Die siebente Fabel. Vom Bauren und der Schlangen. Es gschah in einem winter kalt, Da lag ein schlang gar ungestalt Im schnee und eis befroren hart; Von einem bauren funden wart. Der name sie auf, als ers ersach, Und trug sie heim in sein gemach; Zum kachelofen warf ers nider, Auf daß sie möcht aufdauen wider. Als sie nun aufgefroren war, Ir macht und gift het wider gar, Da liefs umbher an alle end, Beschmeißt mit gift des hauses wend. Darab der baur tet ser erschrecken, Erwüscht gar bald einen zaunstecken Und sprach: »Du giftigs, böses tier, Hab ich em solchs verschuldt an dir?« Er strafts mit worten und mit schlegen Und sprach: »Da du dich nicht kuntst regen, Im schnee und eis werst gar erfrorn, Da bracht ich dich wider zuvorn, Und das alles aus gunst und gnad; Jetzt zalstu mirs mit missetat.« Es gschicht wol in der welt auch nun, Daß eim diejenen schaden tun, Den man hat alles gut getan, Wie jetzt gemein bei jederman, Und ist undankbarkeit so groß Erwachsen über alle moß. Die heiden habens ee bedacht, Und hat undankbarkeit gemacht Vil böses bei den menschen, gschafft, Daß sie ward mit dem schwert gestraft. Das evangelion uns lert, Wie Christus selber disputert Und sagt, daß man das gut mit gut Vorgelten und bezalen tut. Des hat man kleinen preis und lon; Das haben auch die heiden ton. Ich aber sag euch, daß ir solt Dem feind vorgeben seine schult Und in wie einen freund belieben, Sich gegen im in woltat üben Und nicht wider das unrecht schelten, Solt bös mit gutem widergelten, Auf daß ir möget kinder rein Eurs himelischen vatters sein, Der seine sonnen leßt aufgan Gleich übern schalt und frummen man Und gibt auch zeitlich seinen fegen. Auf bös und gut vom himel regen. So solln wir gschickt sein alle zeit; Als, was wir wölln, daß uns die leut Tun solln, das solln wir in auch ton: Die lieb ist des gesetzes kron.