Die einundvierzigste Fabel. Von einem Kaufman. Zu Mainz am Rhein ich letsten war In dem sechs und dreißigsten jar Gegen die Frankfurtr mess im herbst, Wenn jeder kaufman seins gewerbs Aus weiten landen dahin zeucht, Durch große far die armut fleucht. Ein kaufman aus dem Niderland, War weit berümt und wol bekant, Mit großem gut fur nauf den Rhein, Daß er auch mocht daselben sein. Denn er mit vilen het zu tun Aus welsch und deutscher nation, In aller war gab stich umb stich, Wie man des hat berichtet mich. Er kam nit weiter denn gen Menz, Befiel bald an der pestilenz, Ward heftig krank; das sah der wirt, Ein grauen mönch bald zu im fürt, Daß ern am besten underricht, Und solt dem kranken hörn die bicht, Welchs den kaufman so wundern tet, Als obs zu Rom gedonnert het. Er fragt: »Wer hat euch her citiert? Ich bitt, laßt mich jetzt ungeirrt; Ich hab gar vil ein anders zschaffen, Denn ich nach eurem tun solt gaffen.« Es sein die far so groß sie wöllen, Noch tut man nach dem leben stellen. Der mönch sprach: »Dem sei wie im wöll; Ir seit zwar gar ein schwacher gsell; Es weiß zwar niemand, obs so kem Und euch der Herr von hinnen nem.« Er sprach: »Wie solt ich so hin sterben In solchem gscheft und großen gwerben, Mit solcher großen rechenschaft, Damit mir mancher ist verhaft, Mit so vil tausent und großen summen, Wenn solt ich zur bezalung kummen? Da stet mein gut, das gsinde zert; Der eine komt, der ander fert, Mancher mir da gelt geben wil, Dem andern bin ich schüldig vil, Die all dahin meinthalben farn Und als auf meine zukunft sparn. Wurd jetzt nit gschlichtet alle sachen, So solts ein größer irrung machen.« Er sprach: »Das müst ir faren laß: Der tot achtet nit alles das: Er get dennoch stets seinen gang, Solt ers auch haben keinen dank.« Der kaufman sprach: »Seht, lieber freund, Wie untreglich ists mir jetzund; Nimt mich der tot jetzt hie gefangen, So bleibt mein sach zu Frankfurt bhangen Gar unendlich und ungeschlicht, Welchs ich mich het versehen nicht.« Und fur bald hin in nobis haus, Da schlegt der flam zum fenster aus. Wiewol wir all dem tod verstrickt, Doch sein wir allzeit ungeschickt, Zu sterben han wir nimmer zeit, Diß oder das im wege leit. Auch in den aller grösten nöten Wil sich niemand gern laßen töten; Wenn eim auch noch so übel ist, Dennoch er gern das leben frist. Wenn man auch stets vom tode sag, Zu sterben schicken alle tag Und fleißig auf die fart bereiten, Noch komt er stetes zu unzeiten.