Die funfzigste Fabel. Vom Jüngling und der Katzen. Es het ein jung gesell ein katzen, Mit der riß er gar seltzam fratzen Und liebet sie vor alle tier. Er sprach: »Wenn ich solt wünschen mir, So wolt ich, daß du werst ein weib, Ganz schön von adelichem leib.« Und bat Venus, die edle frauen, Sein groß beger an zu schauen, Daß er würd seiner bitt gewert Und würd die katze transformiert Ins wesen einer frauen schon, Damit sein kurzweil er möcht han. Venus sein kleglich bitt erhort, Schuf, daß die katz verwandelt ward In ein gar schönes weibes bild: Die war an lieb und freundschaft mild. Die schmuckt er freundlich an sein brust Nach seines herzen willn und lust. Darnach Venus erfaren wolt Und sprach: »Ob auch die katz wol solt Verwandelt haben ir natur, Gleich gsinnet einem menschen pur? Des muß ich haben waren schein.« Ein meuslin laufen ließ herein: Ein lecherlicher boß geschahe, Sobald die katz dasselb ersahe. Wiewol sie het eins menschen gstalt, Fur zu, erwüscht das meuslin bald. Das tet der göttin Venus zorn Und sprach: »Daß du werdst wie zuvorn, Verwandelt wider in ein katzen Und dich must beißen mit den ratzen!« Was eim hat die natur gegeben, Darnach tut man gemeinlich leben, Und was einr jung ist worden an, Drauf bleibt er im alter bestan. Hilft nicht, die kleider zu verandern Oder aus eim land ins ander wandern. Ja wenn ein gans flöhe über mer, Und über jar kem wider her, So singet sie dennoch: gagag, Wie ir gewachsen ist der krag. Ein mensch, der auch von bösem blut Geborn und drin erwachsen tut, Demselben hilft nicht, daß man straft: Es bleibt doch stets bei im behaft Im herzen der natürlich kern: Denn katzen, kinder mausen gern.