Überflüssiger Gedancken drittes Dutzent Darinnen unterschiedene Sachen begriffen, so vormals auf dem Schauplatze unvergnügter Liebhaber vorgestellet worden. 1. Der unerkannte Liebhaber 1. Mein Liebgen wil es nicht verstehn, Daß ich in sie verliebet bin, Sie kan vor mir vorüber gehen, Als hätte mein getreuer Sinn, Der ihre Lieb und Gunst begehrt, Sich nach der Gnüge nicht erklärt. 2. Ich kan die allerschönsten Blicke Geniessen als ein guter Freund; Doch hab ich nicht das hohe Glücke, Daß sie es in dem Hertzen meint, Daß sie auff mich viel Kundschafft legt Und ein Verlangen nach mir trägt. 3. Wil ich bey ihr die Zeit vertreiben So lässt sie mich mit Willen ein; Jedennoch will ich aussen bleiben, So kan sie auch zufrieden seyn, Sie henckt deßwegen vor das Hauß Gar keinen schwartzen Flor hinauß. 4. Und was mich treflich kan verdriessen, So ist das lose Tausend-Kind Vor allen andern drauff beflissen, Wie sie mir Reden abgewinnt, Und meine Brunst hindangesetzt Mich nur mit fremden Mädgen hetzt. 5. Ich darff dieselben nicht verachten, Dann sonsten hieß es alsobald, Daß wir es nirgend anders machten, Und wären weder warm noch kalt: Und gleichwohl wann ich freundlich thu So heists ich spreche ja darzu. 6. Ich darff ihr zwar die Hände drücken Die meinen aber drückt sie nicht, Ich spiele mit verkehrten Blicken, Und sie behält ihr Angesicht, Mein Fuß der stösst sie ungefehr, Jedoch sie stösst nicht wieder her. 7. Den süssen Purpur-Mund zu küssen Geht mir zu schwer und sauer ein, Dieweil ich mich befürchten müssen Es möcht ihr nicht belieblich seyn, Wiewohl was hilfft ein kalter Kuß, In dem man sonsten warten muß. 8. Ich schwatze viel von Liebes Sachen Wie es die Leutgen in der Welt An dem und jenem Orte machen, Vnd alles was mir wohl gefällt, Das macht mein höchst-verliebter Mund Ihr durch verblümte Reden kunt. 9. Ich kan sie aber nicht erwischen, Sie schlägt die Reden in den Wind, Vnd lässt mich in dem Wasser fischen Da keine Fische drinnen sind, So eilt die junge Zeit dahin, Daß ich stets auß mir selber bin. 10. Vnd also seh ich meine Freude Nur zwischen Furcht und Hoffnung stehn, Vnd kan in meinem Hertzen-Leide Der Wollust nicht entgegen gehn, Der Himmel hat es so gefügt, Ich liebe wol, doch unvergnügt.