Der Winter Die Erde drückt ein tiefer Schnee: Es glänzt ein blendend Weiß um ihre nackten Glieder: Es glänzen Wald, Gefild und See. Kein muntrer Vogel singt: Die trübe Schwermuth schwingt Ihr trauriges Gefieder. Der Weise bleibt sich immer gleich: Er ist in seiner Lust kein Sklave schöner Tage, Und stets an innrer Wollust reich. Was Zephyrs Unbestand, Was ihm die Zeit entwandt, Verliert er ohne Klage. Wer euch, ihr süssen Musen! liebt, Der scherzt an eurer Hand in bluhmenvollen Feldern, Wann Boreas die Lüfte trübt. Der Frühling mag verblühn! Ihm lacht ein ewig Grün In euern Lorbeer-Wäldern. Und wie? Lyäus flieht ja nicht, Um dessen Epheü-Stab die leichten Scherze schweben! Noch glüht sein purpurnes Gesicht: Noch will er guten Muth Und ächte Dichterglut, Trotz rauhen Froste, geben. Dem Weingott ist es nie zu kalt, Und auch der Liebe nicht, lockt Venus gleich nicht immer In einen grünbelaubten Wald. In Büschen rauscht kein Kuß: Doch Amors zarter Fuß Entweicht in warme Zimmer. Ihm dient ein weiches Canapee So gut und besser noch, als im geheimen Hayne Beblühmtes Gras und sanfter Klee. O welche Welt von Lust An einer Phyllis Brust Und, Freund, bey altem Weine! Stoß an! es leb' ein holdes Kind, Von Grazien gepflegt, erzogen unter Musen Und schätzbarer, als Phrynen sind, Durch Unschuld, klugen Scherz Und durch ein gutes Herz In einem schönen Busen!