3. Verwirrung zu Hofe
Es sind die Sachen stets zu Hofe so verwirret,
Dass mancher hier aus
Noht,
und
mit Bedencken irret:
1
Dass man
aus Armuht
hier offt treibet
grosse Pracht,
2
Und sein
Unwissenheit
selbst sich
zu Nutzen macht;
3
Offt thut
allhier ein
kluger Mann,
4
Was ihm ein
Jeck'
und
Thor giebt an;
Offt hat
der Narren ihre Thaten
Allhier
ein kluger Mann gerahten.
Fußnoten
1
Und mit Bedencken irret. Dale
der Königin
Elizabeth
Abgesandter in Flandern schickte einst in einem Bündel an den geheimen Staats-Schreiber
zwey Briefe,
einen an die Königin, und den andern an
seine Frau;
hatte aber auf der Königin Brief die
Aufschrifft
an seine Frau, und hergegen auf seiner Frauen ihren, der Königin Aufschrifft gesetzet: so dass als die Königin ihren Brief öfnete, sich nicht wenig verwunderte, als sie so gleich im Anfang,
mein Schatz,
und hernach an unterschiedenen Orten,
mein Engel, mein liebstes Kind,
mit dem Zustand seines Leibes, und
dass es ihm nunmehro an Geld zu ermangeln beginne,
zu lesen bekam. Man kan sich leicht einbilden, wie sehr sich die Königin über dieses ihres Abgesandten
vermeintes Versehen
ergetzet habe; das beste aber von dieser Geschichte ist, dass ihm die Königin, die sonst nicht gerne nach dem Beutel griff, so gleich darauf
einen ansehnlichen Wechsel
übermachen liess.
2
Dass man aus Armuht hier offt treibet grosse Pracht.
Damit man
den Glaubnern
die Augen verblende, und auf gute
Borgschaft
loss leben könne.
3
Und sein' Unwissenheit selbst sich zu Nutzen macht.
Die Königin
Maria de Medicis
gab einsten ein
öffentliches Gehör
an einige
Bohtschaffter aus der Schweitz.
Als nun der jenige der das Wort führete, seine Anrede beschlossen, so fragte die Königin,
Melson ihren Dolmetscher,
was der Bohtschafter ihr Anbringen gewesen sey, damit sie darnach ihre Antwort einrichten könte. Die Herrn Bohtschaffter, antwortete
Melso
n mit grosser Freymühtigkeit,
ohngeachtet er kein Wort von ihrer Sprache verstand,
haben gesaget; dass Ihre Königl. Majestät die Schönste, Tugendhaffste, und grösste Printzessin der Welt sey', und fuhr weiter fort die Königin hoch herauszustreichen. Als aber einige die zugegen waren, und
der Schweitzer ihre Sprache verstanden,
sagten, dass die Bohtschaffter von allem diesen nicht die geringste Meldung gethan; so antwortete
Melson
in grossem Eifer und Zorn:
Haben sie es nicht gesagt, so hätten sie es sollen sagen.
Nun kan man urteilen, ob ihm diese seine Unwissenheit zum Schaden oder Vorteil bey der Königin gediehen sey.
4
Offt thut allhier ein kluger Mann etc.
Es ist unstreitig, dass wie an einer Seite
kluge Leute
aus eines
unbesonnenen Menschen Rede
unterweilen eine unverhofte
Unterrichtung
nehmen, und dieselbe hernachmahls sich zu Nutz zu machen wissen; also an der andern
einfältige Leute
sich durch dasjenige, was ihnen ein
kluger Mann
gerahten, vor der Welt nur lächerlicher machen, weil sie es entweder
zu unrechter Zeit,
oder auf eine
ungeschickte Weise bewerckstelligen.