Die achtundfunfzigste Fabel. Vom Fuchs und Löwen. Das füchslin ward gwar eins lauen: Für seinem grimm tet im fast grauen, Denn er seinr gegenwertigkeit War ungwont; drumb war im leid, Daß im der löw solt etwas tan. Zum andern mal sahe er in an, Tet sich zum dritten mal erwegen, Und kam im noch ein mal entgegen. Da ward das füchslin kün und keck Und tet bald alle forcht hinweg; Es fiel dem löwen zu den füßen, Tet in underteniglich grüßen, Gewan also seine kundschaft, Sein huld, gunst und freundschaft. Die kundschaft macht uns oft bekant, Daß wir auch werden den verwant, Vor den wir uns forchten vorhin, Und nicht dorften nahen zu in. Drumb dunket michs ein guter rat, Daß einr des andern gmeinschaft hat, All tier sich zu irm gleichen gsellen Und freundlich zu einander stellen. So solln sich auch die menschen halten, Gemachte freundschaft nicht zerspalten. Das lobet David, da er spricht: »Gut freund, die sich haben verpflicht, Daß einr des andern freundschaft hab, Solchs ist ein teure Gottesgab.«