Lieder aus Sorrent 1. Nein! Apulien hat der Hohenstaufen Letzten Sprößling geraubt dem Vaterlande, Nicht den Dichter, o Kaiserhaus von Schwaben. Nein, hochherziger Freund, in gold'ner Strömung Flossen Jahre dahin, seit ich am Tiber Und am städtebesäten, meerumspülten Aschenberge der Vorwelt Heldengröße Und der reizendsten Mitwelt Lust genieße. Alter Römer gedacht' ich, doch beim großen, Theuern Namen des Vaterlands und Friedrichs Herrschergenius, Freund, geschworen sei dir's, Deutscher Glorie dacht' ich auch. Wohl hat ans Junge Herz der Sirene Lied geklungen Und im Rausch des Moments der Zukunft Plane, Der Vergangenheit Kraft vergaß der Wandrer. Doch nur kurz; aus des Anio Wasserstürzen, Aus des Pantheons heil'gen Dämmerungen, Von der Säule herab des Imperators Und aus Pästums gewalt'gen Dorertempeln Sprach der strengere Gott: Wach' auf zum Werke! Feire muthig dein Volk und seine Helden! Dir bekenn' ich beschämt, dem großen Rufe Folgt' ich nicht und des eig'nen Herzens Leiden Und vermessene Wünsch' und Liebefreuden Sang ich nur; auf dem Haupt Weinlaub und Rosen, Oft die Asche des Grams, doch nie den Lorbeer, Oeffnet' ich zum Gesang die Lipp' und strömte Gluth aus eigenem Feuerquell in manches Glüh'nde Herz; doch vergieb, o Freund, der Jugend. Denn voll blühte der Frühling meines Lebens Und ergieb'ger vielleicht als dort im Norden Du zu sehen gewohnt; und feur'ge Wetter, Brausten stürmend im wilden Geist des Frühlings, Kräfte strömend im Kampf der Leidenschaften, Und was Wetter und Sturm dem auferweckten Frühlingsdrang der Natur, war mir die Liebe. Doch vom Sommer die Frucht, vom heißen Mittag Nicht die kräftige That zu fordern, däucht mir Billig. Komm' in den Süden, Freund, und lerne, Ob geschmeichelt, getränkt von süßern Lüften, Ob am athmenden Busen nicht Armida's, Ob dein Auge nicht bricht. Ich harre deiner In Sorrento. Mein Retter willst du werden; Komm' und bleibe bezaubert wie Rinaldo.