6. An einen verliebten, aber doch sehr hoffärtigen Lieder-Dichter 1. Mein Freund, was fluchst du auff die Sterne, Was klagst du ihr Verhengnüß an, Als hätten sie dir auß der Ferne So grossen Uberlast gethan? Ach bilde dir auf ihren Schein Doch nicht dergleichen Händel ein. 2. Die Sterne welche droben schimmern Sind warlich viel zu stoltz darzu, Als daß sie sich darum bekümmern Was ich allhie auf Erden thu: Drum dencke daß dir auch so ist, Dieweil du meines gleichen bist. 3. Es sind ja freylich andre Sachen Der hohen Satzung unterthan; Doch darffst du nicht die Rechnung machen Als gieng es dich ingleichen an: Denn was dein schwacher Sinn begehrt, Ist offt kaum deiner Sorgen wehrt. 4. Da heist ein Irrthum der Gedancken Alsbald der Sterne Gauckelspiel, Und wenn die Sehnsucht auß den Schrancken, Der Klugheit sich entreissen will, So muß der unbewißne Zwang Des Glückes vor die Richterbanck. 5. Wann wir begehrten was wir solten So stünd es allenthalben gut, Und wir bekämen was wir wolten; Hingegen wo man das nicht thut, Da quält man sich mit Ungedult: Doch hat der Himmel keine Schuld. 6. Mein Freund der Stern ist im Gehirne Der dir so unglückselig straalt, Und hinter deiner eignen Stirne Steht dein Verhängnüß abgemahlt. Der Himmel läst dich wohl zur Ruh, Sprich du nur selbst dein Ja darzu.