Christoph Martin Wieland Lady Johanna Gray oder Der Triumf der Religion Ein Trauerspiel [Motto] – – Frustra leges et inania Jura tuenti Scire mori sors optima! – – Personen Personen. Lady Johanna Gray. Lady Suffolk, Mutter der Johanna. Der Herzog von Suffolk, ihr Vater. Der Herzog von Northumberland, ihr Schwiegervater. Lord Guilford, Gemahl der Johanna. Der Bischof Gardiner. Sidney, Vertraute der Lady Johanna. Offiziers und Leibwache. 1. Akt 1. Szene Erste Scene. Schon lange hallt das Innre des Palastes Von klagendem Getön – Des Königs Schicksal, Dein Schicksal, Albion, wird jetzt entschieden! Wie bebt mein ahnend Herz! – Doch, seh ich, nicht Des frommen Suffolk schöne Tochter, Und Guilfords Braut, die königliche Lady Johanna Gray, sich nahn? – Ihr thränend Auge Verkündigt eine böse Botschaft! Es ist geschehn! – Der König ist nicht mehr! Mein Freund, mein Bruder Edward! – gute Sidney, O hilf mir weinen! Weine, gute Sidney! O! misch' in meine und in Englands Thränen Die Deinigen – der König ist nicht mehr! Gott! welch ein Schlag! Weh uns! – O Gott! wie schwer Fällt deine Hand auf uns! – Mit ihm Sinkt Albions letzte Hoffnung! Einer solchen Tugend War diese Welt nicht werth! Der Himmel hat Sein stärkres Recht, an ihn zurückgefodert. Zu froh! Ach! allzufrüh, o theurer Jüngling, Eilst du zurück, die Himmelsluft zu athmen Wo du geboren warst – zu früh für uns, Eh noch die goldnen Tage kamen, Von denen uns die Morgenröthe schon Aus deinem hulderfüllten Antlitz strahlte. Dich flehten unsre ungestümen Seufzer Dem Himmel ab, dich, unsre letzte Hoffnung! Zu dir, zu dir rang ein gequältes Volk Die wunden Arme, seiner Fesseln müde, Der Tyranney, der Todesscenen müde, Ermüdet zwischen Furcht und banger Hoffnung Ein ungewisses Leben fortzuschleppen. Zu dir hob mitten aus den Flammen Die leidende Religion ihr Auge In heissen Thränen auf! – Ach! Edward, Edward Fliehst du von uns? Eh deines Volkes Glück Dich mit dem süssen schönsten aller Nahmen, Dem Nahmen, der im Ohre frommer Fürsten So lieblich tönt, dem Vaternahmen, krönte? Diess, Freundin, diess durchbohret mir die Seele! Mein eigner Schmerz, so scharf er ist, verschwindet Im allgemeinen Elend! – O! mein Vaterland, Du kennst noch nicht in seinem ganzen Umfang Den Werth des Guts, das du verloren hast. O! grosse Thaten, werth des Nachruhms, werth Von künft'gen Altern nachgeahmt zu werden! Den Fürsten, die noch ungeboren sind, Erhabne Muster, hat sein früher Tod, Der Welt geraubt! Was schön, was edel ist. Was erst den Menschen, dann den König bildet, Des dritten Edwards väterlicher Sinn Zu seinem Volk, und Richards Löwenmuth, Der kluge Geist des Salomons der Britten, Das ganze Kor der Schwestertugenden, Die einst sich Alfreds Brust zum Tempel weihten, Befruchteten sein Herz. Wie Davids Sohn Bat er von Gott nicht Macht, nicht Ruhm, nicht Gold, Er bat um Weisheit, und er ward erhört! Vergebens bot ihm mit Sirenenlippen Die Wollust ihre schnöden Süßigkeiten; Wie Herkules verschmäht' er sie, und wählte Der Tugend steilen Pfad, den Weg der Helden! Und o! wie zärtlich war sein fühlend Herz, Wie scharf sein innres immer waches Ohr, Der Weisheit leise Warnungen zu hören! Wie weit verbreitet seine Menschenliebe! Gefühlvoll für die Leiden seiner Brüder, Von Sehnsucht glühend Allen wohlzuthun, Schnell zum Verzeihn, und nur der Bosheit streng, Wie sanft, wie frey von Stols und eitler Selbstheit, Der Wahrheit hold, auch wann sie ihn bestrafte – 1 O! mein zu weiches Herz! – O theures Bild, Ists möglich, bist du alles, was von ihm Mir übrig ist? O flieh! du täuschest mich Ihn mir so lebend, so mit jedem Zug Mit jedem Lächeln seiner holden Augen, Stets vorzustellen – Theurer Jüngling! Nimmer Acht Nimmer wenden diese holden Augen, Auf die Gespielin deiner Kindheit lächeln – Nie wird mich deiner Stimme süsser Ton Beym Nahmen rufen! Nimmer werden uns Bey deines Platons göttlichen Gesprächen Die Winterstunden zu Minuten werden! Ists möglich, kannst du mich zurücke lassen? Mich, deren Seele mit der deinigen So zart verwebt war! – Ach! Und wo? wo lässt du mich? Und eilst zu deinen anverwandten Engeln! Gerecht sind deine Klagen, fromme Schöne: Doch bald wird sie der allgemeine Jammer Unhörbar machen! – Ach! die schwarze Stunde, Da Edward starb, ist Englands Todesstunde. Sein Tod wird ganze Hekatomben würgen! Die Freyheit stirbt mit ihm, die nun so lange, Aus Griechenlands und Rom's Ruinen flüchtig, In Albion sich eine Zuflucht suchte. Und ach! Was wird die Kirche Gottes werden? Die kaum errettet aus des Tiegers Rachen, 2 Zu athmen anfing, unter Edwards Schutz Die erste goldne Zeit der Christen hoffte; Die Tage hoffte, da das heil'ge Volk Noch auf dem Pfade seines Meisters ging, Da Unschuld, Sanftmuth, ungefärbte Liebe Das Merkmahl war, woran man Christen kannte? Ach! jede Hoffnung bessrer Zeiten sinkt In Edwards Grab! Und welche Schreckgestalten Zeigt uns die Zukunft? Bald, o schrecklicher Gedanke! Verschlingt die Erde, bebend vor Entsetzen! Das Blut der Zeugen, das aus Flammen sprudelt, Maria leiht der priesterlichen Wuth Den königlichen Arm, Weh uns! was bleibt Der nackten unbewehrten Unschuld übrig? Wenn du, o Gott, dich unser nicht erbarmest, Und Edward aus den Au'n des Lichts herabsteigt, Der treue Schutzgeist seines Volks zu bleiben! Er wird, er wird es seyn! Kein Mutterherz Schlägt zärtlicher für ihren ersten Säugling, Als Edwards Herz für sein geliebtes Volk, Vor allen trug er die in seiner Brust, Die nach der Reinigung der Kirche seufzten, Und an das Werk des Herrn voll Heldenmuths Die Hand schon angelegt. Nur die Erinnerung An sie, hielt seine Lust zum Sterben auf. In dieser Nacht, da schon sein Geist im Eingang Des Himmels schwebte, naht' ich unbemerkt, Beym düstern Schein der Lampe, seinem Lager, Er betete. Sein, thränenvolles Auge Schien unverwandt zu Gottes Thron entzückt, Und sagte mehr, als Worte reden können. Doch brach die Inbrunst seines Herzens oft In Seufzer aus, die auf den starren Lippen Zu Worten wurden, und in meine Brust Wie Pfeile drangen: »Gott, (so hauchte sich Die heil'ge Seele aus) o Gott nimm mich zu dir! Nimm meinen Geist aus dieser Welt des Abfalls Zu dir, und zu den Geistern, die dich lieben, Und deinen Willen thun. – O! meine Seele Lechzt lange schon dein Angesicht zu schauen! Du Vater, weissest es, wie gut mirs wäre, Bey dir zu seyn! Und doch, um derer willen Die du erwählt hast, um der Frommen willen, Die zu dir weinen, lass mich länger leben! Noch leben, bis das grosse Werk vollbracht ist, Dein Reich in Englands Grenzen fest zu gründen. Doch nicht mein Will', o Vater, sondern deiner Gescheh! 3 Hier schwieg sein Mund, und mir Zerfloss das Herz in nahmenloser Wehmuth. Des frommen Edwards letztes Seufzen wird Und kann nicht unerhört zum Himmel steigen. Zwar Edward starb! Doch Der, zu dem er flehte, Hat tausend Mittel uns zu retten übrig. Die Wege Gottes sind dem blöden Menschen Geheimniss; die Gedanken, die er denket, Sind nicht wie unsre eiteln Traumgedanken. Nur Wunder, die wir nicht berechtigt sind Zu fordern, können uns dem offnen Rachen Des Untergangs entreissen! – Edwards Krone Fällt nach dem Reichsgesetz, und Heinrichs letztem Willen Jetzt auf Mariens Haupt. Die Stund' ist da, Auf welche sie ihr racheschnaubend Herz So lang vertröstete, die Stund' ist da, Nach der sich Rom und seine Priester sehnten. O! was für grauenvolle Scenen Von Blut und Mord weissagt mein bebend Herz! Schon lange lechzt ihr Eifer nach dem Blute Der Heiligen! – Von Mönchen mit gezücktem Stahl, Von Priestern, die mit räuberischer Faust Den Donner Gottes schleudern, rings umgeben, Wird sie, die neue Königin, den Thron Auf Todtenschädel gründen, und den Himmel Und Roms erzürntes Haupt mit Menschenopfern Versöhnen wollen. Bonner, Gardiner, Und andre, deren tief versteckte Bosheit Zu Edwards Zeit sich in Verstellung hüllte, Stehn schon bereit, den Gott der sanften Liebe In ihrer heuchlerischen Wuth zu rächen. Ach, Sidney! – Ach! Die Zahl der Wahrheitsfreunde, Der Redlichen, verliert sich in der Menge Der falschen Seelen, die von jedem Winde Wie Rohre wanken, immer fertig sind, Dem zuzurauschen, den das Glück begünstigt. O England! O zu früh verwaiste Kirche! So kürzlich erst gepflanzt, jetzt schon im Keime Von strenger Glut versengt! O kleine Schar Der ersten schwachen Säuglinge der Wahrheit! Für euch bricht mir mein schwesterliches Herz, Für euch thränt unversiegt mein ahnend Auge! Der Himmel zürnt den frommen Thränen nicht, Dem Zoll der Menschlichkeit; er fordert nicht, Dass wir gefühllos seiner Schläge lächeln. Lord Guilford kommt, Prinzessin, deine Klagen Und den gerechtsten Schmerz mit dir zu theilen. Ich geh', der Stadt, die zwischen Furcht und Hoffnung Erwartend schwebt, ihr Schicksal anzukünden. 2. Szene Zweite Scene. LORD GUILFORD. O Guilford! komm! und mische deine Thränen Den meinigen! – O Freund! wie elend macht Uns dieser Morgen! – Ach! Wie bald, wie plötzlich, Wie tief sind wir der schönsten Morgenröthe Des Glücks entstürzt! – O wie ist um mich her Die Welt zerstört! Wie schwarz das Licht der Sonne! Die Sfären stehen! Stumme Todesstille Ruht auf der Schöpfung! – Guilford, du allein Bist mir noch übrig (letzter Trost im Elend!) In deinem Arm mein Leben, ungetadelt Und ungestört, in Seufzer auszuhauchen. O! du – wo find' ich einen Nahmen. Der deinem Werth, und meiner Liebe gleicht? Du schönste, reinste Seele, die sich je In Engelsbildung dieser Erde, zeigte, Ersinke nicht den Leiden, die dein zartes Herz Zerreissen! Zage nicht, du meine Lebens Wonne. Noch Ist alles nicht verloren; noch ist Hoffnung da. Dein Vater, dessen fromme Redlichkeit Und sanfte Gute jedes Herz schon lange Sich eigen machte, und Northumberland Das Haupt des Raths, mein Vater; und viel andre Der edelsten des Reiches, deren Ansehn, Von Macht und Gunst des Volkes unterstützt, Mariens Anhang leicht zur Erde drückt, Die alle leben noch, und leben nur Zum Schutz der guten Sache! – O Guilford! Hoffe nicht Auf Menschen, deren Kraft ein Schatten ist, Ein Traum ihr Leben! Hoffe nicht Auf Stützen, die vom schwächsten Stosse fallen! Dort über uns – schau durch die Wolken auf, Die unserm Blick die sel'ge Ansicht wehren! – Dort wohnt, von Engeln, die ihr Wink bewegt, Umringt, dort wohnt die Macht, die uns erretten kann! Sie schaut auf uns herab! Sie lenkt, sie ordnet alles! Nur der Gedank' an sie – hält meine Seel' empor, Dass sie nicht ganz ersinkt! Vertraue nur, Du schöne Heilige! vertraue du Der Vorsicht, die du glaubst, und deren Macht und Güte Gleich unbegrenzt, gleich unaufhaltbar ist. Sie wird uns rotten! Aber sie gebraucht Zu ihren unsichtbaren Thaten stets Die sichtbare Natur, den Lauf der Dinge, Der Menschen Arm, und Witz und Leidenschaften. Sie wird die Helden, die dich jetzt zum Heil Des Vaterlands verbinden, zweifle nicht! – Mit Klugheit und mit starkem Muth begeistern. Der Rath versammelt sich. Den Augenblick, Da ich hierherging, sah ich meinen Vater, Mit Mienen, die! ein wichtiges Geheimniss Zu decken schienen, Hand in Hand Mit deinem Vater zur Versammlung eilen. Mir ahnet was. Ein zweifelhaft Gerücht Schleicht leis' am Hof umher, und murmelt heimlich, Von einem Mund zum andern. – Edward habe, In seinen letzten Stunden noch bekümmert Für unser Wohl, ein Testament verlassen, Wodurch die römischdenkende Maria Vom Throne ausgeschlossen sey. Ist diess, So hat des besten Königs früher Tod Die Aussicht einer bessern Zukunft uns Nicht ganz geraubt! So kann noch Albion, So kann die Kirche, die nach Freyheit schmachtet, So kann dein Guilford, der in dir den Himmel Der Tugend und der Schönheit mit Entzücken Sein eigen nennt, noch frey, noch glücklich seyn! Was du mir sagtest, ist mir unbegreiflich. Wie kann des achten Heinrichs letzter Wille, Der, wenn der Himmel Edward fordern würde. Den Thron Marien giebt, vernichtet werden? Wie kann das Volk, wie kann der Rath der Edeln Die Heiligkeit theuren Eides brechen, Wodurch sie sich dem Sterbenden verbanden? Wie konnte Edward, er, dem die Tugend Uns achtbar ward, des Vaters Angedenken so Entehren? – Nein! er konnt' es nicht! Auch mir ist ein Geheimniss was ich seh, Und was ich hör', und was mein Herz mir weissagt. Doch bald – Ein Officier erscheint. Lord Guilford, der Senat erwartet dich. zum Officier, der wieder sich entfernt. Gut! Nun wird alles sich uns bald enthüllen. Jetzt fordert mich die Pflicht. Ich stahl den Augenblick Nur, Theurste, dich zu sehn, und deinen Muth Mit einem Strahl von Hoffnung zu beleben. Jetzt sind Minuten mehr als Tage werth, An einer einzigen vielleicht Hängt Englands Schicksal und das unsrige. Die Feinde schlummern nicht – Ich eile, desto bälder Zu dir zurückzufliegen – Lebe wohl! Ein guter Engel leite deine Tritte! 3. Szene Dritte Scene. allein. Indessen, dass die Weisen, dass die Väter Des Reiches sich zum Heil des Staats berathen, Was kann ich thun? Ich, deren Herz so feurig Für Englands Glück, fürs allgemeine Wohl Der Menschen schlägt! – Was kann ich thun? – Ach England, Mein mütterliches Land, ich kann nur weinen! Nur über deiner Noth mich selbst vergessen! Nur einsam weinen, und, die schwachen Arme Gen Himmel ringend. Dich um Hülfe flehn, O du der Engel und der Menschen Vater! – Komm! stille Ruh, komm süsse Einsamkeit, Umschatte mich! O, kommt, geliebte Bilder Von Tod und sanfter Ruh im stillen Grabe, Und vom Triumf der fesselfreyen Seele, Die sich dem Staub entschwingt! Nur ihr allein Besänftigt meinen Schmerz, nur ihr vermögt den Kummer In schlummerndes Vergessen einzuwiegen! 2. Akt 1. Szene Erste Scene. allein. Wenn nicht das Schicksal, oder eine Gottheit, Die nur zu mächtig ist, mein Werk zerstört, Die Arbeit vieler Jahre; vieler einsam Durchwachten Nächte, wenn mich Alles nicht Betriegt, verlässt – so trennt mich nur ein Schritt Vom höchsten Gipfel, den der Stolz des Menschen Erstreben kann! – Wie günstig fügt sich alles Nach meinem Wunsch! – Durch seiner Tochter Band Mit meinem Sohn, ist Suffolks Ansehn mein! Das Volk ist mein durch Guilford. Wie bequem Erblasst der junge Fürst! Sein letzter Wille, Beschworen von den Mächtigsten des Reichs, Die, willig oder nicht, mein Ansehn zwang, Schliesst Heinrichs ältste Tochter von der Krone Auf ewig aus, und giebt Johannen Gray Den Königstitel, mir des Scepters Macht! Mariens Anhang darf, durch diesen Streich Als wie von einem Donnerkeil getroffen, Nicht wagen, sein bestürztes Haupt zu zeigen. Das Volk, das Rom und seine Fesseln hasset, Nach Freyheit seufzt und vor Marien bebt, Wird mit Entzückung, wird mit offnen Armen Die neue Königin von Edwards Hand empfangen, Die ihm so ähnlich ist, – die er so zärtlich, Wie seine Schwester liebte, deren Tugend So viel verspricht! Ja alles, alles stimmt In meine Absicht ein! – O! Welche Aussicht Umglänzet mich – Zwar musst' ich sie erkaufen! Und theu'r erkaufen! – Bedford musste fallen – Der junge König – Doch, verschliesse dich In meine Brust, verderbliches Geheimniss, Und ruh auf ewig da! Ein undurchdringlich Dunkel Umhüllt mein Werk! – Wer kommt? – Sie ist es selbst! Wie schön, wie unschuldsvoll! Wie mahlt ihr Antlitz Ein königliches Herz! Wie werth ist sie Des Glücks, dass ihr mein Mund entdecken wird! 2. Szene Zweyte Scene. Northumberland. Lady Johanna. Komm, meine Tochter, lass mich dich umarmen, Zum letzten Mahl dich mit dem süssen Nahmen, Begrüssen, der – JOHANNA. Was sagt mein theurer Lord? – Zum letzten Mahl? – So will die Pflicht es künftig! Johanna, fasse dich! Vernimm, verehre Des Himmels Fügungen! – Der letzte Wille Des guten Fürsten, den der Tod uns raubte, Der heilge Wille, dessen Feyrlichkeit Des Rathes Schwüre unverletzlich machen, Erkläret – dich – zur Königin der Britten. Mich? Mylord! – hör ich recht? Ists Guilfords Vater Der mit mir spricht? – Ists möglich? Kann er wohl In dieser ernsten Stunde, da der Himmel Durch Edwards frühen Tod Brittannien Das Todesurtheil spricht, – in dieser Stunde, Da jeder weint, dem in der Brust ein Funke Von Tugend glüht; da nahmenloses Elend Auf unsrer Scheitel hängt, kann Guilfords Vater Mit seiner leidenden Johanna scherzen? Mich wundert nicht, das solch ein Wechsel dir Unglaublich scheint! Dass, nicht dazu bereitet, Dein überraschtes Herz, von tausend neuen Empfindungen ergriffen meine Reden Fur Täuschung hält! Doch ferne sey von mir In dieser ernsten feyerlichen Stunde, Die unsern Thränen um dem besten, König, Die Englands Rettung, die dem Schutz der Kirche Geheiligt ist gedankenlos zu scherzen! Nichts ist gewisser, als dass dich der Himmel Zu dem glorreichen Werk ersehen hat, Von welchem Edward abgerufen ward. Wie kann ichs glauben, theurer Lord? Dein Zweifel Beleidigt mich: jedoch bald wird dein Vater, Und Guilford, und der glänzende Senat Brittanniens, zu deinen Füssen liegend, Dich überzeugen! – Fasse dich, Johanna! Sey deiner würdig! Sey des Thrones würdig, Der grössern Glanz, als er dir geben kann, Von dir empfängt. Fliesst nicht das reinste Blut Des königlichen Stamms in deinen Adern? Wen fordert wohl die Kirche und der Staat, An Edwards Statt sie zu beglücken, Als dich, in deren Brust der gleiche Geist Der Tugend und der Menschenliebe athmet? Wie soll – wie kann ich sagen was ich fühle? Und hätt' ich Worte, so vertagt die Zunge mir Sie auszusprechen – O wie konnt in Edwards Herz, Wie konnt in Eures, Mylord, ein Gedanke Wie dieser, kommen? – Ich erröth' und zittre Es euch zu sagen, – Nein, ich fass' es nicht, Wie eure Klugheit, euer langgeübter Erfahrner Geist euch so verlassen konnte! – Doch, ich begreife mich! – Mein theurer Vater, Verzeihet meiner Jugend und Bestürzung! Ein brennend heisser tugendhafter Eifer, Vom Rand des Untergangs sein Vaterland Zurückzureissen, kann den Weisesten Zu, einem Anschlag treiben, den die Klugheit, Bey kälterm Blute, unterdrücken, würde! Doch, sagt mir, wird das Volk nicht wohlberechtigt zürnen, Wenn, statt der Erbin, die das Reichsgesetz Zum Throne ruft, der Enkelin, der Tochter, Und Schwester seiner Könige, ich, Suffolks Tochter, Geboren zum Privatstand, zum Gehorchen, Ihm aufgedrungen würde? – muss nicht Zorn und Unmuth Auf jeder Stirne glühn? Wird Roms Partey, So zahlreich und so mächtig wie sie ist, Unthätig bleiben? Oder kann man glauben, Die Tochter Heinrichs, die ihr Stand dem Volke Ehrwürdig macht, ihr Unglück liebenswerth, Glaubt man, sie werde keine Freunde finden, Die sich für sie bewaffnen? Und nicht nur Für sie, für die verletzte Heiligkeit Der alten Reichgesetzte, die der Britte Als des Palladion seiner Freyheit ehrt! Wird Östreichs Macht, vor der der Erdkreis bebt, Wird Filipp dessen, unbegrenzter Scepter Die beiden Indien, schreckt, der Bräutigam, Den das Gerüchte der Prinzessin giebt, Sich säumen, ihr gekränktes Recht zu schützen? Was wird dann gegen eine Welt voll Feinde Ein schwaches unerfahrnes junges Mädchen Euch helfen können? – – Meine theure Tochter! Ich liess dich ungehindert alles sagen, Was, wider unser Hoffen, deiner Seele Erhabne Grossmuth hemmt. Wie konnten wir Auch nur vermuthen dass, Johanna Grey, Sie, die ihr Geist, ihr Herz, ihr Edelmuth, Weit über ihr Geschlecht und zartes Alter Erhöht, wie konnten wir sie fähig glauben, Der herrlichsten Bestimmung sich, zu weigern, Wozu der Himmel Menschen oder Engel. Berufen kann? – Verbanne diese Kleinmuth! Schwing über diese weiblichen Gedanken Dich weg, Johanna! Denke, was dein Herz Dein Vaterland, dein Glaube von dir fordert. Geziemts der Tugend wohl, vor Schwierigkeiten, Die ihrem Laufe trotzen, sich zu scheuen? War das der Muth, der jene Helden trieb, Die, unerschreckt durch dräuefide Tyrannen, Für Freyheit, für den Staat, ihr Leben wagten? War das der Muth, der in den heiligen Zeugen Der Wahrheit brannte, der sie fähig machte, Dem Tod in jeder Schreckgestalt zu lächeln? Doch meine Tochter! Was dein Edwalrd selbst Dir sterbend auferlegt, was jetzt durch mich Der brittische Senat, durch sie das Volk Dir aufträgt, fordert keinen Heldenmuth, Kein Opfer! Alle diese Schwierigkeiten, Die Welt voll Feinde die Gefahren alle, Sind nur Geschöpfe deiner Fantasie, Die noch von Edwards Tod erschüttert ist. Die Zahl der Redlichen, der Patrioten, Ist grösser als du denkst. Wer Freyheit liebt, Wer Rom verabscheut, wer die Raubbegierde, Den Stolz, den Blutdurst seiner Mönche hasst, (Und, O! wer hasst sie nicht?) die alle sind Mit uns vereint. Maria ist im Auge Des Volks nicht Heinrichs ältste Tochter, nein! Nur eine Sklavin Roms, nur Filipps Braut, Wem, in der Brust ein brittisch Herze schlägt, O! dem empört in jeder Ader sich! Das Blut vom Schalten des Gedanken schon, Sein freyes Haupt ins abgeworfne Joch Des stolzen Roms zurück zu schmiegen. O! glaube mir, die Stadt, das ganze Volk Wird dich als einen sichtbarn Engel grüssen, Den uns zum Schutz der Himmel zugesandt. Ach! Wollte Gott, es wär in meiner Macht Mein Volk zu retten! – Aber diese Macht Gab mir der Himmel nicht! Er hasst die falsche Weisheit, Die ungerechte frevelhafte Thaten Durch einen guten Endzweck adeln will. Der Thron gehört nicht mir, so lange Heinrichs Töchter Und Edwards Schwestern leben! – Bist du nicht Wie sie, von königlichem Blut? – Die Enkelin Von Heinrichs Schwester? – Hat Marien die, Geburt Dem besten Prinzen mehr als dich genähert, So macht dich deine Tugend, deine Güte Zu Edwards Schwester! – Pflegt' er dich nicht stets Mit diesem süssen Nahmen zu benennen? Verdient die stolze, grausame Maria, In deren Brust nur Gift und Rachsucht kocht; Bey der die Aussprüch' eines finstern Mönchen Orakel sind, Sie, die kein Sokrates Die grosse Pflicht der Fürsten lehrte, Nur im gemeinen Wohl ihr Glück zu suchen Und, gleich der Gottheit, weis' und gut zu seyn – Verdient sie mehr als, du, die Edwards Geist und Herz Uns wieder giebt, den Nahmen seiner Schwester? Diess Lob, das mir von eines Vaters Lippen Sonst süss ertönte, kann mich jetzt nicht rühren Ihr schmäht Marien, meinen kleinen Werth Durch ihre Schwärze glänzender zu machen? Es sey! – Doch alles, was euch wider sie Empört, giebt mir kein Recht an ihre Krone. Will uns die Vorsicht durch verderbte Fürsten, Durch Unterdrückung, durch Tyrannen strafen, So thut sie nichts, als was wir längst verdient, Sie züchtigt uns durch unsre eignen Laster. Die Fürsten sind nur schlimm, weil wir es sind! Die Schmeichler, die verderbten Höflinge, Die Sklaven sind es, die Tyrannen machen! Ach! Meine Tochter! wie betrügest du Nicht meine Hoffnung nur, des ganzen Rathes, Des Volkes Hoffnung! – Soll denn eines Mädchens Unbiegsamkeit – doch nein, du wirst dich fassen! Ein wenig Zeit, und reifre Überlegung Wird deine Zweifel heben. Er sieht sich um, und sieht von ferne Lady Suffolk sich nähern. Wie erwünscht Kommt deine Mutter! welch Entzücken schimmert Aus ihren Augen! Sie empfindet besser Als du, den Werth der angebotnen Krone Ihr überlass ich dich – Er geht ab. 3. Szene Dritte Scene. Lady Suffolk. Lady Johanna. O meine Tochter, O du, mein Stolz, meine Kleinod, meine Freude! O komm in meinen Arm! Komm, lass Mit Inbrunst an mein Mutterherz dich drücken! Wie glücklich – Aber wie? – Antwortest du Mit Seufzern nur dem Ausbruch meiner Freude? – Du weinst, mein Kind? – Ach meine Mutter! – Wie? Du weisst Johanna, welch ein glänzend Glück. Dir angetragen wird, und kannst noch trauern? Kann Englands Thron, die Majestät der Würde, Die Sterbliche zu ird'schen Göttern macht, Ein Hof, ein mächtig Volk zu deinen Füssen, Kann die Gewalt, Glückselige zu machen, Und unter allen selbst die glücklichste zu seyn, Dein Auge nicht entwölken? – Edwards Geist Ist schon befriedigt! Sein Gedächtniss fordert Von deiner Liebe keine Thränen mehr! Komm, überlass, dich ganz den reitzerfüllten Bildern Der schönsten Zukunft, die er dir, und uns Durch dich, vermachte! – Ganz gewiss, Johanna, War es der Engel einer, die das Haupt Des Sterbenden umschwebten, der ihm, noch In seiner letzten feyerlichsten Stunde Des Himmels grossen Rathschluss, in die Lippen hauchte, Zur Erbin seines Throns dich zu erklären! Warum denn kann ich nicht, wie Ihr, mich freuen? Warum empört mein bebend Herz sich so Vor dem was Euch entzückt? – Wie soll ich das, Was ich empfinde, nennen? Diese Schauer, Die Ahnungen, die meine Brust erschüttern? – O Edward, du bist glücklich! – Ohne Zweifel Geniesst er jetzt das reine Glück der Engel; Dir, meine Tochter, ist das höchste Glück Der Erde zugedacht! Er selbst, dein Edward selbst Bestimmt' es dir! – Kann der Gedank' allein Es dir nicht schätzbar machen? Eben diess Mehrt meine Zweifel! – Konnte der Gerechte, Der fromme Jüngling, in der letzten Stunde, Im Angesicht der Engel, an der Pforte Des offnen Himmels, noch ein Unrecht thun? Das erste Unrecht seines kurzen Lebens, Im letzten Augenblick? Wie kann ichs glauben? Er liebte mich; er pflegte seiner Seelen Geheimste Wünsch' und stille Sorgen oft In meinen schwesterlichen Schooss zu schütten. Warum verbarg er mir doch ein Geheimniss, Das mich so nah betraf? und ein Geheimniss, Von solcher Wichtigkeit! von solchen Folgen! – Und war ich nicht in seiner letzten Nacht, Bey seinem Lager? Fassten meine Lippen Nicht seinen letzten heil'gen Seufzer auf? Wie konnt' er? Doch – itzt fällt mir etwas bey, – Ich ward einmahl von ihm hinweggerufen, – Man hielt mich auf, und als ich wiederkam, So schien sein brechend Auge zärtlicher, Mit ernsten Blicken, die bedeutend schienen, Auf mir zu ruhn! Er drückte meine Hand, Sein Mund versuchte mich noch anzureden; Allein der Ton verlor sich auf den Lippen In leises Lispeln! – Ach! So war es diess, Was du mir sterbend noch endecken wolltest? – Mein Edward! – Rufe diese Trauerbilder Nicht stets zurück! Entfern ihr Angedenken Aus deinem Geist! O gieb mir meine theure Johanna wieder, die der Kummer fast Unkennbar macht! – Wo ist die edle Denkart, Der königliche Geist, die reife Tugend, Die in den Augen aller, die dich sahen, Dich über dein Geschlecht erhoben? Itzt fordert dich der Ruf des Himmels auf, Vorm Angesicht der Erde sie zu zeigen. Sey freudig was er dir gebeut, die Mutter, Die Retterin, die Königin der Britten! Wie gern versprechen wir doch unsern Wünschen Des Himmels Beyfall! – Doch! wenn Edward wirklich Berechtigt war, die Kron auf Heinrichs Schwesterkinder Zu übertragen, ist die Reihe denn An mir? – Was müsste meine Mutter seyn, Eh mir der Thron gebührte? Deine Mutter! Und stolzer auf den Titel deiner Mutter, Als auf den Ruhm, die glänzende Monarchin Der ganzen Welt zu seyn! – Ia, liebstes Kind! Mit Lust entsag ich meinem nähern Anspruch, Mit Freuden wähl ich mir die Dunkelheit, Nur dich, den holden Liebling meines Herzens Erhöht zu sehn! Welch ein Triumf für mich, Dich auf dem Ziel der kühnsten Hoffnungen, Im schönsten Licht, worin die Tugend sich Der Erde zeigen kann, von Nazionen Geliebt, bewundert, angebetet sehn! Genug für mich, wenn diese Myriaden, Die du beglücken wirst, die Mutter segnen, Die dich gebar, die Brust, die dich gesäugt; Wie wallt mein Herz bey dieser frohen Aussicht Von Freuden über! – Ach! Das meine schmilzt Von Wehmuth! – Beste, zärtlichste der Mütter! Was soll ich thun? – O! warum kann ich nicht – Nichts mehr, mein Kind! – Ich sehe, wie gerührt du bist – Ich will dich itzt verlassen – Einsamkeit Und stille Überlegung wird dich bald Zu einem Schluss, der deiner werth ist, bringen! 4. Szene Vierte Scene. allein. Wie klopft mein Herz! Wie taumeln durch mein Haupt In innerm Streit die zweifelnden Gedanken! O! Edward, Edward! – Diese Augen sahen Die deinen brechen! sahn das letzte Lächeln, Das die beglückte Seel' im Scheiden noch Auf deinem bleichen Angesicht zurückliess. Bald folg ich dir! – Was ist mir eine Krone? Des Hofes Pomp und seine eiteln Freuden? Der Krone, die dein Haupt itzt unverwelklich schmückt, Der werth zu seyn, ist alles was ich wünsche! – Und doch entzückt der reitzende Gedanke Mein, Innerstes, das Glück so vieler Menschen Zu machen! – Ach! Wie oft, wie oft war diess, Der Seufzer meines jugendlichen Herzens! Um dieses nur, nur um die edle Macht Den Menschen wohlzuthun, Gott nachzuahmen, Beneidet' ich das Glück der Könige! Wie! Sollt es wahr seyn? Riefe mich die Vorsicht Zu diesem grossen, göttlichen Geschäfte? – Wie gerne öffnet sich, mein willig Herz Dem seligen Gedanken! Soll ich glauben, Was Guilfords Vater, was der Mütter zärtlichste, Was wie es scheint, die Weisesten und Besten Des Rathes glauben, Edwards Wille sey Des Himmels Schluss, den Gott dem Sterbenden Ins Herz gehaucht? – Zu rasche Hoffnung! Nein! Du täuschest mich! Ein ungerechter Rath Kann nicht vom Himmel kommen! – Aber wie? Verdient die graue Weisheit meiner Väter, Verdient der majestätische Senat Brittanniens, die ungerechten Zweifel, Die ich in ihre reifre Einsicht setze? Wie, wenn sie besser als ein unerfahrnes Kind, Was recht ist, wissen, was die grosse Pflicht Fürs Vaterland und für die Nachwelt fordert? – Wie ängstigt dieser zweifelhafte Stand Mein ungewisses Herz! – Wer führet mich Aus diesem Labyrinth? Wen kann ich fragen? – Alle Sind wider mich! – O Himmel, leite du Dein gleitendes Geschöpf! Dein Will' allein Gebiete meinem Willen! – Soll ich nicht Der leisen Warnung folgen, die mein Geist Stets in sich hört, der Stimme des Gewissens, Die mir verbeut zu thun, was ich als Unrecht fühle? Ja! Ja! Ich folge dir! Du bist Die Stimme Gottes! Kein Fantom der Sinnen, Kein blendendes Gewebe falscher Schlüsse Soll mich vom ebnen Pfad der Tugend weichen machen! Sie sieht Suffolk und Guilford kommen. O Himmel! stärke mich! 5. Szene Fünfte Scene. Herzog von Suffolk. Lord Guilford. Johanna. Ist dein Entschluss Wie ihn die Pflicht und unsre Liebe wünschet, So lass, Johanna, deinen alten Vater, Und Guilford, der dein ganzes Herz verdient, Die ersten seyn, die das erwünschte Ja Von deinen Lippen hören! Wie? du zögerst noch? Hat Guilfords Vater dich nicht rühren können? Mein Kind, betrüge meine Hoffnung nicht! Die Rettung deines armen Vaterlands Sie hängt an deinem Ja! Du kennst, Johanna, Die dringende Gefahr, worin wir schweben; Der Staat, die Kirche, alle Frommen seufzen Nach einer Fürstin, die das grosse Werk, Das Edwards Frömmigkeit begann, vollende! Erlaube mir, mein Vater, eine Frage! Ist wirklich sonst kein Weg zu Englands Rettung Als dieser? – Nein! Wofern der Himmel Nicht Wunder thut, die wir von ihm zu fordern Kein Recht, noch zu erwarten Hoffnung haben. Es ist kein andrer Weg zu Englands Rettung! Und war es Edward selbst, der sterbend mich Zur Königin erklärt'? Er war es selbst! Er selbst? – So wars in einer bangen Stunde, Da sein Gemüth vom Todeskampf des Leibes Entkräftet lag! – Er thats – vielleicht gezwungen. Ja! von der Liebe seines Volks gezwungen, Vom Eifer, der in Seiner Engelsbrust Für Gott und seine Wahrheit brannte! Von einem Eifer, der die feigen Zweifel Der falschen Klugheit dieser Welt verschmähte; Der zwang ihn! – Fühltest du, was er empfand – O könnt', o könnte doch, mein Blut dich retten, Mein Vaterland! Wie froh, sollt es für dich Aus jeder Ader sprudeln! – Du, Allwissender, Du bist mein Zeuge! – – Erlaube, Theureste, Erlaube dem, dir deine Seele liebt, Den rühmlichen Versuch, dich zu erbitten! Doch nein! dein Guilford hasst, verschmäht den Zweifel An deiner Grossmuth! Niemahls liebt ich dich Mit tiefrer Ehrfurcht, niemahls schienst du mir Bewundernswerther als in dieser grossen Stunde! Aus Tugend weigerst du dich unsern Wünschen; Nur eine Heldenseele, wie die deine, Ist fähig, Kronen auszuschlagen! Aber itzt, Geliebte, itzt ists grössre Tugend, itzt ists Pflicht Sie anzunehmen! Lass nicht allzuzarte Spizfindige Begriffe deinen Geist, Zum Nachtheil deines reinen Herzens, täuschen; Was einem ganzen Volke, was den Enkeln Der Enkel nützt, wie könnten die Gesetze Es Unrecht nennen? Ist das oberste Gesetz, Das einzige, das keine Ausnahm zulässt, Johanna! – ist es nicht des, Volkes Wohlfahrt? Komm! Überlass dich frey den schönen Trieben Der Grossmuth, und dem sanften Zug der Liebe Zum menschlichen Geschlecht! Verdiene Die Freudenthränen des entzückten Danks Von Myriaden, die nur dir ihr Leben, Ihr Glück, und ihre Freyheit schuldig werden! Wie wird die späte dankerfüllte Nachwelt Noch mit Entzücken dein Gedächtniss segnen! Die Mutter, mit dem Säugling an der Brust, Der fromme Greis, der mit vergnügten Blicken Die Enkel überzählt, die Gatten, die, wie wir, Sich lieben, alle werden dich, Johanna, Die Schöpferin von ihrem Glücke, segnen! Ach! Guilford! Guilford! – Sieh dein Vaterland, In mir zu deinen Füssen, Theures Mädchen! Du kennst das Elend das auf alle wartet, Auf alle, die die Fesseln Roms zerbrachen, Auf alle Redlichen! – Ach! Kerker, Bande, Und Schwert und Flammen sind den Heiligen Gedräut, den unbeweglichen Bekennern Des Evangeliums! – Die Grausamkeit Der Priester schont des schwächeren Geschlechts, Der Kinder nicht! des zarten Säuglings nicht! Erbarme dich des rahmenlosen Elends, Das Rach' und Blutdurst deinem Volke dräut! Erbarme dich – Soll dein Gemahl, dein Vater, Dein Vaterland, soll Edward selbst vom Himmel Vergeblich flehen? Nein! mein theurer Lord! Steh auf mein Guilford! Kniee nicht vor mir! Mein Herz ersinket unter der Gewalt Der Bitten, die von deinem holden Munde So rührend schallen! – Nehmet mich, mein Vater; Nimm, Guilford, mich, macht aus Johanna Gray Was euch gefällt! – 6. Szene Sechste Scene. Northumberland. Die vorigen. Die Fürsten Albions Erwarten sehnlich ihre Königin! Hat Grossmuth endlich über ihre Zweifel Den Sieg erhalten? Ja! Sie hat gesiegt. Sie gab uns noch die Probe des Gehorsams, Die sie uns schuldig war! Hinfür gebührt es uns In deinen Winken unsre Pflicht zu lesen. Heil dir, Prinzessin, Heil dir, Enkelin Von alten Königen, du schönste Blume. Von Yorks und Lankasters vereintem Stamme! Durch deren Eifer, unter deren Schutze Die göttliche Religion der Christen Ihr leuchtend Angesicht, von ihren Flecken Gereinigt, siegreich über alle Länder Erheben soll! Durch deren klugen Scepter Gesetz und Freyheit, Fleiss und Überfluss Und Wonne, diese segensreiche Insel Zur Königin der Erde krönen sollen. Mein Knie beugt sich zuerst, dir ehrfurchtsvoll Den Bund der unverletzten Treu zu weihen! Heil, Ruhm, und Glück der Königin Johanna! LADY SUFFOLK. GUILFORD. Heil, Ruhm, und Glück der Königin Johanna! Gefällt es dir, Prinzessin, den Senat Durch deine Gegenwart zu ehren, Und von den Edelsten der Britten Den Eid der Treue zu empfangen? Dann soll das ganze Volk den theuren Nahmen hören, Der unsern Enkel heilig bleiben wird! Ich folge dir! Sie bleibt allein. Geheimnissvolles Schicksal! Wie spielst du mit den Menschen! – Diese schnelle Verwandlung – Doch ich schweige! Höre du, Der du die Unschuld dieses Herzens kennest, Die heissen Seufzer meiner bangen Seele! Häuft dieser schwarze Tag das Mäh des Unrechts Auf Englands Haupt, ist dein gerechter Zorn Noch nicht versöhnt, und warten neue Plagen, Sich über dieses, unglücksel'ge Land Zu stürzen? – Gott! So höre mein Gebet! Verschone seiner! Lass auf mich allein Die Strafe fallen! Mich allein, o Gott, Für mein geliebtes Volk zum Opfer werden! Geht ab. 3. Akt 1. Szene Erste Scene Sidney. Lady Johanna. Heil dir Johanna, Du, in welcher Edward In engelähnlicher Gestalt vom Himmel Zurück gekommen scheint, sein Volk zu retten. Die Tugend selbst besteigt mit dir den Thron, Und würdigt uns für unser Glück zu sorgen. Dein Anblick heitert jede trübe Stirne Mit Hoffnung auf, und trocknet unsre Thränen. O! Meine Schwester! (diesen süssen Nahmen Wird stets mein unverändert Herz dir geben) O! Hoffe nicht zu früh: Noch ist es dunkel Rings um uns her; das Schicksal hat den Ausspruch Noch nicht gethan! Noch darf ich es nicht wagen, Der süssen Hoffnung mich zu überlassen, Die mehr als tausend Königskronen glücklich Mich machen würde, dieser theuern Hoffnung, Brittannien befreyt, beglückt zu sehn – Ach! Dürft ichs! Schreckten nicht geheime Schauer Und bange Zweifel mein beklemmtes Herz – Wie glücklich! – Fürchte nichts, du schöne Unschuld! Dein blosser Anblick könnt' in Tiegerseelen Des Lammes zahme Sanftmuth hauchen! Dein Nahm' erhitzt die muthigen Beschützer Der guten Sach', entnervet deine Feinde! Und könnte ja die Ungerechtigkeit Der Menschen dich verlassen – o, so wird Der Himmel sich zu deinem Schutz eröffnen! So werden Serafim, zu Tausenden Von Gott gesandt, sich sichtbar um dich lagern, Mit jenen Waffen, die den ersten Aufruhr Im Himmel dämpften, mit dem Donner Gottes Die Häupter der Rebellen zu zerschmettern! O dürft ich mich mit dieser Freudigkeit, Mit dieser Kühnheit, welche das Bewusstseyn Der Unschuld giebt – Und doch – was that ich denn, Dass mir mein Herz von unbekannten Schrecken – So ängstlich bebt? – Mein innerster Gedanke Giebt meinem unbefleckten Willen Zeugniss! Kein Stolz, kein eitler Wunsch mich über alle Erhöht zu sehn, kein thörichtes Gefallen Am Flittergold der falschen Ehre, Am leeren Schaum der Freuden dieser Welt, Besiegte mich! Was ich gethan das that ich, Den Untergang von diesem Volk zu wenden! Warum erbebst du denn, zu schwaches Herz? Was zagest du, wie in Verbrecher zagt, Den das Bewusstseyn seiner Thaten martert? O süsse Ruh, o heitre, sorgenfreye, Zufriedne Zeit der unschuldsvollen Kindheit! O Tag', in stillen, unbereuten Freuden, Im Schooss der blühenden Natur, mit dir, Mein Edward, in der heiligen Gesellschaft Der Weisen Gräciens gelebt, o goldne Tage! O sanfte Nächt', in ungekränkter Ruh Und leichten Träumen unbemerkt verschlummert. Wo seyd ihr hingeflohn? Ach niemahls, niemahls Mich wieder zu besuchen! – Welch ein Tand Sind diese Kronen! Ach wie wenig scheut Der bleiche Gram den königlichen Purpur! Wie spottet dieses schimmernde Gepränge Der Sorgen, die in meinem Busen klopfen! 2. Szene Zweyte Scene. Die Vorigen. Guilford. Ich komme, meine theurste Königin, Dir die Versichrung von der festen Treue Der Stadt zu bringen! Muth und frommer Eifer Für ihre Königin erhitzt die Bürger, Beseelt den Rath. Die nie verschlossnen Tempel Ertönen stets von Seufzern und Gelübden Für dich, und für den Sieg der guten Sache. In dieser Stunde, zweifle nicht, Geliebte! Wird sich, im Angesicht der ganzen Erde, Der Himmel selbst für dich erklären. – Bald wird Northumberland im Siegsgepränge Durch, unsre Thore ziehn, und deine Feinde Zu deinen Füssen legen! Meine Feinde! Ach, das ist euer Werk! Ich Unglückselige, Ich hatte keinen Feind! Mein sanftes Herz Hat nie des Hasses Regungen empfunden. Es athmet Huld und allgemeine Güte. Ich liebt in jedem Menschen einen Bruder! Ich hatte keine Feinde, bis ihr mich Zu dieser That verführtet, die euch allen Vielleicht verderblich ist, die wider mich Die halbe Welt empört, und meinen Nahmen Der späten Nachwelt noch zum Abscheu macht. O wie bethörte mich mein eignes Herz! Mich selbst, mich klag ich, an. Ich sah die Folgen Vorher, sie schwebten fürchterlich verbreitet Vor meiner Stirn, ich fühlt' ein warnend Lispeln In meiner Brust – und dennoch gab ich nach! Grossmüthig gabst du unserm Flehen nach. Dein Vaterland vom Untergang zu retten. O! Schone meiner, Guilford, nenne mir Diess Wort nicht mehr, das meines Unvermögens So schmerzlich spottet! Ach! wen kann ich retten? Was hab ich meinem Vaterland zu geben, Als Thränen? – Thränen, in das Blut zu mischen Das jetzt – o Gott! um meinetwillen fliesst! Ich Unglücksel'ge bins, die über England Den Jammer häuft! Ich waffne Brüder gegen Brüder. Und färbe dieses Land mit seiner Kinder Blut – Und wenn Maria siegt, wenn ihre Rachsucht, Gereitzt von meinem Frevel, sie zu Wuth Und grenzenloser Grausamkeit entflammt; Wenn Ströme Bluts den Zorn versöhnen müssen, Den ich allein verdien', – o liebster Guilford! Wie kann ich sie ertragen, diese schwarzen Entsetzlichen Gedanken? – Meine Königin! Was quälest du dein Herz, diess Paradies, Wo Ruhe nur und Wonne lächeln sollten, Mit diesen schreckenvollen Träumen? Nein, nein, du schöne Unschuld! Nein! die Vorsicht Verlässt dich nicht! Sie kann dich nicht verlassen, Dich, deren Geist das Bild der Gottheit strahlt! Ist sie mit dir, wen fürchtest du, Johanna? Das Glück? – Es ist der Vorsicht unterthan! Kein blinder Zufall stört den Plan der Weisheit, Die alles lenkt, die Harmonie, der Dinge! Ist dir Mariens Anhang fürchterlich? Verachte diese lasterhafte Rotte Von Mißvergnügten, welche nur der Umsturz, Des Vaterlandes glücklich machen kann, Von Schwärmern und von Mönchen, deren Waffe, Nur Flüche sind, die in der Luft zerflattern, Verschmäht vom Himmel, oder auf die Häupter Der wilden Eifrer selbst zurückgeschleudert! O fürchte nichts, so lange noch die Tugend Bewundrer hat, so lange Suffolk lebt, So lange Pembrok, Mason, Arondel, Des Adels Häupter, deinen Scepter ehren! Du sahst ja selbst den kühnen Muth der Männer; An deren Stirne dein Northumberland Der kleinen Rotte bebender Rebellen Entgegen zog, die Sussex aufgewiegelt! Der Sieg ist Dein, wenn anders noch die Tugend, Wie einst, den Busen ihrer Söhn' erhitzt. Er wird nicht blutig seyn. Der blosse Anblick Der Helden wird die feige Schar entwaffnen. Die frohe Zeitung kann nichts mehr verziehn. Du hoffst zu freudig, Guilford! weil du liebst. Die Liebe macht dich kühn! Mich macht sie zittern. Hat denn die Traurigkeit dein zärtlich Herz So ganz erfüllt, dass für die süsse Hoffnung Kein Raum mehr ist? – O fühltest du, was ich! Wie würden schnell des Kummers düstre Wolken Vom reinen Himmel deiner Seel' entfliehn! O! Dein Besitz hat mir, mein ganzes Wesen Zur Lust gestimmt! Was ich empfind' und denke. O! Jeder Pulsschlag, jeder Athemzug Ist Freud' und Wonne – Dich, in deren Bildung, Was nur das Auge liebenswürdig sehen. Die Seele denken kann, vereinigt ist; Dich, deren Geist im Sonnenschein der Weisheit So früh zur schönsten Blüthe reifte, In deren Brust die Tugend alle Triebe Zu schwesterlicher Harmonie gestimmt, Die jeder liebt, der dich erblickt, bewundert, Wenn er dich hört, verehrt, wenn er dein Leben sieht; Dich mein zu nennen, ganz für mich geschaffen, Und mich für dich! In deinen holden Armen Ein Leben, gleich dem schönsten Frühlingstag In ungestörter Heiterkeit zu leben – Wie sollte solch ein Glück mich nicht entzücken? Und, O! wie ist die Vorsicht meinen Wünschen selbst Zuvorgekommen Sie, die dich Auf einen Thron gesetzt, erklärt dadurch Dass nur die höchste Stufe Deiner würdig sey. Die göttliche Johanna wird nicht nur Die Wonne ihres treuen Guilfords seyn! Sie wird der Stolz, die Freude eines Volkes, Sie wird ein Wunder allen Völkern seyn. Sie wird die himmlische Religion Zu ihrer Rechten setzen, wird den Frieden, Und sein, Gefolge, Fleiss und Überfluss und Künste Im milden Schatten ihres Thrones lagern! Sie wird – O! theurer Guilford! Reitze nicht Mein allzuwillig Herz, in süsse Träume Sich einzuwiegen! – Was du hoffst, Geliebter, Ist allzuviel für dieses Prüfungsleben. Doch, was mein Schicksal sey, in deinen Armen Soll auch das Elend, soll der Tod mir selbst Willkommen seyn! – Ach Guilford, diese Höhen Des Glücks sind schlüpfrig; sind mit jähen Klippen Und Tiefen rings umzäunt! O! lebten wir Fern von des Hofes ungetreuen Freuden, In unbekannter Einsamkeit! Verbärg' Ein schlechtes Strohdach unser Glück dem Neide Der grossen Welt! O lebt ich da mit dir Von Sorgen frey, und frey von eiteln Wünschen, Vergnügt mit dem, was die Natur begehrt Und willig schenkt, durch unsre Liebe glücklich! Wie freudig wollt ich an den Schäferstab Den Zepter tauschen, und, statt dieser Perlen, Mit frischen Rosen meine Locken schmücken. Du Engelseele, wie entzückst du mich! Wie würdig zeigt dich diese grosse Denkart Des Thrones, den du zieren wirst! Die Hütte würde, wenn sie deinen seltnen Werth Verbärge, glänzender als diese Wohnung Der Könige! Durch deine seltne Tugend Wird dieser Königssitz ein heil'ger Tempel Des allgemeinen Glückes werden! Vor wenig Stunden war mein höchster Wunsch, Von Unschuld und von Weisheit stets geleitet, Mich unbemerkt durch diese Welt zu schleichen; Mein grösster Stolz, dich, mein Geliebter, glücklich Zu machen! Niemahls ahnte meinem Herzen, Auch nur im Traum, was mir begegnet ist. Der König stirbt; die gleiche Unglücksstunde Setzt mich auf seinen Thron; ich widersteh' umsonst; Erschüttert von den Bitten unsrer Väter, Und des Senates, überlass ich mich Der fremden Führung; und nun ist ein Schlachtfeld Der Richter zwischen mir und Edwards Schwester. Northumberland sicht nun mein Schicksal aus! Ich falle, wenn er fällt, und siege, wenn er siegt. O Guilford, welch ein Räthsel ist diess alles Für meinen Geist! Was wird hoch' aus uns werden? – Der Himmel weiss es! – In gelassner Demuth Ergeb ich mich in seinen heil'gen Willen! Wenn mich nicht alles trügt, so wird Ausgang Dein Räthsel – Still! Wer nähert sich? – Es ist Dein Vater – Himmel! was verkündigt uns Sein kummervoller Blick! 3. Szene Dritte Scene. Die Vorigen. Suffolk. Ach meine Kinder! Was ist, mein Vater? indem er gen Himmel sieht. Stärke mich! – Mein Sonn! O Tochter, eines bessern Glückes würdig! O meine Kinder! Ach, wie soll ichs sagen? Mein Anblick spricht für mich! O bange Stunde! Das Schrecklichste, was dieser Tag uns brachte, War Edwards Tod! – Der Schlag hat mich auf alles Schon vorbereitet. Redet, theurer Lord! Die Ungewissheit foltert meine Seele. Dein grosser Vater, er, auf dessen Macht, Und Muth und Klugheit alle unsre Hoffnung Sich stützt', er ist – Wie? ist er todt? Erschlagen? Er ist verrathen! ganz zu Grund gerichtet, Und wir mit ihm. Das Heer, an dessen Stirne Wir ihn gesehen, war ein Schwarm Verräther. Schon auf dem Wege schmolzen sie zusehens Von seiner Seite weg. Mit einem kleinen Haufen Stösst er auf Sussex. Plötzlich fliehen auch Die Wenigen, die ihm geblieben waren, Mariens Anhang zu. Die Luft erschallt vom Nahmen Der neuen Königin, und jauchzend rufen alle: Maria leb', es stürze der Tyrann! Er sucht umsonst zu fliehn. Der ungetreue, Verrätherische Graf von Arondel Umringt ihn, macht ihn in Mariens Nahmen Zum Staatsgefangnen, und ist jetzt begriffen, Ihn im Triumf durch London aufzuführen. Diess, Guilford, wars, was mir mein schaudernd Herz Vorhergesagt! Ha! Welch ein Donner schleudert mich vom Himmel Zum Acheron herab! Bestürzung und Entsetzen Versteinert mich! Wie? – Alles umgestürzt – Northumberland verrathen und in Fesseln – Maria, Siegerin! – Und du, Johanna – O schrecklicher Gedanke – Fasse dich, mein Guilford, Und bete schweigend an! Und kannst du diesen Donnerschlag des Schicksals So ruhig dulden? Soll ich klagen, Guilford, Dass ich aus einem Morgentraum erwache? Dass diese Kronen, diese Wolkenbilder Von Majestät und königlichem Pomp, Ins Nichts, das sie gebar, zerflossen sind? Nein, theurer Guilford, nein! Ich klage nicht! Ihr irrtet euch. Der Himmel hatte mich Zu dieser glänzenden Bestimmung nicht berufen. Wozu ihr mich erhob't! O, lege nicht, Johanna, Dem Schluss der Vorsicht zu, was nur die Wirkung Der Niederträchtigkeit der Menschen ist! Gerechter Himmel! Welche Welt ist das? Ists möglich? Sind denn alle, die ich redlich, Sind alle die ich unsre Freunde glaubte, Verräther worden? Ist es Pembrok auch? Ists Mason auch? Nein! nein! – Die gute Sache Liegt noch nicht ganz! Es sind noch Tugendhafte! Ich eile, sie zu suchen! – Alles ist Noch nicht verloren! Nein! Ein Streich des Unglücks Soll tapfre Seelen nicht zu Boden schlagen. O Guilford, bleibe! Zeige deine Grösse Durch männliche Geduld! Dem Himmel widerstreben, Ist falscher Heldenmuth! Die Tugend, Königin. Prallt nicht vor jedem Widerstand zurücke. Gefahren sind für sie nur stärkre Reitze, Die Kräfte zu verdoppeln. Halte mich Nicht auf, Johanna! Alles kann sich noch Zu deinem Vortheil ändern! Geht ab. Wohin, zu edler Jüngling, willst du eilen? Vergeblich suchst du Helden, die dir gleichen, Vergeblich Freunde! – Ach! Der Unglücksel'ge Hat keinen Freunde! Er mag sich selig preisen. Wofern er noch statt Hülfe Mitleid findet! Doch er ist weg. O Gott verlass ihn nicht! 4. Szene Vierte Scene. Suffolk. Lady Johanna. Ach! mein geliebtes Kind, wie darfs dein Vater wagen, Sein Aug auf dich zu richten? Dich, vor kurzem Den Gegenstand, auf dem es mit so süsser Befriedigung, und stiller Wonne ruhte! Ach, selbst dein stummer Anblick klagt mich an! Ich half dich elend machen! Theurer Vater! Verschonet mich! Nur euer Leiden kann Mich elend machen! Dieser Wechsel nicht! Wo war mein Geist? Wo waren meine Sinnen, Als ich den eiteln Anschlag fassen half, Von dem jetzt du und wir das Opfer werden? O mein zu schwaches Herz! Wie konnten mir Northumberlands ehrgeitzige Entwürfe Verborgen bleiben! Wie bezauberten Mich seine Künste! – Ach! sein Stolz allein, Sein Stolz, jetzt seh ichs, ist die Quelle unser Jammers: Zu spät sieht mein entnebelt Auge hell! Es öffnet sich, doch nur des Abgrunds Tiefen Zu sehn, in welche wir gestürzet sind. – Ich, theurer Lord, ich seh in unserm Schicksal Auf die geheime Hand der Vorsicht nur. Sie, sie regiert mit unbegrenzter Weisheit Die Sfäre unsrer Thaten; lenket alles Nach ihrem Plan, und schafft aus Bösem Gutes. Mein Herz ist ruhiger, es klopft mit sanftern Schlägen, Ich athme wieder frey, seitdem mein Schicksal Entschieden ist – Die Vorsicht sey gelobet. Auch wenn sie uns durch rauhe Wege führt! Sie sind die kürzesten in eine bessre Welt. O! diese Tugend, die in solchem Glanze Sich in der Prüfung zeigt, durchbohrt nur tiefer Mein väterliches Herz! – O wärst du nicht Mein treuer Zeuge, der du die Gedanken Der Geister siehst, dass meine Absicht rein war; Dass nur der fromme Eifer, deine Kirche Den Flammen zu entziehn, diess arme Land Dem Untergang, – mein wankend Herz besiegte: O! stützte dieses tröstende Bewusstseyn Nicht meinen Muth – Doch hier kommt deine Mutter, Johanna! – Wie viel Unglückselige Hat dieser Tag gemacht! – Er geht ab. 5. Szene Fünfte Scene. Lady Johanna. Lady Suffolk. Verwünscht sey mein fataler Rath! Verwünscht Die Zunge, die zu deinem Untergang So wortreich war! – Johanna! – Ach! mein Kind! Mir bricht mein Herz – Geliebte theure Mutter – O! nenne mich mit diesem süssen Nahmen, Der einst mein Stolz war, nicht! Ich bins nicht würdig – Nur diess, nur was ihr leidet ängstigt mich! Wenn ihr nicht elend seyd, so bin ich ruhig. O! quält mich nicht, die Vorwürf anzuhören, Die ihr euch selber macht. Ihr wäret schuldlos! Aus Mitleid gegen mich besänftigt euern Schmerz, Der mir das Herz zerreisst – O Himmel, fielen alle deine Blitze Auf mich allein! – Könnt ich mit meinem Leben Den holden, Liebling meines Herzens retten! Dann, dann, Johanna, würde deine Mutter Sich glücklich halten. – Mutter! mildre deine Zärtlichkeit; Sie tödtet mich! So ist denn gar kein Weg Zu unsrer Rettung übrig? Keiner! Ach! Keiner! Alles, alles ist verloren. Ich sah Northumberland in Fesseln, hörte Des Volkes Hohngelächter, ihn so niedrig, So klein zu sehn. Sie nannten ihn mit Flüchen Verräther, Feind, des Vaterlandes, Mörder Des ehrfurchtswerthen Vormunds unsers Edwards, Des frommen Sommersets. – Indess hat Sussex schon Mit seinen Kriegern sich der Stadt bemeistert. Maria hat den alten Gardiner, Den Wüthrich, der von außen ein Johannes, Von innen wilder als Herodes ist, Voraus geschickt; er führt das grosse Siegel Des Reichs, und donnert allenthalben schon Befehle, die nur Jammer profezeien. So fahret wohl, ihr goldnen Hoffnungen Von Glück und Seligkeit auf dieser Erde! Mein Vaterland, und du, du kleine Schar Der Redlichen, der Lehrer und Bekenner Des Evangeliums! – Euch wird der Himmel retten! Ja, unsichtbare Macht, die du allgegenwärtig Die Sfären lenkst, und alles siehst und ordnest; Du sahst, was meinen tiefen Abscheu brach, Den aufgedrungnen Scepter anzunehmen. Schau, jetzt, ich beuge dankvoll meine Knie, Dass du dein Amt aus meinen schwachen Händen Zurücke nimmst! Dein ists, die Menschen, die du schufst, Die Kirche, die du pflanztest, zu erhalten! – Du wirst es thun! – An mir geschah dein Wille! 6. Szene Sechste Scene. Die Vorigen. Guilford. Verwünscht sey diese ungeheure Welt, Und das Gezücht von Schlangen und Harpyen, Das sie bewohnt! – Wie? – Sind diess Menschen? – Nein! Des Abgrunds Rachen hat euch ausgespien, Verräther! Euer schwarzer Hauch vergiftet Die milde Luft! – O Sonne, kannst du noch Dein heilig Licht zu solchen Greueln leihen! Wie tobt mein feurig Blut! – Mein Guilford! Was ists? Was kann noch ärgers auf uns warten, Als was wir wissen? Alle diese Freunde, Johanna, die mit falscher Zunge dir Vor wenig Stunden noch ihr Leben weihten, Die schmeichlerische Brut der Höflinge, Die kaum vor uns ihr schändlich Knie noch beugten, Und selbst – o Scheusal! – deine Räthe selbst. Die kaum mit aufgehobnen Händen schwuren, Dir, dem Gesetz und unserm heil'gen Glauben Getreu zu bleiben, alle sind Verräther, Verdammte Heuchler! – Pembrok, – ach! mein Freund, Mein Pembrok selbst, – von Gardiner betrogen, Fiel zu Marien ab! Und kannst du, Guilford, Mir einen Zeitlauf nennen, da die Menschen Nicht so geartet waren? Glaube mir, Die schöne Tugend hat zwar viele Schmeichler Doch wenig treue Freunde! Glück, und Macht, Und Pomp und Glanz, wenn diese das Gefolge Der Tugend sind, dann findet sie Verehrer; Doch fallen diese von ihr ab, So flieht der Heuchler Schwarm, vergöttert jetzt Mit gleicher Falschheit das gekrönte Laster, Und du, o nackte Tugend, bleibst allein. Den Schmerz, der meine Brust zerreisst, Hat keine Mutter noch gefühlt! – Mein Mund Versagt mir Klagen, meine Qual zu lindern, Meine Auge Thränen. Warum kann ich doch Die Einzige nicht seyn, die leidet? – Ach! Mein Schicksal Liegt hart auf mir! – Ich bin dazu verurtheilt, Die Freude aller, die Natur und Freundschaft Mir theuer macht, in Jammer zu verkehren. Doch murre nicht, mein Herz! – Die Leiden, die der Himmel Uns schickt, sind heilsamer als selbstgewählte Freuden. Gott! welche schreckliche Verwandlung! Wo bin ich? – Bin ich Guilford? – Bin ich der, Der noch vor wenig Stunden, kaum die Engel Beglückter hielt als sich? – War's nur ein Traum Als lauter Wonne lauter Hoffnung mich Umlächelte? – Wozu erwach ich jetzt? Zu welcher dunkeln grauenvollen Aussicht In Jammer ohne Mass! – Ein Augenblick Hat rings um mich die Welt in eine Hölle Verwandelt! Die ich Menschen glaubte. Sind Furien und Schreckgespenster worden! O! dieses blaue himmlische Gewölbe, Der Thron des Tages, ist ein schwarzer Kerker In meinen Augen! Diese Frühlingsluft, Der Blumen reinster Athem, haucht mir Gift! Mich dünkt, ich steh allein, auf den Ruinen Der eingesunknen Welt, von todten Schatten Und Schrecknissen umringt. – Welch ein Getümmel. Wer kommt? – O weh uns! Gardiner! – Er ist es selbst. – 7. Szene Siebente Scene. Die Vorigen. Bischoff Gardiner. Ein Officier und Soldaten. Mit Recht erschreckt euch meine Gegenwart, Ihr doppelten Verräther, gegen Gott Und eure Königin! Empfindet jetzt Der Rache schweren Arm! Die Häupter der Verschwörung, Northumberland und Suffolk sind in Fesseln! Maria herrscht. Ihr heiliger Befehl Spricht jetzt durch meinen Mund! – Man führe schleunig Dem Tower sie zu! – Zum Officier. Mein Herr! euch ist die Sorge Für die Gefangnen von der Königin Vertrauet. Euer Leben wird für sie Die Bürgschaft seyn. Zu den Soldaten. Thut eure Pflicht! was zaudert ihr? Unmenschlicher! – Ach, warum nimmt mein Elend Mir nicht die Sinnen ganz? – Zurück, Verruchte! Erkühnt euch nicht – Ha! Tod und Hölle sey Dem Ungeheuer, dessen wilde Faust – Sinnloser Jüngling! Diese eitle Wuth Wird weder sie noch dick erretten. Ergreifet ihn, und diess bethörte Mädchen, Das, von Geburt bestimmt, die Schleppe Des königlichen Schmucks Marien nachzutragen, Sich würdig glaubte, ihren Thron zu füllen. Zertheilt euch Wolken, – Schau empor, Tyrann, Sieh, wie die Engel über diesen Anblick weinen! 4. Akt 1. Szene Erste Scene. Guilford. Lady Johanna. Du schweigst, Johanna! hörest meinen Klagen Verstummend zu, und ernste Stille ruht In deinem Blick; nicht Eine Thräne schleicht Von deinen schönen Wangen. Fühlst du denn Dein eignes Elend nicht? Du, deren Herz So schnellt so zärtlich fremde Leiden fühlet! Wie weintest du auf Edwards Leiche tun? Und jetzt, da dich ein eisernes Geschick Vom kaum bestiegnen Thron in diesen Abgrund Von Jammer stürzt; da dein betäubtes Ohr Noch von dem Siegsgeschrey der Feinde widerhallt, Da ihre Wuth nach deinem Leben schnaubt, Und dieser Pöbel selbst, der kürzlich dich gesegnet, Mit Flüchen jetzt dein Todesurtheil spricht Da jedes nähernde Geräusch vielleicht Der Fusstritt eines Todesboten ist, Herrscht Seelenruh, und unbewölkte Stille In deiner Brust, ergiesst sich sichtbarlich Durch dein Gesicht, und bindet deine Zunge. O Guilford! glaube nicht, ich fühle minder Als du, den ganzen Umfang unsers Jammers. Wie könnt ich alles, was mir theuer ist, Den besten Vater, und die zärtlichste Der Mütter, wie dich selbst, mein Guilford, dich! Unglücklich sehn und unempfindlich bleiben? O! was ich fühle – Aber soll ich noch Durch Bilder meiner Pein dein Elend häufen? Mein Mund ist stumm, mein Auge leer an Thränen; Doch hier, hier, Guilford, bebt von nahmenlosen Leiden Die bange Seel' und ächzt zum Himmel auf! Durch diese düstre schreckenvolle Nacht, Die uns so schnell den schönsten Tag entzog, Durch dieses Kerkers Todesschatten selbst, Dringt noch ein Strahl von Hoffnung in mein Herz. Du wirst nicht sterben, göttliche Johanna! Nein, nein, der Himmel, der so liebenswürdig, So würdig der Unsterblichkeit dich schuf, Erschuf dich nicht, um in der ersten Blüthe Zerstört zu werden! Nein! Er sandte nicht So viel Vortrefflichkeit in dir herab, Der Welt so schnell sich wieder zu entziehen – Du wirst noch leben, und den Menschen lange Der schönsten Tugend schönstes Urbild seyn! Und ich? In deinem Arm ist mir das Leben Ein Paradies, und selbst der Tod willkommen! Wie gerne wünscht' ich deinen Hoffnungen Des Himmels Beyfall. Aber – ach! Geliebter, Du schmeichelst dir zu viel. Die Zeit der süssen Träume, Der unschuldsvollen reitzenden Bezaubrung Der jugendlichen Liebe ist vorbey! Die Hoffnung, die dir lächelt, ist ein Traum, Ein eitler Traum, womit dein liebend Herz Sich selber täuscht. Die Erde lädt uns nichts Zu hoffen übrig. Komm, mein theurer Guilford, Die Zeit erfordert ernstere Gedanken; Nichts bleibt uns übrig, als uns zu gewöhnen, Den Untergang der reizendsten Entwürfe Von Glück und Liebe, jede süsse Hoffnung Im Keim erstickt, des Lebens beste Freuden Zerstört zu sehn! – Des Elends bangsten Scenen, Und allem, was die menschliche Natur Mit Angst erfüllt, was uns in jeder Ader Das Blut erstarren, jede Nerve zucken macht, Mit unbewegtem Auge ins Gesicht zu schauen, Diess, Guilford, ists, was wir jetzt lernen müssen! O sage mir, du Heldin, sage mir, Welch eine Kraft erhöht dein sanftes Herz; Zu dieser wundervollen Grösse? Der Glaube, Guilford, den die göttliche Religion In unsrer Brust entzündt; das grosse Beyspiel, Das unser Meister gab; die frohe Zukunft, Die er versprach; o diese helle Aussicht In jene grenzenlosen Seligkeiten, In Freuden, die kein Schmerz verbittert, Kein Ende kürzt: Diess unterstützt den Muth Der redlichen sich selbst bewussten Unschuld; Diess macht den Märtyrer der Flammen lächeln, Und hebt die Seele, (ob der Leib von Staube Sie gleich noch fesselt,) über jede Schwachheit Der irdischen Natur empor. O! Du, vom Himmel mir zum Genius Geschenkt, du sichtbars Ebenbild der Tugend, Wie mächtig fühl' ich diesen Augenblick Die Stärke deines Beyspiels! – Welch ein Muth Ergiesst aus deinem seelenvollen Auge Sich in mein Herz, und schwellet meine Triebe! O Tugend, o Religion der Christen, Wie schön seyd ihr! Zu welcher Engelsgrösse Erhebet ihr den Sohn des Staubs, den Menschen! Wie fühl ich eure Schönheit! Wie entflieht Vor euerm Glanz der Kummer und die Klage – Mein Guilford, hörst du nichts? Mir war, ich hörte Von fern die Stimme meines Vaters! – ach! Wie kann die kranke Fantasie sich täuschen! Ist er nicht In Fesseln? – Himmel! welch ein Wunder! Er ist es selbst! 2. Szene Zweite Scene. Der Herzog von Suffolk. Die Vorigen. O theurer Vater! Sprich, welch ein Engel hat dich aus dem Kerker Zu uns geführt? Die Vorsicht, die dich liebt Die Schützerin der Unschuld, meine Tochter! Die führet mich zu dir. Sie brach die Fesseln, Schloss meinen Kerker auf, und brachte mich zu dir. Ein Strahl vom Himmel hat Mariens Herz Für uns gerührt. Sie schenkte mir die Freyheit. Und ein Gerüchte, welches mein Begegniss Glaubwürdig macht, verspricht mir, meine Kinder, Euch bald aus diesen grauenvollen Mauern Erlöst zu sehn. Nur diese Hoffnung macht Mir meine Freyheit werth. Was sagt mein theurer Vater? O Suffolk! Ehrenvoller Greis! Dein Antlitz Ist meinem Blick das Antlitz eines Engels! O Wunder! Darf ichs glauben? oder öffnet sich Mein Herz zu schnell dem ungewissen Schimmer Des bessern Glücks? – Ja, Vorsicht, uns geziemt Von deiner Güte stets das Beste zu erwarten. Ich hörte, Gardiner, der alte Bischoff Von Winchester; sey von der Königin Zu dir geschickt, Johanna, ihren Willen Dir anzukünden – Was seit Edwards Tode mir Begegnet ist, füllt meine Seele Mit Zweifel, Furcht und innerlicher Ahnung; Der Himmel hat zu neuen Prüfungen Vielleicht mich ausersehn, von ihm allein, Erwart ich Kraft, die Probe wohl zu halten! Lass, Theureste, lass deines Vaters Freyheit, Diess unverhoffte Wunder jener Macht, Die unsichtbar den Lauf der Dinge lenket, Lass dieses mindstens dein zu ängstlich Herz Mit frohern Ahnungen erheitern. Noch können wir, Johanna, glücklich werden. Noch kann mich deine Liebe glücklicher, Als der Besitz von tausend Kronen machen. Ja! Himmel! Sende nur mein ruhmlos Leben In dunkle Niedrigkeit; bestimme mich, Nach harter Arbeit mit beschwitzten Händen Mein Brot zu essen – lass mir diese nur, Die beste Gabe, die ich von dir bitten, Und deine Güte mir gewähren konnte! An ihrer Seite wird mein frohes Leben Auch in der ärmsten Hütte paradiesisch. So wie des ersten neuerschaffen Paares In Edens schöner Einsamkeit, verfliessen! Ach Guilford! Ach Johanna! Wenn ich euch, Mit dieser schnellen Wiederkehr von Hoffnung Nur nicht zu früh geschmeichelt habe! – Ein Rückfall wäre tödtlich – Aber hier Ist Gardiner bereits – 3. Szene Dritte Scene. Gardiner. Die Vorigen. Ich komme nicht Prinzessin, deine Wunden Noch durch Verweise tiefer, aufzureissen. Du strebtest lüstern nach versagten Höhen: Dein Fall ist deine Strafe! – Doch Maria, Nach deren Krone du die kühne Hand Verräthrisch ausgestreckt. Sie, welcher die Geburt Ein unverletzlich Recht zum Zepter gab, Will jetzt durch Proben ihrer Grossmuth zeigen, Dass eine königliche Seele Das reinste Blut von Yorks und Lankasters Vereintem Stamm in ihrer Brust belebt. Sie will durch ihre Tugenden allein Sich würdiger als du des Trones zeigen. Sie giebt dein Leben, Lady, deine Freyheit, Dein Glück und Ihre Huld in deine Macht. Du strebtest frevelhaft nach ihrem Throne; Sie schenkt dir mehr als einen Thron, – das Leben! Ihr würdet, Mylord, diese hohe Sprache Nicht mit mir reden, wenn des Glückes Gunst Mich an Mariens, Sie an meine Stelle Gesetzet hätte! – Doch ich spreche mich Von meiner Schuld nicht frey; ich fordre keine Gnade. Brittanniens Gesetz verdammet mich. Hier bin ich! willig, seine Heiligkeit Mit meinem Blute zu versöhnen! Mir ist genug, dass über uns im Himmel Ein Richter ist, der mich nach meinem Herzen richtet! Ach! Meine Tochter! Dieser edle Stolz Der sich bewussten Tugend ist zwar schön, Ist deiner werth – allein, bedenke, dass die Rede Von deinem Leben ist – ach! Denk an deine Mutter, – An Guilford, – denk an deinen alten Vater! Komm, folge, wirf mit uns dick zu den Füssen Der Königin – Sie will den Anfang ihrer Herrschaft Mit Wohlthun machen. Deine zarte Jugend, Prinzessin, deine Schönheit, die Verdienste, Die ein gerechter allgemeiner Ruhm An dir bewundert, schmelzen ihre Seele Zu sanftem Mitleid. Auch in deinen Adern Fliesst Ihr verwandtes, königliches Blut. Die Königin, die itzo dir vergiebt, Hofft ihrer Liebe dich einst werth zu finden. Dein frühes Alter war zu unerfahren, Northumberlands Entwürfe durchzuschauen, Du wardst getäuschet, Lady! Dein Vergehen Verdient Verzeihung! Diese edle Unschuld, Die dein Gesicht umlächelt, spricht für dich! Maria will sich nur durch Grossmuth rächen. Lass keinen missverstandnen Stolz die Wirkung Der königlichen Gnade dir entziehen. Die Fürstin will nicht, dass du für dein Leben Ihr danken sollst! grossmüthig stellt sie es In deine eigne Macht. O lies in meinen Augen, Johanna, was in diesem Augenblicke Mein Herz dir sagt! – Ich finde keine Worte – Wie kann mein Leben, Mylord, wie ihr sprecht, In meiner Willkühr stehn? – Ich fasse noch Den Sinn der räthselhaften Worte nicht. So höre dann. Die erste grosse Sorge Der frommen Königin, seit Edwards Tod Sie auf den väterlichen Thron erhoben, Ist, ihr verirrtes, ihr betrognes Volk Dem mütterlichen Schooss der alten Kirche Zurück zu geben. Sie erkennt anbetend Den Finger Gottes in der plötzlichen Verändrung Des Zustands unsers Reichs. – Der junge Fürst, Der als ein Säugling mit der Muttermilch Des Irrthums tödtlich Gift schon eingesogen, Den Cranmers täuschende Beredtsamkeit Und graues Ansehn und verstellte Heiligkeit – für sich. O Gott! Gieb mir Geduld! – Was muss mein Ohr erdulden! fortfahrend. Noch tiefer in den Labyrinth verstrickte, Der in den Abgrund führt – ach! Dieser Edward, Hat, einem Raubthier gleich, die Kirche Gottes Durchwählt, beraubt, zerstört. Die stillen Wohnungen Der Gottgeweihten, die der Welt entsagen, Sind eingestürzt, die Priester ausgetrieben, Die milden Stiftungen aus frömmern Zeiten, Ein Raub der schnöden Üppigkeit des Höflings. O Schand'! O Greuel! Ketzerische Füsse Entweihen ungescheut die Heiligkeit des Altars! Der Ketzerey, der frechen Lästrung Stimme Hallt ungestraft in unsern Tempeln wieder, Und täuscht das leichtbetrogne Volk! – So tief, So tief war Albion, so nah zur Hölle Hinab gesunken: als die Hand des Gottes, Der seine Kirch' auf einen Felsen gründete, Den auch der Hölle Wüthen nicht erschüttert, Durch einen schnellen unverhoften Schlag Den Feind des Glaubens plötzlich weggerafft! Maria herrscht! Die Gottesfurcht bestieg Mit ihr den Thron. Ein heilger Eifer flammt In ihrer frommen Brust, von allen Greueln Diess, Land zu säubern, und die Last des Fluches Von ihrem armen Volke abzuwälzen. Sind sanft're Heilungsmittel ohne Frucht, So mag Brittannien durchs Feu'r gereinigt werden! Die Häresie, die schon ihr Schlangenhaupt dem Himmel Entgegen thürmt, muss ausgerottet seyn! Marien grau't, auf einem Thron zu sitzen, Den noch der Bannstral schwärzt, in einem Reich zu herrschen, Das mit dem Himmel noch nicht ausgesöhnt ist. Sie eilt, den racheschwangern Blitzen Des Donnergottes noch zuvor zu kommen! Doch soll die Sanftrauth alle ihre Künste Zuerst versuchen, eh der Eifer sich Mit Strenge waffnet. Den Verführern nur Dräut sein gezücktes Schwert. Doch die Verführten, Die ihre Einfallt oder ihr Geschlecht Und zartes Alter schützt, soll Reu und Wiederkehr Mit Gott und mit der Kirche auszusöhnen Genugsam seyn! – Du hast es nun gehört, Prinzessin, was von dir erwartet wird! Dein Beyspiel ist es, – welches Tausende Verirrter nach sich ziehen, und mit dir Zugleich erretten wird! Dein Beyspiel fordert Die Königin, und deine Wiederkehr Die Kirche! Schau, sie streckt voll Zärtlichkeit Die Arme nach dir aus, sie öffnet lockend Dir ihren mütterlichen Busen! Schau, ich selbst Ernied're mich, Verweis' und Dräuungen In Bitten zu verwandeln! – Mitleid, Und ungewohnte Regungen erweichen Mein Herz für dich! – Bedenke dich, Prinzessin! Dein Heil, dein Leben schwebt auf deinen Lippen! Und denkt ihr, Mylord, dass des Todes Anblick So schrecklich sey? – Mich dünkt, Prinzessin, Wem zwischen Leben oder Tod die Wahl Gelassen ist, der sollte wenig Zeit Sich zu entschliessen brauchen. Meine Wahl Ist schon getroffen! – Dank in meinem Namen Der Königin für eine Huld, die mir Zu theuer angeboten wird – Das Leben, Wornach ich dürste, kann der Tod nur geben. – Ich sollte Gott, ich sollte Dich verläugnen, Dich, mein Erlöser! Und dein Evangelium, Die Wahrheit, die du selbst mit deinem Blut versiegelt! Dir, und der heiligen Gemeine Der Auserwählten, die in frommer Demuth Dir folgen – sollt ich untreu werden? O Schande! – Und warum? Ein Leben zu verlängern, Worin ich fern von deinem Anblick schmachte? Verschonet meiner, Mylord! – Treibet nicht Die müdgemarterte Geduld zum Murren! Verschont mein Ohr, Versuchungen zu hören, Wovon der blosse Schall mir Greuel ist! Was hör ich? Wie? Ist das die Dankbarkeit, Womit das Übermass der königlichen Grossmuth Empfangen wird? Ist das die Antwort, Lady, Die ich der Königin von deinen stolzen Lippen Zurücke bringen soll? – Auf euern Antrag Ist keine andre möglich! – Saget mir, Mein liebster Vater, sage mir, mein Guilford, Ist eine andre möglich? – Ach Johanna! Wie sehnlich wünscht' ich – Still! Mein Guilford! Lass mich Nichts weiter hören! – Mylord! Mein Entschluss Befremdet euch? – Ihr kennt mein Herz nicht! Nie, Nie fühlt ich nur das mindeste Verlangen Nach Macht und Purpur! Edwards Tod Erweckt' in mir nur brennende Begierden Ihm nachzufolgen, und bey dem zu seyn, Den meine Seele liebt! – Der Himmel weiss, Was wider meine Neigung, die sich stets Dagegen sträubte, mich bewogen hat Den Schritt zu thun, der durch die weise Leitung Der Vorsicht, nun zum Ziele meiner Hoffnung Mich bringen wird! – Ich wollte das vollenden, Was Edward angefangen. Doch der Schluss Des unerforschten Schicksals hält den Fortgang Des grossen Werks noch auf. Maria herrscht! Der Aberglaube sitzt an ihrer Seite, Ihr sanftres Herz mit fremder Grausamkeit, Und einem Eifer, der den Gott der Liebe Mit Menschenblut versöhnen will, zu füllen. Was soll mir nun das Leben? Soll ich mich Durch Übelthaten zu dem bangen Anblick Der schreckenvollen Scenen aufbehalten, Die eu're heilge Wuth mir angekündigt? O Nein! gesegnet sey der Tod! der Führer In eine besre Welt! Gesegnet sey Der Mund, der ihn mir angekündigt hat! Du triumfierst, zu früh, Verkehrte! Wenn dich ja Die Lust zu sterben so ergriffen hat, So stirb! Doch wisse! Deines alten Vaters Und Guilfords Leben sind an dein's gebunden! Dein Tod ist ihrer! – Sieh! Ich biete dir noch einmahl Den Schooss der Kirche und dein Leben an! Sprich nein, so sprichst du dir und deinem Vater Und deinem Bräutigam das Todesurtheil! Bedenke dich! Er geht ab. 4. Szene Vierte Scene. O Guilford! O mein Vater! O welche Prüfung! – Ach! – Gerechter Himmel! Sind diese stillen Seufzer, die ich unablässig Für Sie zu dir geschickt, ach! sind sie alle Vergeblich, unerhört? – O! Der du mir Das Leben gabst, o du, mit dem ich es Zu theilen hoffte, euer Leben ist Unendlich kostbarer als meines! Könnt ich es Mit meinem Blut, erkaufen, o wie wollt ich Mich glücklich preisen! – Meine Seele nur, Nur mein unsterblich Theil ist mir noch theurer Als euer Leben! – Nein! Ihr fordert nicht, Erwartet nicht, dass ich – O Tochter, deine Tugend, Dein Werth entzückt und ängstigt mich zugleich! Du zwingest mich, den bangen Mund zu öffnen, Der lieber, gleich dem Marmorbild der Trauer Auf einem Grabmahl, ewiglich verstummte! Ach mein geliebtes Kind! Sieh, ich bin alt, Das schwache Leben, das mir die Natur Noch Stundenweise vorgezählet hätte, Hat keinen Reitz als dich! Das Beil kann mir Nur wenig Tage rauben. Ach Johanna! Für dich, für dich allein zerfliest mein Auge In väterlichen Zähren – Du sollst sterben? – Du, Liebling meiner Seele, sollst du sterben? Gewaltsam, vor der Zeit, im Frühling deiner Jahre Vernichtet worden? – O mein Kind, die Qualen, Womit der schwarze schreckliche Gedanke Mein Herz zerreisst, kann nur dein Vater fühlen. Vor kurzem priesen mich noch alle Lippen Den glücklichsten der Väter, und ich war's! Ach! dacht ich jemahls, wenn dich meine Arme Umschlossen hielten; wenn mein thränend Auge Mit stummem Dank von dir zum Himmel aufsah, Konnt ich es denken, dass dein Elend einst Den Wunsch aus meiner Seele zwingen würde, Dass, – ach! – Der süsse Vaternahme mich Aus deinem Munde nie entzücket hätte! Vergieb dem Übermass der unaussprechlichen Gedrängten Schmerzen, die mein Herz bestürmen, Mein Herz, das einzig dich zu lieben, athmet! Du solltest sterben? Schönste Zier der Schöpfung! Die kalte Hand des ungerechten Todes Soll vor der Zeit dich pflücken! – Diese Augen, Wo in der Farbe des entwölkten Himmels Der schönste Geist sich spiegelt, sollen sich Auf ewig schliessen! Diese keuschen Wangen, So blühend, wie die Rosen, die am Haupte Der Engel duften, soll der Tod entfärben! Ach! dieser holde Mund sich nimmer wieder Zu Reden öffnen, die mir süsser sind Als Sterbenden – Johanna! Höre mich! Wo wendest du dein himmlisch Auge hin? – O Guilford, Guilford! Sind das die edeln muthigen Gedanken, Womit der Christ sich zu der letzten Grösse Im Tod erhebt? – Vergiss mich, oder liebe Mich so, wie einer dessen reine Seele Sich jetzt entkörpern soll! – Mein Vater, mein Gemahl! Der Tod ist nicht, wie sich der Aberglaube, Nicht wie die Seelen, die zu tief im Schlamme Der Sinnlichkeit versunken sind, nicht wie Des Lasters bebendes Gewissen Ihn mahlt! Er ist ein Übergang ins Leben! Nur tun zu sterben wurden wir geboren! Er raubt uns nichts als unsre Sterblichkeit, Die Quelle unsrer Leiden! – Lasst uns sterben! Was kann der Christ, der Tugendhafte sich Und denen, die er liebet, bessers wünschen, Als schön zu sterben? Jetzt, mein theures Kind, Bereite dich zum letzten Streich des Unglücks! Sieh! deine Mutter kommt. 5. Szene Fünfte Scene. Lady Suffolk. Die Vorigen. gen Himmel schauend. O stärke mich! – Ich lag und weint', und flehte zu den Füssen Der Königin, als Gardiner hereintrat, Und deine Antwort brachte! – O mein Kind, Mein theures Kind! Wie donnerten die Worte Von seinem Mund in mein erstarrtes Herz! – Und willst du sterben? – Aber – ach! Bedenke, Dass mein Verhängniss mir den Trost versagt, Mit dir zu sterben! – Ach! die grausame Maria Zwingt mich zum Leben! Himmel! Welch ein Leben, Wenn Du, wenn Guilford, wenn dein Vater, alle Rings um mich her gefallen sind! – Johanna, Schau her! O wende deine holden Blicke Auf deine Mutter! Kannst du die, die dich Mit Schmerz gebar, die dich in ihren Armen, An ihrer Brust erzog, die dich den Stolz, Die Wonne ihres frohen Lebens nannte, O! Kannst du, kannst du sie so elend machen? Sieh mich zu deinen Füssen! Lass mich nicht Vergebens flehn! Erbarme dich, Johanna, Der unglückseligsten der Mütter! – Lebe! Ach! lebe, dass ich nicht das Licht verfluchen müsse – O meine Mutter! – O das ist zu viel! Mein Herz erliegt im innerlichen Kampfe – Es bricht – Sie sinkt beinahe ohnmächtig in ihrer Mutter Arme, und wird auf einen Lehnstuhl gebracht. O Gott! Sie stirbt, sie stirbt! O Engelsseele! Verweile noch – Du siehest Ihren Kampf! Die folgt der Lehre, die ihr Meister gab, Und liebt nur Gott noch mehr als Eltern und Gemahl. Ach! Könnte sie, ihr – zärtlichs frommes Herz Verzöge keinen Augenblick, uns alle Durch ein erfreuend Ja aufs neue zu beleben! O flieh, Geliebte! deine Gegenwart Erschöpfet nur den schwachen Rest vom Leben, Der noch in ihren Aderen glimmt. Ich gehe, Die Königin um meinen Tod zu flehen. 6. Szene Sechste Scene. Die Vorigen. – Johanna! Engel! Welchen noch Auf kurze Zeit die Sichtbarkeit umschleyert, Hörst du mich nicht? Eröffne deine Augen! Sie strahlen eine Kraft in meine Seele, Die mich zu dir erhebt – Sie lebet wieder auf, Die Farbe kommt den bleichen Rippen wieder, Sie schaut umher – Wo ist sie? Wo ist meine Mutter? Sie ging hinweg, den Himmel im Verborgnen Um Trost zu flehn. Sie wird ihn auch erhalten! 7. Szene Siebente Scene. Gardiner. Die Vorigen. Dein Vater, Guilford, dieser einst so stolze Gefürchtete Tyrann, Northumberland, Ist nicht mehr! – Himmel! Jeder Augenblick In dieser schwarzen Stunde ist Ein neuer Ruf zum Tode! Die Gesetze, Das Vaterland, Maria, und Ihr selbst, Sind nun gerochen! Er verrieth sie alle! Ja, Euch verrteth er! Er bekannte selbst Vor seinem Ende, dass ein unbezähmter Verruchter Stolz ihn zum Verräther An Edward und Johanna Gray gemacht: Dass, nicht der Eifer für den neuen Gottesdienst, Nur die Begier mit deiner Hand, Johanna, Den Königstab zu führen, ihn getrieben, Dem jungen Edward, als er mit dem Tode Schon rang, den letzten ungerechten Willen Doch abzuzwingen, der die Königin Des Rechts, das ihr der Himmel gab, beraubte. Voll Seelenangst verflucht' er seine Ränke, Und sein Verbrechen, dessen Schlangenbisse Ihm nicht erlaubten, wie ein Held zu sterben. Und dennoch hinterliess er euch ein Beyspiel, Das würdig ist, von euch befolgt zu werden. Vor allem Volk entsagt' er mit Verwünschung Dem neuen Glauben, und gestand voll Reue, Dass nur der Eigennutz ihn wider sein Gewissen Zu Edwards Zeit in Heucheley verlarvt! Er starb versöhnt mit unsrer heil'gen Mutter, Der Kirche – Ha! Was hör ich? Zu verwegner Bischoff! Kannst du so grausam seyn, und unser Elend Noch durch Entehrung meines Vaters häufen? Des Himmels Zorn vergelte dir – Halt ein Zu rascher Jüngling! Was ich sage, hat Das ganze Volk gehört, von dessen Flüchen Verfolgt, die Seele des Verbrechers angstvoll Dem Leib entflog. Lass ab! Lass ab, o Schicksal! Mein blutend Herz steckt voll von deinen Pfeilen! Komm, meine Freundin, siehe mich bereit Mit dir zu sterben! O mir graut, mir ekelt Vor diesem Leben! Meine Seele lechzt Mit Ungeduld der Todesstund' entgegen: Wie einer, den des Mittags strengste Glut Auf dürrem Sand gesengt, nach einer Quelle lechzet. Mein Vater! – Ach mein Vater! Muss ich noch Im Tod erröthen, dass ich – Meine Seele schauert, Den schrecklichen Gedanken auszudenken! Und ist nun, Lady, dein Entschluss gefasst? Du hast dich zu bedenken nur Noch wenig Augenblicke! – Soll ich dich Von neuem Hehn, dein Leben nicht zu hassen? Der Zorn der Königin ist durch die Strafe Northumberlands versöhnt, und fordert weiter Kein Opfer mehr! Sey weise! Wirf dich eilig In ihrer Grossmuth Arme – O! Wenn ihr anders meiner Noth nicht spottet, So lasst mich kniend, Mylord, euer Mitleid Für eine Unglückselige erbitten, Die stets in Unschuld lebt', und keinen Menschen Vor diesem schwarzen Tag beleidigt hat! Lasst euch erweichen! Fleht die Königin, Für Guilford und für meinen Vater, mich Allein zum Opfer anzunehmen! O Mylord! Auch ihr hattet einen Vater! Erbarmt euch meiner! Lasst mich nicht die Schuld An seinem Tod' mit in die Grube nehmen! Hartnäckiges, selbst unerbittlichs Weib, Du flehst umsonst! – Sie sterben unvermeidlich Wofern du nicht – O! So vergebet mir, Mein Vater, mein Gemahl! Vergieb mir, theure Mutter, Und fluche nicht dem Tag, der mich gebar! Ihr wisst, mit welcher heissen Zärtlichkeit Ich euch geliebt – Doch unbegrenzte Liebe Bin ich nur Gott, nur meinem Schöpfer schuldig! – Lasst uns wie Christen sterben! Kerkermeister, Soldaten! Auf! Herbey! Führt die Gefangnen Hinweg! Sorgt, dass sie abgesondert Verschlossen werden, und sich ohne meine Bewilligung nicht sehn! – Und ihr, bereitet euch Zum nahen Tode! – Er geht ab. 8. Szene Achte Scene. Johanna. Suffolk. Guilford. O Grausamkeit! Gott Lob! die Vorbereitung ist geschehn! Ich lebte nur, um glücklich einst zu sterben! Und müssen wir denn scheiden, meine Tochter? – Uns niemahls – Nein! uns bald in jener bessern Welt, Dort unter jenen goldnen Sternen, wieder Zu sehn, und zu umarmen, und voll Wonne, Im himmlischen Triumf, aus unseres Gottes Hand Die Siegeskrone zu empfangen! Sie gehen auf verschiednen Seiten ab. 5. Akt 1. Szene Erste Scene. Lady Suffolk. Sidney. Welch eine Nacht war das! O theure Sidney! Da liebst Johannen auch, du warest ihrer Kindheit. Gespielin, auch dein Herz zerfliesst in Wehmuth! Urtheile nun, aus dem, was du empfindest, Vom Leiden einer Mutter! Einst die glücklichste Von allen, preis' ich die jetzt selig, welche nie Ihr neugebornes Kind an ihren Busen drückte, Nie von des Säuglings holden Lippen Den süssen Mutternahmen lallen hörte! O Sidney! Was für eine Nacht war das! Wie langsam schlichen, Schreckgespenstern gleich, Die schwarzen Stunden neben mir vorüber! Ich musste Sie verlassen. Meine Klagen, Mein Ungestüm hätt' ihre sanfte Seele Zu sehr verwundet. Ach! Ich musste sie Verlassen – und, o Gott! in welcher Lage! Nur diese Nacht, nur wenig Stunden trennten Sie noch vom Tode! Wie zermarterten Die grausamen Gedanken meine Seele! Verzweifelnd, trostlos irrt ich in den Zimmern Des einsamen Palasts umher, als wie Von Furien gejagt – Ich klagt', ich schrie, Ich winselte; dann schwieg ich halb entseelt, Und sass verstummend da, und rang die müden Arme, Und sah gen Himmel auf, und konnte nicht mehr weinen. Bald wälzt ich mich im Staub, und flehte wimmernd Der Engel Mitleid an; bald fordert' ich Mit ungestüm vom Himmel Wunderwerke. Dann, warf ich mich entkräftet von der Wuth Der Schmerzen auf mein Lager, suchte Ruh, Und seufzte, dass ich sie nicht finden konnte. Und da zuletzt der Schlummer sich mitleidig Auf meine wunden Augenlieder senkte, So störten Träume, – fürchterliche Träume, Die kurze Ruhe – Doch was quäl' ich dich Umsonst mit diesen Bildern – Sage mir, O Sidney, sage mir, wie hat Johanna Die Nacht durchlebt? Wie eine, die den Tod Für einen Engel hält, der sie ins bessre Leben Hinüber tragen soll – Solch eine Grösse wirkt in edeln Seelen Der Christen Glaube! – Wie beschämt sie mich! Zwar blieb ihr zärtlich Herz nicht immer in der gleichen Erhabnen Fassung; nicht von sanften Klagen Ihr Mund, ihr Auge nicht von Thränen leer! Doch wars nur ihre Mutter, nur ihr Vater, Nur Guilford, nur ihr Volk, um die sie klagte. Als sie allein sich in dein Kerker sah, Den eine dunkle Lampe kaum ein wenig Erheiterte, da sprach sie ernsthaft lächelnd: O Sidney! Dieses Zimmer schickt sich besser Zum Zustand meiner Seele, als die goldnen Geschmückten Zimmer, die wir jüngst bewohnten. Willkommen, Kerker! Und ihr schweren Fessel Willkommen! Euch zu tragen, hat die Unschuld Sich nie geschämt! – Jetzt sah sie schweigend nieder, Und schien zu staunen. Endlich rief sie aus: Und bin ich nun allein? – Wo ist mein Vater? Wo ist mein Guilford? – Ach! Wie hart, wie grausam, Im Tod uns noch zu trennen! – Doch Geduld! Bald werden wir uns wieder sehn, um nimmer Getrennt zu werden! – Da sie dieses sprach, Fiel eine Thrän' aus ihren aufgehabnen Stillheitern Augen. Lange schwieg sie drauf, In himmlische Gedanken, wie es schien, Vertieft, bis sie mich weinen sah. – Was weinst du, Geliebte, sprach sie, weine nicht um mich! Bald werd' ich glücklich seyn! Ihr, die ich hinter mir Zurücke lasse, ihr verdienet mehr Als ich beweint zu werden! Nur für euch Seufzt meine Seele! – Welche Prüfungen Erwarten euch! Doch seyd getrost! der Himmel Hat Allmacht, unsrer Schwäche Kraft zu geben. In solchen Reden, deren süsser Ton Mein Ohr noch jetzt umsäuselt, schlich Sich eine Stunde nach der andern weg! Zuletzt besuchte noch der letzte Schlummer Den matten Leib. Sie lag und lächelte Im sanften Schlaf, als schwebten himmlische Gesichte Um ihren Geist – O Sidney! Es ist Balsam Für mein zerrissnes Herz in deiner rührenden Erzählung – Mich verlangt, die Heilige zu sehen – Sie ist es! Ja! Sie ist zu heilig, länger. Die Tochter einer Sterblichen zu seyn! Schläft sie noch, Sidney? Sehet hier sie selbst! Der mittlere Vorhang wird aufgezogen, und entdeckt das Gefängniss, worin sich Lady Johanna befindet. 2. Szene Zweyte Scene. welche ihre Mutter noch nicht gewahr wird. Der Tag bricht an, die Stunde nähert sich! Zum letzten Mahl, o Sonne, sieht mein Auge Dein süsses Licht! Bald wird mein Ohr die Stimme Der Freundschaft nicht mehr hören, bald mein Mund Zum letzten Mahl zu Segnungen sich öffnen! – Und ist es denn gewiss? und werd' ich heute, Von diesem Leib enthüllt, das wahre Leben Der reinen Geister leben? Bin ich wirklich Der Seligkeit so nah? – O meine Feinde! Ihr liebet mich, da ihr mich hassen wollet! Ihr wollt mich strafen, und ihr macht mich glücklich! Ihr brecht den Kerker ab, worin Mein königlicher Geist vielleicht noch lange Nach seiner angebornen Freyheit Geschmachet hätt'! – Empfanget meinen Segen Für eure Wohltat! sich nähernd. Schönste aller Seelen, Die je die Sterblichkeit umhüllte, Wie viel verliert mit dir – Was hör ich? Welche Stimme? O! Meine Mutter! Theuerste Johanna! O! Glänzte nicht aus deinem Auge schon Der Engel, der sich bald enthüllen soll, hervor, Wie könnt ich diesen Augenblick ertragen! Vortrefflichste der Mütter, möchtest du In meine Seele blicken können! Der Tod hat keine Bitterkeit für mich, Als diese, dass er mich aus deinen Armen reisset. Warum will mir Maria nicht erlauben, Mit dir zu sterben? Ach! was zwingt man mich, Diess ohne dich verhasste Licht noch länger Zu sehn? – Beweine mich, Johanna, wein' Um deine Mutter, die ihr zürnend Schicksal Dich überleben heisst. Was ist für mich das Leben? Was soll mein Auge sehn? Was soll ich hören? Du warst das liebste, was mein Auge sah; Das süsseste, war je mein Ohr entzückte, War deine Stimme. Jeder neue Anblick Der blühenden Entfaltung deiner Jugend, Gab mir die Freuden meiner Jugend wieder! Ach! Wenn das Grab dich deckt, dann schmachtet nur Die Hälfte noch von mir. Mit dir stirbt mein Vergnügen, Mein Stolz, mein Ruhm! Was bleibt mir übrig, Als jeden Abend, jeden dunkeln Morgen, Dein Grab mit meinen Thränen zu begiessen! Und wenn mein Arm den kalten Grund umfassen, Wo deine Asche ruht – O theure Mutter! Erweiche nicht mein zärtlich Herz zu sehr! Erinnre mich an nichts, was meine Lust Zum Sterben hemmen könnt'! – Ich bin dem Tode Geheiligt! – Zwinge nicht in dieser Feyerstunde Noch einen Seufzer, – der mein Herz entweihte, Aus meiner Brust! – O Himmel! – theurste Lady! Dein Guilford kommt! 3. Szene Dritte Scene. Die Vorigen. Guilford Ists möglich? Bin ich noch So glücklich, eh ich sterbe, dich zu sehen! Mein Guilford! welch ein Trost für mich. In deinen Mienen diese stille Grösse Und Seelenruh zu sehn? Wen würde nicht dein Beyspiel, Du Göttliche, dir nachzueifern, reitzen? Du, Freundin! lehrtest mich, im Frühling meines Lebens Dem Tode kühn ins Angesicht zu schauen! Du wecktest meine Seele zum Gefühl, Der Würde, die ihr Ursprung und ihr Ziel Ihr geben soll! – Ich seh vor meinen Augen Die schönsten Hoffnungen wie Wolkenbilder schwinden. Du lehrest mich, sie mit Geduld verschwinden Zu sehn! – Ich hofft' in deinem Arm zu leben. Jetzt scheint mirs Seligkeit, mit dir zu sterben! Das, was wir hier in dieser Schattenwelt Das Leben nennen, ist kein wahres Leben! Sprich, dünkt dir nicht die ganze wundervolle Geschichte dieser Tag' ein Traum? – Wir träumten Von Glück, von Macht, von königlichen Scenen, Von Welten, die zu unsern Füssen rollten, Von Götterfreuden – und als wir erwachten, Schloss uns ein Kerker ein! Auch, das ist Traum! Ein düstrer Traum, der einem heitern folget! Bald werden wir erwachen! Und – O Guilford! Zu welchem Glück! – O könnt' ich dir beschreiben Was schon davon mein ahnend Herz empfindet! Du, bist schon reif zum Himmel! Schon zu heilig Für diese Welt! Nur Engel sind zum Umgang Mit dir schickt! – Ach! Warum kann ich nicht Mit gleichem Flug mich neben, dir erheben? Mich zeucht die irdische Natur Noch allzumächtig nieder! – Ach Johanna! Wenn nur die Grausamkeit des alten Bischoffs Mich zu der Marter nicht verdammt, dich sterben Zu sehn – o schrecklich, schrecklicher Gedanke! Wenn ich ihn denke, bebt mein ganzes Wesen! Mein Blut erstarrt in jeder kalten Ader, Die Erde schwanket unter mir, der Himmel Dräut über mir zu fallen – Schrecket dich Die Art des Todes? Wär' ich minder todt, Wenn eine Krankheit mich nach langer Marter Entseelen würd'? O Guilford! dieser Tod, Der uns bevorsteht, kann die Unschuld nicht entehren: Diess selige Bewusstseyn macht die Ketten An meiner Hand so leicht, als wären sie von Rosen. Kränkt dichs, dass dieser Leib verwesen soll? Er wird verklärt, unsterblich auferstehn! Wir schlummern kurze Zeit, und werden bald Zu himmlischen Umarmungen erwachen! 4. Szene Vierte Scene. Die Vorigen. Ein Officier. Verzeihet, Mylord! – Ach! Mein Mund vermag Nicht auszusprechen, was ich sagen soll! Nun bin ich glücklich! Himmel, habe Dank! Der Tod ruft mich zuerst! O Sidney, führe mich von dieser Scene! Ich bin zu schwach sie auszuhalten – Nur noch das letzte Lebewohl, nur noch Den letzten Dank, mit diesem Kuss der Liebe! Sie umarmt Lady Suffolk. Nur noch von diesen mütterlichen Lippen Den letzten Segen, zärtlichste der Mutter! Der Himmel thut schon über euch sich auf! O segnet mich! – Mich, die ihr hier im Elend Zurücke lasst. – O meine – meine Tochter – Und du mein Sohn! lasst eure letzten Seufzer Für mich zum Himmel flehn! – Lady Suffolk geht ab. Nun bin ich glücklich! Ich eile vor dir her! Umarme mich, Geliebte! Aus diesen Armen schwingt sich nun mein Geist Den Serafinen zu, die, im Triumfe Dich einzuholen, aus des Himmels Pforten Zu Myriaden strömen, und, mit Thränen Der himmlischen Entzückung, deinen Tod Betrachten werden! – Dort, in ihren Armen Erwart ich dich! – Du weinst! du Göttliche! – Bald bin ichs werth mit solcher Zärtlichkeit Von dir geliebt zu seyn! Die Thränen, die ich weine, Sind lauter Wonne! – Nur noch Augenblicke So folg ich dir! Guilford geht mit dem Officier ab. 5. Szene Fünfte Scene. allein. O Glaube der Unsterblichkeit, Was wär ich ohne dich! In welchem Abgrund Von Jammer würde sich die hoffnungslose Seele Verzweifelnd wälzen – trennte das Verhängniss Die Liebenden auf ewig, würd ich dich, Mein Guilford, niemahls, niemahls wieder finden! – O Tod! dann wärest du das schrecklichste Von allen Übeln! Aber nein! die Seele Lebt unvergänglich! Das Verhängniss trennt Die Frommen nicht auf ewig! – Ja, Geliebter, Wir finden uns in einem Leben wieder, Wo keine Noth uns mehr erreichen kann! Wo nur der Überschwang der grenzenlosen Wonne Das Herz in Dank und Freudenthränen schmelzt. Auf! Triumfiere, meine Seele! – Schau! Der Himmel thut sich auf! – O welch ein Licht! – Welch liebliches, entzückendes Gewimmel Von seel'gen Geistern! – Welche Harmonie Entzückt mein Ohr! – Wo bin ich? – Schon Vom Leib entkleidet? Schon – Was für ein Augenblick war das! – Ich sah Und hörte schon, was in der Menschen Sprache Unnennbar ist! – 6. Szene Sechste Scene. Sidney. Johanna. O theuerste Prinzessin! Es ist vorbey! Ich sah ihn – sterben! So stirbt ein Held! Wie war er deiner würdig! Wir alle, die ihn sterben sahn, wir standen Von Wehmuth und Erstaunen, an den Boden Geheftet, starr, leblosen Bildern gleich! Jetzt bringen sie den Leichnam des Erwürgten Hierher! Die grausame Maria will Durch seinen Anblick noch dein Marterthum vollenden! Sie irret sich! Diess ist die letzte Wohlthat, Die meine Feinde mir erweisen können. Mann bringt den Leichnam des Guilford. Und ist denn dieses Mein Guilford? Nein! Betrognes Aug'! Es ist Die Hülse nur des tugendhaften Geistes, Den jetzt der Himmel hat! – Sie wird einst auferstehen! Ja diese Augen werden einst verklärt Mir wieder lächeln! Himmlische Begeistrung Wird diesen blassen starren Mund eröffnen! O! Nimm noch diesen letzten heil'gen Kuss Der frommen Liebe! – Wie! Hat selbst der Tod Nicht Macht, sein edles Antlitz zu entstellen? Nicht Macht, diess holde Lächeln auszulöschen, Das noch die Seel' auf seinem Mund zurück liess? Vergieb, o seel'ger Geist, vergieb der Thräne Die noch auf diese kalten Wangen sinkt. Dem letzten Zoll der unvollkommenen Liebe! – Nun ist mein Lauf vollbracht! Das Mass der Leiden Ist voll! Ich kann nichts mehr verlieren! – Was hör ich? – Ja! die Geister meiner theuern Verstorbnen rufen mir! – Mein Edward Ruft seiner Schwester, Guilford seiner Gattin! Ich folge, ich folge! Komm, willkommner Tod! O komm, und gieb mich ihren Armen wieder! Fußnoten 1 Johanna wird mit jedem Zuge, den Sie in ihrem Enthusiasmus zum Bilde ihres geliebten Edwards hinzu setzt, immer weicher; ihre immer steigende Rührung muss auch in ihrer Stimme immer merklicher werden, bis endlich die letzten Worte von einer Bewegung, welche sie nicht mehr zurückhalten kann, beinahe erstickt werden. Diess muss im Deklamieren, dieser Stelle mit aller, dem eigenen Karakter dieser jungen Prinzessin gemässen Wahrheit ausgedruckt werden, oder die Ausrufung – O mein zu weiches Herz! hätte keinen Sinn. – Der Verf. erinnert sich noch immer und rechnet es unter die süssesten Erinnerungen aus seiner Jugend, mit welchem Gefühl, welcher Innigkeit, welcher ganz Natur scheinenden Kunst Madame Ackermann, die würdige Mutter unsers grossen Schröders, auch diese Stelle, so wie überhaupt die ganze Rolle der Johanna, und besonders die letzte Scene des ganzen Stücks durch ihre zuletzt bis zur täuschendsten Begeisterung steigende Deklamazion und, Akzion darstellte. Doch hiervon an einem andern Orte! 2 Heinrichs des VIIIten, der bekannter Massen, in den letzten Jahren seiner Regierung die Katholischen eben so heftig als die Reformierten verfolgte. 3 Diese ganze Stelle, so wie überhaupt die Karakter der Personen und alle historischen Umstände, sind aus Burnets Geschichte der Englischen Reformazion genommen; für deren völlige Unpartheylichkeit der Verfasser nicht gut seyn möchte.