34. An ein gewisses Frauenzimmer
Ich habe mit Bedacht die Zeilen ausgestrichen,
In welchen meine Muse blitzt',
Dass man
den Sternen
euch so
ungeschickt
verglichen;
1
Ich selbst vergleich' euch ihnen itzt:
Sind eurer nicht
so viel,
dass man so leichtlich fehlet,
Wenn man
euch,
als die
Sternen
zehlet?
Gleicht nicht im
Regenkleid'
ein schönes Frauen-Volck
Den
Sternen unter einer Wolck?
Und dass ich euren Ruhm in zweyen Worten sage,
Und keine mich halt' im Verdacht:
Ihr seyd an Häussligkeit den Sternen gleich bei Tage;
2
An Schönheit aber gleich bey Nacht.
Fußnoten
1
Dass man den Sternen euch so ungeschickt verglichen.
Es hatte ein gewisser
ungeschickter Poet
dieses Frauenzimmer den Sternen verglichen, ohne
zu sagen worin.
Weshalben man in der vorigen Ausgabe diese
schwermende Vergleichung
verlachet; und die darauf gemachte Uberschrift mit folgenden Verse beschlossen hat:
Die
Sterne
macht die
Zahl
berühmter, als ihr
Licht.
Man hat aber diese Uberschrift, weil es schiene als hätte man dieselbe so wol wieder das
Frauenzimmer
als den
Poeten
gerichtet, nicht allein ausgestrichen; sondern auch, damit man gäntzlich aus dem Verdacht käme, und vor keinen
Timon
gehalten würde, dieselbe in einer andern den Sternen selbst vergleichen wollen.
2
Ihr seydt an Häussligkeit den Sternen gleich bei Tage.
Denn bei Tage lassen sich keine Sterne sehen. Weswegen auch
Pindarus
in seiner ersten Olympischen Ode, den
Himmel bey Tage, eine öde Wüsteney
nennet.