Die sechste Fabel. Vom Löwen und der Geiß. Der löw lief in eim sommer heiß Nach seiner speis und sah ein geiß Hoch oben an eim felsen kleben. Er sprach: »Kum, tu dich rab bgeben! Hieniden an der sommer leiden Stet gar gut gras und kurze weiden, Besser denn doben in den ritzen, Da schlangen und die eidechs sitzen. Dazu ist dürr und kurz das gras: Hieniden gscheh dir gar vil baß.« Sie sprach: »Dein rat verwerf ich nicht, Aber die meinung ist gar gericht Zu meim verterb und deinem frommen; Drumb harr mein nit, ich werd nit kommen.« Wenn dir einr rät, so sihe wol umb, Aus was meinung der rat herkum: Denn so ist jetzt die welt gesinnt, Jeder im selb am meisten günt.