die feinsten Cocktail-Parties. Nur seine Lage kennt er nie. Bald kunstgewerblicher Friseur, bald Redakteur . . . so sehn wir ihn gestern, morgen und heute: ein Affe. Ein Affe der reichen Leute. · Theobald Tiger Die Weltbühne, 28.07.1931, Nr. 30, S. 147.