Zweiter Tag Siegfried Schauplatz der Handlung Schauplatz der Handlung Erster Aufzug Wald Zweiter Aufzug Tiefer Wald Dritter Aufzug Wilde Gegend am Fuße eines Felsenberges, dann auf dem Walkürenfelsen Personen Personen Siegfried Mime Der Wandrer Alberich Fafner Erda Brünnhilde Stimme des Waldvogels 1. Akt 1. Szene Erste Szene sitzt am Amboß und hämmert eifrig an einem Schwerte; endlich hält er unmutig ein. Zwangvolle Plage! Müh ohne Zweck! Das beste Schwert, das je ich geschweißt, in der Riesen Fäusten hielte es fest: doch dem ich's geschmiedet, der schmähliche Knabe, er knickt und schmeißt es entzwei, als schüf ich Kindergeschmeid! – Er wirft das Schwert unmutig auf den Amboß, stemmt die Arme ein und blickt sinnend zu Boden. Es gibt ein Schwert, das er nicht zerschwänge; – Nothungs Trümmern zertrotzt er mir nicht: könnt ich die starken Stücken schweißen, die meine Kunst nicht zu kitten weiß! Könnt ich's dem Kühnen schmieden, meiner Schmach erlangt ich da Lohn! – Er sinkt tiefer zurück, das Haupt nachdenklich neigend. Fafner, der wilde Wurm, – lagert im finstren Wald; mit des furchtbaren Leibes Wucht der Niblungen Hort hütet er dort. Siegfrieds kindischer Kraft erläge wohl Fafners Leib: des Niblungen Ring erränge ich mir; – ein Schwert nur taugt zu der Tat, nur Nothung nützt meinem Neid, wenn Siegfried sehrend ihn schwingt. – Und ich kann's nicht schweißen, Nothung das Schwert! Er hat das Schwert wieder zurecht gelegt und hämmert in höchstem Unmute daran weiter. Zwangvolle Plage! Müh ohne Zweck! Das beste Schwert, das je ich geschweißt, nie taugt es je zu der einzigen Tat: – ich tappre und hämmre nur, weil der Knabe es heischt; er knickt und schmeißt es entzwei, und schmählt doch, schmied ich ihm nicht! Er läßt den Hammer fallen. mit jähem Ungestüm aus dem Walde auftretend, treibt einen großen Bären, den er mit einem Bastseile gezäumt, mit lustigem Übermute gegen Mime an. Hoiho! Hoiho! – Hau ein! Hau ein! Friß ihn! Friß ihn, den Fratzenschmied! Lachend. Hahahahahahahahahah ...! Mime entsinkt vor Schreck das Schwert; er flüchtet hinter den Herd. Siegfried treibt ihm den Bären überall nach. Fort mit dem Tier! Was taugt mir der Bär? Zu zwei komm ich, dich besser zu zwicken. Brauner, frag nach dem Schwert! He! Laß das Wild! Dort liegt die Waffe; fertig fegt ich sie heut. So fährst du heute noch heil. Er löst dem Bären den Zaum und gibt ihm damit einen Schlag auf den Rücken. Lauf, Brauner! Dich brauch ich nicht mehr. Der Bär läuft in den Wald zurück. Mime kommt hinter dem Herde hervor. Wohl leid ich's gern, erlegst du Bären; was bringst du lebend die braunen heim? Nach bess'rem Gesellen sucht ich, als daheim mir einer sitzt; im tiefen Walde mein Horn ließ ich hallend da ertönen: ob sich froh mir gesellte ein guter Freund? – Das frug ich mit dem Getön'. Aus dem Busche kam ein Bär, der hörte mir brummend zu; er gefiel mir besser als du, – doch bess're fänd' ich wohl noch! Mit dem zähen Baste zäumt ich ihn da, dich Schelm nach dem Schwerte zu fragen. Er springt auf und geht auf den Amboß zu. nimmt das Schwert auf, um es Siegfried zu reichen. Ich schuf die Waffe scharf, ihrer Schneide wirst du dich freu'n? Er hält das Schwert ängstlich in der Hand fest, das Siegfried ihm heftig entwindet. Was frommt seine helle Schneide, ist der Stahl nicht hart und fest? Das Schwert prüfend. Hei! was ist das für müß'ger Tand! Den schwachen Stift nennst du ein Schwert? Er zerschlägt es auf dem Amboß. Da hast du die Stücken, schändlicher Stümper! Hätt ich am Schädel dir sie zerschlagen! – Soll mich der Prahler länger noch prellen? Schwatzt mir von Riesen und rüstigen Kämpfen, von kühnen Taten und tüchtiger Wehr; will Waffen mir schmieden, Schwerte schaffen; rühmt seine Kunst, als könnt er was rechts: nehm ich zur Hand nun, was er gehämmert, mit einem Griff zergreif ich den Quark! Wär mir nicht schier zu schäbig der Wicht, ich zerschmiedet ihn selbst mit seinem Geschmeid, den alten albernen Alp: – des Ärgers dann hätt ich ein End! Siegfried wirft sich wütend auf eine Steinbank. Mime ist ihm immer vorsichtig ausgewichen. Nun tobst du wieder wie toll! Dein Undank, traun, ist arg! Mach ich dem bösen Buben nicht alles gleich zu best, was ich ihm Gutes schuf, vergißt er gar zu schnell. Willst du denn nie gedenken, was ich dich lehrt vom Danke: dem sollst du willig gehorchen, der je sich wohl dir erwies. Siegfried wendet sich ab, mit dem Gesicht nach der Wand. Das willst du wieder nicht hören! Er steht verlegen; dann geht er in die Küche am Herd. Doch speisen magst du wohl? Vom Spieße bring ich den Braten: versuchtest du gern den Sud? Für dich sott ich ihn gar. Er reicht Siegfried Speisen hin; dieser, ohne sich umzuwenden, schmeißt ihm Topf und Braten aus der Hand. Braten briet ich mir selbst: Deinen Sudel sauf allein! mit kläglich kreischender Stimme. Das ist nun der Liebe schlimmer Lohn! Das der Sorgen schmählicher Sold! Als zullendes Kind zog ich dich auf, wärmte mit Kleidern den kleinen Wurm: Speise und Trank trug ich dir zu, hütete dich wie die eig'ne Haut. Und wie du erwuchsest, wartet ich dein, dein Lager schuf ich, daß leicht du schliefst. Dir schmiedet' ich Tand und ein tönend Horn; dich zu erfreun, müht ich mich froh: mit klugem Rate riet ich dir klug, mit lichtem Wissen lehrt ich dich Witz. Sitz ich daheim in Fleiß und Schweiß, nach Herzenlust jagst du umher. Für dich nur in Plage, in Pein nur für dich, verzehr ich mich alter armer Zwerg! Schluchzend. Und aller Lasten ist das nun mein Lohn, daß der hastige Knabe mich quält Schluchzend. und haßt! Siegfried hat sich wieder umgewendet und ruhig in Mimes Blick geforscht. Mime begegnet Siegfrieds Blick und sucht ihn scheu zu bergen. Vieles lehrtest du, Mime, und manches lernt ich von dir, doch was du am liebsten mich lehrtest, zu lernen gelang mir's nie: – wie ich dich leiden könnt! Trägst du mir Trank und Speise herbei, – der Ekel speist mich allein. Schaffst du ein leichtes Lager zum Schlaf, – der Schlummer wird mir da schwer. Willst du mich weisen witzig zu sein, – gern bleib ich taub und dumm. Seh ich dir erst mit den Augen zu, zu übel erkenn ich, was alles du tust! Seh ich dich stehn, gangeln und gehn, knicken und nicken, mit den Augen zwicken – beim Genick möcht ich den Nicker packen, den Garaus geben dem garst'gen Zwicker! – So lernt ich, Mime, dich leiden. – Bist du nun weise, so hilf mir wissen worüber umsonst ich sann: – in den Wald lauf ich, dich zu verlassen; – wie kommt das, kehr ich zurück? Alle Tiere sind mir teurer als du, Baum und Vogel, die Fische im Bach, lieber mag ich sie leiden als dich: – wie kommt das nun, kehr ich zurück? Bist du klug, so tu mir's kund. sucht sich ihm traulich zu nähern. Mein Kind, das lehrt dich kennen, wie lieb ich am Herzen dir lieg. Ich kann dich ja nicht leiden: – vergiß das nicht so leicht! fährt zurück und setzt sich weiter abseits, Siegfried gegenüber. Des ist deine Wildheit schuld, die du Böser bänd'gen sollst! – Jammernd verlangen Junge nach ihrer Alten Nest: Liebe ist das Verlangen; – so lechzest du auch nach mir, so liebst du auch deinen Mime –, so mußt du ihn lieben! Was dem Vöglein ist der Vogel, wenn er im Nest es hegt – eh das flügge mag fliegen, das ist dir kind'schem Sproß der kundig sorgende Mime, – das muß er dir sein! Ei, Mime! bist du so witzig, so laß mich eines noch wissen. – Es sangen die Vöglein so selig im Lenz, das eine lockte das andre; – du sagtest selbst, da ich's wissen wollt, – das wären Männchen und Weibchen: sie kosten so lieblich, und ließen sich nicht, sie bauten ein Nest, und brüteten drin; da flatterte junges Geflügel auf, und beide pflegten der Brut. So ruhten im Busch auch Rehe gepaart, selbst wilde Füchse und Wölfe; Nahrung brachte zum Neste das Männchen; das Weibchen säugte die Welpen: – da lernt ich wohl was Liebe sei, der Mutter entwandt' ich die Welpen nie. Wo hast du nun, Mime, dein minniges Weibchen, daß ich es Mutter nenne? ärgerlich. Was ist dir Tor? Ach, bist du dumm! Bist doch weder Vogel noch Fuchs? Das zullende Kind zogest du auf, wärmtest mit Kleidern den kleinen Wurm: – wie kam dir aber der kindische Wurm? Du machtest wohl gar ohne Mutter mich? Glauben sollst du, was ich dir sage: ich bin dir Vater und Mutter zugleich. Das lügst du, garstiger Gauch! Wie die Jungen den Alten gleichen, das hab ich mir glücklich ersehn. Nun kam ich zum klaren Bach: da erspäht ich die Bäum' und Tier im Spiegel; Sonn und Wolken, wie sie nur sind, im Glitzer erschienen sie gleich. Da sah ich denn auch mein eigen Bild: – ganz anders als du dünkt ich mir da; so glich wohl der Kröte der glänzende Fisch, doch kroch nie der Fisch aus der Kröte! Greulichen Unsinn kramst du da aus! Siehst du! Nun fällt auch selbst mir ein, was zuvor umsonst ich besann: wenn zum Wald ich laufe, dich zu verlassen, wie das kommt, kehr ich doch heim? Von dir erst muß ich erfahren, wer Vater und Mutter mir sei! Er springt auf Mime los und faßt ihn bei der Kehle. weicht ihm aus. Was Vater! Was Mutter! Müßige Frage! So muß ich dich fassen, um was zu wissen; gutwillig erfahr ich doch nichts! So mußt ich Alles ab dir trotzen: kaum das Reden hätt ich erraten, entwandt ich's mit Gewalt nicht dem Schuft! – Heraus damit, räudiger Kerl! Wer ist mir Vater und Mutter? Ans Leben gehst du mir schier! Nun laß! Was zu wissen dich geizt, erfahr es, ganz wie ich's weiß. O undankbares, arges Kind, jetzt hör, wofür du mich hassest! Nicht bin ich Vater noch Vetter dir, und dennoch verdankst du mir dich; ganz fremd bist du mir, dem einzigen Freund; aus Erbarmen allein barg ich dich hier: nun hab ich lieblichen Lohn! Was verhofft ich Tor mir auch Dank! – Einst lag wimmernd ein Weib da draußen im wilden Wald; zur Höhle half ich ihr her, am warmen Herd sie zu hüten. Ein Kind trug sie im Schoße, traurig gebar sie's hier; sie wand sich hin und her, – ich half so gut ich könnt': – groß war die Not! Sie starb: – doch Siegfried, der genas. So starb meine Mutter an mir? Meinem Schutz übergab sie dich; ich schenkt ihn gern dem Kind. Was hat sich Mime gemüht, was gab sich der gute für Not! »Als zullendes Kind zog ich dich auf« – Mich dünkt, des gedachtest du schon! Jetzt sag, woher heiß ich »Siegfried«? So hieß mich die Mutter: möcht ich dich heißen; als »Siegfried« würdest du stark und schön. »Ich wärmte mit Kleidern den kleinen Wurm« – Nun melde, wie hieß meine Mutter? Das weiß ich wahrlich kaum! – »Speise und Trank trug ich dir zu« – Den Namen sollst du mir nennen! Entfiel er mir wohl? Doch halt! Sieglinde mochte die heißen, die dich in Sorge mir gab: – »ich hütete dich wie die eig'ne Haut« – immer drängender. Dann frag ich, wie hieß mein Vater? Den hab ich nie gesehn! Doch die Mutter nannte den Namen? Erschlagen sei er, – das sagte sie nur: – dich Vaterlosen befahl sie mir da. »Und wie du erwuchsest, wartet' ich dein', dein Lager schuf ich, daß leicht du schliefst.« Still mit dem alten Starenlied! Soll ich der Kunde glauben, hast du mir nichts gelogen, so laß mich Zeichen sehn! Was soll dir's noch bezeugen? Dir glaub ich nicht mit dem Ohr, dir glaub ich nur mit dem Aug: welch Zeichen zeugt für dich? holt nach einigem Besinnen die zwei Stücken eines zerschlagenen Schwertes herbei. Das gab mir deine Mutter; für Mühe, Kost und Pflege ließ sie's als schwachen Lohn: sieh her, ein zerbrochnes Schwert; dein Vater, sagte sie, führt es, als im letzten Kampf er erlag. begeistert. Und diese Stücken sollst du mir schmieden: dann schwing ich mein rechtes Schwert! Auf! Eile dich, Mime! Mühe dich rasch! Kannst du was Rechts, nun zeig deine Kunst: täusche mich nicht mit schlechtem Tand! Den Trümmern allein trau ich was zu! Find ich dich faul, fügst du ihn schlecht, flickst du mit Flausen den festen Stahl: dir Feigem fahr ich zu Leib; das Fegen lernst du von mir! Denn heute noch, schwör ich, will ich das Schwert, die Waffe gewinn ich noch heut! ängstlich. Was willst du noch heut mit dem Schwert? Aus dem Wald fort in die Welt ziehn, nimmer kehr ich zurück! Wie ich froh bin, daß ich frei ward, nichts mich bindet und zwingt! Mein Vater bist du nicht, in der Ferne bin ich heim; dein Herd ist nicht mein Haus, meine Decke nicht dein Dach: wie der Fisch froh in der Flut schwimmt, wie der Fink frei sich davon schwingt, flieg ich von hier, flute davon, wie der Wind übern Wald weh ich dahin, –: dich, Mime, nie wieder zu sehn! Er läuft in den Wald. Halte! Halte! Halte! Wohin? He! Siegfried! Siegfried! He! Er sieht dem Fortstürmenden eine Weile staunend nach; dann kehrt er in die Schmiede zurück und setzt sich hinter den Amboß. Da stürmt er hin! Nun sitz ich da; – zur alten Not hab ich die neue: – vernagelt bin ich nun ganz! Wie helf ich mir jetzt? Wie halt ich ihn fest? Wie führ ich den Huien zu Fafners Nest? Wie füg ich die Stücken des tückischen Stahls? Keines Ofens Glut glüht mir die echten; keines Zwergen Hammer zwingt mir die harten! Grell. Des Niblungen Neid, Not und Schweiß, nietet mir Nothung nicht, schweißt mir das Schwert nicht zu ganz! 2. Szene Zweite Szene Der Wanderer (Wotan) tritt aus dem Wald an das hintere Tor der Höhle. Er trägt einen dunkelblauen langen Mantel; einen Speer führt er als Stab. Auf dem Haupt hat er einen breiten runden Hut mit herabhängender Krempe. Heil dir, weiser Schmied! Dem wegmüden Gast gönne hold des Hauses Herd! erschrocken auffahrend. Wer ist's, der im wilden Walde mich sucht? Wer verfolgt mich im öden Forst? sehr langsam, immer nur um einen Schritt, sich nähernd. »Wandrer« heißt mich die Welt; weit wandert ich schon: auf der Erde Rücken rührt ich mich viel! So rühre dich fort und raste nicht hier, – nennt dich »Wandrer« die Welt! Gastlich ruht ich bei Guten, Gaben gönnten Viele mir, denn Unheil fürchtet, wer unhold ist. Unheil wohnte immer bei mir; willst du dem Armen es mehren? langsam immer näher schreitend. Viel erforscht ich, erkannte viel; wicht'ges konnt ich manchem künden, manchem wehren, was ihn mühte, nagende Herzensnot. Spürtest du klug, und erspähtest du viel, hier brauch ich nicht Spürer noch Späher. Einsam will ich und einzeln sein: Lungerern laß ich den Lauf. wieder etwas näher tretend. Mancher wähnte weise zu sein; nur was ihm not tat wußte er nicht: was ihm frommte, ließ ich erfragen: lohnend lehrt ihn mein Wort. immer ängstlicher, da er den Wanderer näher sieht. Müß'ges Wissen wahren Manche; ich weiß mir grade genug: Wanderer vollends bis an den Herd vorschreitend. mir genügt mein Witz; ich will nicht mehr! Dir Weisem weis ich den Weg! am Herd sich setzend. Hier sitz ich am Herd, und setze mein Haupt der Wissens-Wette zum Pfand. – Mein Kopf ist dein, du hast ihn erkiest, erfrägst du dir nicht, was dir frommt, lös ich's mit Lehren nicht ein. der zuletzt den Wanderer mit offenem Munde angestarrt hat, schrickt jetzt zusammen. Kleinmütig für sich. Wie werd ich den Lauernden los? – Verfänglich muß ich ihn fragen. – Er ermannt sich wie zur Strenge. Dein Haupt pfänd ich für den Herd: nun sorg es sinnig zu lösen! Drei der Fragen stell ich mir frei. Dreimal muß ich's treffen. – sammelt sich zum Nachdenken. Du rührtest dich viel auf der Erde Rücken, die Welt durchwandertest weit; – nun sage mir schlau: welches Geschlecht tagt in der Erde Tiefe? In der Erde Tiefe tagen die Nibelungen; Nibelheim ist ihr Land; Schwarzalben sind sie; Schwarz-Alberich hütet' als Herrscher sie einst. Eines Zauberringes zwingende Kraft zähmt' ihm das fleißige Volk; reicher Schätze schimmernden Hort häuften sie ihm: der sollte die Welt ihm gewinnen. – Zum zweiten, was frägst du, Zwerg? versinkt in immer tieferes Nachsinnen. Viel, Wanderer, weißt du mir aus der Erde Nabelnest. Nun sage mir schlicht: welches Geschlecht wohnt auf der Erde Rücken? Auf der Erde Rücken wuchtet der Riesen Geschlecht: Riesenheim ist ihr Land. Fasolt und Fafner, der Rauhen Fürsten, neideten Nibelungs Macht; den gewaltigen Hort gewannen sie sich, errangen mit ihm den Ring, Um den entbrannte den Brüdern Streit: der Fasolt fällte, als wilder Wurm hütet nun Fafner den Hort. Die dritte Frage nun droht. ganz entrückt und nachsinnend. Viel, Wanderer, weißt du mir von der Erde rauhem Rücken. Nun sage mir wahr, welches Geschlecht wohnt auf wolkigen Höhn? Auf wolkigen Höhn wohnen die Götter: Walhall heißt ihr Saal. Lichtalben sind sie; Licht-Alberich, Wotan, waltet der Schar. Aus der Weltesche weihlichstem Aste schuf er sich einen Schaft: dorrt der Stamm, nie verdirbt doch der Speer; mit seiner Spitze sperrt Wotan die Welt. Heil'ger Verträge Treue-Runen schnitt in den Schaft er ein. Den Haft der Welt hält in der Hand, wer den Speer führt, den Wotans Faust umspannt: ihm neigte sich der Niblungen Heer; der Riesen Gezücht zähmte sein Rat: ewig gehorchen sie alle des Speeres starkem Herrn. Er stößt wie unwillkürlich mit dem Speer auf den Boden, wovon Mime heftig erschrickt. Nun rede, weiser Zwerg! Wußt ich der Fragen Rat? Behalte mein Haupt ich frei? nachdem er den Wanderer mit dem Speer aufmerksam beobachtet hat, gerät nun in große Angst, sucht verwirrt nach Gerätschaften und blickt scheu zur Seite. Fragen und Haupt hast du gelöst: nun, Wandrer, geh deines Wegs! Was zu wissen dir frommt, solltest du fragen: Kunde verbürgte mein Kopf. Daß du nun nicht weißt, was dir frommt, des faß ich jetzt deines als Pfand. – Gastlich nicht galt mir dein Gruß; mein Haupt gab ich in deine Hand, um mich des Herdes zu freun. Nach Wettens Pflicht pfänd ich nun dich, lösest du drei der Fragen nicht leicht. Drum frische dir, Mime, den Mut! sehr schüchtern und zögernd, endlich in furchtsamer Ergebung sich fassend. Lang schon mied ich mein Heimatland, lang schon schied ich aus der Mutter Schoß: Verstohlen zum Wandrer ein wenig aufblickend. mir leuchtete Wotans Auge, zur Höhle lugt er herein: vor ihm magert mein Mutterwitz. Doch frommt mir nun weise zu sein, – Wandrer, frage denn zu! Vielleicht glückt mir's – gezwungen – zu lösen des Zwergen Haupt. – wieder gemächlicher sich niederlassend. Nun ehrlicher Zwerg! Sag mir zum ersten! Welches ist das Geschlecht, dem Wotan schlimm sich zeigte, Sehr leise, doch vernehmbar. und das doch das liebste ihm lebt? sich ermunternd. Wenig hört ich von Heldensippen; der Frage doch mach ich mich frei. – Die Wälsungen sind das Wunschgeschlecht, das Wotan zeugte, und zärtlich liebte, zeigt er auch Ungunst ihm. Siegmund und Sieglind' stammten von Wälse, ein wild verzweifeltes Zwillingspaar: Siegfried zeugten sie selbst, den stärksten Wälsungensproß. – Behalt ich, Wandrer, zum ersten mein Haupt? gemütlich. Wie doch genau das Geschlecht du mir nennst! Schlau eracht ich dich Argen. – Der ersten Frage wardst du frei; zum Zweiten nun sag mir, Zwerg! Ein weiser Niblung wahret Siegfried; Fafnern soll er ihm fällen, daß den Ring er erränge, des Hortes Herrscher zu sein. Welches Schwert muß Siegfried nun schwingen, taug' es zu Fafners Tod? seine gegenwärtige Lage immer mehr vergessend, reibt sich vergnügt die Hände. Nothung heißt ein neidliches Schwert; in einer Esche Stamm stieß es Wotan: dem sollt es geziemen, der aus dem Stamm es zög. Der stärksten Helden keiner bestand's; Siegmund der kühne konnt's allein: fechtend führt er's im Streit, bis an Wotans Speer es zersprang. Nun verwahrt die Stücken ein weiser Schmied; denn er weiß, daß allein mit dem Wotans-Schwert ein kühnes, dummes Kind, Siegfried, den Wurm versehrt. Behalt ich Zwerg auch zweitens mein Haupt? lachend. Haha, haha, hahahaha! Der Witzigste bist du unter den Weisen, wer käm dir an Klugheit gleich? Doch bist du so klug, den kindischen Helden für Zwergenzwecke zu nützen, – mit der dritten Frage droh ich nun. Sag mir, du weiser Waffenschmied: wer wird aus den starken Stücken Nothung, das Schwert, wohl schweißen? fährt im höchsten Schrecken auf. Die Stücken! Das Schwert! Kreischend. O weh, mir schwindelt! Was fang ich an? Was fällt mir ein? Verfluchter Stahl! Daß ich dich gestohlen! Er hat mich vernagelt in Pein und Not! Mir bleibt er hart, ich kann ihn nicht hämmern; Niet und Löte läßt mich im Stich! Er wirft wie sinnlos sein Gerät durcheinander und bricht in helle Verzweiflung aus. Der weiseste Schmied weiß sich nicht Rat! Wer schweißt nun das Schwert, schaff ich es nicht? Das Wunder, wie soll ich's wissen! ist ruhig vom Herd aufgestanden. Dreimal solltest du fragen, dreimal stand ich dir frei: – nach eitlen Fernen forschtest du; doch was zunächst dir sich fand, was dir nützt, fiel dir nicht ein; nun ich's errate, wirst du verrückt: gewonnen hab ich das witzige Haupt! – Jetzt, Fafners kühner Bezwinger, hör, verfallner Zwerg! »Nur wer das Fürchten nie erfuhr, schmiedet Nothung neu.« Mime starrt ihn groß an; er wendet sich zum Fortgang. Dein weises Haupt wahre von heut – verfallen laß ich es dem, der das Fürchten nicht gelernt. Er wendet sich lächelnd ab und verschwindet schnell im Walde. Mime ist wie vernichtet auf den Schemel zurückgesunken. 3. Szene Dritte Szene stiert, grad vor sich aus, in den sonnig beleuchteten Wald hinein und gerät zunehmend in heftiges Zittern. Verfluchtes Licht! Was flammt dort die Luft? Was flackert und lackert – was flimmert und schwirrt, – was schwebt dort und webt, und wabert umher? Dort glimmert's und glitzt's in der Sonne Glut? Was säuselt und summt, und saust nun gar? Es brummt und braust, – und prasselt hieher! Dort bricht's durch den Wald, will auf mich zu! Er bäumt sich vor Entsetzen auf. Ein gräßlicher Rachen reißt sich mir auf: der Wurm will mich fangen! – Fafner! Fafner! Er sinkt schreiend hinter dem Amboß zusammen. bricht aus dem Waldgesträuch hervor und ruft noch hinter der Szene, während man seine Bewegung an dem zerkrachenden Gezweige des Gesträuches gewahrt. Heda! Du Fauler! Bist du nun fertig? Er tritt in die Höhle herein. Schnell, wie steht's mit dem Schwert? Er hält verwundert an. Wo steckt der Schmied? Stahl er sich fort? – Hehe! Mime, du Memme! Wo bist du? Wo birgst du dich? mit schwacher Stimme hinter dem Amboß. Bist du es, Kind? Kommst du allein? lachend. Hinter dem Amboß? Sag, was schufest du dort? Schärftest du mir das Schwert? höchst verstört und zerstreut hervorkommend. Das Schwert? Das Schwert? Wie möcht ich's schweißen? Halb für sich. »Nur wer das Fürchten nie erfuhr, schmiedet Nothung neu.« – Zu weise ward ich für solches Werk. heftig. Wirst du mir reden? Soll ich dir raten? wie zuvor. Wo nähm ich redlichen Rat? Mein weises Haupt hab ich verwettet: Vor sich hin starrend. verfallen, verlor ich's an den, der das Fürchten nicht gelernt! – ungestüm. Sind mir das Flausen? Willst du mir flieh'n? Wohl floh ich dem, der's Fürchten kennt! Doch das ließ ich dem Kinde zu lehren; ich Dummer vergaß, was einzig gut. Liebe zu mir sollt er lernen; das gelang nun leider faul! – Wie bring ich das Fürchten ihm bei? He! Muß ich helfen? Was fegtest du heut? Um dich nur besorgt, versank ich in Sinnen, wie ich dich wichtiges wiese. lachend. Bis unter den Sitz warst du versunken: Was wichtiges fandest du da? sich immer mehr fassend. Das Fürchten lernt ich für dich, daß ich's dich Dummen lehre. mit ruhiger Verwunderung. Was ist's mit dem Fürchten? Erfuhrst du's noch nie, und willst aus dem Wald doch fort in die Welt? Was frommte das festeste Schwert, blieb dir das Fürchten fern. ungeduldig. Faulen Rat erfindest du wohl. immer zutraulicher Siegfried näher tretend. Deiner Mutter Rat redet aus mir, was ich gelobte, muß ich nun lösen: in die listige Welt dich nicht zu entlassen, eh du nicht das Fürchten gelernt. – heftig. Ist's eine Kunst, was kenn ich sie nicht? Heraus! Was ist's mit dem Fürchten? Fühltest du nie im finstren Wald, bei Dämmerschein am dunklen Ort, wenn fern es säuselt, summst und saust, wildes Brummen näher braust: wirres Flackern um dich flimmert, – schwellend Schwirren zu Leib dir schwebt: – Zitternd. fühltest du dann nicht grieselnd Grausen die Glieder dir fahren? Bebend. Glühender Schauer schüttelt die Glieder, in der Brust, bebend und bang, berstet hämmernd das Herz? Fühltest du das noch nicht, das Fürchten blieb dir noch fremd. – nachsinnend. Sonderlich seltsam muß das sein! Hart und fest, fühl ich, steht mir das Herz. Das Grieseln und Grausen, Das Glühen und Schauern, Hitzen und Schwindeln, Hämmern und Beben: gern begehr ich das Bangen, sehnend verlangt mich der Lust! – Doch wie bringst du, Mime, mir's bei? Wie wärst du Memme mir Meister? Folge mir nur, ich führe dich wohl: sinnend fand ich es aus. Ich weiß einen schlimmen Wurm, der würgt und schlang schon viel: Fafner lehrt dich das Fürchten, folgst du mir zu seinem Nest. Wo liegt er im Nest? Neidhöhle wird es genannt: im Ost, am Ende des Walds. Dann wär's nicht weit von der Welt? Bei Neidhöhle liegt sie ganz nah. Dahin denn sollst du mich führen: lernt ich das Fürchten, dann fort in die Welt! Drum schnell! Schaffe das Schwert: in der Welt will ich es schwingen. Das Schwert? O Not! Rasch in die Schmiede! Weis', was du schufst! Verfluchter Stahl! Zu flicken versteh ich ihn nicht: den zähen Zauber bezwingt keines Zwergen Kraft. Wer das Fürchten nicht kennt, der fänd wohl eher die Kunst. Feine Finten weiß mir der Faule; daß er ein Stümper, soll er gestehn: nun lügt er sich listig heraus! Her mit den Stücken, fort mit dem Stümper! Auf den Herd zuschreitend. Des Vaters Stahl fügt sich wohl mir: ich selbst schweiße das Schwert. Er macht sich, Mimes Gerät durcheinander werfend, mit Ungestüm an die Arbeit. Hättest du fleißig die Kunst gepflegt, Jetzt käm dir's wahrlich zu gut: doch lässig warst du stets in der Lehr, was willst du rechtes nun rüsten? Was der Meister nicht kann, vermocht es der Knabe, hätt er ihm immer gehorcht? Er dreht ihm eine Nase. Jetzt mach dich fort; misch dich nicht drein, sonst fällst du mir mit ins Feuer! Er hat eine große Menge Kohlen auf den Herd aufgehäuft und unterhält in einem fort die Glut, während er die Schwertstücke in den Schraubstock einspannt und sie zu Spänen zerfeilt. der sich etwas abseits niedergesetzt hat und Siegfried bei der Arbeit zusieht. Was machst du denn da? Nimm doch die Löte; den Brei braut ich schon längst. Fort mit dem Brei, ich brauch ihn nicht; mit Bappe back ich kein Schwert! Du zerfeilst die Feile, – zerreibst die Raspel! Wie willst du den Stahl zerstampfen? Zersponnen muß ich in Späne ihn sehn: was entzwei ist, zwing ich mir so. Er feilt mit großem Eifer fort. für sich. Hier hilft kein Kluger, das seh ich klar; hier hilft dem Dummen die Dummheit allein. – Wie er sich rührt, und mächtig regt! Ihm schwindet der Stahl, doch wird ihm nicht schwül! – Siegfried hat das Herdfeuer zur hellsten Glut angefacht. Nun ward ich so alt wie Höhl und Wald, und hab nicht so was gesehn! – Während Siegfried mit ungestümem Eifer fortfährt, die Schwertstücken zu zerfeilen, setzt sich Mime noch mehr bei Seite. Mit dem Schwert gelingt's; das lern ich wohl: furchtlos fegt er's zu ganz. Der Wandrer wußt es gut. – Wie berg ich nun mein banges Haupt? Dem kühnen Knaben verfiel's, lehrt ihn nicht Fafner die Furcht! Mit wachsender Unruhe aufspringend und sich bewegend. Doch weh mir Armen! Wie würgt er den Wurm, erführ er das Fürchten von ihm? Wie erräng ich mir den Ring? Verfluchte Klemme! Da klebt ich fest, fänd ich nicht klugen Rat, wie den Furchtlosen selbst ich bezwäng. – hat nun die Stücken zerfeilt und in einem Schmelztiegel gefangen, den er jetzt in die Herdglut stellt. He, Mime! Geschwind! Wie heißt das Schwert, das ich in Späne zersponnen? fährt zusammen und wendet sich zu Siegfried. Nothung nennt sich das neidliche Schwert: deine Mutter gab mir die Mär. nährt unter dem folgenden Gesange die Glut mit dem Blasebalg. Nothung! Nothung! Neidliches Schwert! Was mußtest du zerspringen? – Zu Spreu nun schuf ich die scharfe Pracht, im Tiegel brat ich die Späne. – Hoho! Hoho! Hahei! Hahei! Hoho! Blase, Balg! Blase die Glut! Wild im Walde wuchs ein Baum, den hab ich im Forst gefällt: die braune Esche brannt ich zur Kohl, auf dem Herd nun liegt sie gehäuft. Hoho! Hoho! Hahei! Hahei! Hoho! Blase, Balg! Blase die Glut! Des Baumes Kohle, wie brennt sie kühn; wie glüht sie hell und hehr! In springenden Funken sprühet sie auf: hahei, hoho, hahei! zerschmilzt mir des Stahles Spreu. Hoho! Hoho! Hahei! Hahei! Hoho! Blase, Balg! Blase die Gut! immer für sich, entfernt sitzend. Er schmiedet das Schwert, und Fafner fällt er: das seh ich nun deutlich voraus. Hort und Ring erringt er im Harst: – wie erwerb ich mir den Gewinn? Mit Witz und List gewinn ich beides, und berge heil mein Haupt. nochmals am Blasebalg. Hoho! Hoho! Hoho! Hahei! Hahei! im Vordergrunde, für sich. Rang er sich müd mit dem Wurm, von der Müh erlab ihn ein Trunk: aus würz'gen Säften, die ich gesammelt, brau ich den Trank für ihn; wenig Tropfen nur braucht er zu trinken, sinnlos sinkt er in Schlaf. Mit der eig'nen Waffe, die er sich gewonnen, räum ich ihn leicht aus dem Weg, erlange mir Ring und Hort. Er reibt sich vergnügt die Hände. Hei, weiser Wandrer! Dünkt ich dich dumm? Wie gefällt dir nun mein feiner Witz? Fand ich mir wohl Rat und Ruh? Nothung! Nothung! Neidliches Schwert! Nun schmolz deines Stahles Spreu! Im eig'nen Schweiße schwimmst du nun. Er gießt den glühenden Inhalt des Tiegels in eine Stangenform und hält diese in die Höhe. Bald schwing' ich dich als mein Schwert! Er stößt die gefüllte Stangenform in den Wassereimer. Dampf und lautes Gezisch der Kühlung erfolgen In das Wasser floß ein Feuerfluß: grimmiger Zorn zischt ihm da auf! Wie sehrend er floß, in des Wassers Flut fließt er nicht mehr. Starr ward er und steif, herrisch der harte Stahl: heißes Blut doch fließt ihm bald. Er stößt den Stahl in die Herdglut und zieht die Blasebälge wieder mächtig an. Nun schwitze noch einmal, daß ich dich schweiße! Nothung, neidliches Schwert! Mime ist vergnügt aufgesprungen; er holt verschiedene Gefäße hervor, schüttet aus ihnen Gewürz und Kräuter in einen Kochtopf und sucht diesen auf dem Herde anzubringen. Siegfried beobachtet während der Arbeit Mime, welcher vom andren Ende des Herdes her seinen Topf sorgsam an die Glut stellt. Was schafft der Tölpel dort mit dem Topf? Brenn ich hier Stahl, braust du dort Sudel? Zu Schanden kam ein Schmied; den Lehrer sein Knabe lehrt: mit der Kunst nun ist's beim Alten aus, als Koch dient er dem Kind. Brennt es das Eisen zu Brei, aus Eiern braut der Alte ihm Sud. Er fährt fort zu kochen. Mime, der Künstler, lernt jetzt kochen; das Schmieden schmeckt ihm nicht mehr. Seine Schwerter alle hab ich zerschmissen: was er kocht, ich kost es ihm nicht! Unter dem Folgenden zieht Siegfried die Stangenform aus der Glut, zerschlägt sie und legt den glühenden Stahl auf dem Amboß zurecht. Das Fürchten zu lernen will er mich führen, ein Ferner soll es mich lehren: was am besten er kann, mir bringt er's nicht bei: als Stümper besteht er in allem! Während des Schmiedens. Hoho! Hoho! Hahei! Schmiede, mein Hammer, ein hartes Schwert! Hoho! Hahei! Hoho! Hahei! Einst färbte Blut dein falbes Blau, sein rotes Rieseln rötete dich; kalt lachtest du da, das warme lecktest du kühl! Heiaho! Haha! Haheiaha! Nun hat die Glut dich rot geglüht; deine weiche Härte dem Hammer weicht: zornig sprühst du mir Funken, daß ich dich Spröden gezähmt. Heiaho! Heiaho! Heiahohohohoho! Hahei! Hahei! Hahei! bei Seite. Er schafft sich ein scharfes Schwert, Fafner zu fällen, der Zwerge Feind; ich braut ein Truggetränk, Siegfried zu fangen, dem Fafner fiel. Gelingen muß mir die List; lachen muß mir der Lohn! – Er beschäftigt sich während des Folgenden damit, den Inhalt des Topfes in eine Flasche zu gießen. Hoho! Hoho! Hoho! Hahei! Schmiede, mein Hammer, ein hartes Schwert! Hoho! Hahei! Hoho! Hahei! Der frohen Funken wie freu ich mich; es ziert den Kühnen des Zornes Kraft. Lustig lachst du mich an, stellst du auch grimm dich und gram! Heiaho, haha, haheiaha! – Durch Glut und Hammer glückt es mir; mit starken Schlägen streckt ich dich: nun schwinde die rote Scham, werde kalt und hart, wie du kannst. Heiaho! Heiaho! Heiahohohohoho! Heiah! Er schwingt den Stahl und stößt ihn in den Wassereimer. Er lacht bei dem Gezisch laut auf. Während Siegfried die geschmiedete Schwertklinge in dem Griffheft befestigt, treibt sich Mime mit der Flasche im Vordergrund umher. Den der Bruder schuf, den schimmernden Reif, in den er gezaubert zwingende Kraft, das helle Gold, das zum Herrscher macht, ihn hab ich gewonnen, ich walte sein! Er trippelt, während Siegfried mit dem kleinen Hammer arbeitet, feilt und schleift, mit zunehmender Vergnügtheit lebhaft umher. Alberich selbst, der einst mich band, zur Zwergenfrone zwing ich ihn nun; als Niblungenfürst fahr ich darnieder, gehorchen soll mir alles Heer. Der verachtete Zwerg, wie wird er geehrt! Zu dem Horte hin drängt sich Gott und Held. Mit immer lebhafteren Gebärden. Vor meinem Nicken neigt sich die Welt; vor meinem Zorne zittert sie hin! Dann wahrlich müht sich Mime nicht mehr: – ihm schaffen Andre den ewigen Schatz. Mime, der kühne, Mime ist König, Fürst der Alben, Walter des Alls! Hei! Mime, wie glückte dir das! Wer hätte wohl das gedacht! glättet mit den letzten Schlägen die Nieten des Griffheftes und faßt das Schwert nun. Nothung! Nothung! Neidliches Schwert! Jetzt haftest du wieder im Heft. Warst du entzwei, ich zwang dich zu ganz; kein Schlag soll nun dich mehr zerschlagen. Dem sterbenden Vater zersprang der Stahl; der lebende Sohn schuf ihn neu: nun lacht ihm sein heller Schein, seine Schärfe schneidet ihm hart. Das Schwert vor sich schwingend. Nothung! Nothung! Neidliches Schwert! Zum Leben weckt ich dich wieder. Tot lagst du in Trümmern dort, jetzt leuchtest du trotzig und hehr. Zeige den Schächern nun deinen Schein! Schlage den Falschen, fälle den Schelm! Schau, Mime, du Schmied: – Er holt mit dem Schwerte aus. So schneidet Siegfrieds Schwert! Er schlägt auf den Amboß, welchen er, von oben bis unten, in zwei Stücken zerspaltet, so daß er unter großem Gepolter aus einander fällt. Mime, welcher in höchster Verzückung sich auf einen Schemel geschwungen hatte, fällt vor Schreck sitzlings zu Boden. Siegfried hält jauchzend das Schwert in die Höhe. 2. Akt 1. Szene Erste Szene an der Felswand gelagert, düster brütend. In Wald und Nacht vor Neidhöhl halt ich Wacht: es lauscht mein Ohr, mühvoll lugt mein Aug. – Banger Tag, bebst du schon auf? Dämmerst du dort, durch das Dunkel auf? Aus dem Walde von rechts her erhebt sich Sturmwind; ein bläulicher Glanz leuchtet von eben daher. Welcher Glanz glitzert dort auf? – Näher schimmert ein heller Schein: – es rennt wie ein leuchtendes Roß, bricht durch den Wald brausend daher? – Naht schon des Wurmes Würger? Ist's schon, der Fafner fällt? – Der Sturmwind legt sich wieder. Der Glanz verlischt. Das Licht erlischt, – der Glanz barg sich dem Blick: Nacht ist's wieder. – Der Wanderer tritt aus dem Walde auf und hält Alberich gegenüber an. Wer naht dort schimmernd im Schatten? Zur Neidhöhle fuhr ich bei Nacht: wen gewahr ich im Dunkel dort? Wie aus einem plötzlich zerreißenden Gewölk bricht Mondschein herein und beleuchtet des Wanderers Gestalt. erkennt den Wanderer, fährt zuerst erschrocken zurück, bricht aber sogleich in höchste Wut gegen ihn aus. Du selbst läßt dich hier sehn? Was willst du hier? Fort, aus dem Weg! Von dannen, schamloser Dieb! ruhig. Schwarzalberich, schweifst du hier? Hütest du Fafners Haus? Jagst du auf neue Neidtat umher? Weile nicht hier, weiche von hinnen! Genug des Truges tränkte die Stätte mit Not; drum, du Frecher, laß sie jetzt frei! Zu schauen kam ich, nicht zu schaffen: wer wehrte mir Wandrers Fahrt? Du Rat wütender Ränke! War ich dir zulieb doch noch dumm wie damals, als du mich Blöden bandest: wie leicht geriet es, den Ring mir nochmals zu rauben? – Hab Acht! Deine Kunst kenne ich wohl; – doch wo du schwach bist, blieb mir auch nicht verschwiegen: – mit meinen Schätzen zahltest du Schulden, mein Ring zahlte der Riesen Müh', die deine Burg dir gebaut. Was mit den Trotz'gen einst zu vertragen, des Runen wahrt noch heut deines Speeres herrischer Schaft: nicht du darfst, was als Zoll du gezahlt, den Riesen wieder entreißen; du selbst zerspelltest deines Speeres Schaft; in deiner Hand der herrische Stab, der starke, zerstiebte wie Spreu! Durch Vertrages Treue-Runen band er dich Bösen mir nicht: dich beugt er mir durch seine Kraft: zum Krieg drum wahr ich ihn wohl. Wie stark du dräust in trotziger Stärke, und wie dir's im Busen doch bangt! – Verfallen dem Tod durch meinen Fluch ist des Hortes Hüter: – wer wird ihn beerben? Wird der neidliche Hort dem Niblungen wieder gehören? Das sehrt dich mit ew'ger Sorge! Denn, faß ich ihn wieder einst in der Faust, anders als dumme Riesen üb ich des Ringes Kraft: – dann zittre der Helden ewiger Hüter! Walhalls Höhen stürm ich mit Hellas Heer: der Welt walte dann ich. – ruhig. Deinen Sinn kenn ich wohl, doch sorgt er mich nicht. Des Ringes waltet, wer ihn gewinnt. Wie dunkel sprichst du, was ich deutlich weiß! – An Heldensöhne hält sich dein Trotz, Höhnisch. die traut deinem Blute entblüht. Pflegtest du wohl eines Knaben, der klug die Frucht dir pflücke, Immer heftiger. die du nicht brechen darfst? Mit mir nicht, hadre mit Mime; Leicht. dein Bruder bringt dir Gefahr: einen Knaben führt er daher, der Fafner ihm fällen soll. Nichts weiß der von mir, der Niblung nützt ihn für sich. Drum sag ich dir, Gesell: tue frei wie dir's frommt! Alberich macht eine Gebärde heftiger Neugierde. Höre mich wohl, sei auf der Hut! Nicht kennt der Knabe den Ring; doch Mime kundet ihn aus. heftig. Deine Hand hieltest du vom Hort? Wen ich liebe, laß ich für sich gewähren: er steh oder fall, sein Herr ist er; Helden nur können mir frommen. Mit Mime räng ich allein um den Ring? Außer dir begehrt er einzig das Gold. Und dennoch gewann ich ihn nicht? ruhig näher tretend. Ein Helde naht, den Hort zu befrein; zwei Niblungen geizen das Gold; Fafner fällt, der den Ring bewacht: – wer ihn rafft, hat ihn gewonnen. – Willst du noch mehr? Dort liegt der Wurm: – Er wendet sich nach der Höhle. warnst du ihn vor dem Tod, willig wohl ließ er den Tand; – ich selber weck ihn dir auf. Er stellt sich auf die Anhöhe vor der Höhle und ruft hinein. Fafner! Fafner! Erwache, Wurm! mit gespanntem Erstaunen, für sich. Was beginnt der Wilde? Gönnt er mir's wirklich? durch ein starkes Sprachrohr. Wer stört mir den Schlaf? der Höhle zugewandt. Gekommen ist einer, Not dir zu künden; er lohnt dir's mit dem Leben, lohnst du das Leben ihm mit dem Horte, den du hütest. Er beugt sein Ohr lauschend der Höhle zu. Was will er? ist zum Wandrer getreten und ruft in die Höhle. Wache, Fafner! Wache, du Wurm! Ein starker Heide naht: dich Heil'gen will er bestehn. – Mich hungert sein! Kühn ist des Kindes Kraft, scharf schneidet sein Schwert. Den goldnen Reif geizt er allein: laß mir den Ring zum Lohn, so wend ich den Streit; du wahrest den Hort, und ruhig lebst du lang! – Ich lieg und besitz: laßt mich, Gähnend. schlafen! lacht laut auf und wendet sich dann wieder zu Alberich. Nun, Alberich! Das schlug fehl. Doch schilt mich nicht mehr Schelm! Dies Eine, rat ich, achte noch wohl! – Vertraulich zu ihm tretend. Alles ist nach seiner Art: an ihr wirst du nichts ändern. – Ich laß dir die Stätte, stelle dich fest: versuch's mit Mime, dem Bruder; der Art ja versiehst du dich besser. Zum Abgang gewendet. Was anders ist, – das lerne nun auch! Er verschwindet schnell im Walde. Sturmwind erhebt sich, heller Glanz bricht aus; dann vergeht beides schnell. blickt dem davonjagenden Wanderer nach. Da reitet er hin auf lichtem Roß, mich läßt er in Sorg und Spott. Doch lacht nur zu, ihr leichtsinniges, lustgieriges Göttergelichter! Euch seh ich noch Alle vergehn! So lang das Gold am Lichte glänzt, hält ein Wissender Wacht: – trügen wird euch sein Trotz! Er schlüpft zur Seite in das Geklüft. – Die Bühne bleibt leer. – Morgendämmerung. 2. Szene Zweite Szene Bei anbrechendem Tage treten Siegfried und Mime auf. Siegfried trägt das Schwert in einem Gehenke von Bastseil. Mime erspäht genau die Stätte; er forscht endlich dem Hintergrunde zu, welcher, während die Anhöhe im mittleren Vordergrunde später immer heller von der Sonne beleuchtet wird, in finstrem Schatten bleibt; dann bedeutet er Siegfried. Wir sind zur Stelle; bleib hier stehn. setzt sich unter der Linde nieder und schaut sich um. Hier soll ich das Fürchten lernen? Fern hast du mich geleitet; eine volle Nacht im Walde selbander wanderten wir. Nun sollst du, Mime, mich meiden! Lern ich hier nicht, was ich lernen soll, allein zieh ich dann weiter: dich endlich werd ich da los! setzt sich ihm gegenüber, so daß er die Höhle immer noch im Auge behält. Glaube, Liebster, lernst du heut und hier das Fürchten nicht, an andrem Ort, zu andrer Zeit, schwerlich erfährst du's je. – Siehst du dort den dunklen Höhlenschlund? Darin wohnt ein greulich wilder Wurm: unmaßen grimmig ist er und groß, ein schrecklicher Rachen reißt sich ihm auf; mit Haut und Haar, auf einen Happ, verschlingt der Schlimme dich wohl. immer unter der Linde sitzend. Gut ist's, den Schlund ihm zu schließen: drum biet ich mich nicht dem Gebiß. Giftig gießt sich ein Geifer ihm aus: wen mit des Speichels Schweiß er bespeit, dem schwinden wohl Fleisch und Gebein. Daß des Geifers Gift mich nicht sehre, weich ich zur Seite dem Wurm. Ein Schlangenschweif schlägt sich ihm auf: wen er damit umschlingt und fest umschließt, dem brechen die Glieder wie Glas! Vor des Schweifes Schwang mich zu wahren, halt ich den Argen im Aug. – Doch heiße mich das: hat der Wurm ein Herz? Ein grimmiges hartes Herz. Das sitzt ihm doch, wo es jedem schlägt, trag es Mann oder Tier? Gewiß, Knabe, da führt's auch der Wurm. Jetzt kommt dir das Fürchten wohl an? der bisher nachlässig ausgestreckt, erhebt sich rasch zum Sitz. Nothung stoß ich dem Stolzen ins Herz! Soll das etwa Fürchten heißen? He! Du Alter! Ist das Alles, was deine List mich lehren kann? Fahr deines Wegs dann weiter: das Fürchten lern ich hier nicht. Wart es nur ab! Was ich dir sage, dünke dich tauber Schall: ihn selber mußt du hören und sehn, die Sinne vergehn dir dann schon. Wenn dein Blick verschwimmt, der Boden dir schwankt, im Busen bang dein Herz erbebt: – Sehr freundlich. dann dankst du mir, der dich führte, gedenkst, wie Mime dich liebt. Du sollst mich nicht lieben! Sagt ich's dir nicht? Fort aus den Augen mir! Laß mich allein, sonst halt ich's hier länger nicht aus, fängst du von Liebe gar an! Das eklige Nicken und Augenzwicken, wann endlich soll ich's nicht mehr sehn, Ungeduldig. wann werd ich den Albernen los? Ich laß dich schon. Am Quell dort lagr' ich mich; steh du nur hier: steigt dann die Sonne zur Höh, merk auf den Wurm: aus der Höhle wälzt er sich her, hier vorbei biegt er dann, am Brunnen sich zu tränken. lachend. Mime, weilst du am Quell, dahin laß ich den Wurm wohl gehn: Nothung stoß ich ihm erst in die Nieren, wenn er dich selbst dort mit weg gesoffen. – Darum hör meinen Rat, raste nicht dort am Quell; kehre dich weg so weit du kannst, und komm nie mehr zu mir! – Nach freislichen Streit dich zu erfrischen, wirst du mir wohl nicht wehren? Siegfried wehrt ihn heftig ab. Rufe mich auch, darbst du des Rates. – Siegfried wiederholt die Gebärde mit Ungestüm. Oder, wenn dir das Fürchten gefällt? Siegfried erhebt sich und treibt Mime mit wütender Gebärde zum Forgehen. – Mime im Abgehen für sich. Fafner und Siegfried, Siegfried und Fafner –: oh! – brächten Beide sich um! Er verschwindet rechts im Walde. streckt sich behaglich unter der Linde aus und blickt dem davongehenden Mime nach. Daß der mein Vater nicht ist, wie fühl ich mich drob so froh! Nun erst gefällt mir der frische Wald; nun erst lacht mir der lustige Tag, da der Garstige von mir schied, und ich gar nicht ihn wiederseh! Er verfällt in schweigendes Sinnen. Wie sah mein Vater wohl aus? – Ha! gewiß, wie ich selbst! Denn wär wo von Mime ein Sohn, müßt er nicht ganz Mime gleichen? Grade so garstig, griesig und grau, klein und krumm, höckrig und hinkend, mit hängenden Ohren, triefigen Augen ... Fort mit dem Alp! – Ich mag ihn nicht mehr sehn! Er lehnt sich tiefer zurück und blickt durch den Baumwipfel auf. Tiefe Stille. – Waldweben. Aber – wie sah meine Mutter wohl aus? – Das kann ich nun gar nicht mir denken! – Der Rehhindin gleich glänzten gewiß ihr hell schimmernde Augen? Nur noch viel schöner! Da bang sie mich geboren, warum aber starb sie da? Sterben die Menschenmütter an ihren Söhnen alle dahin? – Traurig wäre das, traun! Ach, möcht ich Sohn meine Mutter sehen! – Meine Mutter – – ein Menschenweib! Er seufzt leise und streckt sich immer tiefer zurück. – Große Stille. – Wachsendes Waldweben. – Siegfrieds Aufmerksamkeit wird endlich durch den Gesang der Waldvögel gefesselt. Er lauscht mit wachsender Teilnahme einem Waldvogel in den Zweigen über ihm. Du holdes Vöglein, dich hört ich noch nie: bist du im Wald hier daheim? Verstünd ich sein süßes Stammeln! Gewiß sagt es mir was, – vielleicht – von der lieben Mutter? Ein zankender Zwerg hat mir erzählt, der Vöglein Stammeln gut zu verstehn, dazu könnte man kommen. Wie das wohl möglich wär? – Hei! – ich versuch's, sing ihm nach; auf dem Rohr tön ich ihm ähnlich: entrat ich der Worte, achte der Weise, sing ich so seine Sprache, versteh ich wohl auch, was es spricht. Er springt an den nahen Quell, schneidet mit dem Schwerte ein Rohr ab und schnitzt sich hastig eine Pfeife daraus. Während dem lauscht er wieder. Er schweigt, und lauscht: – so schwatz ich denn los! Er bläst auf dem Rohr. Er setzt ab, schnitzt wieder und bessert. Er bläst wieder. Er schüttelt mit dem Kopfe und bessert wieder. Er versucht. Er wird ärgerlich, drückt das Rohr mit der Hand und versucht wieder. Er setzt lächelnd ganz ab. Das tönt nicht recht; auf dem Rohre taugt die wonnige Weise mir nicht. Vöglein, mich dünkt, ich bleibe dumm; von dir lernt sich's nicht leicht. Er hört den Vogel wieder und blickt zu ihm auf. Nun schäm ich mich gar vor dem schelmischen Lauscher; er lugt, und kann nichts erlauschen. – Hei da! So höre nun auf mein Horn. Er schwingt das Rohr und wirft es weit fort. Auf dem dummen Rohre gerät mir nichts. Einer Waldweise, wie ich sie kann, der lustigen sollst du nun lauschen: nach lieben Gesellen lockt ich mit ihr: nichts Bess'res kam noch als Wolf und Bär. Nun laß mich sehn, wen jetzt sie mir lockt, ob das mir ein lieber Gesell? Er nimmt das silberne Hifthorn und bläst darauf. Bei den lang gehaltenen Tönen blickt Siegfried immer erwartungsvoll auf den Vogel. Lustig, und immer schneller und schmetternder. Im Hintergrund regt es sich. – Fafner, in der Gestalt eines ungeheuren eidechsenartigen Schlangenwurmes, hat sich in der Höhle von seinem Lager erhoben; er bricht durch das Gesträuch und wälzt sich aus der Tiefe nach der höheren Stelle vor, so daß er mit dem Vorderleibe bereits auf ihr angelangt ist, als er jetzt einen starken gähnenden Laut ausstößt. – Siegfried sieht sich um und heftet den Blick verwundert auf Fafner. Haha! Da hätte mein Lied mir was Liebes erblasen! Du wärst mir ein saubrer Gesell! hat beim Anblick Siegfrieds auf der Höhe angehalten und verweilt nun daselbst. Was ist da? Ei, bist du ein Tier, das zum Sprechen taugt, wohl ließ sich von dir was lernen? Hier kennt Einer das Fürchten nicht: kann er's von dir erfahren? Hast du Übermut? Mut oder Übermut, – was weiß ich! Doch dir fahr ich zu Leibe, lehrst du das Fürchten mich nicht. stößt einen lachenden Laut aus. Trinken wollt ich, nun treff ich auch Fraß! Er öffnet den Rachen und zeigt die Zähne. Eine zierliche Fresse zeigst du mir da, lachende Zähne im Leckermaul! Gut wär es, den Schlund dir zu schließen; dein Rachen reckt sich zu weit. Zu tauben Reden taugt er schlecht: dich zu verschlingen frommt der Schlund. – Hoho! Du grausam, grimmiger Kerl! Von dir verdaut sein, dünkt mich übel. Rätlich und fromm doch scheint's, du verrecktest hier ohne Frist. brüllend. Pruh! Komm, prahlendes Kind! Hab Acht, Brüller! Der Prahler naht! Er zieht sein Schwert, springt Fafner an und bleibt herausfordernd stehen. Fafner wälzt sich weiter auf die Höhe herauf und speit aus den Rüstern auf Siegfried. – Siegfried weicht dem Geifer aus, springt näher zu und stellt sich zur Seite. Fafner sucht ihn mit dem Schweife zu erreichen. Siegfried, welchen Fafner fast erreicht hat, springt mit einem Satze über diesen hinweg und verwundet ihn in dem Schweife. Fafner brüllt, zieht den Schweif heftig zurück und bäumt den Vorderleib, um mit dessen voller Wucht sich auf Siegfried zu werfen; so bietet er diesem die Brust dar; Siegfried erspäht schnell die Stelle des Herzens und stößt sein Schwert bis an das Heft hinein. Fafner bäumt sich vor Schmerz noch höher und sinkt, als Siegfried das Schwert losgelassen und zur Seite gesprungen ist, auf die Wunde zusammen. Da lieg, neidischer Kerl! Nothung trägst du im Herzen! mit schwächerer Stimme. Wer bist du, kühner Knabe, der das Herz mir traf? Wer reizte des Kindes Mut zu der mordlichen Tat? Dein Hirn brütete nicht, was du vollbracht. Viel weiß ich noch nicht, noch nicht auch, wer ich bin: – mit dir mordlich zu ringen reiztest du selbst meinen Mut. Du helläugiger Knabe, unkund deiner selbst, wen du gemordet, meld ich dir. Der Riesen ragend Geschlecht, Fasolt und Fafner, die Brüder – fielen nun Beide. Um verfluchtes Gold, von Göttern vergabt, traf ich Fasolt zu Tod: der nun als Wurm den Hort bewachte, Fafner, den letzten Riesen – fällte ein rosiger Held. – Blicke nun hell, blühender Knabe! Der dich Blinden reizte zur Tat, berät jetzt des Blühenden Tod. – Merk, wie's endet! Ersterbend. Acht auf mich! Woher ich stamme, rate mir noch; weise ja scheinst du Wilder im Sterben: rat es nach meinem Namen, – Siegfried bin ich genannt. tief seufzend. Siegfried! ... Er hebt sich und stirbt. Zur Kunde taugt kein Toter. So leite mich denn mein lebendes Schwert! Fafner hat sich im Sterben gewälzt. Siegfried zieht ihm jetzt das Schwert aus der Brust; dabei wird seine Hand vom Blute benetzt: er fährt heftig mit der Hand auf. Wie Feuer brennt das Blut! – Er führt unwillkürlich die Finger zum Munde, um das Blut von ihnen abzusaugen. Wie er sinnend vor sich hinblickt, wird seine Aufmerksamkeit immer mehr von dem Gesange der Waldvögel angezogen Ist mir doch fast, als sprächen die Vöglein zu mir? Nützte mir das des Blutes Genuß? Das seltne Vöglein hier, horch! was singt es mir? aus den Zweigen der Linde über Siegfried. Hei! Siegfried gehört nun der Niblungen Hort! O, fänd in der Höhle den Hort er jetzt! Wollt er den Tarnhelm gewinnen, der taugt ihm zu wonniger Tat: doch wollt er den Ring sich erraten, der macht ihn zum Walter der Welt! hat mit verhaltenem Atem und verzückter Miene gelauscht. Leise und gerührt. Dank, liebes Vöglein, für deinen Rat! Gern folg ich dem Ruf! Er wendet sich nach hinten und steigt in die Höhle hinab, wo er alsbald gänzlich verschwindet. 3. Szene Dritte Szene Mime schleicht heran, scheu umherblickend, um sich von Fafners Tod zu überzeugen. Gleichzeitig kommt von der anderen Seite Alberich aus dem Geklüft; er beobachtet Mime, stürzt auf ihn zu und vertritt ihm den Weg, als dieser der Höhle sich zuwendet. Wohin schleichst du eilig und schlau, schlimmer Gesell? Verfluchter Bruder, dich braucht ich hier! Was bringt dich her? Geizt es dich, Schelm, nach meinem Gold? Verlangst du mein Gut? Fort von der Stelle! Die Statte ist mein: was stöberst du hier? Stör ich dich wohl im stillen Geschäft, wenn du hier stiehlst? Was ich erschwang mit schwerer Müh, soll mir nicht schwinden. Hast du dem Rhein das Gold zum Ringe geraubt? Erzeugtest du gar den zähen Zauber im Reif? Wer schuf den Tarnhelm, der die Gestalten tauscht? Der sein bedurfte, erdachtest du ihn wohl? Was hättest du Stümper je wohl zu stampfen verstanden? Der Zauberring zwang mir den Zwerg erst zur Kunst. Wo hast du den Ring? Dir Zagem entrissen ihn Riesen. Was du verlorst, meine List erlangt es für mich. Mit des Knaben Tat will der Knicker nun knausern? Dir gehört sie gar nicht, der Helle ist selbst ihr Herr. Ich zog ihn auf; für die Zucht zahlt er mir nun: für Müh und Last erlauert ich lang meinen Lohn. Für des Knaben Zucht will der knickrige, schäbige Wicht keck und kühn wohl gar König nun sein? Dem räudigsten Hund wäre der Ring gerat'ner als dir, nimmer erringst du Rüpel den Herrscherreif! kratzt sich den Kopf. Behalt ihn denn, und hüt ihn wohl, den hellen Reif; sei du Herr, doch mich heiße auch Bruder! Um meines Tarnhelms lustigen Tand tausch ich ihn dir; uns Beiden taugt's, teilen die Beute wir so. Er reibt sich zutraulich die Hände. mit Hohnlachen. Teilen mit dir? Und den Tarnhelm gar? Wie schlau du bist! Sicher schlief ich niemals vor deinen Schlingen! außer sich. Selbst nicht tauschen? Auch nicht teilen? Leer soll ich gehn? Ganz ohne Lohn? Kreischend. Gar nichts willst du mir lassen? Nichts von Allem! Nicht einen Nagel sollst du mir nehmen. in höchster Wut. Weder Ring noch Tarnhelm soll dir denn taugen, nicht teil ich nun mehr! Gegen dich doch ruf ich Siegfried zu Rat und des Recken Schwert; der rasche Held, der richte, Brüderchen, dich! Siegfried erscheint im Hintergrund. Kehre dich um! Aus der Höhle kommt er daher. sich umblickend. Kindischen Tand erkor er gewiß. Den Tarnhelm hält er. Doch auch den Ring. Verflucht! Den Ring? hämisch lachend. Laß ihn den Ring dir doch geben! Ich will ihn mir schon gewinnen. Mime schlüpft mit den letzten Worten in den Wald zurück. Und doch seinem Herrn soll er allein noch gehören. Er verschwindet im Geklüft. – Siegfried ist, mit Tarnhelm und Ring, während des Letzteren langsam und nachsinnend aus der Höhle vorgeschritten: er betrachtet gedankenvoll seine Beute und hält auf der Höhe des Mittelgrundes wieder an. Was ihr mir nützt, weiß ich nicht; doch nahm ich euch aus des Horts gehäuftem Gold, weil guter Rat mir es riet. So taugt eure Zier als des Tages Zeuge, es mahne der Tand, daß ich kämpfend Fafner erlegt, doch das Fürchten noch nicht erlernt. Er steckt den Tarnhelm sich in den Gürtel und den Reif an den Finger. – Stillschweigen. – Siegfried achtet unwillkürlich wieder des Vogels. Hei! Siegfried gehört nun der Helm und der Ring. O! traute er Mime dem treulosen nicht! Hörte Siegfried nur scharf auf des Schelmen Heuchlergered! Wie sein Herz es meint, kann er Mime verstehn: so nützt ihm des Bluts Genuß. Siegfrieds Miene und Gebärde drücken aus, daß er den Sinn des Vogelsanges wohl vernommen. Er sieht Mime sich nähern und verbleibt, ohne sich zu rühren, auf sein Schwert gestützt, beobachtend und in sich geschlossen, in seiner Stellung auf der Anhöhe bis zum Schlusse des folgenden Auftrittes. MIME schleicht heran und beobachtet vom Vordergrund aus Siegfried Er sinnt, und erwägt der Beute Wert: – weilte wohl hier ein weiser Wandrer, schweifte umher, beschwatzte das Kind mit list'ger Runen Rat? Zwiefach schlau sei nun der Zwerg; die listigste Schlinge leg ich jetzt aus, daß ich mit traulichem Truggerede betöre das trotzige Kind. Er tritt näher an Siegfried heran und bewillkommnet diesen mit schmeichelnden Gebärden. Willkommen, Siegfried! Sag, du Kühner, hast du das Fürchten gelernt? Den Lehrer fand ich noch nicht. Doch den Schlangenwurm, du hast ihn erschlagen? Das war doch ein schlimmer Gesell? So grimm und tückisch er war, sein Tod grämt dich doch schier, da viel üblere Schächer unerschlagen noch leben. Der mich ihn morden hieß, den haß ich mehr als den Wurm! sehr freundlich. Nur sachte! Nicht lange siehst du mich mehr: zum ew'gen Schlaf Süßlich. schließ ich dir die Augen bald. Wozu ich dich brauchte, Wie belobend. hast du vollbracht; jetzt will ich nur noch die Beute dir abgewinnen; mich dünkt, das soll mir gelingen, zu betören bist du ja leicht. So sinnst du auf meinen Schaden? verwundert. Wie sagt ich denn das? – Zärtlich fortfahrend. Siegfried! Hör doch, mein Söhnchen! Dich und deine Art haßt ich immer von Herzen; Zärtlich. aus Liebe erzog ich dich Lästigen nicht: dem Horte in Fafners Hut, dem Golde galt meine Müh. Als verspräche er ihm hübsche Sachen. Gibst du mir das gutwillig nun nicht, Als wäre er bereit, sein Leben für ihn zu lassen. Siegfried, mein Sohn, das siehst du wohl selbst, Mit freundlichem Scherz. dein Leben mußt du mir lassen. Daß du mich hassest, hör ich gern: doch auch mein Leben muß ich dir lassen? ärgerlich. Das sagt ich doch nicht? Du verstehst mich ja falsch! Er sucht sein Fläschchen hervor. Sieh, du bist müde von harter Müh. Brünstig wohl brennt dir der Leib, dich zu erquicken mit queckem Trank säumt' ich Sorgender nicht: als dein Schwert du dir branntest, braut' ich den Sud; trinkst du nun den, gewinn ich dein trautes Schwert und mit ihm Helm und Hort. – Kichernd. Hihihihihihi! So willst du mein Schwert, und was ich erschwungen, Ring und Beute mir rauben? heftig. Was du doch falsch mich verstehst! Stamml' ich, fasl' ich wohl gar? Die größte Mühe geb ich mir doch, mein heimliches Sinnen heuchelnd zu bergen, und du dummer Bube deutest Alles doch falsch! Öffne die Ohren! Und vernimm, genau! Höre, was Mime meint. – Wieder sehr freundlich, mit ersichtlicher Mühe. Hier nimm, und trinke dir Labung; mein Trank labte dich oft: tatst du auch unwirsch, stelltest dich arg, was ich dir bot – erbost auch – nahmst du doch immer. Einen guten Trank hätt ich gern: wie hast du diesen gebraut? lustig scherzend, als schildere er ihm einen angenehm berauschten Zustand, den ihm der Saft bereiten solle. Hei! So trink nur, trau meiner Kunst! In Nacht und Nebel sinken die Sinne dir bald; ohne Wach und Wissen stracks streckst du die Glieder. Liegst du nun da, leicht könnt ich die Beute nehmen und bergen: doch erwachtest du je, nirgends wär ich sicher vor dir, hätt ich selbst auch den Ring. Drum mit dem Schwert, das so scharf du schufst, Mit einer Gebärde ausgelassener Lustigkeit. hau ich dem Kind den Kopf erst ab: dann hab ich mir Ruh, und auch den Ring! Kichernd. Hihihihihihi! Im Schlafe willst du mich morden? wütend ärgerlich. Was möcht ich? Sagt ich denn das? – Er bemüht sich, den zärtlichsten Ton anzunehmen. Ich will dem Kind Mit zärtlichster Deutlichkeit. nur den Kopf abhau'n! Mit dem Ausdruck herzlicher Besorgtheit für Siegfrieds Gesundheit. Denn haßte ich dich auch nicht so sehr und hätt ich des Schimpfs und der schändlichen Mühe auch nicht so viel zu rächen, Sanft. aus dem Wege dich zu räumen darf ich doch nicht rasten: Wieder scherzend. wie käm ich sonst anders zur Beute, da Alberich auch nach ihr lugt? Er gießt den Saft in das Trinkhorn und führt dieses Siegfried mit aufdringlicher Gebärde zu. Nun, mein Wälsung! Wolfssohn du! Sauf und würg dich zu Tod! Nie tust du mehr 'nen Schluck! Hihihihihi! Siegfried holt mit dem Schwert aus. Schmeck du mein Schwert, ekliger Schwätzer! Er führt wie in einer Anwandlung heftigen Ekels einen jähen Streich nach Mime; dieser stürzt sogleich tot zu Boden. hohnlachend aus dem Geklüfte. Hahahahahahahahahahahahaha! hängt, auf den am Boden Liegenden blickend, ruhig sein Schwert wieder ein. Neides Zoll zahlt Nothung: dazu durft ich ihn schmieden. Er rafft Mimes Leichnam auf, trägt ihn auf die Anhöhe vor den Eingang der Höhle und wirft ihn dort hinab. In der Höhle hier lieg auf dem Hort! Mit zäher List erzieltest du ihn; jetzt magst du des wonnigen walten! Einen guten Wächter geb ich dir auch, daß er vor Dieben dich deckt. Er wälzt mit großer Anstrengung den Leichnam des Wurmes vor den Eingang der Höhle, so daß er diesen ganz damit verstopft. Da lieg auch du, dunkler Wurm! den gleißenden Hort hüte zugleich mit dem beuterührigen Feind: so fandet Beide ihr nun Ruh! Er blickt eine Weile sinnend in die Höhle hinab und wendet sich dann langsam, wie ermüdet, in den Vordergrund. Er führt sich die Hand über die Stirn. Heiß ward mir – von der harten Last. Brausend jagt mein brünst'ges Blut! Die Hand brennt mir am Haupt. – Hoch steht schon die Sonne; aus lichtem Blau blickt ihr Aug auf den Scheitel steil mir herab. – Linde Kühlung erkies ich unter der Linde. Er streckt sich unter der Linde aus und blickt wieder durch die Zweige hinauf. Noch einmal, liebes Vöglein, – da wir so lang lästig gestört, – lauscht ich gerne deinem Sange: auf dem Zweige seh ich wohlig dich wiegen; zwitschernd umschwirren dich Brüder und Schwestern, umschweben dich lustig und lieb. – Doch ich bin so allein, hab nicht Brüder noch Schwestern: meine Mutter schwand, – mein Vater fiel: nie sah sie der Sohn. Mein einz'ger Gesell war ein garstiger Zwerg; Warm. Güte zwang uns nie zu Liebe: listige Schlingen warf mir der Schlaue; nun mußt ich ihn gar erschlagen! Er blickt schmerzlich bewegt wieder nach den Zweigen auf. Freundliches Vöglein, dich frage ich nun. Gönntest du mir wohl ein gut Gesell? Willst du mir das Rechte raten? Ich lockte so oft, und erlost es mir nie. Du, mein Trauter, träfst es wohl besser; so recht ja rietest du schon. Immer leiser. Nun sing! Ich lausche dem Gesang. Hei! Siegfried erschlug nun den schlimmen Zwerg! Jetzt wüßt ich ihm noch das herrlichste Weib: auf hohem Felsen sie schläft, Feuer umbrennt ihren Saal: durchschritt er die Brunst, weckt er die Braut, Brünnhilde wäre dann sein! fährt mit Heftigkeit vom Sitze auf. O holder Sang! Süßester Hauch! Wie brennt sein Sinn mir sehrend die Brust! Wie zückt er heftig zündend mein Herz? Was jagt mir so jach durch Herz und Sinne? Sag es mir, süßer Freund! Er lauscht. Lustig im Leid sing ich von Liebe. Wonnig aus Weh' web ich mein Lied: nur Sehnende kennen den Sinn. Fort jagt mich's jauchzend von hinnen, fort aus dem Wald auf den Fels'. Noch einmal sage mir, holder Sänger: werd ich das Feuer durchbrechen? Kann ich erwecken die Braut? – Siegfried lauscht nochmals. Die Braut gewinnt, Brünnhild erweckt ein Feiger nie: nur wer das Fürchten nicht kennt. aufjauchzend. Der dumme Knab, der das Fürchten nicht kennt, mein Vöglein, der bin ja ich! Noch heute gab ich vergebens mir Müh, das Fürchten von Fafner zu lernen: nun brenn ich vor Lust, es von Brünnhild' zu wissen! Wie find ich zum Felsen den Weg? Der Vogel flattert auf, kreist über Siegfried und fliegt ihm zögernd voran. So wird mir der Weg gewiesen: wohin du flatterst, folg ich dir nach! Er läuft dem Vogel, welcher ihn neckend eine Zeit lang unstet nach verschiedenen Richtungen hinleitet, nach und folgt ihm endlich, als dieser mit einer bestimmten Wendung nach dem Hintergrunde davonfliegt. 3. Akt 1. Szene Erste Szene Wilde Gegend am Fuße eines Felsenberges, welcher nach links hin steil aufsteigt. – Nacht, Sturm und Wetter. Blitz und heftiger Donner, welcher letztere dann schweigt, wärend Blitze noch längere Zeit die Wolken durchkreuzen. – Der Wanderer tritt auf. Er schreitet entschlossen auf ein gruftähnliches Höhlentor in einem Felsen des Vordergrundes zu und nimmt dort, auf seinen Speer gestützt, eine Stellung ein, während er das Folgende dem Eingang der Höhle zu ruft Wache, Wala! Wala! Erwach! – Aus langem Schlaf weck ich dich Schlummernde auf. Ich rufe dich auf: herauf, herauf! Aus nebliger Gruft, aus nächtigem Grunde herauf! Erda! Erda! Ewiges Weib! Aus heimischer Tiefe tauche zur Höh! Dein Wecklied sing ich, daß du erwachest; aus sinnendem Schlafe weck ich dich auf! Allwissende! Urweltweise! Erda! Erda! Ewiges Weib! Wache, erwache, du Wala! Erwache! Die Höhlengruft erdämmert. Bläulicher Lichtschein: von ihm beleuchtet steigt Erda sehr allmählich aus der Tiefe auf. Sie erscheint wie von Reif bedeckt; Haar und Gewand werfen einen glitzernden Schimmer von sich. Stark ruft das Lied; kräftig reizt der Zauber. Ich bin erwacht aus wissendem Schlaf: wer scheucht den Schlummer mir? Der Weckrufer bin ich, und Weisen üb ich, daß weithin wache, was fester Schlaf verschließt. Die Welt durchzog ich, wanderte viel, Kunde zu werben, urweisen Rat zu gewinnen. Kundiger gibt es keine als dich; bekannt ist dir, was die Tiefe birgt, was Berg und Tal, Luft und Wasser durchwebt: wo Wesen sind, wehet dein Atem; wo Hirne sinnen, haftet dein Sinn: Alles, sagt man, sei dir bekannt. Daß ich nun Kunde gewänne, weck ich dich aus dem Schlaf! Mein Schlaf ist Träumen, mein Träumen Sinnen, mein Sinnen Walten des Wissens. Doch, wenn ich schlafe, wachen Nornen: sie weben das Seil und spinnen fromm, was ich weiß: was frägst du nicht die Nornen? Im Zwange der Welt weben die Nornen, sie können Nichts wenden noch wandeln. Doch deiner Weisheit dankt ich den Rat wohl, wie zu hemmen ein rollendes Rad? Männertaten umdämmern mir den Mut; mich Wissende selbst bezwang ein Waltender einst. Ein Wunschmädchen gebar ich Wotan: der Helden Wal hieß für sich er sie küren. Kühn ist sie, und weise auch: was weckst du mich, und frägst um Kunde nicht Erdas und Wotans Kind? Die Walküre meinst du, Brünnhild', die Maid? Sie trotzte dem Stürmebezwinger, wo er am stärksten selbst sich bezwang: was den Lenker der Schlacht zu tun verlangte, doch dem er wehrte – zuwider sich selbst –, allzuvertraut wagte die Trotzige das für sich zu vollbringen, – Brünnhild' in brennender Schlacht. Streitvater strafte die Maid: in ihr Auge drückte er Schlaf; auf dem Felsen schläft sie fest: erwachen wird die Weihliche nur, um einen Mann zu minnen als Weib. – Frommten mir Fragen an sie? – Wirr wird mir, seit ich erwacht: wild und kraus kreist die Welt! – Die Walküre, der Wala Kind, büßt in Banden des Schlafs, als die wissende Mutter schlief? Der den Trotz lehrte, straft den Trotz? Der die Tat entzündet, zürnt um die Tat? Der die Rechte wahrt, der die Eide hütet, wehret dem Recht, herrscht durch Meineid? – Laß mich wieder hinab! – Schlaf verschließe mein Wissen! Dich Mutter laß ich nicht ziehn, da des Zaubers mächtig ich bin. – Urwissend stachest du einst der Sorge Stachel in Wotans wagendes Herz: mit Furcht vor schmachvoll feindlichem Ende füllt ihn dein Wissen, daß Bangen band seinen Mut. Bist du der Welt weisestes Weib, sage mir nun: wie besiegt die Sorge der Gott? Du bist nicht, was du dich nennst! Was kamst du, störrischer Wilder, zu stören der Wala Schlaf? Du bist nicht, was du dich wähnst! Urmütter-Weisheit geht zu Ende: dein Wissen verweht vor meinem Willen. – Weißt du, was Wotan will? Langes Schweigen. Dir Urweisen ruf ich's ins Ohr, daß sorglos ewig du nun schläfst! Um der Götter Ende grämt mich die Angst nicht, seit mein Wunsch es will. Was in des Zwiespalts wildem Schmerze verzweifelnd einst ich beschloß, froh und freudig führe frei ich nun aus. Weiht ich in wütendem Ekel des Niblungen Neid schon die Welt; dem herrlichsten Wälsung weis ich mein Erbe nun an. Der von mir erkoren, doch nie mich gekannt, ein kühnester Knabe, bar meines Rates, errang den Niblungenring. Liebesfroh, ledig des Neides erlahmt an dem Edlen Alberichs Fluch: denn fremd bleibt ihm die Furcht. Die du mir gebarst, Brünnhild' weckt sich hold der Held: wachend wirkt dein wissendes Kind erlösende Weltentat. Drum schlafe nun du, schließe dein Auge, träumend erschau' mein Ende! Was Jene auch wirken, dem ewig Jungen weicht in Wonne der Gott. Hinab denn, Erda! Urmütterfurcht! Ursorge! Hinab! Hinab, zu ew'gem Schlaf! Nachdem Erda bereits die Augen geschlossen hat und allmählich tiefer versunken ist, verschwindet sie jetzt gänzlich; auch die Höhle ist jetzt wiederum durchaus verfinstert. Monddämmerung erhellt die Bühne; der Sturm hat ganz aufgehört. 2. Szene Zweite Szene Der Wanderer ist dicht an die Höhle getreten und lehnt sich dann mit dem Rücken an sie, das Gesicht der Szene zugewandt. Dort seh ich Siegfried nahn. – Er verbleibt in seiner Stellung an der Höhle. Siegfrieds Waldvogel flattert dem Vordergrunde zu. Plötzlich hält der Vogel in seiner Richtung ein, flattert ängstlich hin und her und verschwindet hastig dem Hintergrunde zu. tritt auf und hält an. Mein Vöglein schwebte mir fort. Mit flatterndem Flug und süßem Sang wies es mich wonnig des Wegs: nun schwand es fern mir davon! – Am besten find ich mir selbst nun den Berg: wohin mein Führer mich wies, dahin wandr ich jetzt fort – Er schreitet nach hinten. immer in seiner Stellung verbleibend. Wohin, Knabe, heißt dich dein Weg? hält an und wendet sich um. Da redet's ja? Wohl rät das mir den Weg. – Er tritt dem Wandrer näher. Einen Felsen such ich, von Feuer ist der umwabert: dort schläft ein Weib, das ich wecken will. Wer sagt es dir, den Fels zu suchen? Wer nach der Frau dich zu sehnen? Mich wies ein singend Waldvöglein, das gab mir gute Kunde. Ein Vöglein schwatzt wohl manches, kein Mensch doch kann's verstehn: wie mochtest du Sinn dem Sang entnehmen? Das wirkte das Blut eines wilden Wurms, der mir vor Neidhöhl erblaßte: kaum netzt es zündend die Zunge mir, da verstand ich der Vöglein Gestimm. Erschlugst den Riesen du, wer reizte dich, den starken Wurm zu bestehn? Mich führte Mime, ein falscher Zwerg; das Fürchten wollt er mich lehren: zum Schwertstreich aber, der ihn erstach, reizte der Wurm mich selbst: seinen Rachen riß er mir auf. Wer schuf das Schwert so scharf und hart, daß der stärkste Feind ihm fiel? Das schweißt ich mir selbst, da's der Schmied nicht konnte: schwertlos noch wär ich wohl sonst. Doch, wer schuf die starken Stücken, daraus das Schwert du dir geschweißt? Was weiß ich davon? Ich weiß allein, daß die Stücken mir nichts nützten, schuf ich das Schwert mir nicht neu. bricht in ein freudig gemütliches Lachen aus. Das mein ich wohl auch! Er betrachtet Siegfried wohlgefällig. verwundert. Was lachst du mich aus? Alter Frager! Hör einmal auf, laß mich nicht länger hier schwatzen. Kannst du den Weg mir weisen, so rede: vermagst du's nicht, so halte dein Maul! Geduld, du Knabe! Dünk ich dich alt, so sollst du Achtung mir bieten. Das wär nicht übel! So lang ich lebe, stand mir ein Alter stets im Wege, den hab ich nun fort gefegt. Stemmst du dort länger steif dich mir entgegen, sieh dich vor, sag ich, Mit der entsprechenden Gebärde. daß du wie Mime nicht fährst! Er tritt noch näher an den Wanderer hinan. Wie siehst du denn aus? Was hast du gar für 'nen großen Hut? Warum hängt er dir so ins Gesicht? immer ohne seine Stellung zu verlassen. Das ist so Wandrers Weise, wenn dem Wind entgegen er geht. immer näher ihn betrachtend. Doch darunter fehlt dir ein Auge? Das schlug dir Einer gewiß schon aus, dem du zu trotzig den Weg vertratst? Mach dich jetzt fort, sonst könntest du leicht das andre auch noch verlieren. sehr ruhig. Ich seh, mein Sohn, wo du nichts weißt, da weißt du dir leicht zu helfen. – Mit dem Auge, das als andres mir fehlt, erblickst du selber das eine, das mir zum Sehen verblieb. der sinnend zugehört hat, bricht jetzt unwillkürlich in ein helles Lachen aus. Hahahaha! Zum Lachen bist du mir lustig. – doch hör, nun schwatz ich nicht länger: geschwind zeig mir den Weg, – deines Weges ziehe dann du; zu nichts andrem acht ich dich nütz: drum sprich, sonst spreng ich dich fort! weich. Kenntest du mich, kühner Sproß, – den Schimpf spartest du mir. Dir so vertraut, trifft mich schmerzlich dein Dräuen. Liebt ich von je deine lichte Art, Grauen auch zeugt ihr mein zürnender Grimm. Dem ich so hold bin, Allzuhehrer! Heut nicht wecke mir Neid: er vernichtete dich und mich! Bleibst du mir stumm, störrischer Wicht? Weich von der Stelle, denn dorthin – ich weiß – führt es zur schlafenden Frau: so wies es mein Vöglein, das hier erst flüchtig entfloh. Es wird schnell wieder ganz finster. in Zorn ausbrechend und in gebieterischer Stellung. Es floh dir zu seinem Heil! Den Herrn der Raben erriet es hier: weh ihm, holen sie's ein! – Den Weg, den es zeigte, sollst du nicht ziehn! tritt mit Verwunderung in trotziger Stellung zurück. Hoho! Du Verbieter! Wer bist du denn, daß du mir wehren willst? Fürchte des Felsens Hüter! Verschlossen hält meine Macht die schlafende Maid: wer sie erweckte, wer sie gewänne, machtlos macht er mich ewig. Ein Feuermeer umflutet die Frau: glühende Lohe umleckt den Fels: wer die Braut begehrt, dem brennt entgegen die Brunst. – Er winkt mit dem Speer nach der Felsenhöhe. Blick nach der Höh! Erlugst du das Licht? Es wächst der Schein, es schwillt die Glut; sengende Wolken, wabernde Lohe wälzen sich brennend und prasselnd herab: ein Lichtmeer umleuchtet dein Haupt; Mit wachsender Helle zeigt sich von der Höhe des Felsens her ein wabernder Feuerschein. bald frißt und zehrt dich zündendes Feuer. Zurück denn, rasendes Kind! Zurück, du Prahler, mit dir! Dort, wo die Brünste brennen, zu Brünnhilde muß ich dahin! Er schreitet weiter. Der Wanderer stellt sich ihm entgegen. Fürchtest das Feuer du nicht, so sperre mein Speer dir den Weg! – Noch hält meine Hand der Herrschaft Haft: das Schwert, das du schwingst, zerschlug einst dieser Schaft: noch einmal denn zerspring es am ew'gen Speer! Er streckt den Speer vor. das Schwert ziehend. Meines Vaters Feind, find ich dich hier? Herrlich zur Rache geriet mir das! Schwing deinen Speer: in Stücken spalt ihn mein Schwert! Er haut dem Wanderer mit einem Schlage den Speer in zwei Stücken: ein Blitzstrahl fährt daraus nach der Felsenhöhe zu, wo von nun an der bisher mattere Schein in immer helleren Feuerflammen zu lodern beginnt. Starker Donner, der schnell sich abschwächt, begleitet den Schlag. Die Speerstücken rollen zu des Wanderers Füßen. Er rafft sie ruhig auf. Zieh hin! Ich kann dich nicht halten! – Er verschwindet plötzlich in völliger Finsternis. Mit zerfocht'ner Waffe floh mir der Feige? Die wachsende Helle der immer tiefer sich senkenden Feuerwolken trifft Siegfrieds Blick. Ha! Wonnige Glut! Leuchtender Glanz! Strahlend nun offen steht mir die Straße. Im Feuer mich baden! Im Feuer zu finden die Braut! Hoho! Hahei! Jetzt lock ich ein liebes Gesell! Siegfried setzt sein Horn an und stürzt sich in das wogende Feuer, welches sich, von der Höhe herabdringend, nun auch über den Vordergrund ausbreitet. Siegfried, den man bald nicht mehr erblickt, scheint sich nach der Höhe zu entfernen. Hellstes Leuchten der Flammen. Danach beginnt die Glut zu erbleichen und löst sich allmählich in ein immer feineres, wie durch die Morgenröte beleuchtetes Gewölk auf. Das immer zarter gewordene Gewölk hat sich in einen feinen Nebelschleier von rosiger Färbung aufgelöst und zerteilt sich nun in der Weise, daß der Duft sich gänzlich nach oben verzieht und dort endlich nur noch den heitren blauen Tageshimmel erblicken läßt, während am Saume der nun sichtbar werdenden Felsenhöhe (ganz die gleiche Szene wie im 3. Akte der »Walküre«) ein morgenrötlicher Nebelschleier haften bleibt, welcher zugleich an die in der Tiefe noch lodernde Zauberlohe erinnert. – Die Anordnung der Szene ist durchaus dieselbe wie am Schlusse der »Walküre«: im Vordergrunde, unter der breitästigen Tanne, liegt Brünnhilde in vollständiger glänzender Panzerrüstung, mit dem Helm auf dem Haupte, den langen Schild über sich gedeckt, in tiefem Schlafe. gelangt von außen her auf den felsigen Saum der Höhe und zeigt sich dort zuerst nur mit dem Oberleib: so blickt er lange staunend um sich. Selige Öde auf wonniger Höh! Er steigt vollends ganz herauf und betrachtet, auf einem Felsensteine des hinteren Abhanges stehend, mit Verwunderung die Szene. Er blickt zur Seite in den Tann und schreitet etwas vor. Was ruht dort schlummernd im schattigen Tann? Ein Roß ist's, rastend in tiefem Schlaf. – Langsam näher kommend, hält er verwundert an, als er noch aus einiger Entfernung Brünnhildes Gestalt wahrnimmt. Was strahlt mir dort entgegen? Welch glänzendes Stahlgeschmeid? Blendet mir noch die Lohe den Blick? Helle Waffen? – Heb ich sie auf? – Er hebt den Schild ab und erblickt Brünnhildes Gestalt, während ihr Gesicht jedoch zum großen Teil vom Helm verdeckt ist. Ha! – in Waffen ein Mann? – Wie mahnt mich wonnig sein Bild! – Das hehre Haupt drückt wohl der Helm? – Leichter würd ihm, löst ich den Schmuck? Vorsichtig löst er den Helm und hebt ihn der Schlafenden ab: langes lockiges Haar bricht hervor. Siegfried erschrickt. Ach! wie schön! Er bleibt im Anblick versunken. Schimmernde Wolken säumen in Wellen den hellen Himmels-See, leuchtender Sonne lachendes Bild strahlt durch das Wogengewölk. Er neigt sich tiefer zu der Schlafenden hinab. Von schwellendem Atem schwingt sich die Brust: – brech ich die engende Brünne? Er versucht die Brünne zu lösen. Komm, mein Schwert Schneide das Eisen! Siegfried zieht sein Schwert, durchschneidet mit zarter Vorsicht die Panzerringe zu beiden Seiten der Rüstung und hebt dann die Brünne und die Schienen ab, so daß nun Brünnhilde in einem weichen weiblichen Gewande vor ihm liegt. Er fährt erschreckt und staunend auf. Das ist kein Mann! – Er starrt in höchster Aufgeregtheit auf die Schlafende hin. Brennender Zauber zückt mir ins Herz; feurige Angst faßt meine Augen: mir schwankt und schwindelt der Sinn. Er gerät in höchste Beklemmung. Wen ruf ich zum Heil, daß er mir helfe? Mutter! Mutter! Gedenke mein! Er sinkt, wie ohnmächtig, an Brünnhildes Busen. – Langes Schweigen. – Er fährt seufzend auf. Wie weck ich die Maid, daß sie ihr Auge mir öffne? – Das Auge mir öffnen? Blende mich auch noch der Blick? Wagt es mein Trotz? Ertrüg ich das Licht? Mir schwebt und schwankt, und schwirrt es umher! Sehrendes Sehnen zehrt meine Sinne; am zagenden Herzen zittert die Hand! – Wie ist mir Feigem? Ist dies das Fürchten? O Mutter! Mutter! Dein mutiges Kind! Im Schlafe liegt eine Frau, – die hat ihn das Fürchten gelehrt. Wie end ich die Furcht? Wie faß ich Mut? – Daß ich selbst erwache, muß die Maid ich erwecken. – Indem er sich der Schlafenden von neuem nähert, wird er wieder von zarteren Empfindungen an ihren Anblick gefesselt. Er neigt sich tiefer hinab. Süß erbebt mir ihr blühender Mund. – Wie mild erzitternd mich Zagen er reizt! Ach! dieses Atems wonnig warmes Gedüft! Wie in Verzweiflung. Erwache! Erwache! Heiliges Weib! Er starrt auf sie hin. Sie hört mich nicht. – Gedehnt, mit gepreßtem, drängendem Ausdruck. So saug ich mir Leben aus süßesten Lippen, – sollt ich auch sterbend vergehn! Er sinkt, wie ersterbend, auf die Schlafende und heftet, mit geschlossenen Augen, seine Lippen auf ihren Mund. – Brünnhilde schlägt die Augen auf. – Siegfried fährt auf und bleibt vor ihr stehen. Brünnhilde richtet sich langsam zum Sitzen auf. Sie begrüßt mit feierlichen Gebärden der erhobenen Arme ihre Rückkehr zur Wahrnehmung der Erde und des Himmels Heil dir, Sonne! Heil dir, Licht! Heil dir, leuchtender Tag! – Lang war mein Schlaf; ich bin erwacht: wer ist der Held, der mich erweckt? von ihrem Blick und ihrer Stimme feierlich ergriffen, steht wie festgebannt. Durch das Feuer drang ich, das den Fels umbrann: ich erbrach dir den festen Helm: Siegfried bin ich, der dich erweckt. hoch aufgerichtet sitzend. Heil euch, Götter! Heil dir, Welt! Heil dir, prangende Erde! Zu End ist nun mein Schlaf; erwacht, seh ich: Siegfried ist es, der mich erweckt. in erhabenste Entzückung ausbrechend. O Heil der Mutter, die mich gebar! Heil der Erde, die mich genährt! Daß ich das Aug' erschaut, das jetzt mir Seligem lacht! O Heil der Mutter, die dich gebar! Heil der Erde, die dich genährt! Nur dein Blick durfte mich schaun, erwachen durft ich nur dir! Beide bleiben voll strahlenden Entzückens in ihren gegenseitigen Anblick verloren. O Siegfried! Siegfried! Seliger Held, du Wecker des Lebens, siegendes Licht! O wüßtest du, Lust der Welt, wie ich dich je geliebt! Du warst mein Sinnen, mein Sorgen du, Dich Zarten nährt ich, noch eh du gezeugt, noch eh du geboren, barg dich mein Schild. So lang lieb ich dich, Siegfried! leise und schüchtern. So starb nicht meine Mutter? Schlief die minnige nur? lächelt, freundlich die Hand nach ihm ausstreckend. Du wonniges Kind! Deine Mutter kehrt dir nicht wieder. Du selbst bin ich, wenn du mich Selige liebst. Was du nicht weißt, weiß ich für dich; doch – wissend bin ich nur, weil ich dich liebe! O Siegfried! Siegfried! Siegendes Licht! Dich liebt ich immer, denn mir allein erdünkte Wotans Gedanke: der Gedanke, den ich nie nennen durfte, den ich nicht dachte, sondern nur fühlte; für den ich focht, kämpfte und stritt, für den ich trotzte dem, der ihn dachte; für den ich büßte, Strafe mich band, weil ich nicht ihn dachte, und nur empfand, – denn, – der Gedanke – dürftest du's lösen! – mir war er nur Liebe zu dir! Wie Wunder tönt, was wonnig du singst, – doch dunkel dünkt mich der Sinn. Deines Auges Leuchten seh ich licht; deines Atems Wehen fühl ich warm, deiner Stimme Singen hör ich süß: – doch was du singend mir sagst, staunend versteh ich's nicht. Nicht kann ich das Ferne sinnig erfassen, wenn alle Sinne dich nur sehen und fühlen! – Mit banger Furcht fesselst du mich: du Einz'ge hast ihre Angst mich gelehrt; den du gebunden in mächtigen Banden, birg meinen Mut mir nicht mehr! Er verweilt, in großer Aufregung den sehnsuchtsvollen Blick auf sie heftend. wendet sanft das Haupt zur Seite und richtet ihren Blick nach dem Tann. Dort seh ich Grane, mein selig Roß: wie weidet er munter, der mit mir schlief! Mit mir hat ihn Siegfried erweckt. in der vorigen Stellung verbleibend. Auf wonnigem Munde weidet mein Auge; in brünstigem Durst doch brennen die Lippen, daß der Augen Weide sie labe! – deutet ihm mit der Hand nach ihren Waffen, die sie gewahrt. Dort seh ich den Schild, der Helden schirmte. Dort seh ich den Helm, der das Haupt mir barg: er schirmt, er birgt mich nicht mehr. – feurig. Eine selige Maid versehrte mein Herz; Wunden dem Haupte schlug mir ein Weib: ich kam ohne Schild und Helm! mit gesteigerter Wehmut. Ich sehe der Brünne prangenden Stahl: ein scharfes Schwert schnitt sie entzwei, von dem maidlichen Leibe löst es die Wehr! Ich bin ohne Schutz und Schirm, ohne Trutz ein trauriges Weib! feurig. Durch brennendes Feuer fuhr ich zu dir, nicht Brünne noch Panzer barg meinen Leib: nun brach die Lohe mir in die Brust; es braust mein Blut in blühender Brunst; ein zehrendes Feuer ist mir entzündet: die Glut, die Brünnhilds Felsen umbrann, die brennt mir nun in der Brust! O Weib! Jetzt lösche den Brand! Schweige die schäumende Wut! Er hat sie heftig umfaßt. Brünnhilde springt auf, wehrt ihm mit höchster Kraft der Angst und entflieht nach der anderen Seite. Kein Gott nahte mir je! Der Jungfrau neigten scheu sich die Helden: heilig schied sie aus Walhall. – Wehe! Wehe! Wehe der Schmach, der schmählichen Not! Verwundet hat mich, der mich erweckt! Er erbrach mir Brünne und Helm: Brünnhilde bin ich nicht mehr. Noch bist du mir die träumende Maid; Brünnhildes Schlaf brach ich noch nicht. – Erwache, sei mir ein Weib! in Betäubung. Mir schwirren die Sinne, – mein Wissen schweigt: soll mir die Weisheit schwinden? Sangst du mir nicht, dein Wissen sei das Leuchten der Liebe zu mir? vor sich hinstarrend. Trauriges Dunkel trübt mir den Blick. Mein Auge dämmert, mein Licht verlischt: Nacht wird's um mich. Aus Nebel und Grau'n windet sich wütend ein Angstgewirr: Schrecken schreitet, und bäumt sich empor! – Sie birgt heftig die Augen mit den Händen. indem er ihr sanft die Hände von den Augen löst. Nacht umfängt gebund'ne Augen. Mit den Fesseln schwindet das finstre Grau'n. Tauch aus dem Dunkel und sieh: sonnenhell leuchtet der Tag! in höchster Ergriffenheit. Sonnenhell leuchtet der Tag meiner Schmach! – O Siegfried! Siegfried! Sieh meine Angst! Ihre Miene verrät, daß ihr ein anmutiges Bild vor die Seele tritt, von welchem ab sie den Blick mit Sanftmut wieder auf Siegfried richtet. Ewig war ich, ewig bin ich, ewig in süß sehnender Wonne, doch ewig zu deinem Heil. O Siegfried, Herrlicher! Hort der Welt! Leben der Erde, lachender Held! Laß, ach laß, lasse von mir! Nahe mir nicht mit der wütenden Nähe, zwinge mich nicht mit dem brechenden Zwang, zertrümm're die Traute dir nicht! – Sahst du dein Bild im klaren Bach? Hat es dich Frohen erfreut? Rührtest zur Woge das Wasser du auf, zerflösse die klare Fläche des Bachs, – dein Bild sähst du nicht mehr, nur der Welle schwankend Gewog! – So berühre mich nicht, trübe mich nicht! – Ewig licht, lachst du selig dann aus mir dir entgegen, froh und heiter, ein Held. O Siegfried! Leuchtender Sproß! Liebe dich, und lasse von mir: vernichte dein Eigen nicht! Dich lieb ich: o liebtest mich du! Nicht hab ich mehr mich: Oh! hätte ich dich! Ein herrlich Gewässer wogt vor mir: mit allen Sinnen seh ich nur sie, die wonnig wogende Welle. Brach sie mein Bild, so brenn ich nun selbst, sengende Glut in der Flut zu kühlen: ich selbst, wie ich bin, spring in den Bach: oh, daß seine Wogen mich selig verschlängen, mein Sehnen schwänd in der Flut! Erwache, Brünnhilde, wache, du Maid! Lache und lebe, süßeste Lust! Sei mein! Sei mein! Sei mein! sehr innig. Oh, Siegfried! Dein war ich von je! feurig. Warst du's von je, so sei es jetzt! Dein werd ich ewig sein! Was du sein wirst, sei es mir heut! – Faßt dich mein Arm, umschling ich dich fest, schlägt meine Brust brünstig die deine, zünden die Blicke, zehren die Atem sich, Aug in Auge, Mund an Mund! Dann bist du mir, was bang du mir warst und wirst: dann brach sich die brennende Sorge, ob jetzt Brünnhilde mein? Ob jetzt ich dein? Göttliche Ruhe rast mir in Wogen, keuschestes Licht lodert in Gluten: himmlisches Wissen stürmt mir dahin, Jauchzen der Liebe jagt es davon! Ob jetzt ich dein? – Siegfried! Siegfried! Siehst du mich nicht? Wie mein Blick dich verzehrt, – erblindest du nicht? Wie mein Arm dich preßt, – entbrennst du mir nicht? Wie in Strömen mein Blut entgegen dir stürmt, das wilde Feuer, fühlst du es nicht? Fürchtest du, Siegfried, fürchtest du nicht das wild wütende Weib? Sie umfaßt ihn heftig. in freudigem Schreck. Ha! Wie des Blutes Ströme sich zünden, wie der Blicke Strahlen sich zehren; wie die Arme brünstig sich pressen, – kehrt mir zurück mein kühner Mut; und das Fürchten, ach! das ich nie gelernt, das Fürchten, das du mich kaum gelehrt: – das Fürchten, mich dünkt, ich Dummer vergaß es nun ganz. Er hat bei den letzten Worten Brünnhilde unwillkürlich losgelassen. freudig wild auflachend. Oh! Kindischer Held! Oh, herrlicher Knabe! Du hehrster Taten törichter Hort! Lachend muß ich dich lieben, lachend will ich erblinden, lachend laß uns verderben, lachend zugrunde gehn! Fahr hin, Walhalls leuchtende Welt! Zerfall in Staub deine stolze Burg! Leb wohl, prangende Götterpracht! End in Wonne, du ewig Geschlecht! Zerreißt, ihr Nornen das Runenseil! Götterdämmrung, dunkle herauf! Nacht der Vernichtung, neble herein! – Mir strahlt zur Stunde Siegfrieds Stern: er ist mir ewig, ist mir immer, Erb und Eigen, Ein und All: leuchtende Liebe, lachender Tod! Lachend erwachst du Wonnige mir! Bünnhilde lebt, Brünnhilde lacht! Heil dem Tage, der uns umleuchtet! Heil der Sonne, die uns bescheint! Heil dem Licht, das der Nacht enttaucht! Heil der Welt, der Brünnhilde lebt! Sie wacht, sie lebt, sie lacht mir entgegen: prangend strahlt mir Brünnhildes Stern! Sie ist mir ewig, ist mir immer, Erb und Eigen, Ein und All! Leuchtende Liebe, lachender Tod! Brünnhilde stürzt sich in Siegfrieds Arme.