Das Singental Der Herzog tief im Walde Am Fuß der Eiche saß, Als singend an der Halde Ein Mägdlein Beeren las. Erdbeeren, kühl und duftig, Bot sie dem greisen Mann, Doch ihn umschwebte luftig Noch stets der Töne Bann. »Mit deinem hellen Liede«, So sprach er, »feine Magd! Kam über mich der Friede Nach mancher stürm'schen Jagd. Die Beeren, die du bringest, Erfrischen wohl den Gaum, Doch singe mehr! du singest Die Seel in heitern Traum. Ertönt an dieser Eiche Mein Horn von Elfenbein, In seines Schalls Bereiche Ist all das Waldtal mein; So weit von jener Birke Dein Lied erklingt rundum, Geb ich im Talbezirke Dir Erb und Eigentum.« Noch einmal blies der Alte Sein Horn ins Tal hinaus, In ferner Felsenspalte Verklang's wie Sturmgebraus: Dann sang vom Birkenhügel Des Mägdleins süßer Mund, Als rauschten Engelflügel Ob all dem stillen Grund. Er legt in ihre Hände Den Siegelring zum Pfand: »Mein Waidwerk hat ein Ende, Vergabt ist dir das Land.« Da nickt ihm Dank die Holde Und eilet froh waldaus, Sie trägt im Ring von Golde Den frischen Erdbeerstrauß. – Als noch des Hornes Brausen Gebot mit finstrer Macht, Da sah man Eber hausen In tiefer Waldesnacht; Laut bellte dort die Meute, Vor der die Hindin floh, Und fiel die blut'ge Beute, Erscholl ein wild Halloh. Doch seit des Mägdleins Singen Ist ringsum Wiesengrün, Die muntern Lämmer springen, Die Kirschenhaine blühn; Festreigen wird geschlungen Im goldnen Frühlingsstrahl; Und weil das Tal ersungen, So heißt es Singental .