Dritter Tag Götterdämmerung Schauplatz der Handlung Schauplatz der Handlung Vorspiel Auf dem Walkürenfelsen Erster Aufzug Gunthers Hofhalle am Rhein. – Der Walkürenfelsen Zweiter Aufzug Vor Gunthers Halle Dritter Aufzug Waldige Gegend am Rhein. – Gunthers Halle Personen Personen Siegfried Gunther Hagen Alberich Brünnhilde Gutrune Waltraute Die drei Nornen Die drei Rheintöchter Mannen Frauen Vorspiel Vorspiel Die Szene ist dieselbe wie am Schlusse des zweiten Tages, auf dem Walkürenfelsen. Nacht. Aus der Tiefe des Hintergrundes leuchtet Feuerschein. – Die drei Nornen, hohe Frauengestalten in langen dunklen und schleierartigen Faltengewändern. Die erste (älteste) lagert im Vordergrund rechts unter der breitästigen Tanne; die zweite (jüngere) ist an einer Steinbank vor dem Felsengemach hingestreckt; die dritte (jüngste) sitzt in der Mitte des Hintergrundes auf einem Felssteine des Höhensaumes. Düsteres Schweigen und Bewegungslosigkeit. Welch Licht leuchtet dort? Dämmert der Tag schon auf? Loges Heer lodert feurig um den Fels. Noch ist's Nacht. Was spinnen und singen wir nicht? zu der ersten. Wollen wir spinnen und singen, woran spannst du das Seil? während sie ein goldenes Seil von sich löst und mit dem einen Ende es an einen Ast der Tanne knüpft. So gut und schlimm es geh, schling ich das Seil und singe. – An der Weltesche wob ich einst, da groß und stark dem Stamm entgrünte weihlicher Äste Wald. Im kühlen Schatten rauscht ein Quell: Weisheit raunend rann sein Gewell – da sang ich heil'gen Sinn. Ein kühner Gott trat zum Trunk an den Quell; seiner Augen eines zahlt er als ewigen Zoll. Von der Weltesche brach da Wotan einen Ast; eines Speeres Schaft entschnitt der Starke dem Stamm. In langer Zeiten Lauf zehrte die Wunde den Wald; falb fielen die Blätter, dürr darbte der Baum; traurig versiegte des Quelles Trank – trüben Sinnes ward mein Gesang. Doch web ich heut an der Weltesche nicht mehr, muß mir die Tanne taugen, zu fesseln das Seil, – singe, Schwester, dir werf ich's zu: weißt du wie das wird? windet das ihr zugeworfene Seil um einen hervorspringenden Felsstein am Eingang des Gemaches. Treu berat'ner Verträge Runen schnitt Wotan in des Speeres Schaft: den hielt er als Haft der Welt. Ein kühner Held zerhieb im Kampfe den Speer; in Trümmer sprang der Verträge heiliger Haft. Da hieß Wotan Walhalls Helden, der Weltesche welkes Geäst mit dem Stamm in Stücke zu fällen: die Esche sank; ewig versiegte der Quell. Feßle ich heut an dem scharfen Fels das Seil, singe, Schwester, dir werf ich's zu: weißt du wie das wird? das Seil empfangend und dessen Ende hinter sich werfend. Es ragt die Burg, von Riesen gebaut: mit der Götter und Helden heiliger Sippe sitzt dort Wotan im Saal. Gehau'ner Scheite hohe Schicht ragt zu Hauf rings um die Halle: die Weltesche war dies einst! – Brennt das Holz heilig brünstig und hell, sengt die Glut sehrend den glänzenden Saal, der ewigen Götter Ende dämmert ewig da auf. – Wisset ihr noch? So windet von neuem das Seil; von Norden wieder werf ich's dir nach. Sie wirft das Seil der zweiten Norn zu; diese schwingt es der ersten hin, welche das Seil vom Zweige löst und es an einen anderen Ast wieder anknüpft. Spinne, Schwester, und singe! bei ihrer Beschäftigung nach hinten blickend. Dämmert der Tag? Oder leuchtet die Lohe? Getrübt trügt sich mein Blick; nicht hell eracht ich das heilig Alte, da Loge einst brannte in lichter Glut. Weißt du, was aus ihm ward? das zugeworfene Seil wieder um den Stein windend. Durch des Speeres Zauber zähmte ihn Wotan; Räte raunt er dem Gott: an des Schaftes Runen, frei sich zu raten, nagte zehrend sein Zahn: da mit des Speeres zwingender Spitze bannte ihn Wotan, Brünnhildes Fels zu umbrennen. – Sie wirft das Seil der dritten Norn zu: diese wirft es wieder hinter sich. Weißt du was aus ihm wird? Des zerschlag'nen Speeres stechende Splitter taucht einst Wotan dem Brünstigen tief in die Brust: zehrender Brand zündet da auf; den wirft der Gott in der Weltesche zu Hauf geschichtete Scheite. – Sie wirft das Seil zurück; die zweite Norn windet es auf und wirft es der ersten wieder zu. Wollt ihr wissen wann das wird? Schwinget, Schwestern, das Seil! – das Seil von Neuem anknüpfend. Die Nacht weicht; nichts mehr gewahr ich: des Seiles Fäden find ich nicht mehr; verflochten ist das Geflecht. Ein wüstes Gesicht wirrt mir wütend den Sinn: – das Rheingold raubte Alberich einst: weißt du was aus ihm ward? windet mit mühevoller Hast das Seil um den zackigen Stein des Gemaches. Des Steines Schärfe schnitt in das Seil; nicht fest spannt mehr der Fäden Gespinst; verwirrt ist das Geweb: aus Not und Neid ragt mir des Niblungen Ring: ein rächender Fluch nagt meiner Fäden Geflecht. Das Seil der dritten Norn zuwerfend. Weißt du, was daraus wird? das zugeworfene Seil hastig fassend. Zu locker das Seil, – mir langt es nicht. Soll ich nach Norden neigen das Ende, straffer sei es gestreckt! – Sie zieht gewaltsam das Seil an; dieses reißt. Es riß! – Es riß! Es riß! Erschreckt fahren die Nornen auf und treten nach der Mitte der Bühne zusammen: Sie fassen die Stücken des zerrissenen Seiles und binden damit ihre Leiber aneinander. Zu End ewiges Wissen! Der Welt melden Weise nichts mehr. – Hinab! Zur Mutter! Hinab! Sie verschwinden Tagesgrauen. – Wachsende Morgenröte, immer schwächeres Leuchten des Feuerscheines aus der Tiefe. – Sonnenaufgang. Voller Tag. – Siegfried und Brünnhilde treten aus dem Steingemache auf. Er ist in vollen Waffen, sie führt ihr Roß am Zaume. Zu neuen Taten, teurer Helde, wie liebt ich dich, ließ ich dich nicht? Ein einzig Sorgen läßt mich säumen, daß dir zu wenig mein Wert gewann. Was Götter mich wiesen, gab ich dir: heiliger Runen reichen Hort; doch meiner Stärke magdlichen Stamm nahm mir der Held, dem ich nun mich neige. Des Wissens bar, doch des Wunsches voll: an Liebe reich, doch ledig der Kraft, mögst du die Arme nicht verachten, die dir nur gönnen, nicht geben mehr kann! Mehr gabst du Wunderfrau, als ich zu wahren weiß. Nicht zürne, wenn dein Lehren mich unbelehret ließ! Ein Wissen doch wahr ich wohl – Feurig. daß mir Brünnhilde lebt; eine Lehre lernt ich leicht – Brünnhildes zu gedenken! Willst du mir Minne schenken, gedenke deiner nur, gedenke deiner Taten: gedenk des wilden Feuers, das furchtlos du durchschrittest, da den Fels es rings umbrann! Brünnhilde zu gewinnen! Gedenk der beschildeten Frau, die in tiefem Schlaf du fandest, der den festen Helm du erbrachst! Brünnhilde zu erwecken! Gedenk der Eide, die uns einen; gedenk der Treue, die wir tragen; gedenk der Liebe, der wir leben: Brünnhilde brennt dann ewig heilig dir in der Brust. Sie umarmt Siegfried. Laß ich, Liebste, dich hier in der Lohe heiliger Hut, Er hat den Ring Alberichs von seinem Finger gezogen und reicht ihn jetzt Brünnhilde dar. zum Tausche deiner Runen reich ich dir diesen Ring. Was der Taten je ich schuf, des Tugend schließt er ein. Ich erschlug einen wilden Wurm, der grimmig lang ihn bewacht: nun wahre du seine Kraft als Weihegruß meiner Treu! voll Entzücken den Ring sich ansteckend. Ihn geiz ich als einziges Gut! Für den Ring nimm nun auch mein Roß! Ging sein Lauf mit mir einst kühn durch die Lüfte, – mit mir verlor es die mächt'ge Art; über Wolken hin auf blitzenden Wettern nicht mehr schwingt es sich mutig des Wegs; doch wohin du ihn führst, sei es durchs Feuer, grauenlos folgt dir Grane: denn dir, o Helde, soll es gehorchen. Du hüt ihn wohl; er hört dein Wort: O, bringe Grane oft Brünnhildes Gruß! Durch deine Tugend allein soll so ich Taten noch wirken? Meine Kämpfe kiesest du, meine Siege kehren zu dir: auf deines Rosses Rücken, in deines Schildes Schirm, – nicht Siegfried acht ich mich mehr, ich bin nur Brünnhildes Arm. O wäre Brünnhild' deine Seele! Durch sie entbrennt mir der Mut. So wärst du Siegfried und Brünnhild'? zart. Wo ich bin, bergen sich Beide. lebhaft. So verödet mein Felsensaal? Vereint faßt er uns Zwei! in großer Ergriffenheit. Oh! heilige Götter! Hehre Geschlechter! Weidet eu'r Aug an dem weihvollen Paar! Getrennt – wer will es scheiden? Geschieden – trennt es sich nie! Heil dir, Brünnhilde, prangender Stern! Heil, strahlende Liebe! Heil dir, Siegfried, siegendes Licht! Heil, strahlendes Leben! Heil! Heil! Heil! Heil! Siegfried geleitet das Roß schnell dem Felsenabhange zu, wohin ihm Brünnhilde folgt. Siegfried ist mit dem Rosse hinter dem Felsenvorsprung abwärts verschwunden, so daß der Zuschauer ihn nicht mehr sieht; Brünnhilde steht so plötzlich allein am Abhang und blickt Siegfried in die Tiefe nach. – Brünnhilds Gebärde zeigt, daß jetzt Siegfried ihrem Blicke entschwindet. – Man hört Siegfrieds Horn aus der Tiefe. Brünnhilde lauscht. Sie tritt weiter auf den Abhang hinaus. Jetzt erblickt sie Siegfried nochmals in der Tiefe: sie winkt ihm mit entzückter Gebärde zu. Aus ihrem freudigen Lächeln deutet sich der Anblick des lustig davon ziehenden Helden. Der Vorhang fällt schnell. 1. Akt 1. Szene Erste Szene Die Halle der Gibichungen am Rhein. Diese offen. Den Hintergrund selbst nimmt ein freier Uferraum bis zum Flusse hin ein; felsige Anhöhen umgrenzen das Ufer. – Gunther und Gutrune auf dem Hochsitze zur Seite, vor welchem ein Tisch mit Trinkgeräte steht; davor sitzt Hagen. Nun hör, Hagen; sage mir, Held: sitz ich herrlich am Rhein, Gunther zu Gibichs Ruhm? Dich echt genannten acht ich zu neiden; die beid uns Brüder gebar, Frau Grimhild ließ mich's begreifen. Dich neide ich; nicht neide mich du. Erbt ich Erstlings Art, Weisheit ward dir allein: Halbbrüder Zwist bezwang sich nie besser. Deinem Rat nur red ich Lob, frag ich dich nach meinem Ruhm. So schelt ich den Rat, da schlecht noch dein Ruhm; denn hohe Güter weiß ich, die der Gibichung noch nicht gewann. Verschwiegst du sie, so schelt auch ich. In sommerlich reifer Stärke seh ich Gibichs Stamm, dich, Gunther, unbeweibt, – dich, Gutrun', ohne Mann. Gunther und Gutrune sind in schweigendes Sinnen verloren. Wen rätst du nun zu frein, daß unsrem Ruhm es frommt? Ein Weib weiß ich, das herrlichste der Welt; auf Felsen hoch ihr Sitz; ein Feuer umbrennt ihren Saal: nur, wer durch das Feuer bricht, darf Brünnhildes Freier sein. Vermag das mein Mut zu bestehn? Einem Stärk'ren noch ist's nur bestimmt. Wer ist der streitlichste Mann? Siegfried, der Wälsungen Sproß, der ist der stärkste Held. – Ein Zwillingspaar, von Liebe bezwungen, Siegmund und Sieglinde zeugten den echtesten Sohn. Der im Walde mächtig erwuchs, – den wünscht ich Gutrun' zum Mann. schüchtern beginnend. Welche Tat schuf er so tapfer, daß als herrlichster Held er genannt? Vor Neidhöhle den Niblungenhort bewachte ein riesiger Wurm: Siegfried schloß ihm den freislichen Schlund, erschlug ihn mit siegendem Schwert. Solch ungeheurer Tat enttagte des Helden Ruhm. im Nachsinnen. Vom Niblungenhort vernahm ich: er birgt den neidlichsten Schatz? Wer wohl ihn zu nützen wüßt, dem neigte sich wahrlich die Welt. Und Siegfried – hat ihn erkämpft? Knecht sind die Niblungen ihm. Und Brünnhild' gewänne nur er? Keinem andren wiche die Brunst. erhebt sich unwillig vom Sitz. Was weckst du Zweifel und Zwist? Was ich nicht zwingen soll, darnach zu verlangen machst du mir Lust? Er schreitet bewegt in der Halle auf und ab. Hagen, ohne seinen Sitz zu verlassen, hält Gunther, als dieser wieder in seine Nähe kommt, durch einen geheimnisvollen Wink fest. Brächte Siegfried die Braut dir heim, wär dann nicht Brünnhilde dein? wendet sich wieder zweifelnd und unmutig ab. Was zwänge den frohen Mann für mich die Braut zu frein? wie vorher. Ihn zwänge bald deine Bitte – bänd ihn Gutrun' zuvor. Du Spötter, böser Hagen! Wie sollt ich Siegfried binden? Ist er der herrlichste Held der Welt, der Erde holdeste Frauen friedeten längst ihn schon. sich vertraulich zu Gutrune hinneigend. Gedenk des Trankes im Schrein; Heimlicher. vertraue mir, der ihn gewann: den Helden, des du verlangst, bindet er liebend an dich. Gunther ist wieder an den Tisch getreten und hört, auf ihn gelehnt, jetzt aufmerksam zu. Träte nun Siegfried ein, genöß er des würzigen Tranks – daß vor dir ein Weib er ersah, daß je ein Weib ihm genaht, vergessen müßt er des ganz. Nun redet: wie dünkt euch Hagens Rat? lebhaft auffahrend. Gepriesen sei Grimhild', die uns den Bruder gab! Möcht ich Siegfried je ersehn! Wie fänden ihn wir auf? Ein Horn klingt aus dem Hintergrund von links her. Hagen lauscht. Jagt er auf Taten wonnig umher, zum engen Tann wird ihm die Welt: wohl stürmt er in rastloser Jagd auch zu Gibichs Strand an den Rhein. Willkommen hieß ich ihn gern. Horn näher, aber immer noch fern. Beide lauschen. Hagen eilt nach dem Ufer. Vom Rhein her tönt das Horn. späht den Fluß hinab und ruft zurück. In einem Nachen Held und Roß! – Der bläst so munter das Horn! Gunther bleibt auf halbem Wege lauschend zurück. Ein gemächlicher Schlag – wie von müßiger Hand, treibt jach den Kahn wider den Strom: so rüstiger Kraft in des Ruders Schwung rühmt sich nur der, der den Wurm erschlug. Siegfried ist es, sicher kein Andrer! Jagt er vorbei? ruft durch die hohlen Hände nach dem Flusse zu. Hoiho! Wohin, du heit'rer Held? aus der Ferne. Zu Gibichs starkem Sohne. Zu seiner Halle entbiet ich dich. – Siegfried erscheint im Kahn am Ufer. Hieher! Hier lege an! 2. Szene Zweite Szene Siegfried legt mit dem Kahn an. – Hagen schließt den Kahn mit der Kette am Ufer fest. Siegfried springt mit dem Rosse auf den Strand. Heil! Heil Siegfried, teurer Held! Gunther ist zu Hagen an das Ufer getreten. Gutrune blickt, vom Hochsitz aus, in staunender Bewunderung auf Siegfried. – Gunther will freundlichen Gruß bieten. Alle sind in gegenseitiger stummer Betrachtung gefesselt. auf sein Roß gelehnt, bleibt ruhig am Kahne stehen. Wer ist Gibichs Sohn? Gunther, ich, den du suchst. Dich hört ich rühmen weit am Rhein: nun ficht mit mir, – oder sei mein Freund! Laß den Kampf! Sei willkommen! sieht sich ruhig um. Wo berg ich mein Roß? Ich biet ihm Rast. zu Hagen gewendet. Du riefst mich Siegfried: sahst du mich schon? Ich kannte dich nur an deiner Kraft. indem er an Hagen das Roß übergibt. Wohl hüte mir Grane: du hieltest nie von edlerer Zucht am Zaume ein Roß. Hagen führt das Roß. Während Siegfried ihm gedankenvoll nachblickt, entfernt sich auch Gutrune, durch einen Wink Hagens bedeutet, von Siegfried unbemerkt, nach links durch eine Tür in ihr Gemach. Gunther schreitet mit Siegfried, den er dazu einlädt, in die Halle vor. Begrüße froh, o Held, die Halle meines Vaters: wohin du schreitest, was du ersiehst, das achte nun dein Eigen; dein ist mein Erbe, Land und Leut: hilf, mein Leib, meinem Eide! Mich selbst geb ich zum Mann. – Nicht Land noch Leute biete ich, noch Vaters Haus und Hof: einzig erbt ich den eig'nen Leib – lebend zehrt ich den auf. Nur ein Schwert hab ich, selbst geschmiedet: hilf, mein Schwert, meinem Eide! – Das biet ich mit mir zum Bund. der zurückgekommen ist und jetzt hinter Siegfried steht. Doch des Niblungenhortes nennt die Märe dich Herrn? sich zu Hagen umwendend. Des Schatzes vergaß ich fast; so schätz ich sein müß'ges Gut! In einer Höhle ließ ich's liegen, wo ein Wurm es einst bewacht. Und nichts entnahmst du ihm? Dies Gewirk, unkund seiner Kraft. Den Tarnhelm kenn ich, der Niblungen künstliches Werk: er taugt, bedeckt er dein Haupt, dir zu tauschen jede Gestalt; verlangt dich's an fernsten Ort, er entführt flugs dich dahin. – Sonst nichts entnahmst du dem Hort? Einen Ring. Den hütest du wohl? zart. Den hütet ein hehres Weib. für sich. Brünnhild'! – Nicht, Siegfried, sollst du mir tauschen. Tand gäb ich für dein Geschmeid, nähmst all mein Gut du dafür: ohn Entgelt dien ich dir gern. Hagen ist zu Gutrunes Türe gegangen und öffnet sie jetzt. Gutrune tritt heraus; sie trägt ein gefülltes Trinkhorn und nähert sich damit Siegfried. Willkommen, Gast, in Gibichs Haus! Seine Tochter reicht dir den Trank. neigt sich ihr freundlich und ergreift das Horn. – Er hält es gedankenvoll vor sich hin. Leise, doch sehr bestimmt. Vergäß ich Alles, was du mir gabst, von einer Lehre laß ich doch nie: den ersten Trunk zu treuer Minne, Brünnhilde, bring ich dir! Er setzt das Trinkhorn an und trinkt in einem langen Zuge. Er reicht das Horn an Gutrune zurück, welche, verschämt und verwirrt, die Augen vor ihm niederschlägt. Siegfried heftet den Blick mit schnell entbrannter Leidenschaft auf sie. Die so mit dem Blitz den Blick du mir sengst, was senkst du dein Auge vor mir? Gutrune schlägt errötend das Auge zu ihm auf. – Heftig. Ha, schönstes Weib! Schließe den Blick; das Herz in der Brust brennt mir sein Strahl, zu feurigen Strömen fühl ich ihn zehrend zünden mein Blut! – Mit bebender Stimme. Gunther, wie heißt deine Schwester? Gutrune. leise. Sind's gute Runen, die ihrem Aug' ich entrate? Er faßt Gutrune feurig bei der Hand. Deinem Bruder bot ich mich zum Mann: der Stolze schlug mich aus; trügst du wie er mir Übermut, böt ich mich dir zum Bund? Gutrune trifft unwillkürlich auf Hagens Blick; sie neigt demütig das Haupt, und mit einer Gebärde, als fühle sie sich seiner nicht wert, verläßt sie wankenden Schrittes wieder die Halle. Siegfried, von Hagen und Gunther aufmerksam beobachtet, blickt wie festgezaubert Gutrune nach; ohne sich umzuwenden. Hast du, Gunther, ein Weib? Nicht freit ich noch, und einer Frau soll ich mich schwerlich freun: auf Eine setzt ich den Sinn, die kein Rat mir je gewinnt. wendet sich lebhaft zu Gunther. Was wär dir versagt, steh ich zu dir? Auf Felsen hoch ihr Sitz – mit verwunderungsvoller Hast einfallend. – auf Felsen hoch ihr Sitz? ein Feuer umbrennt den Saal – – ein Feuer umbrennt den Saal? Nur wer durch das Feuer bricht – mit der heftigsten Anstrengung, um eine Erinnerung festzuhalten. Nur wer durch das Feuer bricht? – – darf Brünnhildes Freier sein. Siegfried verrät durch eine Gebärde, daß bei der Nennung von Brünnhildes Namen die Erinnerung ihm vollends gänzlich schwindet. Nun darf ich den Fels nicht erklimmen, das Feuer verglimmt mir nie! kommt aus einem traumartigen Zustande zu sich und wendet sich mit übermütiger Lebhaftigkeit zu Gunther. Ich fürchte kein Feuer, für dich frei ich die Frau: denn dein Mann bin ich, und mein Mut ist dein, – gewinn ich mir Gutrun' zum Weib. Gutrune gönn ich dir gerne. Brünnhilde bring ich dir! Wie willst du sie täuschen? Durch des Tarnhelms Trug tausch ich mir deine Gestalt. So stelle Eide zum Schwur! Blutbrüderschaft schwöre ein Eid! Hagen füllt ein Trinkhorn mit frischem Wein; dieses hält er dann Siegfried und Gunther hin, welche sich mit ihren Schwertern die Arme ritzen und diese kurze Zeit über die Öffnung des Trinkhornes halten. Beide legen zwei ihrer Finger auf das Horn, welches Hagen fortwährend in ihrer Mitte hält. Blühenden Lebens labendes Blut träufelt ich in den Trank. Bruder-brünstig mutig gemischt blüh im Trank unser Blut! Treue trink ich dem Freund! Froh und frei entblühe dem Bund Blutbrüderschaft heut. Bricht ein Bruder den Bund: Trügt den Treuen der Freund: Was in Tropfen heut hold wir tranken, in Strahlen ström' es dahin, – fromme Sühne dem Freund! trinkt und reicht das Horn Siegfried. So biet ich den Bund! So – Er trinkt und hält das geleerte Trinkhorn Hagen hin. trink ich dir Treu. Hagen zerschlägt mit seinem Schwerte das Horn in zwei Stücken. Gunther und Siegfried reichen sich die Hände. Siegfried betrachtet Hagen, welcher während des Schwures hinter ihm gestanden. Was nahmst du am Eide nicht teil? Mein Blut verdürb euch den Trank; nicht fließt mir's echt und edel wie euch: störrisch und kalt stockt's in mir, nicht will's die Wange mir röten. Drum bleib ich fern vom feurigen Bund. zu Siegfried. Laß den unfrohen Mann! hängt sich den Schild wieder über. Frisch auf die Fahrt! Dort liegt mein Schiff: – schnell führt es zum Felsen. Er tritt näher zu Gunther und bedeutet diesen. Eine Nacht am Ufer harrst du im Nachen; die Frau fährst du dann heim. Er wendet sich zum Fortgehen und winkt Gunther, ihm zu folgen. Rastest du nicht zuvor? Um die Rückkehr ist's mir jach. Er geht zum Ufer, um das Schiff los zu binden. Du, Hagen! Bewache die Halle! Er folgt Siegfried zum Ufer. – Während Siegfried und Gunther, nachdem sie ihre Waffen darin niedergelegt, im Schiff das Segel aufstecken und alles zur Abfahrt bereitmachen, nimmt Hagen seinen Speer und Schild. Gutrune erscheint an der Tür ihres Gemaches, als soeben Siegfried das Schiff abstößt, welches sogleich der Mitte des Stromes zutreibt. Wohin eilen die Schnellen? während er sich gemächlich mit Schild und Speer vor der Halle niedersetzt. Zu Schiff – Brünnhild' zu frei'n. Siegfried? Sieh, wie's ihn treibt, zum Weib dich zu gewinnen. Siegfried – mein! Sie geht lebhaft erregt in ihr Gemach zurück.–Siegfried hat das Ruder erfaßt und treibt jetzt mit dessen Schlägen den Nachen stromabwärts, so daß dieser bald gänzlich außer Gesicht kommt. sitzt, mit dem Rücken an den Pfosten der Halle gelehnt, bewegungslos. Hier sitz ich zur Wacht, wahre den Hof, wehre die Halle dem Feind, – Gibichs Sohne wehet der Wind, auf Werben fährt er dahin. – Ihm führt das Steuer ein starker Held, Gefahr ihm will er bestehn: die eig'ne Braut ihm bringt er zum Rhein; mir aber bringt er den Ring! – Ihr freien Söhne, frohe Gesellen, segelt nur lustig dahin: – dünkt er euch niedrig, ihr dient ihm doch, des Niblungen Sohn. Ein Teppich, welcher dem Vordergrunde zu die Halle einfaßte, schlägt zusammen und schließt die Bühne vor dem Zuschauer ab. 3. Szene Dritte Szene Der Vorhang wird wieder aufgezogen. – Die Felsenhöhe, wie im Vorspiel. – Brünnhilde sitzt am Eingang des Steingemaches, in stummem Sinnen Siegfrieds Ring betrachtend. Von wonnigen Erinnerungen ergriffen, bedeckt sie den Ring mit ihren Küssen. Ferner Donner läßt sich vernehmen; sie blickt auf und lauscht. – Sie wendet sich wieder zu dem Ringe. Ein feuriger Blitz. Brünnhilde lauscht von neuem und späht nach der Ferne, von woher eine finstere Gewitterwolke dem Felsensaume zuzieht. Altgewohntes Geräusch raunt meinem Ohr die Ferne. Ein Luftroß jagt im Laufe daher; auf der Wolke fährt es wetternd zum Fels – Wer fand mich Einsame auf? aus der Ferne. Brünnhilde! Schwester! Schläfst oder wachst du? fährt vom Sitze auf. Waltrautes Ruf, so wonnig mir kund! – In die Szene rufend. Kommst du Schwester? Schwingst dich kühn zu mir her? Sie eilt nach dem Felsrande. Dort im Tann – – dir noch vertraut – steige vom Roß und stell den Renner zur Rast! Sie stürmt in den Tann, von wo ein starkes Geräusch, gleich einem Gewitterschlage, sich vernehmen läßt. Brünnhilde kommt in heftiger Bewegung mit Waltraute zurück; sie bleibt freudig erregt, ohne Waltrautes ängstliche Scheu zu beachten. Kommst du zu mir? Bist du so kühn, magst ohne Grauen Brünnhild bieten den Gruß? Einzig dir nur galt meine Eil. in höchster freudiger Aufgeregtheit. So wagtest du, Brünnhild' zulieb, Walvaters Bann zu brechen? – Oder wie – o sag! – wär wider mich Wotans Sinn erweicht? – Als dem Gott entgegen Siegmund ich schützte, fehlend – ich weiß es – erfüllt ich doch seinen Wunsch. Daß sein Zorn sich verzogen, weiß ich auch. Denn verschloß er mich gleich in Schlaf, fesselt' er mich auf dem Fels, wies er dem Mann mich zur Magd, der am Weg mich fänd und erweckt – meiner bangen Bitte doch gab er Gunst: mit zehrendem Feuer umzog er den Fels, dem Zagen zu wehren den Weg. So zur Seligsten schuf mich die Strafe: der herrlichste Held gewann mich zum Weib! In seiner Liebe leucht und lach ich heut auf! Sie umarmt Waltraute unter stürmischen Freudenbezeigungen, welche diese mit scheuer Ungeduld abzuwehren sucht. Lockte dich Schwester mein Los? An meiner Wonne willst du dich weiden, teilen, was mich betraf? heftig. Teilen den Taumel, der dich Törin erfaßt? – Ein Andres bewog mich in Angst, zu brechen Wotans Gebot. Brünnhilde gewahrt hier erst mit Befremdung die wild aufgeregte Stimmung Waltrautes. Angst und Furcht fesseln dich Arme? So verzieh der Strenge noch nicht? Du zagst vor des Strafenden Zorn? düster. Dürft ich ihn fürchten, meiner Angst fänd ich ein End! Staunend versteh ich dich nicht. Wehre der Wallung, achtsam höre mich an! Nach Walhall wieder treibt mich die Angst, die von Walhall hierher mich trieb. erschreckt. Was ist's mit den ewigen Göttern? Höre mit Sinn, was ich dir sage! Seit er von dir geschieden, zur Schlacht nicht mehr schickte uns Wotan: irr und ratlos ritten wir ängstlich zu Heer; Walhalls mutige Helden mied Walvater. Einsam zu Roß, ohne Ruh noch Rast, durchschweift er als Wandrer die Welt. – Jüngst kehrte er heim; in der Hand hielt er seines Speeres Splitter, – die hatte ein Held ihm geschlagen, Mit stummem Wink Walhalls Edle wies er zum Forst, die Weltesche zu fällen. Des Stammes Scheite hieß er sie schichten zu ragendem Hauf rings um der Seligen Saal. Der Götter Rat ließ er berufen; den Hochsitz nahm heilig er ein: ihm zu Seiten hieß er die Bangen sich setzen, in Ring und Reih die Hall erfüllen die Helden. – So sitzt er, sagt kein Wort, auf hehrem Sitze stumm und ernst, des Speeres Splitter fest in der Faust; Holdas Äpfel rührt er nicht an. Staunen und Bangen binden starr die Götter. Seine Raben beide sandt er auf Reise; kehrten die einst mit guter Kunde zurück, – dann noch einmal, – zum letzten Mal! – lächelte ewig der Gott. Seine Knie umwindend liegen wir Walküren, – blind bleibt er den flehenden Blicken: uns alle verzehrt Zagen und endlose Angst. An seine Brust preßt ich mich weinend; Zögernd. da brach sich sein Blick, er gedachte, Brünnhilde, dein. Tief seufzt er auf, – schloß das Auge, – und wie im Traume raunt er das Wort: »Des tiefen Rheines Töchtern gäbe den Ring sie wieder zurück, – von des Fluches Last erlöst wär Gott und die Welt!« – Da sann ich nach: – von seiner Seite, durch stumme Reihen stahl ich mich fort; in heimlicher Hast bestieg ich mein Roß, und ritt im Sturme zu dir. Dich, o Schwester, beschwör ich nun: was du vermagst, vollend es dein Mut; ende der Ewigen Qual! Sie hat sich vor Brünnhilde niedergeworfen. ruhig. Welch banger Träume Mären meldest du Traurige mir! Der Götter heiligem Himmelsnebel bin ich Törin enttaucht; nicht faß ich, was ich erfahre. Wirr und wüst scheint mir dein Sinn: in deinem Aug, so übermüde, glänzt flackernde Glut. Mit blasser Wange, du bleiche Schwester, was willst du Wilde von mir? heftig. An deiner Hand, der Ring – er ist's; hör meinen Rat: für Wotan wirf ihn von dir! Den Ring – von mir? Den Rheintöchtern gib ihn zurück! Den Rheintöchtern – ich – den Ring? Siegfrieds Liebespfand? Bist du von Sinnen? Hör mich, hör meine Angst! Der Welt Unheil haftet sicher an ihm. Wirf ihn von dir, fort in die Welle, Walhalls Elend zu enden, den verfluchten wirf in die Flut! Ha! weißt du, was er mir ist? Wie kannst du's fassen, fühllose Maid! – Mehr als Walhalls Wonne, mehr als der Ewigen Ruhm ist mir der Ring: ein Blick auf sein helles Gold, ein Blitz aus dem hehren Glanz gilt mir werter, als aller Götter ewig währendes Glück. Denn selig aus ihm leuchtet mir Siegfrieds Liebe, – Siegfrieds Liebe! – O, ließ sich die Wonne dir sagen! – Sie wahrt mir den Reif. – Geh hin zu der Götter heiligem Rat! Von meinem Ringe raune ihnen zu: Die Liebe ließe ich nie, mir nähmen nie sie die Liebe, stürzt auch in Trümmern Walhalls strahlende Pracht! Dies deine Treue? So in Trauer entlässest du lieblos die Schwester? Schwinge dich fort, fliehe zu Roß! Den Reif entführst du mir nie! Wehe! Wehe! Weh dir, Schwester! Walhalls Göttern weh! Sie stürzt fort. – Bald erhebt sich unter Sturm eine Gewitterwolke aus dem Tann. während sie der davonziehenden hell erleuchteten Gewitterwolke, die sich bald gänzlich in der Ferne verliert, nachblickt. Blitzend Gewölk, vom Wind getragen, stürme dahin: zu mir nie steure mehr her! Es ist Abend geworden. Aus der Tiefe leuchtet der Feuerschein allmählich heller auf. Brünnhilde blickt ruhig in die Landschaft hinaus. Abendlich, Dämmern deckt den Himmel; heller leuchtet die hütende Lohe herauf. Der Feuerschein nähert sich aus der Tiefe. Immer glühendere Flammenzungen lecken über den Felsensaum auf. Was leckt so wütend die lodernde Welle zum Wall? Zur Felsenspitze wälzt sich der feurige Schwall. Man hört aus der Tiefe Siegfrieds Hornruf nahen. Brünnhilde fährt entzückt auf. Siegfried! Siegfried zurück! Seinen Ruf sendet er her! Auf! Auf! Ihm entgegen! In meines Gottes Arm! Sie eilt in höchstem Entzücken dem Felsrande zu. Feuerflammen schlagen herauf: aus ihnen springt Siegfried auf einen hoch ragenden Felsenstein empor, worauf die Flammen sogleich wieder zurückweichen und abermals nur aus der Tiefe heraufleuchten. Siegfried, auf dem Haupte den Tarnhelm, der ihm bis zur Hälfte das Gesicht verdeckt und nur die Augen frei läßt, erscheint in Gunthers Gestalt. Verrat! – Brünnhilde weicht voll Entsetzen zurück, flieht bis in den Vordergrund und heftet von da aus, in sprachlosem Erstaunen, ihren Blick auf Siegfried. Wer drang zu mir? Siegfried, im Hintergrunde auf dem Steine verweilend, betrachtet Brünnhilde, regungslos auf seinen Schild gelehnt. Langes Schweigen. mit verstellter (rauherer) Stimme. Brünnhild! Ein Freier kam, – den dein Feuer nicht geschreckt. Dich werb ich nun zum Weib: Du folge willig mir! heftig zitternd. Wer ist der Mann, der das vermochte, was dem Stärksten nur bestimmt? unverändert wie zuvor. Ein Held, der dich zähmt, bezwingt Gewalt dich nur. von Grausen erfaßt. Ein Unhold schwang sich auf jenen Stein! Ein Aar kam geflogen, mich zu zerfleischen! – Wer bist du, Schrecklicher! Langes Schweigen. Stammst du von Menschen? Kommst du von Hellas nächtlichem Heer? wie zuvor, mit etwas bebender Stimme beginnend, alsbald aber wieder sicherer fortfahrend. Ein Gibichung bin ich, – und Gunther heißt der Held, dem, Frau, du folgen sollst! in Verzweiflung ausbrechend. Wotan! Ergrimmter, grausamer Gott! Weh! Nun erseh ich! der Strafe Sinn! Zu Hohn und Jammer jagst du mich hin! springt vom Steine herab und tritt näher heran. Die Nacht bricht an: in deinem Gemach mußt du dich mir vermählen! indem sie den Finger, an welchem sie Siegfrieds Ring trägt, drohend ausstreckt. Bleib fern! Fürchte dies Zeichen! Zur Schande zwingst du mich nicht, so lang der Ring mich beschützt. Mannesrecht gebe er Gunther: durch den Ring sei ihm vermählt! Zurück, du Räuber! Frevelnder Dieb! Erfreche dich nicht mir zu nah'n! Stärker als Stahl macht mich der Ring: nie raubst du ihn mir! Von dir ihn zu lösen, lehrst du mich nun. Er dringt auf sie ein. Sie ringen miteinander. Brünnhilde windet sich los, flieht und wendet sich um, wie zur Wehr. Siegfried greift sie von neuem an. Sie flieht; er erreicht sie. Beide ringen mit einander. Er faßt sie bei der Hand und entzieht ihrem Finger den Ring. Brünnhilde schreit heftig auf. Als sie, wie zerbrochen, in seinen Armen niedersinkt, streift ihr Blick bewußtlos die Augen Siegfrieds. – Siegfried läßt die Machtlose auf die Steinbank vor dem Felsengemache niedergleiten. Jetzt bist du mein. Brünnhilde, Gunthers Braut, – gönne mir nun dein Gemach! starrt ohnmächtig vor sich hin, matt. Was könntest du wehren, elendes Weib! Siegfried treibt sie mit einer gebietenden Gebärde an. Zitternd und wankenden Schrittes geht sie in das Gemach. – Siegfried zieht sein Schwert. mit seiner natürlichen Stimme. Nun, Nothung, zeuge du, daß ich in Züchten warb. Die Treue wahrend dem Bruder, trenne mich von seiner Braut! Er folgt Brünnhilde nach. 2. Akt 1. Szene Erste Szene leise. Schläfst du, Hagen, mein Sohn? – Du schläfst und hörst mich nicht, den Ruh und Schlaf verriet? leise, ohne sich zu rühren, so daß er immerfort zu schlafen scheint, obwohl er die Augen starr offen hat. Ich höre dich, schlimmer Albe: was hast du meinem Schlaf zu sagen? Gemahnt sei der Macht, der du gebietest, bist du so mutig, wie die Mutter dich mir gebar! immer wie zuvor. Gab mir die Mutter Mut, nicht mag ich dir doch danken, daß deiner List sie erlag: – frühalt – fahl und bleich, haß ich die Frohen, freue mich nie! – wie zuvor. Hagen, mein Sohn! Hasse die Frohen! Mich Lustfreien, Leidbelasteten, liebst du so wie du sollst. Bist du kräftig, kühn und klug, die wir bekämpfen mit nächtigem Krieg, schon gibt ihnen Not unser Neid. Der einst den Ring mir entriß, Wotan, der wütende Räuber, – vom eig'nen Geschlechte ward er geschlagen: an den Wälsung verlor er Macht und Gewalt; mit der Götter ganzer Sippe in Angst ersieht er sein Ende. Nicht ihn fürcht ich mehr: fallen muß er mit Allen! – Schläfst du, Hagen, mein Sohn? bleibt unverändert wie zuvor. Der Ewigen Macht, – wer erbte sie? Ich – und du! Wir erben die Welt, – trüg ich mich nicht in deiner Treu, teilst du meinen Gram und Grimm. Wotans Speer zerspellte der Wälsung, der Fafner, den Wurm, im Kampfe gefällt, und kindisch den Reif sich errang; jede Gewalt hat er gewonnen: Walhall und Nibelheim neigen sich ihm. Immer heimlich. An dem furchtlosen Helden erlahmt selbst mein Fluch; denn nicht kennt er des Ringes Wert, zu nichts nützt er die neidliche Macht. Lachend, in liebender Brunst, brennt er lebend dahin. Ihn zu verderben, taugt uns nun einzig! – Schläfst du, Hagen, mein Sohn? wie zuvor. Zu seinem Verderben dient er mir schon. Den gold'nen Ring, den Reif – gilt's zu erringen! Ein weises Weib lebt dem Wälsung zulieb: riet es ihm je, des Rheines Töchtern, – die in Wassers Tiefen einst mich betört, – zurückzugeben den Ring: verloren ging mir das Gold, – keine List erlangte es je. Drum, ohne Zögern ziel auf den Reif! Dich Zaglosen zeugt ich mir ja, daß wider Helden hart du mir hieltest. Zwar – stark nicht genug, den Wurm zu bestehn, was allein dem Wälsung bestimmt, – zu zähem Haß doch erzog ich Hagen; der soll mich nun rächen, den Ring gewinnen, dem Wälsung und Wotan zum Hohn! – Schwörst du mir's, Hagen, mein Sohn? Von hier an bedeckt ein immer finsterer werdender Schatten wieder Alberich. Zugleich beginnt das erste Tagesgrauen. immer wie zuvor. Den Ring soll ich haben; – harre in Ruh! Schwörst du mir's, Hagen, mein Held? Mir selbst schwör' ich's; – schweige die Sorge! Wie mit dem Folgenden Alberichs Gestalt immer mehr dem Blicke entschwindet, wird auch seine Stimme immer unvernehmbarer. Sei treu, Hagen, mein Sohn! Trauter Helde – sei treu! Sei treu! – Treu! – Alberich ist gänzlich verschwunden. Hagen, der unverändert in seiner Stellung verblieben, blickt regungslos und starren Auges nach dem Rhein hin, auf welchem sich die Morgendämmerung ausbreitet. 2. Szene Zweite Szene Der Rhein färbt sich vom immer stärker erglühenden Morgenrot. – Hagen macht eine zuckende Bewegung. – Siegfried tritt plötzlich, dicht am Ufer, hinter einem Busche hervor. Hoiho! Hagen! Müder Mann! Siehst du mich kommen? Siegfried ist in seiner eigenen Gestalt; nur den Tarnhelm hat er noch auf dem Haupte; diesen zieht er jetzt ab und hängt ihn, während er hervorschreitet, in den Gürtel. erhebt sich gemächlich. Hei! Siegfried! Geschwinder Helde! Wo brausest du her? Vom Brünnhildenstein: dort sog ich den Atem ein, mit dem ich dich rief, – so schnell war meine Fahrt. Langsamer folgt mir ein Paar; zu Schiff gelangt das her! So zwangst du Brünnhild? Wacht Gutrune? in die Halle rufend. Hoiho! Gutrune! Komm heraus! Siegfried ist da: was säumst du drin? sich zur Halle wendend. Euch beiden meld ich, wie ich Brünnhild band. Gutrune tritt ihm aus der Halle entgegen. Heiß mich willkommen, Gibichskind! Ein guter Bote bin ich dir. Freia grüße dich zu aller Frauen Ehre! Frei und hold sei nun mir Frohem! Zum Weib gewann ich dich heut. So folgt Brünnhild meinem Bruder? Leicht ward die Frau ihm gefreit. Sengte das Feuer ihn nicht? Ihn hätt es auch nicht versehrt; doch ich durchschritt es für ihn, – da dich ich wollt' erwerben. Doch dich hat es verschont? Mich freute die schwelende Brunst. Hielt Brünnhild dich für Gunther? Ihm glich ich auf ein Haar: der Tarnhelm wirkte das, wie Hagen tüchtig es wies. Dir gab ich guten Rat. So zwangst du das kühne Weib? Sie wich – Gunthers Kraft. Und – vermählte sie sich dir? Ihrem Mann gehorchte Brünnhild eine volle bräutliche Nacht. Als ihr Mann doch galtest du? Bei Gutrune weilte Siegfried. Doch zur Seite war ihm Brünnhild? auf sein Schwert deutend. Zwischen Ost und West der Nord: so nah – war Brünnhild ihm fern. Wie empfing Gunther sie nun von dir? Durch des Feuers verlöschende Lohe. im Frühnebel vom Felsen folgte sie mir zu Tal; dem Strande nah, flugs die Stelle tauschte Gunther mit mir: durch des Geschmeides Tugend wünscht ich mich schnell hierher. Ein starker Wind nun treibt die Trauten den Rhein herauf. Drum rüstet jetzt den Empfang! Siegfried! Mächtigster Mann! – Wie faßt mich Furcht vor dir! vom Ufer her rufend. In der Ferne seh ich ein Segel! So sagt dem Boten Dank! Lasset uns sie hold empfangen, daß heiter sie gern hier weile! – Du, Hagen, minnig rufe die Männer nach Gibichs Hof zur Hochzeit! Frohe Frauen ruf ich zum Fest, der Freudigen folgen sie gern. Nach der Halle zuschreitend, wendet sie sich wieder um. Rastest du, schlimmer Held? Dir zu helfen – ruh ich aus. Er reicht ihr die Hand und geht mit ihr in die Halle. – Hagen hat einen Felsstein in der Höhe des Hintergrundes erstiegen: dort setzt er jetzt sein Stierhorn zum Blasen an. 3. Szene Dritte Szene Hoiho! Hoihohoho! Ihr Gibichs Mannen, machet euch auf! Wehe! Wehe! Waffen! Waffen! Waffen durch's Land! Gute Waffen! Starke Waffen! Scharf zum Streit! Not ist da! Not! Wehe! Wehe! Hoiho! Hoihohoho! Hagen bleibt immer in seiner Stellung auf der Anhöhe. – Auf den verschiedenen Höhenpfaden stürmen in Hast und Eile gewaffnete Mannen herbei, erst einzelne, dann immer mehrere zusammen, welche sich dann auf dem Uferraum vor der Halle anhäufen. Was tost das Horn? Was ruft es zu Heer? Wir kommen mit Wehr. Wir kommen mit Waffen. Hagen! Hagen! Hoiho! Hoiho! Welche Not ist da? Welcher Feind ist nah? Wer gibt uns Streit? Ist Gunther in Not? Wir kommen mit Waffen. Mit scharfer Wehr. Hoiho! Ho! Hagen! immer von der Anhöhe herab. Rüstet euch wohl, und rastet nicht! Gunther sollt ihr empfahn: ein Weib hat der gefreit. Drohet ihm Not? Drängt ihn der Feind? Ein freisliches Weib führet er heim. Ihm folgen der Magen feindliche Mannen? Einsam fährt er, keiner folgt. So bestand er die Not? So bestand er den Kampf? Sag es an! Der Wurmtöter wehrte der Not: Siegfried der Held, der schuf ihm Heil! Was soll ihm das Heer nun noch helfen? Was hilft ihm nun das Heer? Starke Stiere sollt ihr schlachten; am Weihstein fließe Wotan ihr Blut! Was, Hagen, was heißest du uns dann? Was heißest du uns dann? Was soll es dann? Was heißest du uns dann? Einen Eber fällen sollt ihr für Froh, einen stammigen Bock stechen für Donner; Schafe aber schlachtet für Fricka, daß gute Ehe sie gebe! Die Mannen in immer mehr ausbrechender Heiterkeit. Schlugen wir Tiere, was schaffen wir dann? Schlugen wir Tiere. was schaffen wir dann? Das Trinkhorn nehmt, von trauten Frau'n mit Met und Wein wonnig gefüllt! Das Trinkhorn zur Hand, wie halten wir es dann? Rüstig gezecht, bis der Rausch euch zähmt: Alles den Göttern zu Ehren, daß gute Ehe sie geben! brechen in ein schallendes Gelächter aus. Groß Glück und Heil lacht nun dem Rhein, da Hagen der Grimme so lustig mag sein! Der Hagedorn sticht nun nicht mehr; zum Hochzeitsrufer ward er bestellt. der immer sehr ernst verblieben, ist zu den Mannen herabgestiegen und steht unter ihnen. Nun, laßt das Lachen, mut'ge Mannen! Empfah't Gunthers Braut: Brünnhilde naht dort mit ihm. Er deutet die Mannen nach dem Rhein hin: diese eilen zum Teil auf die Anhöhe, während Andere sich am Ufer aufstellen, um die Ankommenden zu erblicken. Näher zu einigen Mannen tretend. Hold seid der Herrin, helfet ihr treu: traf sie ein Leid, rasch seid zur Rache! Er wendet sich langsam zur Seite in den Hintergrund. Während des Folgenden kommt der Nachen mit Gunther und Brünnhilde auf dem Rheine an. auf der Höhe. Heil! Heil! Heil! Diejenigen, welche von der Höhe ausgeblickt hatten, kommen zum Ufer herab. Willkommen! Willkommen! Einige Mannen springen in das Wasser und ziehen den Kahn an das Land. Alles drängt sich immer dichter an das Ufer. Willkommen, Gunther! Heil! Heil! 4. Szene Vierte Szene Gunther steigt mit Brünnhilde aus dem Kahne: die Mannen reihen sich ehrerbietig zu ihrem Empfange. Während des Folgenden geleitet Gunther Brünnhilde feierlich an der Hand. Heil dir, Gunther! Heil dir, und deiner Braut! Heil sei Gunther dir und deiner Braut! Willkommen! Sie schlagen die Waffen tosend zusammen. Brünnhilde, welche bleich und gesenkten Blickes ihm folgt, den Mannen vorstellend. Brünnhild, die hehrste Frau, bring ich euch her zum Rhein. Ein edleres Weib ward nie gewonnen. Der Gibichungen Geschlecht, gaben die Götter ihm Gunst, zum höchsten Ruhm, rag es nun auf! schlagen feierlich an ihre Waffen. Heil dir, glücklicher Gibichung! Gunther geleitet Brünnhilde, welche nie aufblickt, zur Halle, aus welcher jetzt Siegfried und Gutrune, von Frauen begleitet, heraustreten. hält vor der Halle an. Gegrüßt sei, teurer Held; gegrüßt, holde Schwester! Dich seh ich froh ihm zur Seite, der dich zum Weib gewann. Zwei sel'ge Paare seh ich hier prangen: Er führt Brünnhilde näher heran. Brünnhild und Gunther, Gutrun und Siegfried! – Brünnhilde schlägt erschreckt die Augen auf und erblickt Siegfried: wie in Erstarrung bleibt ihr Blick auf ihn gerichtet. Gunther, welcher Brünnhildes heftig zuckende Hand losgelassen hat, sowie alle Übrigen zeigen starre Betroffenheit über Brünnhildes Benehmen. Was ist ihr? Ist sie entrückt? Brünnhilde beginnt zu zittern. geht einige Schritte auf Brünnhilde zu. Was müht Brünnhildens Blick? kaum ihrer mächtig. Siegfried ... hier? Gutrune ...? Gunthers milde Schwester, mir vermählt, wie Gunther du. furchtbar heftig. Ich ...? Gunther ...? Du lügst! – Sie schwankt und droht umzusinken; Siegfried stützt sie. Mir schwindet das Licht ... Sie blickt in seinen Armen matt zu ihm auf. Siegfried ... kennt mich nicht? Gunther, deinem Weib ist übel! – Gunther tritt hinzu. Erwache, Frau! Hier steht dein Gatte. erblickt am ausgestreckten Finger Siegfrieds den Ring und schrickt mit furchtbarer Heftigkeit auf. Ha! ...Der Ring ... an seiner Hand! – Er ...? Siegfried ...? Was ist? Was ist? aus dem Hintergrund unter die Mannen tretend. Jetzt merket klug, was die Frau euch klagt! sucht sich zu ermannen indem sie die schrecklichste Aufregung gewaltsam zurückhält. Einen Ring sah ich an deiner Hand ...; nicht dir gehört er, ihn entriß mir – Auf Gunther deutend. dieser Mann. Wie mochtest von ihm den Ring du empfah'n? betrachtet aufmerksam den Ring an seinem Finger. Den Ring empfing ich nicht von ihm. zu Gunther. Nahmst du von mir den Ring, durch den ich dir vermählt, so melde ihm dein Recht, ford're zurück das Pfand! in großer Verwirrung. Den Ring? ... Ich gab ihm keinen: doch – kennst du ihn auch gut? Wo bärgest du den Ring, den du von mir erbeutet? Gunther schweigt in höchster Betroffenheit. Brünnhilde fährt wütend auf. Ha! – Dieser war es, der mir den Ring entriß: Siegfried, der trugvolle Dieb! Alles blickt erwartungsvoll auf Siegfried, welcher über der Betrachtung des Ringes in fernes Sinnen verloren ist. Von keinem Weib kam mir der Reif, – noch war's ein Weib, dem ich ihn abgewann: genau erkenn ich des Kampfes Lohn, den vor Neidhöhl einst ich bestand, als den starken Wurm ich erschlug. zwischen sie tretend. Brünnhild, kühne Frau! kennst du genau den Ring? Ist's der, den du Gunther gabst, so ist er sein, – und Siegfried gewann ihn durch Trug, den der Treulose büßen sollt! in furchtbarstem Schmerze aufschreiend. Betrug! Betrug! Mit diesen wiederholten Versuchen scheint sie den versagenden Atem bewältigen zu wollen. Schändlichster Betrug! Verrat! Verrat! Wie noch nie er gerächt! Verrat? An wem? Verrat? Verrat? Verrat? An wem? Heil'ge Götter, himmlische Lenker! Rauntet ihr dies in eurem Rat? Lehrt ihr mich Leiden, wie keiner sie litt? Schuft ihr mir Schmach, wie nie sie geschmerzt? Ratet nun Rache, wie nie sie gerast! Zündet mir Zorn, wie noch nie er gezähmt! Heißet Brünnhild, ihr Herz zu zerbrechen, den zu zertrümmern, der sie betrog! Brünnhild, Gemahlin! Mäß'ge dich! Weich' fern, Verräter! Selbst verrat'ner! Wisset denn Alle: – nicht ihm, – dem Manne dort bin ich vermählt. Siegfried? Gutruns Gemahl? Gutruns Gemahl? Er zwang mir Lust und Liebe ab. Achtest du so der eig'nen Ehre? Die Zunge, die sie lästert, muß ich der Lüge sie zeihen? Hört, ob ich Treue brach! – Blut-Brüderschaft hab ich Gunther geschworen. Nothung, das werte Schwert, wahrte der Treue Eid: mich trennte seine Schärfe von diesem traur'gen Weib. – Du listiger Held, sieh wie du lügst, wie auf dein Schwert du schlecht dich berufst! Wohl kenn ich seine Schärfe, doch kenn auch die Scheide, darin so wonnig ruht an der Wand Nothung, der treue Freund, als die Traute sein Herr sich gewann. Die Mannen und Frauen treten in lebhafter Entrüstung zusammen. Wie? Brach er die Treue? Trübte er Gunthers Ehre? Brach er die Treue? zu Siegfried. Geschändet wär ich, schmählich bewahrt, gäbst du die Rede nicht ihr zurück! Treulos, Siegfried, sannest du Trug? Bezeuge, daß Jene falsch dich zeiht! Reinige dich, bist du im Recht! Schweige die Klage! Schwöre den Eid! Schweig ich die Klage, schwör ich den Eid, wer von euch wagt seine Waffe daran? Meines Speeres Spitze wag ich daran: sie wahr in Ehren den Eid! Die Mannen schließen einen Ring um Siegfried und Hagen. Hagen hält den Speer hin; Siegfried legt zwei Finger seiner rechten Hand auf die Speerspitze. Helle Wehr, heilige Waffe: hilf meinem ewigen Eide! Bei des Speeres Spitze sprech ich den Eid: – Spitze, achte des Spruchs! Wo Scharfes mich schneidet, schneide du mich; wo der Tod mich soll treffen, treffe du mich: klagte das Weib dort wahr, brach ich dem Bruder den Eid. tritt wütend in den Ring, reißt Siegfrieds Hand vom Speere hinweg und faßt dafür mit der ihrigen die Spitze. Helle Wehr! Heilige Waffe! Hilf meinem ewigen Eide! Bei des Speeres Spitze sprech ich den Eid: – Spitze, achte des Spruchs! Ich weihe deine Wucht, daß sie ihn werfe! Deine Schärfe segne ich, daß sie ihn schneide! Denn, brach seine Eide er all, schwur Meineid jetzt dieser Mann. im höchsten Aufruhr. Hilf, Donner! Tose dein Wetter, zu schweigen die wütende Schmach! Gunther! Wehr deinem Weibe, das schamlos Schande dir lügt. – Gönnt ihr Weil und Ruh, der wilden Felsenfrau, daß ihre freche Wut sich lege, die eines Unholds arge List wider uns Alle erregt! – Ihr Mannen, kehret euch ab, laßt das Weibergekeif! Als Zage weichen wir gern, gilt es mit Zungen den Streit. Er tritt dicht zu Gunther. Glaub, mehr zürnt es mich als dich, daß schlecht ich sie getäuscht; der Tarnhelm, dünkt mich fast, hat halb mich nur gehehlt. Doch Frauengroll friedet sich bald; daß ich dir es gewann, dankt dir gewiß noch das Weib! – Er wendet sich wieder zu den Mannen. Munter, ihr Mannen! Folgt mir zum Mahl! Zu den Frauen. Froh zur Hochzeit helfet, ihr Frauen! Wonnige Lust lache nun auf! In Hof und Hain, heiter vor Allen, sollt ihr heute mich sehn. Wen die Minne freut, meinem frohen Mute tu es der Glückliche gleich! Siegfried schlingt, in ausgelassenem Übermut, seinen Arm um Gutrune und zieht sie mit sich in die Halle fort: die Mannen und Frauen, von seinem Beispiele hingerissen, folgen ihm nach. – Die Bühne ist leer geworden. Nur Brünnhilde, Gunther und Hagen bleiben zurück. – Gunther hat sich, in tiefer Scham und furchtbarer Verstimmung, mit verhülltem Gesichte abseits niedergesetzt. Brünnhilde, im Vordergrunde stehend, blickt Siegfried und Gutrune noch eine Zeitlang schmerzlich nach und senkt dann das Haupt. 5. Szene Fünfte Szene in starrem Nachsinnen befangen. Welches Unholds List liegt hier verhohlen? Welches Zaubers Rat regte dies auf? – Wo ist nun mein Wissen gegen dies Wirrsal? Wo sind meine Runen gegen dies Rätsel? – Ach, Jammer! Jammer! Weh, ach Wehe! All mein Wissen wies ich ihm zu! – Immer gesteigert. In seiner Macht hält er die Magd, – in seinen Banden hält er die Beute, die, jammernd ob ihrer Schmach, jauchzend der Reiche verschenkt! Wer bietet mir nun das Schwert, mit dem ich die Bande zerschnitt'? dicht an Brünnhilde herantretend. Vertraue mir, betrog'ne Frau! Wer dich verriet, das räche ich. – matt sich umblickend. An wem? An Siegfried, der dich betrog. An Siegfried? ... du? Bitter lächelnd. Ein einz'ger Blick seines blitzenden Auges, – das selbst durch die Lügengestalt leuchtend strahlte zu mir, – deinen besten Mut machte er bangen. Doch meinem Speere spart ihn sein Meineid? Eid – und Meineid –, müßige Acht! Nach Stärk'rem späh, deinen Speer zu waffnen, willst du den Stärksten bestehn! Wohl kenn ich Siegfrieds siegende Kraft, wie schwer im Kampf er zu fällen; drum raune nun du mir guten Rat, wie doch der Recke mir wich? O, Undank! Schändlichster Lohn! Nicht eine Kunst war mir bekannt, die zum Heil nicht half seinem Leib: unwissend zähmt ihn mein Zauberspiel, – das ihn vor Wunden nun gewahrt. So kann keine Wehr ihm schaden? Im Kampfe nicht! Doch – träfst du im Rücken ihn. – Niemals – das wußt ich – wich er dem Feind, nie reicht er fliehend ihm den Rücken: an ihm drum spart ich den Segen. Und dort trifft ihn mein Speer! – Er wendet sich rasch von Brünnhilde ab zu Gunther. Auf, Gunther! Edler Gibichung! Hier steht dein starkes Weib: was hängst du dort in Harm? leidenschaftlich auffahrend. O Schmach! O Schande! Wehe mir, dem jammervollsten Manne! In Schande liegst du, leugn' ich das? zu Gunther. O feiger Mann! Falscher Genoss'! Hinter dem Helden hehltest du dich, daß Preise des Ruhmes er dir erränge! Tief wohl sank das teure Geschlecht, das solche Zagen gezeugt. außer sich. Betrüger ich – und betrogen! Verräter ich – und verraten! Zermalmt mir das Mark! Zerbrecht mir die Brust! – Hilf, Hagen! Hilf meiner Ehre! Hilf deiner Mutter, die mich auch ja gebar! Dir hilft kein Hirn, dir hilft keine Hand; dir hilft nur – Siegfrieds Tod! von Grausen erfaßt. Siegfrieds Tod! ... Nur der sühnt deine Schmach! vor sich hinstarrend. Blutbrüderschaft schwuren wir uns! Des Bundes Bruch sühne nun Blut! Brach er den Bund? Da er dich verriet. Verriet er mich? heftig. Dich verriet er, und mich verrietet ihr Alle! Wär ich gerecht, alles Blut der Welt büßte mir nicht eure Schuld! Doch des Einen Tod taugt mir für Alle: – Siegfried falle zur Sühne für sich und euch! zu Gunther gewendet. Er falle Heimlich. dir zum Heil! Ungeheure Macht wird dir, gewinnst von ihm du den Ring, den der Tod ihm wohl nur entreißt. leise. Brünnhildes Ring? Des Nibelungen Reif! schwer seufzend. So wär es Siegfrieds Ende! Uns Allen frommt sein Tod. Doch – Gutrune, ach! – der ich ihn gönnte! Straften den Gatten wir so, wie bestünden wir vor ihr? wütend auffahrend. Was riet mir mein Wissen? Was wiesen mich Runen? Im hilflosen Elend achtet mir's hell: Gutrune heißt der Zauber, der den Gatten mir entzückt! Angst treffe sie! zu Gunther. Muß sein Tod sie betrüben, verhehlt sei ihr die Tat. Auf muntres Jagen ziehen wir morgen; der Edle braust uns voran: – ein Eber bracht ihn da um. So soll es sein! Siegfried falle! Sühn er die Schmach, die er mir schuf! Des Eides Treue hat er getrogen: mit seinem Blut büß er die Schuld! Allrauner, rächender Gott! Schwurwissender Eideshort! Wotan! Wende dich her! Weise die schrecklich heilige Schar, hieher zu horchen dem Racheschwur! Sterb er dahin, der strahlende Held! Mein ist der Hort, mir muß er gehören. Drum sei der Reif ihm entrissen! Albenvater, gefallner Fürst! Nachthüter! Niblungenherr! Alberich! Achte auf mich! Weise von neuem der Niblungen Schar, dir zu gehorchen, des Reifes Herrn! Als Gunther mit Brünnhilde heftig der Halle sich zuwendet, tritt ihnen der von dort herausschreitende Brautzug entgegen. Knaben und Mädchen, Blumenstäbe schwingend, springen lustig voraus. Siegfried wird auf einem Schilde, Gutrune auf einem Sessel von den Männern getragen. – Auf der Anhöhe des Hintergrundes führen Knechte und Mägde, auf verschiedenen Bergpfaden, Opfergeräte und Opfertiere zu den Weihsteinen herbei und schmücken diese mit Blumen. Siegfried und die Männer blasen auf ihren Hörnern den Hochzeitsruf. Die Frauen fordern Brünnhilde auf, an Gutrunes Seite sie zu geleiten. – Brünnhilde blickt starr zu Gutrune auf, welche ihr mit freundlichem Lächeln zuwinkt. Als Brünnhilde heftig zurücktreten will, tritt Hagen rasch dazwischen und drängt sie an Gunther, der jetzt von Neuem ihre Hand erfaßt, worauf er selbst von den Männern sich auf einen Schild erheben läßt. Während der Zug, kaum unterbrochen, schnell der Höhe zu sich wieder in Bewegung setzt, fällt der Vorhang. 3. Akt 1. Szene Vorspiel und Erste Szene Wildes Wald- und Felsental am Rheine, welcher im Hintergrunde an einem steilen Abhange vorbeifließt. – Die drei Rheintöchter (Woglinde, Wellgunde und Floßhilde) tauchen aus der Flut auf und schwimmen, wie im Reigentanze, im Kreise umher. im Schwimmen müßig einhaltend. Frau Sonne sendet lichte Strahlen; Nacht liegt in der Tiefe: einst war sie hell, da heil und hehr des Vaters Gold noch in ihr glänzte. Rheingold, klares Gold, wie hell du einsten strahltest, hehrer Stern der Tiefe! Sie schließen wieder den Schwimmreigen. Weialala leia, wallala leialala! Ferner Hornruf. Sie lauschen. Sie schlagen jauchzend das Wasser. Frau Sonne, sende uns den Helden, der das Gold uns wiedergebe! Ließ er es uns, dein lichtes Auge neideten dann wir nicht länger! Rheingold! Klares Gold, wie froh du dann strahltest, freier Stern der Tiefe! Man hört Siegfrieds Horn von der Höhe her. Ich höre sein Horn. Der Helde naht. Laßt uns beraten! Sie tauchen alle Drei schnell unter. Siegfried erscheint auf dem Abhange in vollen Waffen. Ein Albe führte mich irr, daß ich die Fährte verlor. – He, Schelm! In welchem Berge bargst du so schnell mir das Wild? tauchen wieder auf und schwimmen im Reigen. Siegfried! Was schiltst du so in den Grund? Welchem Alben bist du gram? Hat dich ein Nicker geneckt? Sag es, Siegfried, sag es uns. sie lächelnd betrachtend. Entzücktet ihr zu euch den zottigen Gesellen, der mir verschwand? Ist's euer Friedel, euch lustigen Frauen laß ich ihn gern! Die Mädchen lachen. Siegfried, was gibst du uns, wenn wir das Wild dir gönnen? Noch bin ich beutelos; so bittet, was ihr begehrt! Ein gold'ner Ring glänzt dir am Finger: – Den gib uns! Einen Riesenwurm erschlug ich um den Reif, – für eines schlechten Bären Tatzen böt ich ihn nun zum Tausch? Bist du so karg? So geizig beim Kauf? Freigebig solltest Frauen du sein. Verzehrt ich an euch mein Gut, des zürnte mir wohl mein Weib. Sie ist wohl schlimm? Sie schlägt dich wohl? Ihre Hand fühlt schon der Held! Sie lachen unmäßig. Nun lacht nur lustig zu! In Harm laß ich euch doch: denn giert ihr nach dem Ring, euch Neckern geb ich ihn nie! Die Rheintöchter haben sich wieder zum Reigen gefaßt. So schön! So stark! So gehrenswert! Wie schade, daß er geizig ist! Sie lachen und tauchen unter. steigt tiefer in den Grund hinab. Was leid ich doch das karge Lob? Laß ich so mich schmähn? Kämen sie wieder zum Wasserrand, den Ring könnten sie haben. – Laut rufend. He! Hehe! Ihr munt'ren Wasserminnen! Kommt rasch! Ich schenk euch den Ring! Er hat den Ring vom Finger gezogen und hält ihn in die Höhe. – Die Rheintöchter tauchen wieder auf. Sie zeigen sich ernst und feierlich. Behalt ihn, Held, und wahr ihn wohl, bis du das Unheil errätst, das in dem Ring du hegst, Froh fühlst du dich dann befrei'n wir dich von dem Fluch. steckt gelassen den Ring wieder an seinen Finger. So singet, was ihr wißt. Siegfried! Siegfried! Siegfried! Schlimmes wissen wir dir. Zu deinem Unheil wahrst du den Ring! Aus des Rheines Gold ist der Ring geglüht: der ihn listig geschmiedet, und schmählich verlor, der verfluchte ihn, in fernster Zeit, zu zeugen den Tod dem, der ihn trüg. Wie den Wurm du fälltest, so fällst auch du, und heute noch: so heißen wir's dir, tauschest den Ring du uns nicht; im tiefen Rhein ihn zu bergen: Nur seine Flut sühnet den Fluch! Ihr listigen Frauen, laßt das sein! Traut ich kaum eurem Schmeicheln, euer Drohen schreckt mich noch minder! Siegfried! Siegfried! Wir weisen dich wahr. Weiche! Weiche dem Fluch! Ihn flochten nächtlich webende Nornen in des Urgesetzes Seil! Mein Schwert zerschwang einen Speer: – des Urgesetzes ewiges Seil, flochten sie wilde Flüche hinein, – Nothung zerhaut es den Nornen! – Wohl warnte mich einst vor dem Fluch ein Wurm, – doch das Fürchten lehrt er mich nicht. Er betrachtet den Ring. Der Welt Erbe gewänne mir ein Ring: – für der Minne Gunst miß ich ihn gern, – ich geb ihn euch, gönnt ihr mir Gunst. Doch, bedroht ihr mir Leben und Leib, – faßte er nicht eines Fingers Wert, – den Reif entringt ihr mir nicht. Denn Leben und Leib, seht: Er hebt eine Erdscholle vom Boden auf, hält sie über seinem Haupte und wirft sie mit den letzten Worten hinter sich. so – werf ich sie weit von mir! Kommt, Schwestern! Schwindet dem Toren! So weise und stark verwähnt sich der Held, als gebunden und blind er doch ist! Sie schwimmen, wild aufgeregt, in weiten Schwenkungen dicht an das Ufer heran. Eide schwur er, und achtet sie nicht! Wieder heftige Bewegung. Runen weiß er, und rät sie nicht! FLOSSHILDE, DANN WOGLINDE. Ein hehrstes Gut ward ihm gegönnt: daß er's verworfen, weiß er nicht; – nur den Ring, – der zum Tod ihm taugt, – den Reif nur will er sich wahren! Leb wohl! Siegfried! Ein stolzes Weib wird noch heut dich Argen beerben; sie beut uns bess'res Gehör: zu ihr! Sie wenden sich schnell zum Reigen, mit welchem sie gemächlich, dem Hintergrunde zu, fortschwimmen. – Siegfried sieht ihnen lächelnd nach, stemmt ein Bein auf ein Felsstück am Ufer und verweilt mit auf die Hand gestütztem Kinne. Weialala leia, Wallala leialala! Im Wasser wie am Lande lernte nun ich Weiber Art: wer nicht ihrem Schmeicheln traut, den schrecken sie mit Drohen; wer dem nun kühnlicht trotzt, dem kommt dann ihr Keifen dran! – Die Rheintöchter sind hier gänzlich verschwunden. Und doch, – trüg ich nicht Gutrun Treu, – der zieren Frauen eine hätt ich mir – frisch gezähmt! Die Rheintöchter werden aus größerer Entfernung nur gehört. – Er blickt ihnen unverwandt nach. – Jagdhornrufe kommen von der Höhe näher. von fern. Hoiho! Siegfried fährt aus einer träumerischen Entrücktheit auf und antwortet dem Rufe auf seinem Horne. 2. Szene Zweite Szene außerhalb der Szene. Hoiho! Hoiho! antwortend. Hoiho! Hoiho! Hoihe! Hagen kommt auf der Höhe hervor, Gunther folgt ihm. Siegfried erblickend. Finden wir endlich wohin du flogest? Kommt herab! Hier ist frisch und kühl! Die Mannen kommen alle auf der Höhe an und steigen nun, mit Hagen und Gunther, herab. Hier rasten wir, und rüsten das Mahl! Jagdbeute wird zuhauf gelegt. Laßt ruhn die Beute, und bietet die Schläuche! Schläuche und Trinkhörner werden hervorgeholt. Alles lagert sich. Der uns das Wild verscheuchte, nun sollt ihr Wunder hören, was Siegfried sich erjagt. Schlimm siebtes um mein Mahl: von eurer Beute bitte ich für mich. Du beutelos? Auf Waldjagd zog ich aus, – doch Wasserwild zeigte sich nur: war ich dazu recht beraten, drei wilde Wasservögel hätt ich euch wohl gefangen, die dort auf dem Rhein mir sangen, erschlagen würd ich noch heut. Er lagert sich zwischen Gunter und Hagen. – Gunther erschrickt und blückt düster auf Hagen. Das wäre üble Jagd, wenn den Beutelosen selbst ein lauernd Wild erlegte. Mich dürstet! indem er für Siegfried ein Trinkhorn füllen läßt und es diesem dann darreicht. Ich hörte sagen, Siegfried, der Vögel Sangessprache verstündest du wohl: – so wäre das wahr? Seit lange acht ich des Lallens nicht mehr. Er erfaßt das Trinkhorn und wendet sich damit zu Gunther. Er trinkt und reicht das Horn Gunther hin. Trink, Gunther, trink: dein Bruder bringt es dir! Gunther blickt mit Grausen in das Horn. dumpf. Du mischtest matt und bleich: – Noch gedämpfter. dein Blut allein darin! lachend. So misch es mit dem deinen! Er gießt aus Gunthers Horn in das seinige, so daß dieses überläuft. Nun floß gemischt es über: – der Mutter Erde laß das ein Labsal sein! mit einem heftigen Seufzer. Du überfroher Held! leise zu Hagen. Ihm macht Brünnhilde Müh? leise zu Siegfried. Verstünd er sie so gut, wie du der Vögel Sang! Seit Frauen ich singen hörte, vergaß ich der Vöglern ganz. – Doch einst vernahmst du sie? sich lebhaft zu Gunther wendend. Hei! Gunther, grämlicher Mann! Dankst du es mir, so sing ich dir Mären aus meinen jungen Tagen. Die hör ich gern. Alle lagern sich nahe um Siegfried, welcher allein aufrecht sitzt, während die Anderen tiefer gestreckt liegen. So singe, Held! Mime hieß ein mürrischer Zwerg; in des Neides Zwang zog er mich auf, daß einst das Kind, wann kühn es erwuchs, einen Wurm ihm fällt im Wald, der lang schon hütet einen Hort. Er lehrte mich schmieden und Erze schmelzen; doch, was der Künstler selber nicht konnt, des Lehrlings Mute mußt es gelingen: eines zerschlag'nen Stahles Stücken neu zu schweißen zum Schwert. Des Vaters Wehr fügt ich mir neu, nagelfest schuf ich mir Nothung. Tüchtig zum Kampf dünkt er dem Zwerg; der führte mich nun zum Wald: dort fällt' ich Fafner, den Wurm. – Jetzt aber merkt wohl auf die Mär: Wunder muß ich euch melden. Von des Wurmes Blut mir brannten die Finger, sie führt ich kühlend zum Mund: – kaum netzt ein wenig die Zunge das Naß, – was da die Vöglein sangen, das konnt ich flugs verstehn. Auf den Ästen saß es und sang: – »Hei! Siegfried gehört nun der Niblungen Hort! Oh –! fand in der Höhle den Hort er jetzt! Wollt er den Tarnhelm gewinnen, der taugt ihm zu wonniger Tat! Doch wollt er den Ring sich erraten, der macht ihn zum Walter der Welt!« Ring und Tarnhelm trugst du nun fort? Das Vöglein hörtest du wieder? Ring und Tarnhelm hatt ich gerafft: – da lauscht ich wieder dem wonnigen Laller; der saß im Wipfel und sang: – »Hei! Siegfried gehört nun der Helm und der Ring. Oh! Traute er Mime, dem treulosen nicht! Ihm sollt er den Hort nur erheben; nun lauert er listig am Weg; nach dem Leben trachtet er Siegfried: oh, traute Siegfried nicht Mime!« Er mahnte dich gut? Vergaltest du Mime? Mit tödlichem Tranke trat er zu mir; bang und stotternd gestand er mir Böses: Nothung streckte den Strolch! grell lachend. Was nicht er geschmiedet schmeckte doch Mime! – Er läßt ein Trinkhorn neu füllen und träufelt den Saft eines Krautes hinein. nacheinander. Was wies das Vöglein dich wieder? Trink erst, Held, aus meinem Horn: ich würzte dir holden Trank, die Erinnerung hell dir zu wecken, Er reicht Siegfried das Horn. daß Fernes nicht dir entfalle! SIEGFRIED blickt gedankenvoll in das Horn und trinkt dann langsam In Leid zu dem Wipfel lauscht ich hinauf; – da saß es noch und sang: – »Hei! Siegfried erschlug nun den schlimmen Zwerg! Jetzt wüßt ich ihm noch das herrlichste Weib: auf hohem Felsen sie schläft, Feuer umbrennt ihren Saal: durchschritt er die Brunst, weckt er die Braut, – Brünnhilde wäre dann sein!« – Und folgtest du des Vögleins Rate? Rasch ohne Zögern zog ich nun aus: – Gunther hört mit immer größerem Erstaunen zu. Bis den feurigen Fels ich traf: – die Lohe durchschritt ich, und fand zum Lohn – In immer größere Verzückung geratend. schlafend ein wonniges Weib in lichter Waffen Gewand. Den Helm löst ich der herrlichen Maid; mein Kuß erweckte sie kühn: – oh! wie mich brünstig da umschlang der schönen Brünnhilde Arm! im höchsten Schrecken aufspringend. Was hör ich! Zwei Raben fliegen aus einem Busche auf, kreisen über Siegfried und fliegen dann, dem Rheine zu, davon. Errätst du auch dieser Raben Geraun? Siegfried fährt heftig auf und blickt, Hagen den Rücken zukehrend, den Raben nach. Rache rieten sie mir. Hagen stößt seinen Speer in Siegfrieds Rücken. Gunther und die Mannen stürzen sich über Hagen. Siegfried schwingt mit beiden Händen seinen Schild hoch empor, um ihn nach Hagen zu werfen: die Kraft verläßt ihn; der Schild entsinkt ihm rückwärts; er selbst stürzt über dem Schild zusammen. welche vergebens Hagen zurückzuhalten versucht. Hagen, was tust du? Was tatest du? Hagen, – was tatest du? Meineid rächt sich! Hagen wendet sich ruhig zur Seite ab und verliert sich dann über die Höhe, wo man ihn langsam durch die anbrechende Dämmerung von dannen schreiten sieht. – Gunther beugt sich, schmerzergriffen, zu Siegfrieds Seite nieder. – Die Mannen umstehen teilnahmvoll den Sterbenden. SIEGFRIED von zwei Männern sitzend erhalten, schlägt die Augen glanzvoll auf Brünnhilde! Heilige Braut! Wach auf! Öffne dein Auge! Wer verschloß dich wieder in Schlaf? Wer band dich in Schlummer so bang? Der Wecker kam: – er küßt dich wach; – und aber – der Braut bricht er die Bande: – da lacht ihm Brünnhildes Lust. – Ach! Dieses Auge – ewig nun offen! Ach, dieses Atems wonniges Wehen! Süßes Vergehen, – seliges Grauen! Brünnhild – bietet mir Gruß! – Er sinkt zurück und stirbt. – Regungslose Trauer der Umstehenden. Die Nacht ist hereingebrochen. – Auf die stumme Ermahnung Gunthers erheben die Mannen Siegfrieds Leiche und geleiten sie, mit dem Folgenden, in feierlichem Zuge über die Felsenhöhle langsam von dannen. – Der Mond bricht durch die Wolken und beleuchtet immer heller den die Berghöhe erreichenden Trauerzug. Aus dem Rheine sind Nebel aufgestiegen und erfüllen allmählich die ganze Bühne, auf welcher der Trauerzug bereits unsichtbar geworden ist, bis nach vorn, so daß diese, während des Zwischenspiels, gänzlich verhüllt bleibt. – Die Nebel verteilen sich wieder, bis endlich die Halle der Gibichungen, wie im ersten Aufzuge, immer erkennbarer hervortritt. 3. Szene Dritte Szene Es ist Nacht. Der Mondschein spiegelt sich auf dem Rheine. – Gutrune tritt aus ihrem Gemache in die Halle heraus. War das sein Horn? Sie lauscht. Nein! Noch kehrt er nicht heim. – Schlimme Träume störten mir den Schlaf. Wild wieherte sein Roß; – Lachen Brünnhildes weckte mich auf. – Wer war das Weib, das ich zum Ufer schreiten sah? – Ich fürchte Brünnhild. Ist sie daheim? Sie lauscht an der Türe rechts und ruft. Brünnhild! Brünnhild! Bist du wach? Sie öffnet schüchtern und blickt in das innere Gemach. Leer das Gemach. So war es sie, die ich zum Rheine schreiten sah? – War das sein Horn? – Nein! Öd alles! Sie blickt ängstlich hinaus. Säh ich Siegfried nur bald! – Als Gutrune Hagens Stimme hört, bleibt sie, von Furcht gefesselt, eine Zeitlang unbeweglich stehen. von außen sich nähernd. Hoiho! Hoiho! Wacht auf! Wacht auf! Lichte! Lichte, helle Brände! Jagdbeute bringen wir heim. – Hoiho! Hoiho! – Wachsender Feuerschein von außen. – Hagen tritt in die Halle. Auf, Gutrun! Begrüße Siegfried! Der starke Held, er kehret heim. in großer Angst. Was geschah? Hagen! Nicht hört ich sein Horn! Männer und Frauen, mit Lichtern und Feuerbränden, geleiten in großer Verwirrung den Zug der mit Siegfrieds Leiche Heimkehrenden. Der bleiche Held, nicht bläst er es mehr; nicht stürmt er zur Jagd, zum Streite nicht mehr, noch wirbt er um wonnige Frauen! mit wachsendem Entsetzen. Was bringen die? Der Zug gelangt in die Mitte der Halle, und die Mannen setzen dort die Leiche auf einer schnell errichteten Erhöhung nieder. Eines wilden Ebers Beute: Siegfried, deinen toten Mann. Gutrune schreit auf und stürzt über die Leiche hin. Allgemeine Erschütterung und Trauer. Gunther bemüht sich um die Ohnmächtige. Gutrun, holde Schwester! Hebe dein Auge, – schweige mir nicht! – wieder zu sich kommend. Siegfried – Siegfried – erschlagen! – Sie stößt Gunther heftig zurück. Fort, treuloser Bruder, du Mörder meines Mannes! – O Hilfe! Hilfe! Wehe! Wehe! Sie haben Siegfried erschlagen! Nicht klage wider mich, dort klage wider Hagen. Er ist der verfluchte Eber, der diesen Edlen zerfleischt. Bist du mir gram darum? Angst und Unheil greife dich immer! mit furchtbarem Trotze herantretend. Ja denn! Ich hab ihn erschlagen. Ich – Hagen – schlug ihn zu Tod. – Meinem Speer war er gespart, bei dem er Meineid sprach. – Heiliges Beuterecht hab ich mir nun errungen: – drum fordr' ich hier diesen Ring. Zurück! Was mir verfiel, sollst nimmer du empfahn! Ihr Mannen, richtet mein Recht! Rührst du an Gutrunes Erbe, schamloser Albensohn? zieht sein Schwert. Des Alben Erbe fordert so sein Sohn. Er dringt auf Gunther ein; dieser wehrt sich; sie fechten. Die Mannen werfen sich dazwischen. Gunther fällt von einem Streiche Hagens tot darnieder. Her den Ring! Er greift nach Siegfrieds Hand; diese hebt sich drohend empor. – Gutrune hat bei Gunthers Falle entsetzt aufgeschrien. Alles bleibt in Schauder regungslos gefesselt. Aus dem Hintergrunde schreitet, fest und feierlich, Brünnhilde dem Vordergrunde zu. noch im Hintergrunde. Schweigt eures Jammers jauchzenden Schwall! Das ihr Alle verrietet, zur Rache schreitet sein Weib. – Während sie ruhig weiter vorschreitet. Kinder hört ich greinen nach der Mutter, da süße Milch sie verschüttet: doch nicht erklang mir würdige Klage, des höchsten Helden wert. vom Boden heftig sich aufrichtend. Brünnhilde! Neiderboste! Du brachtest uns diese Not: die du die Männer ihm verhetztest, – weh, daß du dem Haus genaht! Armsel'ge, schweig! Sein Eheweib warst du nie; als Buhlerin bandest du ihn. Sein Mannesgemahl bin ich, der ewige Eide er schwur, eh Siegfried je dich gesah. in jähe Verzweiflung ausbrechend. Verfluchter Hagen! Daß du das Gift mir rietest, das ihr den Gatten entrückt! Ach, Jammer! Wie jäh nun weiß ich's: – Brünnhild war die Traute, die durch den Trank er vergaß! – Sie hat sich voll Scheu von Siegfried abgewendet und beugt sich nun ersterbend über Gunthers Leiche; so verbleibt sie regungslos bis zum Schlusse. Hagen steht, trotzig auf Speer und Schild gelehnt, in finsteres Sinnen versunken auf der entgegengesetzten Seite. – Brünnhilde allein in der Mitte; nachdem sie lange in den Anblick Siegfrieds versunken gewesen, wendet sie sich jetzt, mit feierlicher Erhobenheit, an die Männer und Frauen. zu den Mannen. Starke Scheite schichtet mir dort am Rande des Rheins zu Hauf! Hoch und hell lodre die Glut, die den edlen Leib des hehresten Helden verzehrt. Sein Roß führet daher, daß mit mir dem Recken es folge: denn des Helden heiligste Ehre zu teilen, verlangt mein eigner Leib. Vollbringt Brünnhildes Wort! Die jungen Männer errichten, während des Folgenden, vor der Halle, nahe am Rheinufer, einen mächtigen Scheithaufen: Frauen schmücken diesen dann mit Decken, auf welche sie Kräuter und Blumen streuen. – Brünnhilde versinkt von Neuem in die Betrachtung des Antlitzes der Leiche Siegfrieds. Ihre Mienen nehmen eine immer sanftere Verklärung an. Wie Sonne lauter strahlt mir sein Licht: der Reinste war er, der mich verriet! Die Gattin trügend – treu dem Freunde –, von der eig'nen Trauten – einzig ihm teuer – schied er sich durch sein Schwert. Echter als Er schwur keiner Eide; treuer als Er hielt keiner Verträge; lautrer als Er liebte kein Andrer! Und doch, alle Eide, alle Verträge, – die treueste Liebe – trog keiner wie Er! – Wißt ihr, wie das ward? Nach oben blickend. Oh, ihr, der Eide ewige Hüter! Lenkt euren Blick auf mein blühendes Leid; erschaut eure ewige Schuld! Meine Klage hör, du hehrster Gott! Durch seine tapferste Tat, dir so tauglich erwünscht, – weihtest du den, der sie gewirkt, dem Fluche, dem du verfielest, – mich mußte der Reinste verraten, daß wissend würde ein Weib! – Weiß ich nun, was dir frommt? Alles, Alles, Alles weiß ich, – Alles ward mir nun frei. Auch deine Raben hör ich rauschen; mit bang ersehnter Botschaft. send ich die beiden nun heim. – Ruhe, ruhe, du Gott! Sie winkt den Mannen, Siegfrieds Leiche auf den Scheithaufen zu tragen; zugleich zieht sie von Siegfrieds Finger den Ring ab und betrachtet ihn sinnend. Mein Erbe nun nehm ich zu eigen. – Verfluchter Reif! Furchtbarer Ring! Dein Gold faß ich, und geb es nun fort. Der Wassertiefe weise Schwestern, des Rheines schwimmende Töchter, – euch dank ich redlichen Rat: was ihr begehrt, ich geb es euch: aus meiner Asche nehmt es zu eigen! Das Feuer, das mich verbrennt, rein'ge vom Fluche, den Ring! – Ihr in der Flut, löset ihn auf, und lauter bewahrt das lichte Gold, das euch zum Unheil geraubt. Sie hat den Ring sich angesteckt und wendet sich jetzt zu dem Scheitergerüst, auf dem Siegfrieds Leiche ausgestreckt liegt. Sie entreißt einem Manne den mächtigen Feuerbrand, schwingt diesen und deutet nach dem Hintergrund. Fliegt heim, ihr Raben! Raunt es eurem Herren, was hier am Rhein ihr gehört! An Brünnhildes Felsen fahrt vorbei! Der dort noch lodert, weiset Loge nach Walhall! Denn der Götter Ende dämmert nun auf. So werf ich den Brand in Walhalls prangende Burg. Sie schleudert den Brand in den Holzstoß, welcher sich schnell hell entzündet. Zwei Raben sind vom Felsen am Ufer aufgeflogen und verschwinden nach dem Hintergrunde. – Brünnhilde gewahrt ihr Roß, welches soeben zwei Männer hereinführen. Grane, mein Roß! Sei mir gegrüßt! Sie ist ihm entgegengesprungen, faßt es und entzäumt es schnell; dann neigt sie sich traulich zu ihm. Weißt du auch, mein Freund, wohin ich dich führe? – Im Feuer leuchtend, liegt dort dein Herr, Siegfried, mein seliger Held. Dem Freunde zu folgen, wieherst du freudig? Lockt dich zu ihm die lachende Lohe? Fühl meine Brust auch, wie sie entbrennt, helles Feuer das Herz mir erfaßt, – ihn zu umschlingen, umschlossen von ihm in mächtigster Minne, vermählt ihm zu sein! – Heiajaho! Grane! Grüß deinen Herren! Siegfried! Siegfried! Sieh! Sie hat sich auf das Roß geschwungen und hebt es jetzt zum Sprunge. Selig grüßt dich dein Weib! Sie sprengt das Roß mit einem Satze in den brennenden Scheithaufen. Sogleich prasselt der Brand hoch auf, so daß das Feuer den ganzen Raum vor der Halle erfüllt und diese selbst schon zu ergreifen scheint. Entsetzt drängen sich die Männer und Frauen nach dem äußersten Vordergrunde. Als der ganze Bühnenraum nur noch von Feuer erfüllt erscheint, verlischt plötzlich der Glutschein, so daß bald bloß ein Dampfgewölke zurückbleibt, welches sich dem Hintergrunde zu verzieht und dort am Horizont sich als finstere Wolkenschicht lagert. – Zugleich ist vom Ufer her der Rhein mächtig angeschwollen und hat seine Flut über die Brandstätte gewälzt. Auf den Wogen sind die drei Rheintöchter herbei geschwommen und erscheinen jetzt über der Brandstätte. – Hagen, der seit dem Vorgang mit dem Ringe Brünnhildes Benehmen mit wachsender Angst beobachtet hat, gerät bei dem Anblick der Rheintöchter in höchsten Schreck. – Er wirft hastig Speer, Schild und Helm von sich und stürzt, wie wahnsinnig, sich in die Flut. Zurück vom Ring! Woglinde und Wellgunde umschlingen mit ihren Armen seinen Nacken und ziehen ihn, so zurückschwimmend, mit sich in die Tiefe. Floßhilde, den anderen voran dem Hintergrunde zu schwimmend, hält jubelnd den gewonnenen Ring in die Höhe. Durch die Wolkenschicht, welche sich am Horizont gelagert, bricht ein rötlicher Glutschein mit wachsender Helligkeit aus. Von dieser Helligkeit beleuchtet, sieht man die drei Rheintöchter auf den ruhigeren Wellen des allmählich wieder in sein Bett zurückgetretenen Rheines, lustig mit dem Ringe spielend, im Reigen schwimmen. Aus den Trümmern der zusammengestürzten Halle sehen die Männer und Frauen, in höchster Ergriffenheit, dem wachsenden Feuerscheine am Himmel zu. Als dieser endlich in lichtester Helligkeit leuchtet, erblickt man darin den Saal Walhalls, in welchem die Götter und Helden, ganz nach der Schilderung Waltrautes im ersten Aufzuge, versammelt sitzen. Helle Flammen scheinen in dem Saale der Götter aufzuschlagen. Als die Götter von den Flammen gänzlich verhüllt sind, fällt der Vorhang.