Julius von Voß Faust Trauerspiel mit Gesang und Tanz Personen Personen: Faust. Sein Vater. Seraphina, seine frühere Geliebte. Guttenberg, sein Freund. Prinz Medicis. Erzbischof von Florenz. Doctor Robertus. Macchiavelli, ein Fürstenrath. Aurelia, seine Tochter. Cinthio. Clara. Ildephonse. Gelehrte, Künstler, Damen, Mönche. Wache, Volk, Pienerschaft. Leviathan, eine höllische Erscheinung. Visionen mancher Art. 1. Akt 1. Scene Erste Scene. Oeder Platz im Spessart, mit Ruinen einer gothischen Burg im Hintergrunde. Nacht, Sturm und Donner. Man hört schon gegen das Ende der Ouvertüre ihren leisen Gesang. Der Vorhang geht auf, wenn er schon eine Weile begann. Was in Klüften haus't, Hoch in Lüften saus't, Laut in Meeres Brausen zischt, Wild in Flammen Grausen mischt, Schürt höllische Gewitterpracht, Tanzt auf dem Sturm der Mitternacht. Aus verdammter Geister Pfuhl, Wirbelt's um den Meister-Stuhl. Ein Wurm dem Kreise naht, Ihn weise faht! 2. Szene Zweite Szene. Faust. Guttenberg. Was folgt mir nach? Die Sorge um den Freund. Sie wache in der Menschen bangen Kreis, Nicht wo die Oede schirmend mich umfängt. Dem heitern Auge lächeln Stadt und Fluren. mit stolzer Wehmuth. An Bildners Marmor hab' ich auch geweint, Den Namen soll mir nicht der Tod begraben. Freund, denke an des Jünglings Sonnenflug Und achte auf der Fabel tiefe Lehre! Und wollt' ich Ruhm denn ohne That? Fleht' ich Um ein Almosen bettelnd zur Geschichte? Wollt' ich um Blut der Nachwelt Hymnen kaufen? Nein, mächtig laut rief es in mir: Hinaus Weit über das gemeine Hohe, nicht Dem engen Vaterland, der Menschheit meine Liebe! – Den Herrn der Schöpfung sah ich nur in Ketten – Und sind die Machtgebieter nicht gefesselt? Krieg und Verwüstung toben überall – Ja, Streit ist schon das Leben, Tod die Ruhe. Es waffnete schon lange mir den Grimm – Den Kampf nur wende zu der eignen Brust! Die Wahrheit sollte mir hinauf zum Thron, Die Tirannei, der Aberglaube, fallen – Da schlägt die Stunde mir des Genius, Ins Dasein trägt sie siegend die Entdeckung, Der Worte tausendfaches Abbild schnell Am Hochaltar Minervens darzubringen, Daß es die Göttin allen Zonen sende, Und tauschender Begriffe Lichtverkehr Dem Leben höh're Geisterstufen baut – doch ach! Geschmäht von Künstlerneid, dem winz'gen Zwerg, Von Priesterwahn, der feiges Dunkel segnet, Muß der Erfinder in die Wüste fliehn, An den nur der Phönizier Thaut sich mißt. im kräftigen Accord. Wache Rache! betreten. Ha, welcher Chor! – Wie, oder täusch' ich mich? der nichts hörte. Von Dichtergipfeln prüfest Du Dein Kunstwerk, Gerecht vernimm auch thalentstiegne Rede: Wo Du der Weisheit Ideal umarmst, Seh' ich dem Irrthum neue Bahnen ebnen, Die Pest der Thorheit steckt die Denker an, Und blut'gen Streit entflammet die Partheiwuth. Entrathe eitlen Wunsch um holden Frieden, Ich melde Liebesgruß, geerbt hat Seraphina Ein Hüttlein dort im freien Schweitzerthal, Dahin enteile – Ein Prometheus ist Das Mädchen, will des Busens Himmelsfunken Mir rauben – ihm einen Brief reichend. Dich mit seinem Strahl durchwärmen. sinnend und mit einiger Schwärmerei. Noch tönet Minnewonneklang das Herz – Allein die Sanfte lenkt den Flug mir erdenwärts – Und zu den Sternen will ich liebend schweben. Strebe, Schwebe Horch dem Gesang! Ich hörte nichts! Befremdend – Kalt. Die zarte Blumenkette sei zerbrochen, Die durch der Tiefe Auen nur sich schlängt – Doch lohnte ich die Engeltreue gern – O laß mich einsam durch die Oede wandeln, Und harre meiner Morgen dort – wohl seltsam Jagt mich's umher – Zieht eine Papierrolle aus dem Busen. Was deutet diese Rolle, Bestäubt und wurmzernagt, als rettete Sie durch Jahrtausende ein Mumiensarg? Noch nicht entfaltet ward des Sehers Schrift, Die auf den ausgespannten Todesvorhang Dem Lehrentbrannten Götter-Klarheit wirft – An diesem Nachtflor kniee Unterwerfung. Wie, fragen dich des Lebens Räthsel nimmer? Was ist der Mensch – ein hohngeneckter Wurm? Ein Gott in Banden, den Verklärung heimführt? Verspottet ein gebundner Wille Freiheit? Wo ist der Zeit Beginn, des Raumes Ende? Das obre Glied der langen Wesenkette, Das in die Sternenmeere ohne Ufer Den Tropfen warf, an dessen Rand wir athmen, Ist es ein Gott des Hasses, der Erbarmung? Wer stillt den Wissensdrang – wer kundet nur, Was mir das wuthempörte Schicksal will? Ein feurig Schwert läßt sich sehen. O rette mich – wie auf Damokles Haupt Sinkt grauenvoll ein Schwert am Haare nieder! Wo, Träumer? – Schwer erkrankte Dein Gehirn. Eine Hand schwebt daher. Und wenn ich zu Dir flehe, o Erscheinung – Die Hand nimmt das Schwert weg. Was äfft den Sinn hier im Druidenhain? Irrt zwischen dem Gesträuch und den Mauern umher. Arie. Nie frage Wahn Um Götterplan Das dunkle Leben; Weisheit hebt den Schleier nicht, Glaube nur ahnt schönes Licht, Wo die Zweifler beben! Ab. 3. Szene Dritte Szene. allein, in einer Art Verzückung. Pyrithous ging hin zur Todesgruft, Nicht konnt' es Theseus tragen. Wer zeigt mir Acherons graue Kluft, Ich, der Starke vermag nicht zu zagen. Nichts fand ich – oder rufet die Magie Des Zauberblattes schon geheimen Wesen? Zaudert den Brief zu erbrechen. Erbrech' ich ihn – ich bebe – holde Züge – Sieht über ihn hinweg. Ist's Frevel, übern Rubikon zu springen, So wagt ihn Cäsar um Unsterblichkeit – Liest. Wie Träume – Scheiterhaufen – liebend Herz, Wohl mahnt es hier: entflieh zu Seraphinen! Das Gewitter nimmt fürchterlich zu. Verderben wüthen zornige Gewitter. – Auf den Brief deutend. Allein wie kann der edle Stolz es eingeh'n? Zerreißt den Brief, der Sturm hört auf. Es mahnt ein unbekannter Zug an Schlummer, Und täuschen mich die klaren Sinne nicht, So endete das grimme Sturmgeheul, Mich wehen milde Frühlingslüfte an. Musik. Horch – süßen Harfenton vernimmt das Ohr. Umwallt ein Dunstgebild des Haines Zweige? Gestaltet sich sein Umriß – schlaf ich denn? Ein Wandrer, den zum Abgrund Furien geisseln – Mitleid, grausame Schaar – Unter den letzten Worten ist ein leichter Dunst zur Höhe gestiegen, durch den man endlich einen jammernden Mann erblickt, von Schreckensgestalten nach einer tiefen Kluft gedrängt. 4. Szene Vierte Szene. Verloren, Jammererkohren, Wimmre bis an Grabes-Rand. In Abgrund sinken? Holde weibliche Stimme . Blüthen winken, Reiche zur Stunde Dem freundlichen Bunde Muthig die Hand! Der gütigen Stimme Das Herz erbebet! Zum wüthigen Grimme Die Geissel hebet! Mag den Hehren Gold beglücken, Lieb' entzücken, Ruhm verklären, Ich bin das Gewähren! O daß ein treuer Geist Mich riefe! Reißt, reißt Ihn zur Tiefe! Rufe mir! O Zagen, Nicht darf ich's wagen! So schaue meine Treuen hier! Wandrer und Furien verschwinden. Eine köstlich drappirte Mannsgestalt mit einem Füllhorn steigt aus der Erde. recitirt unter Begleitung von Saiteninstrumenten. Das Leben ist Käufer, ein Markt die Welt, Sie handelt, mit dem sich Plutus gesellt, Aus reichem Schacht, aus umwogten Hafen, Bringt Edelgut ihm die Schaar meiner Sclaven. Neger bringen Kostbarkeiten und verschwinden. Auch ohne Verdienst ist der Kranz ihm gewährt, Das Recht neigt vor ihm Wage und Schwert. Eine Gerechtigkeit legt Wage und Schwert, ein Held und ein mit einer Mauerkrone gezierter Mann, legen Lorbeer und Krone hin und verschwinden. Er trinket Wonne am üppigen Feste. Eine reiche Tafel steigt empor, und versinkt bei der folgenden Zeile. Er winket, dem Boden entsteigen Paläste. Ein schönes Gebäude steht da. Das Diadem, der gebietende Stab, Krone und Scepter fallen nieder. Entsinken dem Füllhorn – jetzt laßt mich hinab! Wolken verhüllen die Erscheinung. wie im Schlummer. O Armuth – klagende Entbehrerin! Sanfte Musik von Flöten und Harfen. Die Wolken zertheilen sich. Man sieht eine dürre beschneite Heide. Der Liebesgott kömmt durch das Gestrüppe. recitirt unter Flötenbegleitung. Oft darbet die Habe auf Hügeln von Gold, Lacht nicht der Knabe mit Flügeln ihr hold; Mit seligem Hauch muß er es umweben, Und Glorien schmücken das irdische Leben. Mein Reich ist die Tiefe der athmenden Brust, Und Amors Satzung die himmlische Lust. Nah' ich dem winterlich starren Gefilde, Blüht glücklicher Inseln wonnige Milde! Wie Amor erschien, sproßte eine Blume nach der andern auf, daß nun ein lieblicher Garten ihn umgiebt. Mich Nymphen mit lieblichen Tänzen umkreisen. Aus Blumensträuchen werden Mädchen, die um Amor tanzen. Da knieen die Thoren, da knieen die Weisen. Aus anderen Büschen werden Männer, die vor den Mädchen hinsinken. Sie verschwinden wieder. dehnt seine Arme aus. zielt mit seinem Bogen nach Faust. Du klagst ob meines Pfeiles Wunde, Eine hohe Schönheit entwickelt sich aus dem Rosenstamm der Mitte. Dir lächelt Erhörung vom rosigen Munde. Das Mädchen breitet ihre Arme nach Faust hin aus. Leichter Donner. Gewölke verhüllen die Scene des Hintergrundes. O Anmuth – Hoheit – schönrer Welt entsandt! In mir erwacht, was nimmer ich empfand. Verkündigende Prachtmusik von Trompeten und Hörnern. Die Wolken theilen sich. Der Ruhm in weiblicher Gestalt mit Buch, Tuba und Griffel schwebt aus der Höhe herab. recitirt unter heroischer Begleitung. Was frommet das Beben vor Amors Glut? Der Tod wirft das Leben in stygische Flut; Mit Feuerzügen die nimmer enden, Bild' ich der Menschheit hohe Legenden, Wenn alles der Strom der Jahre bricht, Nur meinen ehernen Tempel nicht. Ein schöner Tempel mit Statuen und Büsten steht da. Wer hier im Standbild zur Höhe strebet, Bis an die Grenze der Zeiten lebet! Mein Angedenken soll verwittern, Wie eines Unbekannten Grab –? Unter einem Donnerstoß steigt eine Statue aus des Tempels Mitte empor. Der Ruhm zeichnet mit seinem Goldgriffel den Namen Faust an das Piedestal, der feurig da steht. taumelt von seinem Sitz auf; der Vorhang sinkt über die Erscheinung. indem die Musik schwächer fortgeht, und während er endlich knieend betet, verhallt. Ein Traum – zum drittenmal – doch er entdämmert kaum, So treffen blutiger der Wahrheit Tücken, Die offne Wimper höhnt den Lebensraum, Im Arm der Lüge wohnet das Entzücken, O tragt den gern betrognen innern Sinn, Wohlthät'ge Genien, dahin, Wo innige milde Gestalten, Im sinnigen Bilde walten – Und ists nicht Frevel, was die Brust erfleht? Des Orkus Mächte meinen Schlummer necken, Unreine Wünsche trügend mir zu wecken, Beugt euch ihr Knie zum reuigen Gebet, Tilgt Heil'ge meiner Seele Flecken, Und fernt von mir der Sünde Schrecken! Betet, die Musik verhallt. Man hört Fußtritte. Was hör' ich? – bergt mich schirmend, ihr Gesträuche! 5. Szene Fünfte Szene. Mönche und gewaffnete Männer mit Fakkeln. Faust verborgen. Nach diesem Wald entrann er. Hinterbracht Ward mir's von Spähern. Dringt in Kluft und Strauch! Die Reisigen bewahren jeden Ausgang! Auch eilet zu des Vaters Köhlerhütte, Im nahen Thal! Vollbringet das Gebot'ne! Einige ab. Was sündigte der Faust, ehrwürd'ger Pater? Ah – Schlägt ein Kreuz. in hoc signo – so ihr Mitleid fühlt Verwirkt ihr die Absolution – der Teufel Lehrt – + Pater noster – ihm Negromantie. Hu Hu! – + Ave Maria – hu hu hu! Alle ab. allein. Begreifen nicht Pygmäenbrut hohe Kraft, Spein sie Verläumdung – heil'ger Wütherich, Noch bin ich rein – doch sichern Flammentod Und dort ein Feuer, das noch zweifelnd droht? – Nicht siege Erdennoth! – zu dir Religion – hinter der Scene. Weh – weh! der eben zum Gebet niedersinken wollte, bleibt stehen. Ach, meines Vaters Seufzen. Verbirgt sich. 6. Szene Sechste Szene. Fausts Vater von gewaffneten Männern geführt. Voriger. Laßt mich in meiner Hütte, wo ich Gott Um sel'gen Tod nur bat – ungestüm. Fort! Wohin schleppt ihr Den matten Greis, ihr zorn'gen Männer? In Den Schuldthurm! Hast Dich für den Sohn verbürgt. Wohl that ich es aus treuer Vaterliebe – Wie mag ich Bettler nun die Schuld entrichten? Nehmt dieses weiße Haar – Und finden wir Ihn nicht, schaffst Du den Sohn zur Stelle, Sonst büßest Du – O sündigte der Gute, Straft mich, nur gebt den Sohn mir frei! Das Letzte schon hinter der Scene, da der Zug rasch vorübergeht. 7. Szene Siebente Szene. allein. Schnell, im Ausdruck der Verzweiflung. Sein zitternd Haupt kann ich nicht schmachbeladen seh'n, Der Flamme hätt' ich mich ein Märtyrer geliefert! – Mich drängt ein unerflehliches Verhängniß, Die Pflicht entwindet mich der Tugend Armen, Und schleudert hin mich an Verderbens Rand! von einer Seite. Sei Meister höhnender Sterne, Die Geister fröhnen Dir gerne. will in der Rolle lesen, es ist zu dunkel. Ein Blitz zündet einen Baum an, der ihm zur Fackel dient. Der Baum brennt immer höher zu einer Feuersäule auf. So bild' ich denn den grausen Zauberkreis, Und lade das Furchtbare vor die Schranke! von der andern Seite. Liebe warnt Dich, Flieh zurücke, Frech umgarnt Dich Höllentücke. läßt die Rolle fallen. Mein guter Engel ruft – ihm sinkt das Blatt. verspottend. Lähme dem Fluge das Strahlengefieder, Bebe dem Truge der Qualen wieder, Am Silberhaare Dich nicht erbarme, Zur Grube fahre weinend der Arme. reißt die Rolle wieder auf. Die holde Stimme ist nur meines Wahnes Echo! Für die verlorne Unschuld, üpp'gen Traumes Schönheit – Rettungverkündiger, von wannen ihr auch naht – O Du, zu dem der Spruch des Sehers tönt! Erscheine meinem Blick, ich bin ermannt! aus der Feuersäule. Sehkräfte, die das Endliche nur spiegeln, Vernichtet, was die Unterwelt gestaltet. Verdammniß klirre nun mit allen Riegeln, Mein Heil zerrann, wie ich das Blatt entfaltet! Ich schone Dein berganstrebend Haar, Und nahe, als ob mich ein Weib gebar. Tritt in Mannsgestalt aus dem Feuer. Seine Kleidung ist gelb, mit einem großen rothen Mantel und Barett. Haar und Augenbrauen sind sehr schwarz, im Blick wohnt listige Tücke, sonst ist er wohlgebildet. nach einigem bestürzten Schweigen, ängstlich. Denkst Du so klein von meinem Muth? – Nicht fürchterlich? So könnt' ich mich gewöhnen An ihn, dem meine Ewigkeit verfiel. – Pressend. Nun denn – gemordet sei der inn're Frieden, Nur Freiheit und Glück dem Vater beschieden! Schon weilt er heim, wirf dich an seine Brust. Und nun für Todes Noth, auch Lebens Lust! – Den argen Gegner möcht' ich strafend beugen, Dem Freunde zahlen reichen Dankes Sold, Gebietend Walten müsse für mich zeugen, Stillst du mir die erwachte Gier nach Gold? Und wenn sich Indostan vom Mark der Schachten trennte, Ich knet' es aus dem Stoff der Elemente! Wollüst'ge Feuer durch die Seele beben, Der Arm dehnt sich nach einer Traumgestalt, Kannst Mächt'ger dem Phantom du Leben geben, Um das der Adern lüstern Fieber wallt? Sie lebt, für die dein Traum entbrannte. O Wonne, die des Dämon Zunge nannte! Und ist an dem Altar die Opferglut verlodert, Durchtaumle Schwelger andrer Mädchen Reih'n, Wie keck die flammende Sehnsucht fodert, Der Schönheit duftende Blüthe sei dein! nach einer kurzen Pause, feierlich. Und nun des Bundes übersinnlich Zeichen, Wenn ich den Himmel dir verpfänden mag, Wird mir der Schleier von den Dingen weichen? nach kurzem Bedenken. So weit der ird'schen Sinne Maaße reichen, Des Denkens Formen Sein und Nichtsein gleichen, Umhelle dich der Wahrheit Tag! Dein bin ich – siegelst du mir den Vertrag? – Wenn nicht mehr schwelgen der Sinn, der Geist mehr streben mag. Es gilt – die Nachwelt halle deinen Namen nach. Eine Wolke senkt sich nieder. stolz. Dir untersag' ich, mich zum Ruhm zu tragen, Die eigne Kraft soll durch die Zeiten ragen! – Du Teufel bürdest harte Knechtschaft auf, Dich übertheuerte, Betrogener, dein Kauf! Du sollst der Fügung Mißlaut herrlich lösen, Es schaudre deine höllische Natur, Ich leite neckend sie auf eines Gottes Spur, Der Tugend spende Lohn! Sei Wehr dem Bösen! – Ich will hinweg! Dem Meister dien' ich nur. Zur Wolke folge mir! Du darfst wohin nur denken, Und ihren Flug wird sie gehorsam lenken! Sie besteigen die Wolke. Anfangs tönt eine angenehme Musik, wie aber die Wolke zur Höhe ist, wird sie wilder und wilder. unter welchen der Vorhang sinkt, daß sie noch nachhallen. Schwirret munter in Sturmes-Kreis! Wirret bunter Wurmes Geleis! Tischt ihm Lüste tischt, Mischt ihm Wüste mischt, Schwirrt, schwirrt, schwirrt! Wirrt, wirrt, wirrt! Ende des ersten Aufzugs. 2. Akt 1. Szene Erste Szene. allein. Arie. Er weilet so lange, Es glühet die Wange, Ich Treue erbange, Von Liebe entbrannt. Wär' seinen Gefahren, Ihn mild zu bewahren, Aus himmlischen Schaaren Ein Engel gesandt! Wohl nahen Tritte Vom Felsenhang, In Hohlwegs Mitte Ertönt ihr Klang, O Liebe, vernimm der Gequälten Flehn, Laß ihn, laß ihn den Erwählten mich sehn! 2. Szene Zweite Szene. Guttenberg. Seraphina. ihm entgegen. Er nicht! – Herbe Täuschung! Mein Bote doch! Ihr kommt von ihm, saht ihn , seid gepriesen! Was bringt Ihr? Kostbares! Nicht ihn ! Ihr lügt! Juwelen, schimmerblendend wie in Loretto an der Hochgebenedeiten Bild. Was soll mir Tand? Um den Geliebten fleht die Sehnsucht! Er sendet die Kleinode! Er? War er nicht reich? Wehe dem vergeudenden Erdengott, der ihn durch Geschmeide arm machte. Wer, wer that das? Hm – lächelt der seltenen Fortuna Besuch einmal, soll man fragen: von wannen? Ehrt meinen Schmerz! Ihr wißt, er ward der Zauberei angeklagt – Fälschlich! Er ist rein wie der Unschuld Gebet. Hm – SERAPHINA Gott! – Was deutet ihr? Um Mitternacht fand ich ihn im Spessart, kargte mit Warnung nicht, vertrat eure Liebe redlich. Doch – ich zog hinweg. Unglücklicher! Du miedest ihn in der grauenvollen Stunde? Sein seltsam Tappen nach Gestalten, die ich nimmer sah, der frevelnden Weisheit Schauderworte, verjagten mich. Ich sollte in der Herberge weilen. Dies empfing ich am Morgen – Leb ich? Vergesset – einfallend. Daß ich athme? Er kehrt nicht wieder, Mädchen! Deine fromme Sanftmuth schilt das Gewitterfeuer seiner Brust. – Nimm! wirft die Kleinode ins Wasser. In die Fluth damit! Wahnsinnige! – Man hört unterirdischen Donner. Welch' Murren im Abgrund! Hu! – Ihr thatet wohl. Entsetzen! Ringt bange die Hände. Eine Thräne schied von euerm Namen. So liebt er mich noch! Ich eil' ihm nach – in Mannsgewand! – Mutter des Heilands, wende Gefahr! – An seine Seele will ich die starke Kraft der Liebe ketten, ein schirmender Cherub sie dem Abgrund entwinden! – Sank sie aber hinab, dann – grausame Religion! – dann darf ich nicht folgen! – Redete darum der Schlaf in mein Ohr, wehte darum der Ahnung Fittig? Rezitativ. In Traumgefilden – Dahin – dahin – gegangen, Von Graungebilden Ach – rings umfangen – – – Hätt' ihn eh' des Todes Hippe Von der Klagenden getrennt, Ich träumte, was nimmer die Lippe Der Zagenden nennt. Duett. auf den Knieen. Der Tugend wär' er ledig Der Mann so hehr, so schön? Empfangt, empfangt mich gnädig Des wimmernden Gebetes Höh'n! Wie bebend ringt die Arme Mit treuer Leidenschaft, Ihr Heil'ger sich erbarme, Und weihe ihr des Glaubens Kraft! O bei dem weinenden Schmerz, Daß ich die Tragende bliebe, Wonne theilte sein Herz! Heilt' ich Reine dein Herz! Aber die klagende Liebe, Tröstet nur weinender Schmerz. Beide ab. 3. Szene Dritte Szene. Saal ohne alle Verzierung. der unter einem leisen Donnerwirbel aus der Erde steigt. Recitativ. Häuft, Gnomen, Goldgeräth an bunten Marmorwänden. Während einiger charakteristischen Takte von tiefen Instrumenten verwandeln sich die Saalwände prachtvoll. Des Meeres Perlen mögen Nixen senden. Die Musik ahmt wogende Bewegung nach. Man sieht Tafeln mit Kostbarkeiten zur Höhe steigen. Ein leichtes Dienerheer schweb' aus der Luft zusammen! Lakaien, Läufer, Mohren etc. prunkvoll gekleidet, kommen aus der Höhe unter Begleitung eines kurzen leichten Presto. Ihr, Salamander, sorgt für Lichtes Flammen! Plötzlich ist der Saal von vielen Kronleuchtern erhellt. Nach dem Worte Flammen fällt ein lauter steigender Akkord von allen Instrumenten ein. – Die Diener zerstreuen sich. Kurzes Arioso unter welchem er ganz langsam in die Erde zurück sinkt, daß die letzte Zeile von unten herauf tönt. Den Himmel zahlt Für eine winz'ge Welt Der Erdensohn: Prahlt Schaaren prahlt, Die ihr das Netz gestellt, Lacht Hohn! 1 Ha! ha! ha! ha! 4. Szene Vierte Szene. Alzidens Waffe sei mein Zauberstab, Die Ungeheuer aus der Welt zu tilgen, Und das Jahrhundert, einst nach mir genannt, Soll mit Asträens Schatten sich versöhnen. Blickt flüchtig umher. Die Arbeit lob' ich, wack're Meister! Hier mag der Herr des Schicksals ziemend wohnen, Mit ihr – die ihm gebeut – laßt hier sie thronen, Nun sollen sie die frohen Blicke sehn – Wer naht? Stellt sich unbemerkt in einen Winkel. 5. Scene Fünfte Scene. Guttenberg mit drei Künstlern. schon draußen zu hören, da er gewaltig schreit. Was zeigt ihr mir doch die Erfindung? Ich hörte schon zuvor davon. Sie nützt nicht. Unsere Alten wußten davon nimmer. Ein Buch sei geschrieben, die Anfangsbuchstaben mit niedlichen Bildlein. Faust ist ein schnöder Neuerer. im Eintreten. Mit neidischem Ton. Lange war das entdeckt. Frech ziert er sich mit fremder Empfängniß. Soll ein Stümper Ruhm davon tragen? Duldet's nicht! mit höhnischem Lachen. Pah! die Erfindung ist federleicht. Ruß färbt, eine Schraube drückt. Das konnt' ich auch darstellen. Pah! Warum doch nicht zuvor? – 6. Szene Sechste Szene. Drei Gelehrte. Die Vorigen. Und was meint ihr, gelahrte Herrn? klatschen froh in die Hände. Wie flink kann Buchdruckerei vertreiben! Was wollen wir schreiben, was wollen wir schreiben! Nicht länger sei der Ilias heil'ger Dichter In dumpfen Klösterschränken nur bewahrt. Der weise Platon lehre alle Denker, Und wie der Menschheit frühes Treiben war, Mag Gegenwart nun lesen, frommend prüfen. durch die Fistel im singenden Tone. Tragt ihr die Büchlein in Haufen zusammen, So les't den dürren Homeros mir nie, Mögt Pindars arme Prose verdammen, In Flakkus thät nimmer Dichterglut flammen, Ich bin allein die Poesie! Wohlan, Herr Dichter, lobet den Erfinder! Der Presse Formen kunden nicht das Schöne, Drum ihn nicht des Liedes Röslein kröne. die Hände in die Seite gestemmt, mit Karrikatur des Hochmuthes. Wozu Thukydides und Xenophon, Plutarch und Tacitus, die nicht begreifen ? Ich großer Mann erbau ein Organon, Da mögt ihr ins Gebiet der Vorwelt schweifen. Geschichte fert'ge ich, und das aus Mark, Wohl a priori steht der Quark! Und Faust? Begreifet Ihr Nothwendigkeit? Nichts sprach er aus, der Wicht, es that die Zeit. mit grimmiger Geberde. Mir Streitlust tobt in prasselnder Ader, Es lebe Federkampf, gelehrter, rasselnder Hader! Laß critica flattern der Sätze Siegerfahn! Ihr will ich schnattern, wetze den Tiegerzahn! Den Kiel in Skorpionengalle tauchen, Giftpestend den Ruhm umhauchen, umschmauchen! Doch unsern Doktor werdet ihr erheben? Ein wenig Talent zur Mechanik, Sonst ist der Kerl unter aller Kritik! die sich derweile umsahn, verwundert. Doch wem gehöret das? Dem Faust! nachdem sie auch umhergeblickt. Dem Faust? Könige können bei ihm borgen. den Hut plötzlich herunter. Auch Künstler? eben so und sehr schnell. Auch Gelehrte? tritt unter sie; sie fallen nieder. Sextett oder Chor. Ruhm sei dein Kleid, Erhab'ner Weise, Unsterblichkeit Sei deine Speise. Dich lob ein Nepos, Dir tön' ein Epos, Versetzen dich gerne Dort unter die Sterne! zu den Künstlern. Arm habt ihr mich geschmäht, die Hymne pries den Reichen: Empfange, falsche Brut, ein warnend Zeichen! Die Künstler stehen mit großen Raubvögelschnäbeln da, aus denen Zungen mit Widerhaken hängen. Zum Poeten. Von dannen ziehe Laff' der Laffen Mit einer Zier, die nie vom Haupt sich trennt! Der Poet hat eine Schellenkappe von ungeheurer Größe auf. Zum Geschichtsphilosophen. Zwei andre Ohren dir, du rüstiger Scribent! Ihm streben zwei lange Eselsohren empor. Zum Criticus. Dein hündisch Maul mag schnüffeln, bellen, klaffen! Ihm wächst ein gewaltig Hundemaul mit spitzen, sichtbaren Zähnen. Weg, niederes Gezücht, es werden edle Geister Der Wissenschaft Altar erhöh'n! Sie laufen zu beiden Seiten schnell davon. Die Rache ward gebüßt – doch kreucht die Brut Zu tief nicht, daß ich auf sie nieder achte? Es fleht der Neid ja auch um täglich Brod. Mag der Verwandlung Pein von ihnen weichen! Nimmt einen großen Beutel vom Tisch. Noch den Zehrpfennig schleudre ihnen nach! Es ist doch Gold? Nimm noch den zweiten Beutel! ab. allein mit Ungestüm. Soll er mir nun die Froherwählte zeigen, Kaum trag' ich noch des wilden Busens Steigen! Doch – Zauberei soll mir nicht minnen, Des Mannes Werth der Schönheit Lohn gewinne! O Säumender, auf edle Großthat sinne; Sie suchend fliehe ich entzückt von hinnen! Ab. 7. Szene Siebente Szene. Platz, wo im Hintergrunde ein Gefängniß steht. in Mannskleidern, setzt sich auf einen Stein. Romanze. Hört, daß ich Arme Euch verkünde: Zum tiefen Harme Geleitet Sünde. 8. Szene Achte Szene. Faust von Dienern begleitet. Seraphine. bewegt umherschauend. Wohin, ihr Töne, rufet ihr die Seele? – Wer bist Du, Knabe? Herr, Gesang fristet mein Leben. Und welch' ein Lied entfloh der Lippe eben? Ein armes Mädchen glühte dem edlen Geliebten. Ihm folgte Leid, er hatte nicht Kraft zu tragen, und sank. Da weinte das Lied. gewaltig ergriffen. Nicht Kraft zu tragen? – Leise. Blut'gen Stachel Senkst du in meine Brust – doch lohn' ich dir Mild des orpheischen Gesanges Rührung – Näher und herziger. Der Saiten Einklang fühl' ich beben, Die unsrer Geister leisen Strahl verweben, Ich fühle wonnezitternd mich beklommen, Und heiße das verwandte Herz willkommen! Zu den Dienern. Auf schmückt den Knaben! Eilet, eilet! Denn immer nun der holde Sänger weilet. Seraphine mit den Dienern ab. allein, rasch. Ich harr' einst männlich der Verdammniß Qual, Doch vor der Urne nage keine Reue! 9. Szene Neunte Szene. Faust. Volk. Kein leiser Schimmer, Von Hoffnung tagt, Wir retten ihn nimmer, Klagt, klagt! Was sammelt Euch um den Kerker? Doktor Robertus schmachtet hier. Des Volkes Freund, seiner Rechte kühner Vertheidiger. Die Kette, die er brechen wollte, umschlang ihn nun. Die Auflagen, womit uns Härte entmarkt, die Sklavenfrohne, die uns in den Staub drückt, griff er in einer kühnen, hochherzigen Schrift an. Edelmuth bringt Schmach und Tod über ihn. In einer Stunde ist er nicht mehr. Umsonst wanden wir uns flehend vor dem Rath des Fürsten. schnell für sich. Vielleicht winkt hier ein glorreich Abentheuer, Ein edler Paladin will ich's bestehn. Zum Volk. Hofft, Bürger, hofft, ich sag Euch Hülfe zu! Rasch in den Thurm ab. 10. Szene Zehnte Szene. Inneres Gefängniß. Arie. Will Gefahr mich nun verderben, Höhnt den Feind ein schöner Tod, Am Altar der Freiheit sterben, Krönt mit Ruhmes Morgenroth. Zwar schmiegt sich das junge Leben, An Aureliens Gestalt, Wird zum Aether traurig schweben, Wenn am Erdgefild sie wallt. Doch thaut ihre Wehmuth Zähren, Auf mein früh erhöhet Grab, Dann schaut aus den lichten Sphären, Der Verklärte froh herab. Mag Gefahr u.s.w. 11. Szene Eilfte Szene. Faust. Robertus. mit off'nen Armen. O Jüngling, Jüngling – Sagt, wie nahet ihr Durch die verwahrte Thür? Das kümm'r euch nicht. Wohl barg ich hohe Meinung schon für Euch, Den kühnen Anwald tief gebeugter Brüder, Doch nun ich dem Gesange horchte, der Den Edeln seinem nahen Grabe heiligt, Erkenn' ich das Geheimniß seiner Seele, Als hätt' uns schon der Knaben Spiel umfangen. Von Rom und Hellas borgt ihr Ideale, Euch lehren Sokrates und Cato sterben. Wohl kniet' ich vor dem Heißbewunderten, Ermannte mich kein glücklich Machtgefühl, An meine Brust den hohen Freund zu ketten. Erschwert mir nicht die Trennung, da ihr mir Verführend holde Lebensgüter zeigt, Die Kette untersagt euch zu umarmen. – Von Liebe sang dein Lied. O nenne sie, Die deine Kraft zum Göttlichen vollendet! Anmuth'ger füll' ich nicht die Spanne Lebenstag, Als wenn ich euch des Schönen Hoheit bilde. Vernehmet! Liebe heißt des Jünglings Fall, O nein! des Jünglings wolkenhohes Steigen – Dem Manne, der im Staate waltend lenkt, Blüht eine Tochter – ungleich dem Erzeuger, So hold wie gut, so zart wie seelenstark. Die Huldin weinet liebend Sappho's Thräne, Den kühnen Sinn erhebt Thalastris Hochgefühl. – Zu ihrem Lehrer wurde ich erkohren, In schöner Wissenschaft und Saitenspiel, Da in ihr Herz nun meine Blicke sanken. Ich selbst entfaltete des Geistes edle Blüthe, War's Wunder, daß der ersten Liebe Himmel, Dem Jüngling nun die Göttin aufgethan? Daß unsre Seraphsschwingen sich berührten? Entzückender Roman! Glücksel'ger Abälard! Nicht heiliger umstrahlen sich Gemüther, Wie im verklärenden Kamönenhain! Der Vater bringt den Ahnen Götterkultus, An Stammbaums Zweigen reift ihm Menschenwerth, Doch warb Aurelia um meine Hand, Zum Ritter, sprach die Hohe, schlägt das Herz! Dich grüße Hoffnung, edelmüth'ger Heros! Wie donnerte des Alten Zorn auf mich! Ich mußte tiefgeschmäht der reizenden Gefahr entfliehn. – Da kam des Volkes Noth, Ich fühlte sie, und die Geliebte auch, Die in geheimen Briefen sie beweinte. Sehr sanft. Da schrieb ich furchtlos nieder, was als recht ich fühlte Und sandt es furchtlos dem Tirannenhelfer. umarmt ihn. Bald höre mir von der erfund'nen Kunst, Die auch dem Volk des Weisen Lehre spendet, Da strahl' ihm über seine Rechte Licht! mit Nachdruck. Gerechtigkeit will Opfer, sprach die Rache nun, Die Todtverhängende – Sie sei dein Spott! Bedeutend. Indem ich deine hohe Liebe kröne, Will ich der hohen Liebe Lohn empfangen. Nur Wünsche lodern – aber nehmet Dank! Aurelia jammerte umsonst auf wunden Knieen. In streng Gewahrsam wurde sie gebracht, Bis mich umschattet tiefe Gräbernacht – Fahr schönes Leben hin! – horcht! horcht! die Trommeln klingen. Man hört Trommeln in der Ferne. Beim Gott der Unterwelt! Ich will dir Hülfe bringen! Durch die Mauer ab. Kerkermeister tritt ein. Winkt, die Thränen trocknend. Robertus erhebt sich und geht. wirft sich hin. Dem Amt Verzeihung! reicht ihm die Hand. O segne noch den Greis, du Heiliger Des Vaterlandes! legt ihm die Hand aufs Haupt und geht ab. Trommeln wirbeln in der Nähe, man hört Waffengeklirr und Volkslärmen. Viele Stimmen rufen draußen: »Es lebe Doktor Robertus!« Andre: »Gnade!« Das Getümmel entfernt sich. noch auf den Knieen. Für mich nicht bitte ich, für ihn! 12. Szene Zwölfte Szene. Kurzes Feld. ein Reisebündel auf dem Nacken. Es ist beschlossen, ich weiche von hinnen. Mit Nächten ohne Schlaf, mit furchtschauderndem Gewissen wird die üppige Lust zu theuer erkauft. Ich wende mich gen Frankfurt. Weiß ich doch, wie eine Buchdruckerpresse darzustellen ist, da ich für ihn arbeitete, und mit kunstfertiger Hand vollzog, was ihm der Genius flüsterte. Sogar fällt mir noch eine Vorrichtung ein, die des Werkes Schnelle erweitert. So kann ich durch mich Vermögen und Ansehn bei unbefährdeter Ruhe gewinnen. Ab. NB. Will der Herr Komponist, kann Guttenberg hier noch eine Arie bekommen; freilich aber möchte der Akt zu lang werden. 13. Szene Dreizehnte Szene. Freier Platz, in der Mitte eine Blutbühne. Soldaten mit Spießen haben einen Kreis gezogen. Volk. Dumpf tönet banger Nachtgesang, Der Edle soll erliegen. die immer Mühe haben, das Volk abzuwehren. Und gält' es Weltenuntergang, Gerechtigkeit muß siegen! Bei aller frommen Liebe Drang, Wer darf zur Rettung fliegen? Und gält' es Weltenuntergang, Gerechtigkeit muß siegen. Bald klirrt der Henkerwaffe Klang, Denn Richterherzen schwiegen. 14. Szene Vierzehnte Szene. Robertus mit Wache umgeben. Zwei Geistliche neben ihm. Machiavelli folgt mit Richtern, die sich an einer Seite um einen schwarzen Tisch setzen. Du bist am Ende, Vom Ird'schen wende Ergeb'nen Sinn. Den Geist nun sende In Christi Hände Reue weinend hin! Es brach der Stab, Gesetze walten. mit den Soldaten im Kampf. O Tod und Grab, Er soll erkalten? Zurück! steht auf. Plötzlich ist alles still. Nach meinem Range sollt' ich hier nicht stehn, Doch kam ich, weil's von Bürgeraufruhr lautet. Wer waget ihn? zieht sich still hinter die Soldaten. Die Gaben will die Zeit! – Erlassung hieße Verbrechen an des Staates innrer Ordnung. – Du Jüngling jammerst mich, doch mußt du bluten, Aufwiegelnden Empörern lohne Tod, Daß künftige Geschlechter sich nicht morden. Der Vater, den du einst gekränkt, verzeiht! murrend und etwas aufgeregt. Robertus fleht, fleht, fleht! Robertus redet Zum Volk! geht zum Schafot. Nichts hab' ich mehr zu sagen. 15. Szene Funfzehnte Szene. Faust. Vorige. Doch ich! Da ist er! hört! zu Machiavelli. Mann der Gewalt! Ein Starker naht. An Worten ist er karg, Nie fasset ihr die That. Gebt mir den Helden frei, Sonst rett' ich ihn, wie diese Lanzen starren. sehr ruhig. Gehört ihr zu den Zaubrern oder Narren? Euch Schande! Priester der Gerechtigkeit, Ein Teufelsbanner muß Moral verkünden. Ich bin ein Zaubrer, ruf ins Todtenreich, Der bei Philippi starb, der Römer mag euch lehren, Das heil'ge Menschenrecht zu ehren! Herauf, o Brutus! Donner. Brutus Geist erhebt sich auf der Blutbühne. immer ruhig. Gauckler, welch' Gespenst? Wir sehen nichts. Ihn trifft sein bös Gewissen. mit Posaunen in der Ferne begleitet. Um Volkes Wohl Hat Cäsar Tod gefunden, Er sank im Kapitol Mit drei und zwanzig Wunden. Es würge Freund und Sohn, Eh' Bürgerheil erliege, Fällt den Tirannenthron, Triumph, die Freiheit siege! Versinkt. sinkt einem der Richter in den Arm. Octav gab Rom den Frieden – überschreit ihn. Schweig, Du Verhärteter! die Kette sei Dein Lohn! Läßt ihn mit Robertus Ketten fesseln. Volk wolle frei sein, und Du bist es schon! Große Bewegung im Volke. Streut Gold, ihr Diener! – ha die Söldner wanken. Soldaten und Bürger umarmen sich. Die neue Republik wird danken, So eben starb der Fürst – Robertus an die Hand nehmend. Er sei des Volkes Rath. Allgemeiner Jubel. Zu Robertus, der ihm stumm in die Arme sinkt. Dir will ich nun die Herrliche vermählen, Dann süßer Liebe Führer Dich erwählen, Bei meiner Schönheit zeuge diese That. Faust von einer, Robertus von der andern Seite ab. unter Tanz und frohem Jubel. Die hohe Freiheit lebe, Die Tirannei erbebe! Fliegt Alter und Jugend, Zu freudigem Spiel, Wohl siegte die Tugend, Die Kette fiel! Ende des zweiten Aufzuges. 3. Akt 1. Szene 1. Auftritt Erster Auftritt. allein. Melodrama. Zum letzten mal blick' ich zur heil'gen Morgensonne, Dich schau' ich ferner nicht, O zeige mir, du schönes Himmelslicht, Noch einmal meiner Liebe Wonne! – Versunken in bläulicher Ferne, Im Schooß der Nacht sind die freundlichen Sterne, Oft bei des Lieblichen glühenden Kuß, Schimmerten blinkend sie weihenden Gruß. Möge die ganze Natur es schauen, Wie sterbend mich süße Thränen bethauen, Sie hat der liebenden Seligkeit, Sich innig gefreut. – Doch die Sterne wollen schweigen, Denn sie werden an des Himmels Höh'n Bald den todten Geliebten sehn. Nein, es ist nicht Tod! Zum Leben – Erwache Robertus – aufzuschweben! Dein Grablied sang die Nachtigall, Begleitet vom Felsenwiederhall, Wohl neben Kerkers dunklen Hallen Die süßen Blumengeister wallen. Dich rufen Duft und Laut, Und melden, auch wird vergehen die Braut – Ha – dort hör' ich Unken rufen, An den nebelvollen Seen, Rings um eines Tempels Stufen Seh' ich Leichenfackeln wehn – Meiner Ahnen Gestalten weinen, Wohl Thränen strömen aus den Steinen, Aus Deinem Herzen nicht, kein Vater, mein Tyrann! Wohlan! Flieh Kindesliebe meine Brust! Die Liebe morden war ihm Lust. Nun streu' er auch die Silberhaare Auf meine Baare. Arie. Umschwebe ihn mit Grauen Ein Traumbild jede Nacht, Und laß ihn zagend schauen, Was trennte seine Macht. Mit Reue und Erbangen Blick' er dann himmelan, Und seh mich dort umfangen Von dem geliebten Mann! Setzt einen Dolch auf ihre Brust, und hält an, weil sie ein Getöse vernimmt. draußen, der näher kommt. Entronnen, entronnen, Der tiefen Schmach, Der uns Freiheit gewonnen, Nicht unterlag. So jubeln Söldner nicht – Die Menge dringt in Hof und Garten, Gewalt der Pforten Riegel bricht – Zum blut'gen Spott bereit, will ich erwarten – Immer den Stahl an ihrer Brust. 2. Auftritt Zweiter Auftritt. Doktor Robertus. Aurelia. fliegt mit Ungestüm in die erbrochene Thür, sinkt aber gleich auf ein Knie, einen Arm auf die Erde stützend. Nun liegt die Kraft mir übermannt – Was seh ich! Wohl das Entsetzen trug die starke Brust, Nicht die zu schwere Götterlust – O laß mich hier den Tod der Wonne sterben! ihren Dolch zerbrechend. Triumph aus Deinem Auge widerstrahlt! Umarmt ihn. aufspringend. In dem Umfangen waltet Gottheit, Mädchen! Ihm würden Leichen athmend auferstehn! Ein Mann, nicht ahne ich von wannen, dringt In meinen Kerker, zu dem blut'gen Rath, Der Wahrheit Flammen gießt er auf die Menge, Schon will man mich auf Todes Lager betten, Der Unbegreifliche lös't meine Ketten – Schweigt erschöpft. An Vorsicht glaub' ich wieder! draußen. He – Robertus! Da ist er! Danke glühend ihm! – Dein Vater Ließ, krank von Unmuth, auf das Land sich bringen. Verklungen und verhallt ist lange mir Die Stimme der Natur, ich seh' ihn nimmer! näher. Seid mir so schnell davon geeilt, und solltet Mir zeugen bei des Traumes Urbild. Kommt! Den Pfad ich suche zu der Unbekannten. Hab' ich Euch Seligkeit gemessen, Nicht dürft den Helfer säumend ihr vergessen. Tritt ein. 3. Auftritt Dritter Auftritt. Faust. Vorige. aufschreiend. Du – Du? – Dich bet' ich an, nun Deiner werth! Sinkt vor Aurelia hin. zieht seinen Degen. Beim jüngsten Tag, so darf kein Lebender Mir thronen, hätt' er mich der Höll' entwunden! Du, den die Treuen dankend Retter nennen, Willst ihre schöne Liebe trennen? Nicht mehr geht mich der Fügung Tücke an, Mein ewig Heil zahlt' ich für Dich, o Mädchen, Der Himmel Deiner Liebe mir gebührt! Sey mein, ich winde jammernd mich im Staub, Doch auch gewaltig meine Lippen flehn, Der Sklave kann mit Göttermacht erstehn! Wie heiß ich auch in Dankes Regung walle, Auf die Vernichtung! Grauen! Einer falle! Nicht Worte kenn' ich, Liebe, Liebe, Liebe! Und bracht' ich Plutos schwarzen Stab an mich, Will ich mir die Proserpina auch rauben, Fahr Weichmuth hin! Zu Robertus. Versink' in Schlafes Nacht! fällt in einen Sessel und entschlummert. wüthend. O warum brach ich Thörin meinen Dolch! berührt sie mit seinem Stab. Gehorche meiner Kunst, wenn nicht dem Herzen, Gebietend will ich Liebe! plötzlich umgewandelt. Ha – wie fühl ich! Vergiß Umwandelte den Jüngling schnell, Als hättest du den Lethe seicht getrunken. Ich glühe Dir, nie kannt' ich diesen Fremden. Breitet die Arme gegen Faust aus. wirft sich erschöpft in einen Sessel. Doch giebt es Dinge, die die Kraft entmarken. eilt zu ihm, in schmachtender Stellung. Laß Deine Locken mich, die dunklen, runden. Man hört Seraphina draußen ihre Romanze singen. Hört, daß ich Arme Euch verkünde u.s.w. Der Gesang kommt näher. steht bewegt auf, und trennt sich von Aurelia. Horch – dies ist mein Beschwörer – o wohin Entschwingen mich die mächt'gen Zaubertöne – 4. Auftritt Vierter Auftritt. Seraphina als Knabe, stattlich gekleidet, tritt bei den letzten Worten der ersten Strophe ein. Vorige. in großer Verwirrung und kleinlaut. Du Knabe – mein Amphion – oft entscheidet Des Rechts Gefühl mehr wie des Rechtes Lehre. Frag Deine Unschuld!– Zu Aurelien, die ihm mit Kosen lästig wird. Störet nicht! Entschlummert! sinkt auf einen Sessel an der andern Seite, und schläft jähling ein. zu Seraphina. Dies Mädchen bet' ich an! Bewundern soll sie mich. – präludirt oft auf ihrem Saitenspiel, während sie redet. Am Widerstand verkündet sich die Kraft, Wollt ihr Bewundrung, lernt entsagen! greift ins Schwert. Knabe! schlägt einen Akkord an, Faust wird mild. In mir gebiet' ich nicht, der Liebe Gottheit. Vielleicht auch Gaukelei, nur Höllische Betäubung, prüft den Busen – mit Härte. Nein! singt, Faust wird sanft und biegsam. Was mir geblieben, u.s.w. unter dem Gesang bewegt. Die Laute malen wunderbar ihr Bild – Dort seh ich es, es blickt mich an – es zürnt – Nein Engel zürnen nicht, erbarmend weint Sie über den Verworfnen – deckt Gebirge Mich fallend – Knabe, höre endlich auf! Kühn will ich diesen schnöden Wahn zermalmen. Berührt die Schlafenden. Erwachet – Liebt – Vergeßt! Eilt mit Seraphina hinaus. 5. Auftritt Fünfter Auftritt. Aurelia. Robertus. Bald Leviathan. aufdämmernd. Fort – bange Träume! eben so. Weg, o Nachtgesicht! steht auf. Aurelia – Nun, nun in deinen Arm. Terzett. Mirthen im Haare Der Liebe Zeichen, Wird am Altare Die Hand sie mir reichen. steigt aus der Erde. Vor sich. Welchen Hohn ich da erfahre! Einem Knaben muß ich weichen. Liebe vereine Die zarte Treue, Ewig die Deine, Den Eid ich erneue. vor sich im Hintergrunde. Weine, weine, Dein Leid sich erneue! Ewig der Deine Ewig die Deine Weine, weine! Versinkt. sich umarmend. Froh zurück ins Leben nun, In der Liebe Arm zu ruhn! im Hinabsinken. Eitel ist des Menschen Thun! Hand in Hand ab. 2. Szene 6. Auftritt Sechster Auftritt. Faust. Seraphina. Das Schwere ward mir dennoch leicht. O viel Geschäh' hienieden wohl des Guten, so Der Mensch nicht schwer es achtete, nur frisch Sich würfe in die recht erkannte That. Nachsinnend. Was aber hellt ihm sein Erkenntniß auf? Was kräftigt den Entschluß dem matten Zaudrer? Ist denn das Schöne todt auf Erden, Herr? Spricht nicht aus ihm ein Gott in unsrer Brust? ergriffen. Todt, todt – mir todt! Ach mit dem Göttlichen Liegt meine Rechnung ewig nun zerrissen, Doch hat's noch dem Gefallnen beigestanden, Befreit ihn aus der Sünde Sklavenbanden. So haltet zu ihm, werft den Reichthum hin, Vielleicht noch ist es Zeit – Zu spät, zu spät! wirft sich mit flehenden Gebehrden nieder. Unendlich strömt der ew'gen Gnade Bronnen: Werft der Religion euch in den Arm! Sie ist die Liebe, ja, das Göttliche! im Tone der Verzweiflung. Zu spät – unwerth – geächtet – ausgestoßen! Ermannt. Doch will ich groß mit Wunderkräften schalten. Du nanntest die Religion, ich will Von Trug sie reinen. Dem Gesetz des Bürgers Schon flammet Licht in dem was ich erfunden, Und dem Robertus wird die Liebe lehren, Der Menschen Heil im neuen Staat zu mehren. He, Leviathan! 7. Auftritt Siebenter Auftritt. Leviathan. Vorige. aus der Erde steigend. Nenne das Gebot! Ich will in fremde Lande, bring die Wolke! winkt, eine Wolke schwebt daher. Gesetze will der Sterblichen Vertrag, Nicht soll Alleingewalt ihm Sklavenfesseln schmieden, Im Glauben strahle heller Wahrheit Tag, So wird ein Paradies euch blühn hienieden. O Herr, das Paradies wird Oben blühen, Und kämpfend soll die Tugend es ermühen. finster. Schweig! Steige ein! Nach Wälschland, Leviathan! Schweben in der Wolke davon. 8. Auftritt Achter Auftritt. Die zwei Künstler von verschiedenen Seiten. Sieh da, wie geht's? Schlimm, schlimm, das Geld, das Faust Mir gab, ist ratzenkahl vertrunken. Hast so dem Schlemmen Dich ergeben, Freund? Das Geld verführt. Hatt' auch kein Glück damit. War emsig, machte viele Pressen. Reißend gehn Sie ab, denn in den Gänsekiel fuhr den Gelehrten schier die Seele. Doch man bleibt Mir aller Orten schuldig. Was giebt sonst Es Neues? Nicht viel Gutes, traun! Die vielen Bücher zünden Streitsucht an, Was Alle heilig hielten, wird verdächtig Den Einzelnen, ein jeder Thor will klügeln, Des Alten wird zu Boden viel geworfen, Das Bessere doch wird nicht aufgebaut. An der Verwirrung trägt nun Faust die Schuld. Ein Fürstenthum auch hat der Narr umwandelt In eine Republik, da tobt nun die Partheiwuth, Und blut'ge Köpfe giebts. Hätt' ich nur Geld! Bin so gewöhnt nun an den Wein, daß mir Die Knie am Morgen schlottern, leert' ich nicht Zwei Schoppen erst. Da kömmt der alte Faust, Kannst bei ihm borgen, denn er giebt auf Pfand. 9. Auftritt Neunter Auftritt. Fausts Vater, in einem weit dürftigeren Aufzuge, als vorher. Die beiden Künstler. ziehen die Hüte und verneigen sich tief. mißtrauisch vor sich, indem er über die Bühne trippelt. Was mögen die doch wollen? Pst – Herr Faust! Leiht mir doch auf mein redlich Antlitz zehn Goldgülden! Und auch mir. Wie käm' ich doch Zu Geld? Naht meinen Taschen nicht; ist nichts Darinnen, als ein Laibbrot, halb verschimmelt. Auf funfzig Häusern doch in Frankfurt steht Euch Geld – Bringt funfzig Häuser denn, so will ich Aus Christenmilde Euch die Gülden reichen. Ab. Als Köhler aß er doch sich satt. Und nun Vertrocknet ihn der Geitz. So bringt ins Elend Auf manchen Wegen oft der Reichthum. Wohl! Beide reichen sich die Hände und scheiden nach verschiedenen Seiten. 3. Szene 10. Auftritt Zehnter Auftritt. Erzbischof und Ildephonse treten Arm in Arm herein. Doch Salviati – Erzbischof in Florenz, Und ein Gewissen wie die Laien? Schweig! Bei mir war Täsar Borgia, wünschte sehnlich Des Prinzen Tod. Bring' er ihn um. Nicht kann Er den Gefahren bloß sich stellen, und Kein Bravo wagt die That, du gäbst ihm denn Ein sicheres Geleit. Ich mag nicht. Wills Der heil'ge Vater doch. Don Täsar schwur. Er ist sein Sohn, man kann ihm glauben. Was Dem Weibervolk man zu Gefallen thut! Bald in der Kirche Santa liverata Ist Hochamt, Medizis auch kömmt dahin. Laß' ich die Glocke läuten, sei's dem Mann Ein Zeichen. Braver Salviati. Küßt ihn. Soll ja Ein Deutscher angekommen sein, von ganz Unsäglich hohem Reichthum – Don Faustino. Den Teufel wisse er zu bannen, raunen Sich Alle in das Ohr. im Abgehn. Ach, wer das könnte! Beide ab. 4. Szene 11. Auftritt Eilfter Auftritt. Mehrere junge Mädchen knieen, stumm betend, an verschiedenen Altären. Nahe am Vordergrunde sieht man einen mit dem Gemälde eines Heiligen in Lebensgröße. Clara, im Nonnengewand und Novizenzeichen, tritt, mit Buch und Rosenkranz, ein, und wirft sich davor hin. So bin ich denn geschieden Von eitelm Sinnenwahn, Laß mich hienieden Sanften Frieden, Die Palme dort empfahn! Spricht, während auf dem Chor leise Musik tönt. O nimm mich gnädig, segne meine Weihe, Und bitt' für mich im hohen Engelraum, Gieb, daß ich nimmer mich der Sünde zeihe, Rein sei mein Wachen, rein mein Traum. Gern will ich tragen, beten, wachen, ringen, Und büßen, eine fromme Dulderin. O höb' ich auf der Andacht Seraphschwingen Mich in Gefilde der Verklärung hin! Die Orgel hat ein Solo. Wie mich die Gnadenströme dort umwallen, Ahn' ich die Hochgebenedeite nah, In ew'ge Saiten Melodien hallen, Es tönt der Gläubigen Hallelujah! Gesang auf dem Chor. Hallelujah! stimmt leise mit ein, sprechend. Hätt' ich Unwürd'ge oben Gnade funden? Ich neige, Heilger, mich auf Deine Wunden. So sei es denn! In Deinem Namen – Gesang auf dem Chor. Amen! stimmt leise ein und betet dann stumm fort. Die Musik endet. 12. Auftritt Zwölfter Auftritt. Faust. Leviathan. tritt ein und will des Kreuzes Zeichen machen, besinnt sich aber und sagt traurig. Vergang'ne Zeit! – Zu Leviathan. Du hast, mich zu zerstreuen, Ins freundliche Italien mich geleitet, Wohin mich oft geheime Sehnsucht rief. Es prangt das Land, ein duftend blühnder Garten. Wie reden mich der Vorwelt Geister an, Aus allen Trümmern stolzer Römergröße! Doch les' ich – wie Satyre auf das Heute – Auf jenem Stein: Senatus populusque Romanus . lächelnd. Tanzt doch Colombine niedlich. Eins sühnet mich, Toscanas Fürstenhof. Welch Regiment führt dieser Medicis! Von ihm die Weisen in dem Staate lernen. Doch wehe, wehe, wo die Weisen meistern, Und dreimal, wo der Narren Hymne preist. – Was soll ich in der Kirche hier – mich schaudert – Aurelia – hart einfallend. Verstumme mir davon! Dein war sie ohne den gehaßten Knaben. Nicht weiß ich – störend waltet er – verbann' ihn! FAUST Nein, Medor bleibt. Du sehnst nach Liebe Dich – Und finde nimmer sie. Der Pantalon, Der Pikelhering, der Abbate tragen Mir Töchter, Weiber, Schwestern lobend an: Pfui die gemeine Brut – Wohl ahn' ich, Das Hochliebwürdige kann Faust nur lieben, D'rum bring' ich ihn zum ächten Blütenhain Der Schönheit – lachend. Will darauf Beelzebub Sich auch verstehn? eben so. Meinst Du, nicht spiegle sich Im Flammenmeer wohl manche zarte Huldin? indem er die Beterinnen nach einander betrachtet. Stolz – Andachtheucheln – Sinnenglut – Empfindelei – ihm Clara zeigend. Doch hier – die eben einer Welt entsagt. verstummt plötzlich in Empfindung. 13. Auftritt Dreizehnter Auftritt. Cinthio im Karthäusernovizengewand. Vorige. schnell. O Schwester, mit Bestürzung nahe ich, Der Jahre frische Blüten, ach, bedenke! die aufstand und im Weggehn begriffen ist. Soll ich die Jugend nicht in Demuth schlachten? Wer bin ich, daß ich wagte, mich zu achten! Starb nicht der Göttliche auf Golgatha? Tief sann ich menschlicher Bestimmung nach! Sie ist nicht selbstgewählte Pein, nicht spendet Das Leben die Genüsse, nur Entbehrung Daran zu üben. Glaube mir, ich las Was neue Weisen kühn uns offenbaren. Nur in Religion erkenn' ich Weisheit. Gebildezauber, heil'ger Töne Macht, Sie zogen auch in Schwärmerei mich hin, Da wählt' ich dies Karthäuserkleid. Doch prüfte Auf lichten Höhen noch Vernunft den Vorsatz. Ich widerrufe ihn, und will fortan dem Leben, Nicht heil'ger Trägheit, meine Kräfte geben. Folg' muthig, Clara, auch – Du hörst mich nicht? O ja! Meinst Du, ich solle feig das Ohr Dem Frevel schließen? Nein, so schwach Wird an Verführung nicht mein Muth erliegen. Gegen den Heiligen. Ich danke, eine Prüfung, sende härter, Und pein'gend sie, daß ich das Herz bewähre! Dich beugt der Sünde Bürde nicht, o Clara! Dem nicht'gen Bilde saß vielleicht ein Heuchler, Ich schmäh' ihn kühn, damit Dein Nebel sinke! geht langsam weg. Auch keinen Bruder laß ich in der Welt. eilt ihr bestürzt nach. 14. Auftritt Vierzehnter Auftritt. Vorige ohne Cinthio und Clara. Dann Prinz Medizis in Prachtkleidung, der vor einem Altare kniet. Ein Vermummter folgt ihm bald. Erzbischof Salviati kömmt nach, und nimmt im Vordergrunde Platz. im Entzücken verloren zu Leviathan. Wen Diese liebt, den spricht der Himmel selig, Und hätt' er einen Bund mit Dir gezeichnet. Die Flamme ihrer Andacht, hingewandt, Auf sich zu lenken, muß zum Gott erheben! Im Kloster solln mich Nimbus und Gewand Des Heil'gen schmücken – so, ja so allein Kann der Vestalin ird'sche Liebe nah'n! Wie immer helf' ich. – Blicke jetzt dahin! Zeigt ihm den Prinzen. Wer ist der Jüngling? LEVIATHAN Cosmus Sohn. Eine Glocke läutet. Der Vermummte springt hinzu, tödtet den Prinzen mit einem Stilet, und flieht. Die Anwesenden, außer Faust und Leviathan, rufen. O Gräuel! Alles flieht. Der Erzbischof begiebt sich händeringend weg. Soldaten tragen die Leiche aus der Kirche. 15. Auftritt Funfzehnter Auftritt. Faust. Leviathan. Hernach Erscheinungen. der vor Schrecken die Besonnenheit verlor. Wie – wie? im Gotteshaus ein frecher Mörder? Wer liegt erschlagen? wer? Der Medizäer, Des edlen Cosmus Sohn, der blüh'nde Jüngling, Den alle Künste huld'gend rühmten. Wehe! Wo ist der Mörder? Jag' ihn, zerr' ihn her, Auf, stachle alle deine Eumeniden! Gehorche, du nichtswürdig träger Sklav! Im Vatikan ist diese That geheiligt. O widerrufe deine Lüge, Teufel! lachend. Pabst Alexander sandte Borgia: Ein rüstiger Gesell, solch Werk zu lenken. Das blumige Toskana winkt dem Stuhl So nachbarlich, kann Peters Lande runden, Wenn dieser letzte Zweig nicht länger athmet – ungestüm. Auf! durch die Luft, auf Lichtes Fittig sende Mir diesen Pabst, hier weil' er am Altar, Wo des Erschlagnen Blut den Marmor röthet. vor sich. Gut, ich verschwend' ihm willig Gaukelei! Donner. An dem Platze, wo Medizis stand, erhebt sich eine Gestalt mit Tiare und päbstlicher Kleidung. Ha, wie er prangt in der Tiare Schein! Des Fischers Hütte soll dein Erbe sein, Du Teufel auf des heil'gen Thrones Stufen, Zum Himmel will ich, der Verdammte, rufen: St. Peter, höre der Beschwörung Macht, Sieh deines Stellvertreters üpp'ge Pracht. vor sich. Mag sein, ein neues Wahngebild erscheine! Donner. Auf dem Altar läßt sich eine einfache Gestalt mit Schlüsseln sehn. auf einem Knie. Fürbitte will ich nicht für mich erflehn, Den heiligen Despoten niederdonnern. Donner. Der Pabst sinkt zusammen. Peters Gestalt verschwindet. Hinweg nach Rom auf magischem Gefieder, Wir sehn einander unten wieder! versinkt. Zu Hülfe, Geistermacht! Erdbeben, auf! Vesuv und Aetna, regt euch, mir zu dienen, Werft den entweihten Tempel in Ruinen. Ab. Schrecklicher Sturm und Donner. Arie. Tiefe Klüfte, Höllenflammen, Speiet eure Geister aus, Zündet, werft den Bau zusammen, Trümmert ihn in Nacht und Graus. Leviathan sinkt in die Erde, die Kirche brennt und stürzt unter fürchterlichem Krachen, das eine wilde schmetternde Musik und laute Donner begleiten, ein. Ende des dritten Aufzuges. 4. Akt 1. Szene 1. Auftritt Erster Auftritt. Cinthio, nun in weltlichen Kleidern, schleicht sinnend daher und horcht auf den Gesang. Recitativ. Der Hora letzte Töne nun verklangen, Den öden dumpfen Kreutzgang hin, Nun wandelt jede Beterin – O welch ein Trug hält euch umfangen! So heiligt nicht Ihr der Bestimmung Pflicht! – O Schwester, hier in dunkeln Mauern Willst Du den holden Lenz vertrauern? Ich duld' es nimmer, nein, Muß rettend bald Dein Engel sein! Arie. Nicht Tugend, nur ein Wahn Kann solche Lehren spenden, Der Jugend schöne Bahn Soll hier in Klage enden, Schon lebend stieg hinab, Die Anmuth in ihr Grab. Recitativ. Nein, lernt Beruf und Heil ermessen, Die Schrift kühn geben euch die Pressen, Sie prediget kein Nonnenthum, Die Nacht zerstreuen, heiß' ich Ruhm. Cantabile. Feuriger. Nicht sei Dein Mai begraben! Fromm ist es und erhaben, Von Deiner bangen Pein Dich mächtig zu befrein! Mit dem Kühnen mag sich bünden, Was das neue Licht begreift, Laßt uns reden und verkünden Bis die heil'ge Wahrheit reift; Warf den Tempel doch zusammen, Deutend eine hohe Macht, Leg' ich auch verwegne Flammen, Hier an diese öde Pracht! Ab. 2. Auftritt Zweiter Auftritt. von der anderen Seite, im Gewand des Heiligen, vor dem in der Kirche Santa liverata Clara betete, und eine Glorie ums Haupt. Er schreitet in heißer Bewegung über die Bühne, dem Kloster zu. Nicht Kunde mag ich noch vom Weltenbau, Von Clara nur, ich will nicht meinen Namen An Sterngewölbe zeichnen, nur, o Schönheit, In deinen Busen! Frecher Plan gelinge! Wild jagt er mich, daß wohl die ernste Hut Vor Liebeswahnwitz nothet. – Harren will ich An ihrer Zelle, bis die Fromme betet – Dem Zauber Heil, dem jede Mauer weicht. Geht durch die Mauer des Klosters. 2. Szene 3. Auftritt Dritter Auftritt. tritt ein mit verschleiertem Haupt. Pein und Entsagen wollen sie es nennen, Und Wonne ist im Heiligthum zu finden, Die Zelle lehrt das Selige erkennen, Und Wahrheit aus des Busens Tiefen winden. Eine leise Musik tönt. Umlispeln nicht mich Engelharmonien? – Der Geist auf Fittigen der Andacht muß entfliehen – Erbarmend alle Sünde mild verziehen – Mein Heiliger, umschwebt mich deine Nähe? Sinkt in betendem Entzücken hin. 4. Auftritt Vierter Auftritt. Die Priorin. Clara. Schwester Clara! blickt um sich. winkt ihr stumm. Clara folgt. Sie gehen ab, die harmonische Musik währt fort. Das Theater ist einen Augenblick leer, dann kehrt eine verschleierte Nonne zurück, und kniet an der Stelle, wo Clara betete. 5. Auftritt Fünfter Auftritt. Die betende Nonne. Hernach Faust. schwebt durch die Mauer, den Boden nicht berührend. Er ist dir nah! blickt mit verschleiertem Haupte auf. Noch immer leise Musik. in großer Bewegung. Nicht bebe – schaure freudig! Wenn solche Lippen zu dem Bilde flehn, Strömt glühend Leben wohl in todte Farben. Ich neide Märtyrer die leuchtend starben, Um die Vergöttrung möcht' ich untergehn! Was sag' ich? – Nein, ich bin dein Heil'ger, Mädchen. Doch ziemt demüthig Neigen wohl dem Engel? Steh auf, ich will zu dir im Staube flehn, Nimm von dem holden Angesicht den Schleier! entschleiert sich. schreit verzweifelnd auf. Seraphina! Die Musik endet. Faust steht am Boden tief erschüttert. ernst. Faust, Faust, wohin? – Im stillen Thal soll wandeln Der Mensch, nicht auf verwegne Höhen stürmen. Ihm ward ein Herz zu lieben und zu hoffen, Ein Muth zum dulden stark, übt Tugend ihn, O wie viel Reichthum! Und er gnügt Euch nicht? Ihr steigt hinab zum dürft'gen Sinnentaumel? Gott! – O wen ruf ich an, ich darf es nicht! Noch ist des Herzens beste Hälfte rein, Tilgt aus der anderen die Flecken schnell, Sonst muß es grausend, grausend mit Euch enden. Nicht leuchte, Heilge, auf den ewig, ewig Verworfenen, Dein sanfter Gnadenstrahl! Ich nahm die Weihe, kräftig flehet Unschuld, Mein ganzes Leben sei nur ein Gebet Für Euch – O rettet, rettet mich, Dämonen, Von dieses Himmels Qualen! Verschwindet. 6. Auftritt Sechster Auftritt. Die Priorin. Seraphina. zum Himmel blickend. Wärs zu spät? Zur Priorin. Ihr kennt mein Schicksal, heil'ge Mutter. Nie Geh' in die Welt ich noch zurück. Doch meint Ihr, daß, die Seele zu erretten, mir Noch einmal wohl vergönnt sei, ihm zu folgen? Geht mit der Priorin ab. 3. Szene 7. Auftritt Siebenter Auftritt. Robertus, Aurelia, zu Pferde in Jagdkleidern oder sie steigen draußen von den Pferden. Mehrere Jäger. der schon außerhalb beginnt und auf der Bühne endet. Schon erwacht, Tages Pracht, Auf zur Jagd, zur Jagd! Laut im Wald Hifthorn schallt, Eilt in Wald denn bald! Den Sechzehnender hab' ich jüngst erlegt, Kein Waidmann thut es heute mir zuvor. Zu Robertus. Ihr scheint unmuthig – Dies Gewühl der Lust Behagt mir wenig, trübe sind die Zeiten. 8. Auftritt Achter Auftritt. Ein Bürger. Vorige. zu Aurelia. Gepries'ne Frau, helft mir in den Senat, Schon Euer Blick wirbt Stimmen. Sag's Euch zu. Frei muß die Wahl sein, Gattin, dies gebührt Euch nicht. Ihr schmäht mich vor dem Mann? 9. Auftritt Neunter Auftritt. Ein anderer Bürger. Vorige. Robertus! Ich folgte gestern spät am Abend noch Lustwandelnden, auf ihre Rede achtend. Sie klagten ob den Gaben, tadelten Das neue Regiment, ja, lobten die Vergangenheit. Hier leset ihre Namen! Giebt ihm ein Papier. Sie übten ein Verbrechen an dem Freistaat, Und sind des Todes schuldig. zu Aurelia. Holde, menge Da nicht Dich ein! Zum Angeber. Wißt Ihr dem Vaterland Nur so zu dienen? Zerreißt das Blatt ungelesen. Hart wohl drückt die Noth, Und leicht entflieht ein unbedachtes Wörtlein. Das Wörtlein aber zeugt von bösem Willen, Den soll man ahnden, eh er That gebiert. O, Lieb' und Häuslichkeit nur ziemen Frauen. Strafbar nenn' ich die Mäßigung. Frech haben Sie die Vergangenheit gelobt. seufzend. Wohl hatte sie Des Guten viel. Die Thoren nicht und Buben Sich gültig machten. Innig lieb' ich Euch, Doch laßt mich nicht argwohnen, Gatte, daß Ihr's treu nicht mit dem Volke meint. Will ich Die Zügellosigkeit verbannen, mein' Ich's wahrlich treu. Auch hat man jüngst erfahren, Ihr wechselt mit des Herzogs Vetter Briefe. Nur um sein baares Erbe fragte er, Und billig war die Auskunft, die ich gab. strenge. Die eignen Söhne schlachtete ein Consul, Weil sie mit den Tarquiniern verhandelt. Aurelia, ich flehe, gebt Euch nicht Dem Meinungschwindel hin, in wilde Blutgier Umwandelt er die Sanftmuth. 10. Auftritt Zehnter Auftritt. Der erste und zweite Gelehrte aus dem zweiten Aufzuge. Vorige. Hier, ein Volkslied Hab' ich gedichtet, das zum Kampf entflammt, Will das Gemeinwohl Hindernisse morden. Verbreite es zu Tausenden die Presse. Wie, brennt's nicht schon genug, Oel noch ins Feuer? Ihr zeigt Euch kühl, und wollet obenein, Den Druck versagend, Geistesketten schmieden. Hier ein Entwurf, den Freistaat zu beruh'gen, Durch einen Ausschuß, dem die Weisen nur, Nicht Unbesonnene gehören. nimmt das Blatt. Bald Zeigt ein Lykurg sich, bald ein Solon. Jeder Will meistern, doch gehorchen Niemand. zum Gelehrten. Wer Sind Eure Weisen? Jedem ziemet sich Dafür zu halten, sonst zielt Euer Vorschlag Auf Tyrannei. der in das Blatt gesehn. So übel nicht, beim Himmel! Das eben thut uns Noth – Was hör' ich! Wollt Ihr die Freiheit untergraben, nenn' Ich Euch Verräther, waffne meinen Anhang Gen Euch. Der meinige ist stark genug Zum Widerstand. Ruft die gemeine Sache, Muß Liebe schweigen. Recitativ. Liebe – Liebe schweigen? Quartett und Chor. Nicht für den Verräther darf ich Länger glühn. Ja ein weis' Gesetz entwarf ich, Herrlich soll der Staat nun blühn. Wie, Aurelia, Bürgerkrieg soll toben? Seht mein Liedlein da, Sollt mir's loben, Zieht in Kampf, Victoria! Wenn Partheiwuth sich entzündet, Trennet sich, was Liebe bündet, Denn es ruft um Brust und Hand Lauter nun das Vaterland! Nun wohlan, wer zieht mit mir? stellen sich zu ihm. Wir, wir, wir! Wer ficht mit für meine Sache, Nimmt an den Treulosen Rache? Saget, wer folgt mir? Wir, wir folgen Dir! Selbst aus Weibern macht Hiänen Eines Wortes Mißverstand. Gute nach dem Recht sich sehnen, Knüpfen so ein heilig Band. Ihr entzügelt, stachelt, rüstet Grimme Leidenschaft, Werft nicht das Gesetz zu Boden. Das Gesetz rett' ich durch Oden. Wem nach Satzung denn gelüstet, Hier in meiner wohnet Kraft. Nun so sind wir denn entzweiet. Gute Sache Kraft verleihet. Kampf auf Leben und auf Tod, Nehmt das Schwert in muth'ge Hand, Neuen Lebens Morgenroth Will das bange Vaterland. Ab nach verschiedenen Seiten. 4. Szene 11. Auftritt Eilfter Auftritt. Leviathan. Hernach Faust. Die Dinge gehen so, daß wohl ein Teufel Sich freuen mag. An einem Ort entspannen Des Bürgerkrieges wilde Schrecken sich, Am andern würgen sie sich um den Glauben. Das stiftete der Faust, vorwitzig greifend In der Geschicke Rad, und blöden Augen Ein Licht verleihend, das die Sehkraft blendet. O juble Hölle, lache schadenfroh! tritt auf. Betäubung! Leviathan, tilg' aus dem Gedanken Die Nonne mir, und Seraphinens Klage! Ein Bettler flehe ich um ein Allmosen Wonne, Der Nationensegnende. Betäubung! Verkünde hohe Macht in seltner Wahl. Gestalte mir ein Eiland, fern im Meer, In Anmuth spotte es Elysiens Haine, Dort athme hoch der süßen Wollust Busen, Die Schönheit banne hin aus allen Zonen – Genug, selbst zeig' den Meister an dem Werk! Zuvorgeahnet hab' ich das Verlangen, Und stattlich prangt schon die glückselge Insel, Folg in die Höhle mir, dort zu entschlummern, Und wache auf in des Entzückens Arm. Beide ab in die Höhle. 5. Szene 12. Auftritt Zwölfter Auftritt. In den Gebüschen und an den Blumenbeeten zeigen sich Mädchengruppen, vielartig gekleidet, in beliebiger Zahl. Einige singen, Andere tanzen zu einer leisen reizenden Musik. mit abwechselnden Stimmen. Lieblich Weben In athmenden Lüften, Seelenheben In blumigen Düften, Wohl labet die Fülle Von Seligkeit, Als flöhe die Hülle Der engen Zeit, Als ob den Gott In Busens Tiefe, Der Ketten Spott In ewige Freiheit riefe. Göttlich Sein, Den Plagen entronnen, Im seligen Hain, Mich tödteten Wonnen, Wär' nicht unsterblich Leben mein. Der Tanz im Vordergrunde endet, die Musik des Chores hallt dagegen noch lange im leisen Echo nach. 13. Auftritt Dreizehnter Auftritt. Faust. Leviathan, die aus dem Hintergrunde kommen. Vorige. Wohlan, blick' auf mein Eiland, prüfe, ob Dem Nimmersatten endlich es nun g'nügt? Nicht senget Föbus hier die blum'gen Auen, Eunomia nur spendet Rosengluten, Und sanften Schein der Mond dem ew'gen Mai. Die Quellen wogen Honigseim und Milch, Aus Liliendüften segeln leichte Wolken Am Himmel, gießen Thau auf holde Blüthen. Hier schweigt die Klage, naht kein Tod, die Luft Haucht einen Balsam. Leben, Jugend, Schönheit, Bei seinem Einfluß nimmer sich umwandeln. Sieh nur die Mädchen an, für Dich gesammelt, Nicht einen Fehl an ihnen Tadel schmäht. Den Pinsel und den Meißel könnten wohl An ihnen die Hellenen üben, und Des Schönen Kunde neue Einsicht lohnen. Nicht winden sich zum Schmuck die Hände Blumen, Denn Papagoien und Silphiden pflücken Sie von den Beeten, schweben in die Höhen, Und lassen sie auf Haar und Busen fallen. Die Huldinnen nur reden zarte Dichtung In lieblichem Gesang, den Aeolsharfensaiten Und Nachtigallenkehlen süß begleiten. Hier laben Früchte Dich, und Rebensaft, Wie Hebe's Schaale nie ihn im Olymp ergossen, Nie altert, Seliger, hier Deine Kraft. – Mit Anmaaßung. Sieh, diese Welt hab' ich für Dich zu Stand gebracht, Und nicht einmal sechs Tage d'ran gemacht. schaut entzückt umher. Nichts sagt Dein stummer Mund? Mein Schweigen rede. auf ein Mädchen zeigend. Die auf den Hiazinthenmatten weilt, Ist von dem Steppenland am Kaukasus, Wo sich dem Moslemin die Reize handeln. So hingegeben naht Dir keine Schöne. Er winkt, die Czirkasserin vollzieht ein kurzes Solo. deutet auf zwei andere. Die Beiden hier, geschmückt mit Tulipanen, Gebar das liebliche Castilien. Auf, windet Euch in des Fandango Anmuth! Zwei Spanierinnen tanzen. Die Nettgewandte, mit dem Zephyrgang, Auf deren Arm sich Schmetterlinge wiegen, Kam von Paris, der Seine neuem Theben, Witz ist ihr Kuß und Grazie ihr Umfangen. Die Hohe unter den Platanen dort Ist eine Brittin, liebt nicht leicht, doch ewig. Verachte mir auch nicht die dunkle Schönheit, Die sich die Ananas dort bricht. Guinea Nennt sie des Mondes und der Sterne Kind, Wohl flammet ihre Liebe Sonnengluten. Die Pariserin, Engländerin und Negerin tanzen. Hier nahen Schönen aus Teutonien, Hell wallen ihre Locken, sinnig athmen Die schönen Busen sanfte Zärtlichkeit. Dies Kind naht aus dem regen Sachsenland, Aus Wien die Stattliche, die braune Schwäbin Fliegt gern im raschen Wirbeltanz dahin. Vier Mädchen tanzen. während des Tanzes. Es lebe Mahomed, ein Thor war Platon! Und – so ich immerdar nun auf dem Eiland weile? Wenn nicht mehr schwelgen der Sinn, der Geist noch streben mag, Dann endet der besiegelte Vertrag. O Trunkenheit, so bin ich denn unsterblich! Weg Streben, schwelgen will ich, selig schwelgen! Blickt auf eins von den deutschen Mädchen, das verschämt das Gesicht bedeckt, und sich abwendet, da er sich hinneigt. Woher ist diese zarte blöde Schönheit? Aus einem winzgen Rattennest im Sande, Doch macht die Zukunft es noch groß und weit Berühmt. Man nennt das Oertlein an der Spree Berlin. Sind so verschämt und furchtsam dort die Mädchen? Wie diese Alle. Wehe, wer von Liebe Dort spricht. Aus Magdeburg hat einem Bürger Ein zärtlich Wort das Leben einst gekostet. Wie grausam! Nun, der Freuden hoher Günstling, Wähl' eine Königin des Festes Dir! Die Spröde von Berlin, nicht eine andre. Er zieht sie auf einen Rasen und kost mit ihr. Während dessen gruppirt sich ein Tanz am Hügel und ein anderer im Vorgrund. Der Chor: »Lieblich weben in athmenden Lüften u.s.w.« wird wiederholt. Leviathan wird endlich aufmerksam und horcht nach dem Meere hin. Man hört aus einiger Entfernung Seraphina's Cither, welche bei den Halten im Tanz ertönt. zu einem Mädchen. Was ist? wie alle übrigen vor Schrecken bebend. Ein Nachen will am Ufer landen. Er muß die Unschuld tragen. Denn wir beben! verwirrt wie Alle. Wo Unschuld nahet, endet meine Macht, Und alle Zauber müssen plötzlich schwinden. Weh diesem Eiland – doch vielleicht dem Plan So eher Reife – dicht am Lande. Horcht, die Arme Euch verkünde, Zu tiefem Harme Geleitet Sünde – Hier ist sie am Ufer, als Knabe wieder. 14. Auftritt Vierzehnter Auftritt. Seraphina. Vorige. berührt das Land. Wie sie den Fuß darauf setzt, tönt ein entsetzlicher Donnerknall. Schwefeldämpfe steigen empor. Die Insel ist in eine scheußliche Wüste verwandelt, der Hügel in einen flammenden Vulkan. Aus den Mädchen werden fürchterliche Schreckensgestalten, die sich alle schnell in den Vulkan stürzen. Ein Drache fliegt von Faust weg, und auch in den feurigen Abgrund. taumelt auf. O warum mordet nicht Dein Arm den Knaben? Macht hat er über mich. Springt auch in den Vulkan. ergrimmt. Mir fehlt ein Dolch! Es wird ihm einer in die Hand gezaubert. kömmt langsam auf Faust zu. Kurze Cavatine. Sehnsucht war mein Segel, Treue mein Pilot, So trug mich durch die Fluth mein Nachen – unterbricht den Gesang. Vermessener, Dich strafe Tod – Ersticht sie. Was that ich! – Ha – welch ein Ring an dieser bleichen Hand? Verzweifelnd. Seraphina! Sinkt neben ihr hin. blickt aus dem Vulkan. Vom unterirdischen Chor begleitet, von Donner und wilden Akkorden. Verbrechen übt des Staubes Sohn, Lacht Hohn! Ende des vierten Aufzuges. 5. Akt 1. Szene 1. Auftritt Erster Auftritt. Faust, der wehmüthig auf einem Rasen sitzt. Leviathan. der unter einem starken Akkord und Donner aus der Tiefe steigt. Hie bin ich! dein Befehl? steht feierlich und gebeugt auf. Ich habe die Geliebte nun begraben. Wohl! nicht hemmt Den stolzen Flug noch eine Kette. Soll ich Das schöne Wonneeiland neu gestalten? heftig düster. Der Wüste hundertjähr'ger Eremit Ist nicht so abgelebt dem üpp'gen Sinn – Ich will fortan nicht schwelgen. Ha! Zerfallen Ist nun des Scheines erste Hälfte. sich ermannend. Nicht Der Wille, mächt'gen Geistes noch zu streben ! Sinnend. Wohl ahne ich der Fügung stillen Wink: Faust soll hienieden übersinnlich walten. Das letzte Seil der Leidenschaft zerbrach, Dem Hochbegabten ziemte Schwelgen nicht. Ich eile nun auf neue reine Bahnen, Mit Tugend will ich ihren Schatten sühnen, Ihr Todtenopfer sei der Menschen Heil. mit bitterm Spott. Ganz nahe stehst du schon dem Ende, Thor! Der jähe Abgrund klafft, dich zu empfangen. Sieh' an dein Werk, und bleich wirst du verzweifeln. Ich streute Funken, helle Glut muß reifen. Komm, unsichtbar hinaufzuschweben! Sieh Den neuen Freistaat und dein Gottesreich! Beide ab. 2. Szene 2. Auftritt Zweiter Auftritt. Robertus verwundet, ein Schwert in der Hand, mit einem gewaffneten Haufen. Da – dorthin – muthig, muthig, bringt mir Kunde – Mit tiefen Wunden kann ich nicht mehr fechten. Viele eilen ab. Für gute Rechte kämpf' ich, mußt' ich schon Mich gegen meiner Gattin Anhang waffnen. Dem hohen Preis, der sie gefangen nimmt, Doch bringt sie lebend – ach – ich bin ein Mensch! Lautes Murren unter den Seinigen. Der tobenden Bachantin Mitleid? Sträflich! wüthend vorüberlaufend. Schreibt meinen Bruder auf das Aechtungsblatt! Ab. Von Dächern wälzen Steine sie und Balken. Ab. Der alten Mutter laßt ihr Haus durchsuchen, Sie hehlt den Eidam, Feinden zugethan, Nicht bin ich noch ihr Sohn, nicht schonet sie! Ab. Aus Fenstern strömet siedend Oel. Ab. O Grausen! der während des Kampfgetümmels naht. Die Unsern wanken an der linken Seite. Verstärkung hin, ermuthigt sie, fort, fort! Die noch Uebrigen ohne Robertus ab. allein. Die Satzung: das gesammte Volk gebiete, Beglaubigt die wahntolle Menge nicht, Wo Bosheit auch und Blödsinn Stimmen heischen. Nein, eine Auswahl muß das Ruder lenken, Von Guten und von Weisen – doch sie suchen Mit blut'gen Fackeln wir, und sind sie funden, Wird Blut und Blut nur ihnen Achtung kaufen. O Stückwerk ist doch alles unterm Mond! kommt fliehend zurück. Es naht der Feind, man nahm uns in den Rücken. Ab. Dahin die Unsrigen, Gefangenschaft ist Tod! 3. Auftritt Dritter Auftritt. Ein Feindeshaufe. Robertus. Hernach Aurelia. Finale. auf Robertus zu. Ist Tod, Tod, Tod! Sieg, Sieg Aurelia! Mit diesem Chor enden die letzten Takte des Marsches, und ein ander Zeitmaaß beginnt. tritt mit Helm, Lanze und Schild auf. Triumph der guten Sache, Des Volkes edlem Recht! Wir nehmen blutig Rache An dem Tyrannenknecht! der in Ketten gelegt wird. Weh, ich muß untergehn! Hin blute ich die Jugend, Ein leerer Nam' ist Tugend, Weh, ich muß untergehn! zu Aurelia. Naht, ihn zu sehn! von dem Anblick ergriffen. In Ketten? Tiefe Wunden? grimmig. Wie, Mitleid? Nein, o nein! Unselig bange Stunden! Ich bebe, welche Pein! Wir nehmen blutig Rache An dem Tyrannenknecht! vor sich. O Liebe, nicht erwache! Ich schirmte gutes Recht. vor sich. In der Partheiwuth Arme Warf mich ein tönend Wort, Mit Schauder und mit Harme Seh ich nun Glut und Mord! Nicht wankend dich erbarme, Halt am gegebnen Wort, Wirf ihn in Todes Arme Sprich selbst das Urtheil, fort! Muthig hielt im Kampf ich Stand, Nicht erbleichten meine Wangen; Von der Liebe Hand, Nun den Tod empfangen, Diese Quaal mich übermannt! Dem Rechte ebnen wir die Bahnen, Sieg kettet sich an unsre Fahnen! O konnt' ich diese Schrecken ahnen, Mich quälen der Gefallnen Manen! Wir wollen Euch erproben, Und edlen Muth dann loben. Sprecht dem Tirannenknecht Nun selbst das Recht. Gott – laßt mich frei! ihr Schwerter auf die Brust setzend. Entscheidet – Ihr seyd frei, Nicht walte Tirannei! händeringend. laut. Im Tod' ist Wahrheit – hört, zu Euerm Glück! Des Herzogs Vetter ruft zurück, Schwört bald die Treue einem Fürsten, Wär's ein Caligula, Doch besser noch, als wenn die Tiger da Im tollen Wahn nach Blute dürsten! haut ihn wüthend nieder. Tod – Tod! Gift ende meine Noth! Entflieht. Der Mittelvorhang sinkt, es ist wieder die Szene kurzer Wald. 3. Szene 4. Auftritt Vierter Auftritt. Faust. Leviathan die hinter dem Gebüsch hervortreten. lachend. Für mich, Du Thor, hast Du gewaltet! – Jener Machiavelli, kannte er den Menschen, Und menschlich Thun? Mein ist des Bösen Reich, So schwachem Angriff kann es nimmer wanken. Das ist der Höllenwesen Lust, wenn sie Aus dem, was Tugend nennt ein Hirngespinnst, Euch Gräßliches erziehn. Oft wird es noch Auf diesem Ball so toben, ärger wohl, So Nationen alte Bande lösen. – Sei wieder unsichtbar, und schaue bebend! Führt den wankenden Faust abermal ins Gesträuch. 4. Szene 5. Auftritt Fünfter Auftritt. Man hört, wie vorhin, Kampfgetümmel, doch auch Läuten vieler Glocken. Mönche in verschiedenem Gewand. Einige Männer folgen mit einer Tragbahre voll Waffen. sinkt aufs Knie. Die Ketzerei zu hemmen ausersehen, Verwalte ich des heil'gen Amtes Pflicht. Steht auf und theilt den Geistlichen Waffen aus. Den Söldlingen ward Segen zugesagt Und Ablaß, wenn sie Gottes Feinde strafen, Auch muß in diesem Kampf der Priester fechten, Die Hand, die sonst das hohe Kreutz nur trug, Erheb' ein Schwert, dem Cherub gleich, bewachend Das Eden. Die Gefangnen ohne Milde Zum Scheiterhaufen hin. Den Himmel müssen Rauchopfer ohne Zahl versöhnen. 6. Auftritt Sechster Auftritt. Vorige. Einige Männer, die Kinder an den Haaren geschleppt bringen. Erbarmen – Gnade! Sind die Eltern Ketzer, Was können wir dafür? Barmherzigkeit! Die Kirche nimmt Euch gnädig an, so Ihr Den Eltern flucht. weinen bitterlich. schwingen Schwerter über sie. Gehorchet schnell! Wir fluchen! So bringt sie weg! Männer mit den weinenden Kindern von einer Seite ab, Mönche nach der anderen. 7. Auftritt Siebenter Auftritt. Zwei Fechtende ziehn kämpfend über die Bühne. Du bist mein Bruder, halt Ich diene Gott, vermaledeiter Ketzer! Ich diene ihm, verblendeter Papist! Ab im wüthenden Kampfe. 8. Auftritt Achter Auftritt. Mütter, mit fliegenden Haaren, von der Seite, wo die Mönche abgingen, eilen händeringend über die Bühne. Weh, weh, sie haben uns die Säuglinge Gewürgt, die Hütten stehn in lichten Flammen! Ab. 9. Auftritt Neunter Auftritt. Cinthio mit einem bewaffneten Haufen. Wir streiten um das reine Wort, Du Einiger, sei unser Hort. Sieg gab uns Gott, wir überwanden muthig, Die seinen heil'gen Namen frech entweih'n, Zum Trug. Doch ach, was mußt' ich bebend schaun! Wie viel Entsetzen, wie viel blut'gen Gräuel! Zu Einigen. Nun eilet in das Kloster! Die Priorin Mit allen unglücksel'gen Jungfrau'n nahe. Die vielgeliebte Schwester will ich retten, Dann sei die Götzenhalle Asch' und Staub. ab ins Kloster. O daß ich nur den heil'gen Wütrich fände, Der, schändend die mitleidige Natur, Entwaffnete, und Greis und Säugling schlachtet! Ein Haufe fand den Mönch. Er kämpfet grimmig, Die halbe Stadt, den Unsern zugethan, Hat er in Brand gesteckt. der aus dem Kloster kömmt. Sie kommen nicht, Denn es verletzet ihre Regel. Werft Denn auch die Glut an ihre Mauern, bringt Die Nonnen mit Gewalt hieher, eilt, eilt! Das Kloster wird angezündet, Männer bringen die Nonnen nach und nach, welche im Hintergrunde, neben einander betend, knieen. einen Augenblick kniend. Du siehst ins innig Innerste, mein Gott! Ein neuer Sieg! die Mönche sind gefangen. Dann wird das Schrecken enden. Dank Jehovah! Für Deinen Namen, Deine Wahrheit, kämpf' ich. Steht auf. Wo ist die Schwester? Bringt mir die Priorin Zuerst, Voran geh sie mit Beispiel, Entbinde vom Gelübd die armen Opfer. Der Priorin, welche ein Cruzifix hält, wird der Schleier abgenommen und sie näher geführt. Es ist Clara. heftig bewegt. Du bist Priorin? – Clara, die Vernunft Thront nun mit siegender Gewalt. Erlahmen Die Hände, welche Eure Mauern zünden? Die Wunder, Euch verkündet, bleiben aus. So acht' auf dieser Zeichen laute Meldung, So höre Wahrheit, treue Bruderliebe. Entbindet muthig Euch von dem Gelübd! Dich geb' ich einem edelsinn'gen Jüngling, Der lange im Verborg'nen für Dich glühte! die Augen gen Himmel. Heil! Deiner Magd naht endlich wieder Prüfung! 10. Auftritt Zehnter Auftritt. Der Mönch, welcher jenen Haufen anführte, von einigen Männern gebunden eingebracht. Vorige. wüthend zum Mönch. Warum verfolgt Dein Rasen meine Brüder? Den Wolf vertilgt man, der den Schaafen naht. Die Haabe läßt Du meinem Anhang rauben. Den Himmel will er seinen Frommen stehlen. Dem Scheiterhaufen giebst Du die Gefangnen. In ewig Feuer woll'n sie Gläub'ge bringen. Verzeihung euern Feinden, sagt der Heiland. Die Amoriter ließ der Herr zermalmen, Von hinnen schrecke Beispiel die Verführung. Gleich widerrufe alle blut'ge Breven, Daß nicht der Gräuel länger tobt. Dem Sünder Geziemt, sein ruchlos Schwert zu übergeben. hitziger. Nur dann empfange milde Gnade. Sonst – Wohl lange hast Du es verwirkt – laß ich Dich in die Flammen werfen. Bruder, wie Ich schon Dich hasse, sinke nicht so tief, Daß Deine Missethat den Feind verkläre. – Finale. im höchsten Zorn. Wohlan, die Langmuth ende, Laßt Strafe ihn empfahn! zum Himmel blickend. Den Blick ich freudig wende Zu Seligen hinan. ihn mit Wuth ergreifend. Wir rächen Kind und Weib, Zur Flamme! froh. Brennt der Leib, So winkt zum Lohne, Am hohen Throne, Der Seele Krone. Wir rächen Kind und Weib, Eilt, er in Gluten bade. O wie umfängt mich Gnade! werfen ihn in das brennende Kloster. fällt mit den Nonnen, die vorhin aufstanden, zur Erde. Requiem in pace ! Heilig, heilig bist du worden, Leuchtend Märtirer nun oben, Bet' in der Erwählten Orden Für die Frommen, die Dich loben, Requiem in pace . Du sahst den Himmel offen, Erfüllt ist nun Dein Hoffen, Den Blick empor gewendet, Hast glorreich Du geendet, Dich benedeit Die Christenheit. In saeculo saeculorum, amen ! Recitativ. O mög' es endlich Deinem Geiste tagen! Ich muß von Wahnes Ketten Dich retten – Will auf sie zu. in hoher Begeisterung. Soll er allein die Märtirkrone tragen? Noch kann ich mich der Schmach entwinden, Und Himmelsglorien in Flammen finden! Stürzt sich nach in das Feuer. Die Bruderliebe war mein Heiligthum, Den Glauben reinen nannt' ich meinen Ruhm, Und brachte Tod nur und Verderben, Schimpf wär' mein Leben, ich muß sterben! Ersticht sich, der Mittelvorhang fällt. 5. Szene 11. Auftritt Eilfter Auftritt. Faust. Leviathan die wieder aus dem Gebüsch hervortreten. mit schneidendem Spott. Du Staub, der in das Rad der Dinge griff, Das ich zur Hälfte wälze, dieser Cinthio Wär', ohne Deine Schriften, ohne die Zerstörung dort, auf Dein Geheiß am Tempel Geübt, ein stiller Klosterbruder. So Tilgt Menschenklugheit denn ein kleines Uebel Um unermeßlich Weh. O glaube mir, Viel grimmiger noch sieht die bange Zukunft Einst Kriege um Religion. Und haben In Strömen Bluts sie endlich Licht errungen, Ist's doch nur eine dunkle Erdenfackel, Es bangt den Weisen auf den kalten Höhen, Sie gehn zurück ins freundlich warme Thal. O Guttenberg, o Seraphina – wahr! Die Locke flattert weiß mir um das Haupt, Doch stand ich noch in frischer Manneskraft, Was ich geseh'n, hat in zwei Stunden mich Zum Greis gebleicht. – Willst Du noch ferner streben ? Ein Räthsel ist die Welt. Nicht lösen's Menschenzungen, Und nur so weit der Sinne Maße reichen, Ließ ich Dich schauen, was der Blick vermag. So ende Streben denn, wie Raum und Zeit! Zerfallen ist der Schein, Nun ewig mein. 12. Auftritt Letzter Auftritt. Böse Schreckensgestalten entsteigen der Erde, in welche Leviathan versinkt. In der Höhe läßt sich eine lichte Wolke sehen, auf der Seraphina, verklärt mit Fittigen, und von Engeln umringt, erscheint. Ich harre männlich der Verdammniß Qual! unter wildem Tanz. Genug von Wahn Und Sinnentrug, Aus ist die Bahn, Die Stunde schlug. liegt einigen von ihnen sinnlos in den Armen. mit den guten Wesen. Weh Dir, hast nicht gehört, Als noch die Zeit Dich umgab, Heil Dir und Frieden gestört, Selbst Dir gebrochen den Stab. Die Verklärten verschwinden, die Bühne wird unter Donner und Sturm ganz dunkel, nur einzelne Flammen steigen aus dem Boden. Faust sinkt langsam hinab. versinken endlich durch die Flammen neben dem letzten. Genug von Wahn Und Sinnentrug, Aus ist die Bahn, Die Stunde schlug, Hinab, hinab, Die Hölle ist Dein Grab. Der Vorhang fällt. Ende. Fußnoten 1 Dies unterirdische Gelächter muß entweder überraschenden Effekt thun, oder wegbleiben. Es fragt sich, ob Choristen und Blasinstrumente unter der Bühne anzustellen sind.