20. Es weht schon durch die Gassen Der kühle Abendwind, Und ich bin ein verlassen, Ein armes Menschenkind. Ich sah den Mond erscheinen, Der durch die Wolken bricht, Und weiß nicht: soll ich weinen, Oder wein ich lieber nicht. Gott grüß dich, alte Schenke, Mit deinem runden Schild; O gib ein gut Getränke, Das meinen Kummer stillt; Daß balde ich versetzet Ins Land der Träumerein, Wo sich das Herz ergetzet An buntem Märchenschein. Da draußen rauscht die Erle Und pocht ans Fenster leis, Hier innen steigt die Perle Im Glase silberweiß. Das ist der Wein, der mählich Das arme Herz beglückt Und mich so zauberselig Der Erde ganz entrückt. Von hohen Linden träum ich, Die auf den Wiesen stehn, Die Gipfel blütensäumig Im Mondenglanze wehn. Sie werfen ihren Schatten An Quellen frisch und klar, Dort tanzt auf grünen Matten Die leichte Elfenschar. Es thront die Königinne In ihres Lagers Rund, Der zuckt die glühnde Minne Um Wang und Rosenmund, Der leuchtet in den Blicken Ein blaues Sternenlicht, Und schöne Locken nicken Hinab in ihr Gesicht. Die schwebenden Gestalten, Wie sind sie schlank und zart, In ihren Händen halten Sie Blumen seltner Art. Um nackte Schultern rauschen Die luft'gen Schleier weit, Und üpp'ge Glieder lauschen Aus knappem Seidenkleid. Sie drehn die kleinen Füße Nach süßer Melodei Und winken schnelle Grüße Und huschen rasch vorbei; Sie ringen und umschlingen Sich mit den Armen hold, Sie küssen sich und schwingen Das volle Lockengold. Sie singen wundertönig, Sie singen hell und rein – Und ich will euer König, Ihr Elfenkinder, sein. An blühenden Lindenbäumen, In stiller Mondenpracht, Da will ich lieben, träumen Mit euch die ganze Nacht. Ha, wenn auf zarter Lippen Hellglühndem Purpursamt, Den süßen Tau zu nippen, Mein wildes Küssen flammt, Da sinkst du Königinne Herab von deinem Thron – Es siegt mit seiner Minne Der kühne Erdensohn! Da wacht' ich auf – es gingen Die Schenkenlichter aus, Mit Lachen und mit Singen Zog jeder Gast nach Haus. Die Nacht lag auf den Gassen, Kalt pfiff vorbei der Wind, Und ich war ein verlassen, Ein armes Menschenkind.