Die achtundsiebzigste Fabel. Von zweien Bäumen. Für einem hagen an eim rein Stunden zwen schöner bäume fein, Ein birnbaum und ein apfelbaum; Dazwischen war ein wenig raum. Die beid stets mit einander kriegten, Einander vil scheltwort zufügten; Ein jeder daucht sich sein der best, Drumb wolt auch keiner sein der letst. Irs adels halben war der krieg. Keinr dem andern ein wort verschwieg. Ein dornbusch stund zwischen in beiden, Der kunt den kief nit lenger leiden, Den er so lang het angehort: In verdroßen die lesterwort, Gedacht: möcht ich das üppig kempfen Entscheiden und in freundschaft dempfen! Und sprach zun selben schonen beumen: »Ich bit, ir wölt solch unlüst reumen. Was hilfts, daß ir einander plagen? Weil ir seid zamen freund und magen Von hohen bäumen, edlen stemmen, Drumb solt ir nit einander hemmen, Sondern wie freund gütlich vertragen.« Da ließen in die bäume sagen Und legten ab alln neid und haß: Der dornbusch bracht zu wegen das. Es komt oft, daß ein gringer man Ein große sach entscheiden kan Bei großen herrn, die sich nit wöllen Durch herrn laßen zu frieden stellen, Laßen sich oft mit klugen reden Vom gringen man sprechen zu freden, Wie Esopus, der ungeschlacht, Durch seine weisheit frieden macht Zwischen Cröso, dem könig reich, Der dazumal het keinen gleich, Daß im das land zu Samo dankt Und er damit groß lob erlangt.