Die dreiundvierzigste Fabel. Von schönen und ungestalten Bäumen. Beinander wuchsen in eim wald Vil bäum gar schön und wolgestalt, Hoch, daß mans kont absehen kaum. Daneben stund ein kleiner baum, Ungleich, knorrecht, an ästen rauch, Den nennten die andern bäum ein strauch. Darumb daß er war kurz und klein, Verechtlich must er sten allein. Der herr hub, dem der wald zukam, Ein neues haus zu bauen an, Befalh, man solt im wald umbschauen, Die schönen hohen bäum abhauen, Damit das gbeu wurd aufgefürt. Ob etwas da wer ungeziert Und nicht zu seinem bau wer tüchtig, Das möcht bleiben sten als nichtig. Die zimmerleute giengen hin, Teten nach ires herren sin, Fellten die eichen und die tannen, Beschlugens und brachtens von dannen. Da blieb der klein allein bestan Und sprach: »Sols diese meinung han, Hab ich hernachmals nit zu klagen Uber die natur und ir zu sagen, Daß sie mich hat so klein erschaffen, Weil man die großen so tut strafen. Meinr ungeschlachte müß Gott walten, Hat mich heut bei dem leben bhalten.« Wir werden glert aus diesem gdicht, Daß wir uns han zu bklagen nicht, Ob wir misstellig von natur; Dieweil oft wird die schönheit saur Den schönen, und ir schöne gstalt Machts in der jugent grau und alt.