3. An Dorindigen, als er derselben bey später Herbstzeit ein schön Streüßgen von Vergißmein nit übergab 1. Mein Dorindgen nimm die Blume Mit beliebten Händen an, Welche dir zu schönen Ruhme Selbst den Frühling trotzen kan, Gönn ihr doch dein Angesicht, Weil sie so beweglich spricht, Vergiß mein nicht. 2. Höre mein Dorindgen, höre Wie der stumme Redner schreyt, Und ertheile mir die Ehre Deiner Vnvergessenheit, Du verstehst es wohl, mein Liecht, Denn ein jedes Blätgen spricht, Vergiß mein nicht. 3. Schaue die verliebten Farben, Schaue die Vermischung an, Welche durch die zarten Narben Blau und gelbe spielen kan, Und dieweil der Unterricht Deinem Hertzen auch geschicht, Vergiß mein nicht. 4. In dem kühlen Rosenthale War es gestern auffgeblüht, Da man auff dem Blumen-Saale Selbst erzeugten Zierrath sieht, Drum, so lange Lust und Liecht Durch die Rosen-Auen bricht, Vergiß mein nicht. 5. Andere schöne Blumen legen Ihre frembde Zierligkeit Dieser Demuth zwar entgegen; Doch sie irren trefflich weit: Meine Blum ist abgericht, Daß sie ohne Falschheit spricht, Vergiß mein nicht. 6. Drum so nimm auch diß Geschencke Mit geneigten Händen hin, Mein Dorindgen und gedencke Mein im besten, wo ich bin; Denn das schönste Blümgen spricht, Wenn die Hoffnung selbsten bricht, Vergiß mein nicht.