62. An einen Verirrenden, der geprüft zu haben vorgab 11.–12. August 1800. Das Licht der Überzeugung Ist heitres Forschens Lohn. Doch schwüle Herzensneigung Heißt dir Religion. Wann strebtest du zur Klarheit Ätherischer Vernunft? Du nahmst für Gottes Wahrheit Gebot der Priesterzunft. Wann schiedest du mit Strenge Das Wesen von Gestalt? Was weiland Pfaffenmenge Durch Trotz entschied, das galt. Das galt, was ward seit gestern: Vernunft, das Heiligtum Der Ewigkeit, zu lästern, War dir Verdienst und Ruhm. Du dunkeltest, du flochtest Des blinden Glaubens Seil; Du, Kind der Satzung, pochtest, Wie auf alleinig Heil. Wer deine Himmelsleiter Nicht stieg, dem fluchtest du, Wo nicht der Husse Scheiter, Doch Ketzernamen zu. Der frei des Priesterfrones Uns schuf, und lehrte: Liebt! Das Wort des Menschensohnes, Wie hast du's ausgeübt? Trat Zweifel dir entgegen; Nie standst du ihm getrost, Anringend nach Vermögen: Du bebtest und entflohst. Kehr um, du sinkst noch tiefer, Kehr um, verlockter Freund, Als Forscher und als Prüfer, Zu dem, der um dich weint!