Die zwölfte Fabel. Vom Cardinal und einem Dorfpaffen. Campegius, der cardinal, Der bei uns teutschen überall Zu disen zeiten ist bekant, Das macht, daß er so oft gesant Vom bapst in vilen legation, Die er an keiser und fürsten tan: Zu Nürmberg ich einst vor im stunt Samt andern, da man handlen gunt Von einer reformation Der kirchen und religion. Einer hub an on als gefer Und sagt, wie daß vil beßer wer, Daß die pfaffen eefrauen hetten, So würd vil ergernus vermitten; Zohe an vil umbstend und ursachen, Davon der cardinal ward lachen. (Denn man die Walhen gmeinlich findt, Daß sie allsam also gesint, Der edlen teutschen mannlich tat Belachen und irn guten rat Und schelten uns vor ebriaken: Wiewol wir in jetzt recht die jacken Mit Gottes wort gar weidlich sticken, Damit den braten also spicken, Daß sie das maul verbrennen dran Und gnug daran zu kauen han.) Hub zu erzelen an ein boßen, Den ich unangzeigt nicht kan laßen, Und sprach: »Es ist jetzt zehen jar, Vom bapst ich abgefertigt war An keiser Maximilian, Der das mal het ausschreiben lan Fürsten und stend auf ein reichstag Gen Augspurg, da der keiser lag.« Da ward ich ausgehalten frei Zu sanct Ulrich in der aptei. Auf einen abent ich spaziert, In dem garten mich recreirt Mit dem canzler doctor Waldkirch; Der het keiserlich werb an mich. Ein alter dorfpfaff ongefer Kam gegen mir gegangen her Gezogen wie ein grober baur, Sahe ganz unlüstig und gar saur; Neigt sich und bot mir reverenz: Ich stund und gab im audienz. Er tet sich ganz erbermlich stellen, Gar kleglich hub an zu verzelen Und sprach: »Ich bin nun wol betagt Und hab daheim ein arme magt, Die mir von jar zu jar hat bracht Ungeferlich ein kind oder acht. Die wachsen auf und werden groß: Nun bin ich leider vil zu bloß, Daß ich sie all versorgen solt. Wiewol ich etlich gerne wolt In städten laßen handwerk lern, So find ich, daß mans nit hat gern, Wirst in vor irregularitet. Derhalb eur gnad zu bitten het, Ir woltet mir so gnedig fallen Und vor dieselben kinder allen Ein eebrief geben, des sie dorfen, Auf daß hinfürder nicht verworfen Und von den leuten unveracht, Wenns von eur gnad sein eelich gmacht.« Ich sprach: Wie, hast dich so geziert, Ein ergerlichen wandel gfürt, Damit zubracht dein ganzes leben, Den leuten bös exempel geben? Der pfaff sprach: »Herr, es ist versehen, Es sol fürbaß nit mer geschehen!« Ich sprach: So tu von dir das weib Und solch leben vor sünde schreib. Da sprach der pfaff: »Ich bin nun alt, Und sie anderst niern umb halt, Denn daß sie mein im alter pflege Mit kochen und die kinder hege.« Ich rief meim secretari her, Daß ers macht nach des pfaffen ger: Dem solt er sagen seinen sin. Sie giengen mit einander hin. Wir setzten uns ein weile nider; Nit lang da kam der dorfpfaff wider, Als wir ein kleine weil geseßen, Und sprach, er het noch eins vergeßen. »Obs kem in zukünftigen tagen, Daß sie wurd noch mer kinder tragen, Es weren meidlin oder knaben, Wolts gern auch mit verzeichnet haben, Daß irs in brief wolt mit einschließen, Daß sie der freiheit auch genießen.« Da ich ein solchen einfalt sach, Gab ichs auch seiner torheit nach. »Es mocht helfen vil oder wenig, Ich ward damit des pfaffen anig.« Bei disem gschicht ist wol zu hören, Was sie mit irem dispensieren Und ablaß haben ausgericht: Nur sünd und schand! ja, beßers nicht! Welch die göttliche ee verbieten, Mit schwert und feur dawider wüten; Daß aber als in hurerei Lebt unverschamt, dasselb ist frei, Und tut sein lachen jederman Als erbarlich und wol getan. Wunder, daß Gott erdulden mag! Drumb wirds in auch am jüngsten tag Ja mit dem hellschen feur gelont, Mit keinr barmherzigkeit verschont. Sodoma wirds treglicher sein Denn den, die underm frummen schein Treiben all sünd und büberei: Des versehe sich ein jeder frei.