Die achtundneunzigste Fabel. Vom Ochsen und dem Bocke. Ein ochs für einem löwen floch, Da fand er in eim berg ein loch, Darin er sich verkriechen wolt, Daß in der löw nit finden solt. Da war ein bock vorhin darinnen, Tet gegen im ein mut gewinnen, Mit seinen hörnern ausher stieß, Zu im den ochsen nicht einließ. Darab erzörnt derselbig stier Und sprach: »Du bös, verfluchtes tier, Mit frevel nimst du mich entgegen, Weils jetzt also mit mir gelegen: Ja, wenn der feind nicht wer dahinden, Mit schaden soltestu empfinden, Welchs du vorhin nicht hast versucht, Was der ochs gegem bock vermocht.« Man weiß wol, daß man sich der armen In iren nöten sol erbarmen; Wer in der not den armen fleuht Und im sein müglich hilf entzeuht, Dazu noch weiter underdrückt, Weils dem mißget und ungelückt, So kans doch wider kommen oft, Daß der, wenn man sichs nit verhofft, Welcher erst ward verdrücket gar, Mit freuden schwebt wider empor, Und jener denn auch schaden nemen Und sich seinr vorigen tat muß schemen.