Der Schenk von Limburg Zu Limburg auf der Veste, Da wohnt' ein edler Graf, Den keiner seiner Gäste Jemals zu Hause traf. Er trieb sich allerwegen Gebirg und Wald entlang, Kein Sturm und auch kein Regen Verleidet' ihm den Gang. Er trug ein Wams von Leder Und einen Jägerhut Mit mancher wilden Feder, Das steht den Jägern gut; Es hing ihm an der Seiten Ein Trinkgefäß von Buchs; Gewaltig konnt er schreiten Und war von hohem Wuchs. Wohl hatt er Knecht' und Mannen Und hatt ein tüchtig Roß, Ging doch zu Fuß von dannen Und ließ daheim den Troß. Es war sein ganz Geleite Ein Jagdspieß, stark und lang, An dem er über breite Waldströme kühn sich schwang. Nun hielt auf Hohenstaufen Der deutsche Kaiser Haus. Der zog mit hellen Haufen Einsmals zu jagen aus. Er rannt auf eine Hinde So heiß und hastig vor, Daß ihn sein Jagdgesinde Im wilden Forst verlor. Bei einer kühlen Quelle, Da macht' er endlich Halt; Gezieret war die Stelle Mit Blumen mannigfalt. Hier dacht er sich zu legen Zu einem Mittagschlaf, Da rauscht' es in den Hägen Und stand vor ihm der Graf. Da hub er an zu schelten: »Treff ich den Nachbar hie? Zu Hause weilt er selten, Zu Hofe kommt er nie: Man muß im Walde streifen, Wenn man ihn fahen will, Man muß ihn tapfer greifen, Sonst hält er nirgend still.« Als drauf ohn alle Fährde Der Graf sich niederließ Und neben in die Erde Die Jägerstange stieß, Da griff mit beiden Händen Der Kaiser nach dem Schaft: »Den Spieß muß ich mir pfänden, Ich nehm ihn mir zu Haft. Der Spieß ist mir verfangen, Des ich so lang begehrt, Du sollst dafür empfangen Hier dies mein bestes Pferd. Nicht schweifen im Gewälde Darf mir ein solcher Mann, Der mir zu Hof und Felde Viel besser dienen kann.« »Herr Kaiser, wollt vergeben! Ihr macht das Herz mir schwer. Laßt mir mein freies Leben, Und laßt mir meinen Speer! Ein Pferd hab ich schon eigen, Für Eures sag ich Dank; Zu Rosse will ich steigen, Bin ich mal alt und krank.« »Mit dir ist nicht zu streiten, Du bist mir allzu stolz, Doch führst du an der Seiten Ein Trinkgefäß von Holz: Nun macht die Jagd mich dürsten, Drum tu mir das, Gesell, Und gib mir eins zu bürsten Aus diesem Wasserquell!« Der Graf hat sich erhoben, Er schwenkt den Becher klar, Er füllt ihn an bis oben, Hält ihn dem Kaiser dar. Der schlürft mit vollen Zügen Den kühlen Trank hinein Und zeigt ein solch Vergnügen, Als wär's der beste Wein. Dann faßt der schlaue Zecher Den Grafen bei der Hand: »Du schwenktest mir den Becher Und fülltest ihn zum Rand, Du hieltest mir zum Munde Das labende Getränk: Du bist von dieser Stunde Des deutschen Reiches Schenk!«