Die zweiundneunzigste Fabel. Vom beißigen Hunde. Beim bauren war ein hund gar beißig Und auf die leut mit bellen fleißig, Drumb im sein herr anhieng ein schellen. Auf daß die leute vor dem bellen Und vor seinem beißigen wüten Sich nach dem zeichen mochten hüten. Darob der hund aus hohem pracht Seins gleichen hunde gar veracht Und meint, er trüg darumb das zeichen, Daß kein ander hund künt erreichen Sein tugent und geschicklichkeit; Solchs war den andern hunden leid. Da sprach zu im ein alter hund, Der die sachen vil baß verstund: »Das zeichen ist dir nicht gegeben Zu deinen eren, merk mich eben, Sondern daß die leut merken dabei, Was bosheit und schalkheit in dir sei, Und dich dest baß haben zu meiden. Zu einer straf must du das leiden; Daß man dabei deinr bosheit gdenkt, Ist dir die schellen angehenkt.« Es zeuht sich mancher das zun eren, Das man im mag zur schande keren. Wie oft die rumredigen pflegen Und sich einr großen schand erwegen, Umb kleine ere zu erlangen, Und bleiben doch zu letst behangen In solcher schand on alle er: Erfarnheit han wir des zu ler.