Die funfzehnte Fabel. Vom kranken Weihen. Ein kranker weih auf seinem bet Vor großer krankheit seufzen tet Und ruft zu im sein mutter dar, Sprach: »Mutter, komt ein wenig her! Ich bitt, seht meinen jamer an Und wöllet euch erbarmen lan, Die götter treulich vor mich bitten, Aus diser krankheit mich erretten Und opfern für mich eure gab, Auf daß ich kom der krankheit ab.« Die mutter sprach: »Mein lieber son, Wolt dir solchs gern zu gfallen ton; Mich dunkt aber, es sei umbsunst: Bei den göttern hastu kein gunst, Nachdem du hast bei tag und nacht Die götter dir zuwidern gmacht, Nicht heimlich gschendt, noch offenbar Zu berauben ire altar Und ir heiltum gar oft entwicht. Davor leid, was dir jetzt geschicht.« Es ist geraten frü und spat, Daß man Gott stets vor augen hat, Der die frommen gnediglich hort In irer not nach seinem wort. Wer sich nach seinem willn nicht richt, Von dem wendt er sein angesicht. Wenns uns wol get, solln wir Gott loben, Auf daß wirn auch in nöten haben. Wer Gott verleßt, wenns im wol get, Bei dem er nicht in nöten stet.