Die neunzehnte Fabel. Von der Schleien und dem Mörkalb. Die schlei in einem waßer war Von andern fischen verachtet gar; Sie waren all ir widersacher Und nenntens einen schuhmacher. Sie dacht: ich wil es nimmer leiden; Sucht rat, wie sie die schmach möcht meiden, Und sprach: »Ich wil mein wesen andern, Gar weit ins wilde mer hin wandern, Denn mich daselbst kein fisch nit kennt Und nit mer einen schuster nennt: Wil sagen, ich sei ein edelman: Wer weiß, was glückes mir Gott gan.« Er tet den strom bald abhin wischen Und kam ins mer zu andern fischen. Die grüßt er all und sprach: »Hört nun, Ich bin eins reichen fürsten son, Von hohem stamm, über all fisch; Mit mir ziert man der fürsten tisch, Derhalben mich billich solt eren Und mich bekennen für eurn herren.« Da sprach das mörkalb zorniglich: »Ei, du fremdling, was zeihstu dich, Daß du dich wilt über uns erheben? Ich wil dir eins zurkennen geben; Boch nicht zu hoch, bleib bei der erden. Wenn du und ich gefangen werden Und zu verkaufen bracht zur stadt, Bald komt ein großer herr im rat Und gibt für mich ein rosen nobel; Dich aber kauft der arme pobel, Frißt dich der schuster und sein knechte, Kan nicht bezaln forn oder hechte. Denn spürt man unsern beiden adel: Auf mich komt lob, auf dich der tadel.« Vil leut sich fleißen mechtig ser, Daß sie erlangen mögen er, Und tun dasselbig hoch begeren, Dem sie gemeß nit mögen peren. Wenn sie sich selb mit lügen preisen, Mit rümen ir torheit beweisen, Damit erlangen kleinen dank. Eigen lobs end ist fauler stank. Man spricht: der sich tut selber loben, Er muß vorwar bös nachbaurn haben.