Die einundvierzigste Fabel. Vom feißten und magern Caponen. Ein reicher man het vil capon Zusamen in ein korb geton; Denselbigen der knecht zutrug Gersten, und gab in eßens gnug. Die wurden feißt und namen zu Allsam biß gar auf einen nu; Der aß auch vil, blieb dennoch mager, Den woltens stoßen aus dem lager, Ward von sein brüdern gar veracht. Es gieng hin gegen der fasnacht, Da sprach der herr: »Was kan es schaden? Ich wil mein freundschaft zamen laden Und frölich sein mit meinen gesten. Koch, nem von den capon die besten, Die feißten, daß wir sie entleiben, Und laß die magern dinnen bleiben.« Ein feißter capon das erhort, Vergeht den andern dise wort Und sprach: »Wir haben uns beladen Mit speis zu unserm großen schaden, Zu unserm schaden und verderben: Wir feißten müßen alle sterben. O wol dem, der noch mager ist! Der hat im korb noch lenger frist.« Die fabel ist zum trost bedacht Und den armen zu gut gemacht, Daß sie sich stets des trösten söllen, Sie ir leben nit dörfen stellen In far, zu werben zeitlich gut, Wie mancher reicher kaufman tut. Dem armen man tut niemand borgen, Drumb darf nit für bezalung sorgen Und ist mit keiner müe behaft, Darf auch nicht großer rechenschaft. Im evangelio man list, Daß, dem da vil befolhen ist, Von dem wird auch gefordert vil. Darumb ich so beschließen wil: Was einr nicht hat in disem leben, Davon darf keine rechnung geben.