Die zweiundzwanzigste Fabel. Wie ein Gesell beichtet. Vor zeiten, da die mönch und pfaffen Gewalt hetten, die leien strafen, Sonderlich wenns kamen zur beicht In der karwoch, so mochts gar leicht, Wenn sie auf ein ein ganzes jar Ein groll hetten, denn musts hervor. Damit sie denn die armen gwißen Nicht bauten, sondern mer zerrißen, Daß mancher auch vor großem zag Also gieng hin beid jar und tag, Daß er beid beicht und sacrament Veracht, auch seinen Gott nit kennt. Wenn mans aber mit gaben stach, So ließens dennoch etwas nach. Wo einr war gegen in woltetig, Dem ward auch unser Herrgott gnedig. Da kennt ich einen jungen gsellen, Der wolt sich auch einst frümlich stellen, Kam zu eim mönch, der kennt in wol. Er dacht: wie ichs doch machen sol? »Wo ich nit breng ein gut presenz, So spricht er mir ein bös sentenz, Und wird mein sach aus übel erger.« Nam in die hend zwen schreckenberger, Triebs in der hand umb, daß ers sach; Der mönch im da ein ablaß sprach, Absolviert in von aller sünd. Wie nun der gsell wider aufstund, Ein kreuzer warf er im dahin; Da merkt der mönch erst seinen sin Und sprach, da ern kreuzer aufhub: »Du bist ein bub und bleibst ein bub!« So gets, wenn man das wort Gotts frei Verkauft und machts zur kremerei. Versündigen sich beid, der es kauft, Und der mit auf den jarmarkt lauft, Und wird durch misbrauch dahin bracht, Daß darnach jederman veracht. So ist die göttlich schrift verkummen Und der geiz überhand genommen, Daß ich glaub, wers lenger so blieben, Und daß der Luther nit geschrieben, Wern erger worden denn die heiden Und ewiglich von Gott gescheiden.