Ode. Klagen und Beruhigung Du, die unsterblich ist, der Seraphinen Schwester, Du, deren angebornen Glanz Noch dunkler Stoff, des Todes Kleid verhüllet, Itzt Tier, doch einst ein Gott! Fühlst du, o Seele, dich? Bebst du in deinen Banden Vom Thron gestürzte Königin? – Oft angelockt, getäuscht und nie befriedigt Wankt dein ätherscher Blick Auf dieser Erd umher, dem Vaterland des Irrtums, Des Lasters mörderischer Gruft! Wo Traum und Wahrheit nur die Sonn entscheidet, Und selbst die Liebe haßt, – Mein zarter Wille bebt vorm Anblick der Verwüstung, Die dich einst, schöne Erd, entstellt. Er, an der Brust der holden Lieb erzogen, Trägt nicht des Hasses Blick! Ach! die der Geister Herr zu gleichen Seligkeiten, Die Tugend zu genießen, schuf, Die jagt der Durst nach unglückselgen Gütern In einen ewgen Krieg! Wie wird dir, Seele, dann, wenn du voll Menschenliebe Herab auf dein Geschlechte blickst? Sie, die du gern mit deinem Schmerz beglücktest, Sie sind des Elends Raub! Du weinst! – Du breitest dich mit allen deinen Wünschen Zum göttlichsten Geschäfte aus, Zum Wohltun! Der Gedank, Glück um dich her zu schaffen, Schon der belohnte dich! Und ach! was hindert dich? dein Wille bleibt nur Wünschen! Du, die des Himmels Grenzen selbst Mit der Gedanken Seraphs-Flug erreichet, Bist arm an äußrer Kraft. Beschämt, bestürzt, verirrt im Labyrinth des Schicksals Entfliehst du in dich selbst – doch ach! Auch in dich selbst, auch in den Sitz der Liebe Verfolgt der Kummer dich! Ich fühl es, wie du oft die leichtern Flügel schwingest In reinre Gegenden empor, Doch drückt ein innrer Hang, der Feind des Wesens, Dein Nichts, dich stets zurück! – O Schöpfer! ist denn hier der Wunsch der Ruh Verbrechen? Wie? Oder ist der Freude Fuß Nur an des Himmels goldne Flur geheftet, Wo du sie lächelnd schufst? Soll auch der Edlere den die Syrenen Kehle Der Erden Freude nicht entzückt Der, sich bewußt, tief unter seinen Wünschen Der Thronen Schimmer sieht, Soll denn auch der umsonst nach echter Ruhe schmachten, Auch der? – So fragt ich Kummervoll, In eine Nacht von Hoffnungslosen Sorgen Und in mich selbst verirrt. Da sah ich plötzlich dich, Serena, vor mir stehen, Die Tugend lächelte aus Dir, Dein Auge winkte Ruh, und alsbald wurden Die Winternächte hell. O Göttliche! Dich gab mir meines Schicksals Güte Zur zärtlichen Begleiterin, Der Weg zur Ewigkeit, sonst öd und finster, Wie blüht er um Dich her? Dein zärtlich Herz, das nach dem Ebenbild der Unschuld Die freie Wahrheit bildete, Das zu besitzen – o wie reich, Serena, Wie selig macht das mich? Du, Freundin, lehrtest mich der Tugend Wert empfinden. Du machtest mich mir selbst bekannt. Dir dank ich es, daß mich in goldnen Stunden Der Muse Gunst besucht. – Entflieh, o Kummer! weicht, ihr Sorgen für die Zukunft, Mißgönnt mein itzig Glück mir nicht! Serena, wen Du liebst, der kränkt die Vorsicht Durch jeden niedern Gram. Und hat sie mir nicht auch Dein großes Herz geschenket, Mein Bodmer, dem Urania Die Weisheit vom Olymp und Symphonien Aus ihrer Harfe gab? Du liebest mich! Mir gibt mein dreimal selig Schicksal Dein menschenfreundlich Aug zu sehn. Du reizest mich mit deiner höhern Tugend Und siehst mir liebreich nach. O Himmel bin ich nicht zu kühn noch mehr zu wünschen? – (Doch Bodmer selber wünschte so!) O dürftest du den frommen Wunsch erlauben! Soll er unmöglich sein? Wie selig? Lebt ich einst in einer armen Hütte Die Freiheit mehr als golden macht, In deinem Umgang, zärtliche Serena, Dir und dem Himmel nur! Zwar von der Welt getrennt, in einer holden Wildnis (Gleich dem beglückten Aufenthalt, Wo Billeter mein Herz mir abgewonnen, Wo deine Unschuld mich, O Daphne, still entzückt, wo ich den Freund gesegnet, Den dein geliebtes Herz beglückt –) Doch nicht allein! oft von den jungen Nymphen Des Eichenwalds gesehn Zuweilen gingen wir mit Siphas holden Töchtern Am See, der Evens Spiegel war; Bald macht ein Freund, ein Heß, uns mit der Weisheit Durch sein Gespräch vertraut. Ja unsre Seligkeit entlockte selbst die Engel Gott nähern Welten, uns zu sehn; Wir hörten denn in hellen Mitternächten Ihr empyreisch Lied. O mille volte fortunato e mille chi nasce in tale Stella!