Das Weltwort Es gibt in allen Sprachen ein Wort, das geht von Mund zu Munde; es pflanzt sich durch die Lande fort, und überall machts die Runde. Es war einmal gewiß kein Feingut, doch nach dem Kriege wurd es Allgemeingut. Weil ich ein feiner Knabe bin –: wie sag ichs meiner Leserin, so, daß ich doch gesittet bleibe . . . ? Vielleicht: Ja, Scheibe –? Herr Sternheim ist so mächtig eitel – er wünscht sich Rosen auf den Schei – Ja, Scheibe. Willst du hier eine Ehe trennen, so mußt du einen Grund benennen; drei Männchen in Talarverkleidung, die wühlen im Morast der Schei – Ja, Scheibe. Daß Deutschland militärisch bleibe, schießt jeder Stahlhelmfritze nach der Schei – Ja, Scheibe. (Schießscheiben stehen aller Enden, dies Wort ist nur mit Vorsicht zu verwenden.) Auf daß er seine Frau in Seide lege, kratzt mancher Arzt manchmal am Schei – Ja, Scheibe. Das Kabinett? Mir scheint, als ob mir schiene: sie machten Wahlen gegen die Marine, dann fallen sie um und willigen für nen Kreuzer ein. Das ist des Müllers Lust. Wie oft trügt doch der Schei – Ja, Scheibe. In allen Sprachen gibt es dies Wort, das geht von Mund zu Munde; es pflanzt sich durch alle Länder fort und überall macht es die Runde. Es paßt auf alles in der Welt . . . nur ein Ding gibts, das nicht darunter fällt. Dies Ding – ein jeder Kenner siehts – ist unsere deutsche Strafjustiz, Denn die – mit ihrem Riesenfleiße – die letzte Zeile fehlt. Ich weisse, was ich weisse. · Theobald Tiger Die Weltbühne, 18.09.1928, Nr. 38, S. 441.