Christoph Martin Wieland Alceste Ein Singspiel in fünf Aufzügen Personen Personen. Alceste. Parthenia. Admet. Herkules. Chor. 1. Akt Erster Aufzug Das Zimmer der Alceste. allein. Er ist gekommen Der Bote, der die Antwort mir des Gottes Von Delphi bringt. Ich wagt' es nicht Ihn anzuhören, ach! – ich wagt' es nicht Die Augen zu ihm aufzuheben. An seinen Lippen hängt Dein Schicksal, mein Admet, – das Schicksal deiner Gattin! O! gute Götter, habt ihr jemals Der frommen Liebe Flehn euch rühren lassen, So hört mich, Götter! rettet, rettet ihn; Wo nicht, so lasset mich mit ihm erblassen! Zwischen Angst und zwischen Hoffen Schwankt mein Leben, wie im Rachen Der empörten Fluth ein Nachen Aengstlich zwischen Klippen treibt. Der Donner rollt, die Winde brausen, Die aufgewuhlten Wogen kochen; Rings um mich her ist Nacht und Grausen! Dies Herz, ein Herz das nichts verbrochen, Ist alles was mir übrig bleibt! Zwischen Angst und zwischen Hoffen Schwankt mein Leben, wie im Rachen Der empörten Fluth ein Nachen Aengstlich zwischen Klippen treibt. Alceste. Parthenia. Parthenia! – wag ichs – Ah! Wie blaß ist ihre Wange! Sie bebt! – o Schwester, laß mich nicht In dieser Ungewißheit! Hat der Gott Mein Urtheil ausgesprochen? Rede, rede! Bringst du mir Leben oder Tod? mit weggewandtem Gesicht und erstickter Stimme. Ach Schwester! Was sagst du? Muß er sterben? Unerbittlich, Ach! unerbittlich sind die furchtbarn Töchter Des Erebus! Schon strecket Atropos Die schwarze Hand – Bald wird der Faden feines Lebens Durchschnitten seyn – indem sie kraftlos auf einen Lehnstuhl sinkt. Ihr Götter! Fasse dich, Geliebte! Noch läßt Apoll Uns einen Stral von Hoffnung schimmern, Noch lebt er, dein Admet, und soll Bis an das fernste Ziel der Menschheit leben, Wenn jemand sich entschließt Für ihn sich hinzugeben. Parthenia, sprichst du wahr? Apollo sprichts aus meinem Munde. Und zweifelst du, ob jemand ist Der sich enschließe für Admet zu sterben? O Schwester, welch ein Mittel ihn zu retten! Wer wird die Liebe, wer die Großmuth bis Zu diesem Grad der Höhe treiben? Sein Vater selbst, der abgelebte Greis, Der lebendtod ein freudeleeres Daseyn Vielleicht noch wenig Tage schleppen wird, Sein Vater selbst Kann zu der edeln That sich nicht entschliessen. Wir flehten ihm, wir faßten seine Knie; Wie baten wir! Umsonst! Gefühllos, taub, Taub wie ein Marmor blieb er unserm Flehen. Das Alter hat in seiner kalten Brust Die Quelle der Empfindung aufgetrocknet. Doch, klage nicht, Parthenia! – Mein Admet Wird leben! lebt in diesem Augenblicke Schon wieder auf! – Es ist gefunden Das Opfer, das für ihn der Parzen Zorn versöhnt. Was sagst du, Schwester? O erschrecke nicht Mein ahnend Herz durch diese grauenvolle Gelassenheit! – Ich zittre – Ach! Alceste, Welch ein Entschluß – Er ist gefaßt! Ihr Götter der Hölle, Ihr furchtbaren Schatten, O! schonet den Gatten! Hier bin ich, und stelle Zum Opfer mich dar. Euch weyh ich mein Leben! – Sie habens vernommen! Sie kommen, sie kommen! Ich höre das Schweben Der schwarzen Gefieder. Sie steigen hernieder! Sie holen das Opfer Zum Todesaltar! Ihr Götter der Hölle, Ihr furchtbaren Schatten! O! schonet den Gatten! Hier bin ich und stelle Zum Opfer mich dar! O! Götter, höret nicht Was in der Angst der zärtlichen Verzweiflung Ein Liebekrankes Herz euch angelobt! – Komm, liebste Schwester, komm in meine Arme! Komm zu dir selbst zurück! – Besinne dich, Alceste! – Sieh mich an, die dich so zärtlich Von unsrer Kindheit an geliebt, mich die du wieder So zärtlich liebtest, – kannst du den Gedanken, Mich zu verlassen, nur erträglich finden? Verlassen willst du Freunde, Vaterland Und Kinder, alles was den Sterblichen Das Theurste ist, verlassen? – dieses goldne Licht Der Sonne mit der ewgen Nacht Des Tartarus vertauschen? – Jeder Freude Des Lebens, jedem schönen Blick In wonnevolle Tage die dir winken Entsagen? – Schrecklich! Nein, du sollst es nicht! O ruf's zurück, Unsinnige, das rasche Entsetzliche Gelübd – Es ist unwiderruflich! Vergebens marterst du mein leidend Herz: Laß ab, Parthenia! Nur zu sehr empfind' ich Der Trennung Quaal. – O! meine Kinder! – O mein Gemahl! – O! meine Schwester! – Bald, Bald werden diese halberloschnen Augen Nicht mehr voll Liebe sich An eurem Anblick weiden! Die Parze ruht! Wir müssen – Ach! Wir müssen scheiden! Uns scheiden? O! verhütet es Gerechte Götter! Nein, Alceste, Nein! Noch ist es Zeit. Die Götter haben Mitleid Mit unsrer Schwachheit; hören nicht Gelübde, von Verzweiflung Der Liebe ausgepreßt. – Es ist – Es ist geschehn! Sie haben mich erhört, Der Tod erwartet gierig seine Beute. Schon fühl' ich seine Hand – Wie kalt sie ist! Ein banges Schaudern läuft durch meine Adern. Parthenia, lege deine Hand auf diesen Arm Und fühle – Götter! Ja, ich sterbe, Und mich gereuet mein Gelübde nicht. Du lebst, Admet! – Wie leicht, wie süß ists der Die nur für dich gelebt, für dich zu sterben! Nein, Nein! Bey allen Mächten des Olympus! Du sollst nicht sterben, wenn im ganzen Umfang Der allbelebenden Natur Ein Mittel übrig ist. – Ich eile! – Gute Götter, O helft, o rettet sie! allein. Wohin, wohin, Parthenia? Höre mich! – Sie ist entflohn! – Unglückliche, Dein Eifer ist umsonst! Kein Mittel, keine Wunderkraft der Kunst, Kann einen Tag zu meinem Leben setzen. Ich bin den Todesgöttern heilig, Ich sterbe! – Dieses bange, langsam durch Mein Innerstes hinkriechende Noch nie gefühlte Schaudern, Es ist der Tod! – Sie sinkt in einen Lehnstuhl. Parthenia! – Admet! – Wo seyd ihr? O du, mein zweytes beßres Ich, Wo bist du? Kannst du, kannst du mich In diesem letzten Kampf verlassen? Ich sterb', ein Opfer meiner Pflicht, Du lebst, Admet, und eilest nicht Alcestens Seele aufzufassen? Ende des ersten Aufzugs. 2. Akt Zweyter Aufzug Ein auf Säulen ruhender Vorsaal. allein. Wo ist Sie, daß ich diese Freude In ihren Busen schütte? Diese Wonne Mit ihr empfinde? Dieses neue Leben In ihren Armen doppelt wieder fühle? Allmächt'ge Götter! welch ein Wunder rief So plötzlich mich vom schwarzen Ufer Des Styx zurück? Wem dank ich dis Leben, wem dank ich die Wonne Zum zweytenmale gebohren zu seyn? Mit welcher Wollust saugt, o alleserquickende Sonne, Mein Auge deine Stralen ein! Wohlthätige Götter! Euch dank ich die Wonne Zum zweytenmale gebohren zu seyn! Admet. Parthenia. Unglücklicher! du überlässest dich Der Freude? – Wüßtest du – Parthenia! Gott! wo werd' ich Worte finden Das schreckliche Geheimniß – Welch ein Geheimniß? Schwester, deine Worte Sind schreckend! Schreckender dein Blick! O rede, rede! Beweinenswürdiger! – Alceste, deine Gattinn – – Ich kann nicht reden – Sieh! Das Zimmer der Alceste öffnet sich. Alceste in einem Lehnstuhl schlummernd. Eine Kammerfrau kniet neben ihr; zwo andere stehen seitwärts, aufmerksam auf den Augenblick ihres Erwachens lauschend. Die Vorigen. Alceste? – Götter! welch ein tödtender Gedanke Trift wie ein Donnerkeil in meine Seele! Alceste – Stirbt – Du lebst – Nun weißst du Alles! Weh mir! Sie stirbt? Sie stirbt, damit ich lebe? O Lieb! o Tugend! – Du, für deren Werth Die Sprache keinen Nahmen hat, Getreuste, Beste, Geliebteste der Weiber! Höre, höre mich! O! hebe deine Augen, siehe mich Zu deinen Füssen – erwacht. Sie betrachtet ihn etliche Augenblicke mit liebevollen Blicken, als ob sie sich seines Daseyns versichern wolle, dann reicht sie ihm die Hand. O! mein Admet, du lebst? Dank sey den Göttern! Du lebst! Für dich, für dich allein, Alceste! Was könnte dieß Geschenk der Götter ohne dich Mir helfen? Ach! Admet, zu theuer Zu theuer mußt du es erkaufen! Zu theuer, sagst du? – O Parthenia, Du kennest nicht was eine liebende Getreue Gattin fähig ist. Hätt' ich für sein schönes Leben Tausend Leben hinzugeben, O! mit Freuden gäb' ich sie. Große Götter! welche Liebe! Welch ein Beyspiel reiner Triebe! Nein! Die Erde sah es nie! Ohne dich, wie könnt' ich leben? O Geliebter, sage, wie? ADMET, PARTHENIA. Bestes Weib! dein eignes Leben Für den Gatten hinzugeben! Hätt' ich tausend hinzugeben, O mit Freuden gäb' ich sie! Zu lang, Alceste, ließ ich dich In einem Irthum, den mein Herz verabscheut. Du, die ich mehr als diese Augen, mehr Als meine Seele liebe, solltest sterben? Für mich? Für mich? – Und dein Admet, der nur Um deinetwillen noch zu athmen wünschte, Er sollt' um diesen Preis sein Leben kanfen? O glaub es nicht, Alceste! Halte nicht Den Mann, der deiner Liebe würdig war, Der schmählichen verhaßten Feigheit fähig! Admet, ich kenne deine ganze Liebe. Hier fühl' ich sie; Mein eignes Herz ist mir Für deines Bürge – Bester Mann, ich kenne Die Güte deiner Seele. Groß und edelmüthig Ist sie, – und dieß entscheidet unsern Streit. Wie? Solltest du dich weigern können Der, die du liebst, die Quaal, dich zu verliehren, Die schrecklichste der Quaalen, abzunehmen? Du bist ein Mann; ich nur ein schwaches Muthloses Weib! – O sage nicht, Admet, Du liebest mich, wenn du nur denken Nur zweifeln kannst, daß ich Dich überleben sollte. Ihr hört sie, Götter! – Und ihr könntet sie Mir rauben? Könntet soviel Tugend Der Welt entziehen? Dieses holde, schöne Liebathmende Geschöpf in seiner Blühte Dem Orkus opfern? – Nein, Ihr seyd nicht Götter, oder Ihr könnt es nicht! O! mäßige dich, Admet! Erzürne nicht die Mächte, die uns trennen! Vielleicht daß die Geduld, womit wir ihrem Willen Uns unterwerfen, ihre Strenge mildert. Vielleicht erweicht sie – Doch, was hälf' es uns Mit eitler Hoffnung unsern Schmerz zu täuschen? Apollo hat gesprochen! – Mein Gemahl, Geliebter, bester Mann! wie könnt ich schöner Mein Leben als für dich verliehren? Verliehren? Nein! wenn Du lebst, ist es nicht Verlohren! Leb ich nicht in dir? Was kann ich sagen? Gott! was kann ich ihr Erwiedern? – Schau' in meine Seele, Geliebtes Weib! – Alceste, höre mich! Um aller Götter willen, höre mich! Du hoffst durch deinen Tod mein Leben zu erkaufen? Vergebens hoffst du! – Deine Wohlthat ist An mir verlohren. Fordre nichts Unmögliches. Ich kann nicht, kann nicht Dich überleben! Unsre Seelen hat Die Liebe unauflöslich in einander Verwebt, und ewig, ewig unzertrennbar Vereinigt, sollen sie ins Land der Schatten gehen! Er hört mich nicht – Parthenia, geh, und hole Mir seine Kinder her. Parthenia gehorcht. Alceste, sey gerecht! Du, die so zärtlich liebt, So edel denkt, o sey gerecht, Alceste! Kannst du von mir verlangen, was In meinen eignen, was in Aller Augen mich Entehren müßte? – Nein, beym Himmel, Nein, Ich will die Schmach nicht dulden, Daß jeder, dem ein Herz im Busen schlägt, Mit Fingern auf mich weise, sage: Hier geht er, hier, Der Feige, der sein Leben mehr Als seine Ehre liebt; der fähig war Mit seiner Gattinn sich vom Tode loszukaufen! Und kann Admet vergessen, daß sein Leben Nicht ihm, nicht seiner Gattinn zugehört? Hast du kein Volk, das dich anbetet? Hast Du seine Thränen, seine Opfer, seine Gelübde für dein Leben schon vergessen? Vergessen, wie es schaarenweis mit bleichen Gesichtern, mit empor um Hülfe Gerungnen Armen deinen Vorhof füllte? O! laß nicht, mit dem Gram dich ihrer Liebe Unwerth zu sehn, Alcestens Geist beschämt Vor deinen Vätern sich verbergen müssen! Grausame! Höre auf mein Herz zu foltern! Ich kann in dieser schrecklichsten der Stunden Nicht denken, nichts als dich! Du, du, Alceste, Bist mir die ganze Welt! Verliehr ich dich, So ist für mich kein Volk, kein Vaterland, Kein Leben mehr – Parthenia mit den Kindern, die Vorigen. Auch keine Kinder, Admet? – – – Kommt, Kinder, laßt zum letztenmal An diese Brust euch drücken. – Süsse, rützrende Geschöpfe! – Bald, o meine Kinder, Sie umarmt sie. Bald habt ihr keine Mutter mehr! Admet, o sieh sie an, Und wenn du jeden andern Nahmen, der dir heilig Seyn soll, vergessen hast, Kannst du vergessen, daß du Vater bist? Unwiderstehlichs Weib! Wer kann dich hören, Dich sehn, dich sterben sehn Und überleben wollen? – O! dir gab Ein Gott es ein Die Pfänder unsrer Liebe mir zu Hülfe Zu rufen! – Siehe du sie an, Alceste! Erbarm dich ihrer Unschuld, ihres zarten Hülflosen Alters! Sieh Wie sie bestürzt mit liebevoller Angst Die kleinen Arme dir entgegenstrecken! Geliebter! schone deiner sterbenden Zu schwachen Gattinn! Kürze nicht durch deine Grausame Zärtlichkeit die Augenblicke Die uns die Parze schenkt! O! meine Kinder, Ihr fühlet nicht was ihr verliehrt – Ich fühl's für sie. Und änderst nicht den schrecklichen Entschluß? Wie kann ich? – Ach, Admet, die Todesgötter Sind unerbittlich. Eines von uns beyden Muß fallen! – O! um unsrer Liebe, Um dieser armen Unmündigen, um deiner Gattinn willen, Laß mich, laß mich allein das Opfer seyn! von Thränen erstickt. Es ist zuviel! Weine nicht, du meines Herzens Abgott! Gönne mir im Scheiden Noch die süßeste der Freuden, Daß mein Tod dein Leben ist. Ach! die Größe deines Schmerzens Ist das Maas von meinem Leiden. Mein Gemahl! O meine Kinder! Glaubet nicht, ich fühle minder, Weil mein Herz bey euerm Leiden Seiner eignen Roth vergißt! Weine nicht, du meines Herzens Abgott! Gönne mir im Scheiden Noch die süßeste der Freuden, Daß mein Tod dein Leben ist. Alceste, durch diese letzte Anstrengung ihrer Kräfte erschöpft, fällt in eine Ohnmacht, aus welcher sie durch die Zückungen des Todes wieder erweckt wird. Die Kammerfrauen drücken ihren Jammer durch Gebehrden aus, und zeigen sich geschäfftig ihr beyzustehen. Admet liegt trostlos zu ihren Füßen; er streckt mit flehenden Gebehrden die Arme gen Himmel, bemüht sich Worte herauszubringen, aber vergebens. Parthenia führt die weinenden Kinder hinweg. Da sie zurückkömmt, findet sie ihre Schwester mit dem Tode ringend. Sie stirbt, o Gott, sie stirbt – O! ist denn kein Erbarmen Im Himmel mehr! – O Sonnenlicht, o mütterliches Land, O Schwester, o Gemahl! – Zum letztenmal Sieht euch Alceste – Drücke deinen Mund An meinen Mund, Admet – ich sterbe – lebet wohl, Geliebte – lebet – Admet sinkt von Schmerzen betäubt zu Boden. Einige Bedienten bringen ihn hinweg. Die Kammerfrauen breiten einen weißen Schleyer über das Gesicht der erblaßten Königinn. O! dieser Schmerz zerreißt die Dämme der Geduld! Sie stirbt, Ihr Götter! Sie bringt den Schatten Sich selbst zum Opfer Von ihrer Pflicht! Grausame Götter! Ihr könnt es sehen? Und unsre Thränen, Die Angst des Gatten, Sein heißes Flehen, Sein banges Stöhnen, Es rührt euch nicht? Da ist kein Retter! Sie stirbt! Alceste! Die treuste, beste! Und o! ihr Götter, Ihr rettet nicht! Ende des zweyten Aufzugs. 3. Akt Dritter Aufzug Ein mit Lorbeerbäumen besetzter Vorhof, und in einiger Entfernung ein Theil des königlichen Palasts auf dorischen Säulen ruhend. allein. Die Sonne neigt sich. Müd' und ruhbedürftig Vetret ich deinen wohl bekannten Vorhof, Gastfreyes Haus! Gesegnet sey mir, holder Sitz der Unschuld, Der Zärtlichkeit, des stillen Glücks! Sey mir gesegnet, frohes Thal, Wo einst der Gott des Lichts In Schäfertracht Admetens Heerden führte, Und seines Götterstands entsetzt Die angenommne Menschheit zierte! Beglücktes Land, – o! möcht' Alkmenens Sohn, Wenn er, von Ruhm und Siegen müde, Einst auszuruhn verdient, des Lebens Rest In deinen Schatten sanft verfließen sehen! O du, für die ich weicher Ruh Und Amors süssem Scherz entsage, Du, deren Namen ich an meiner Stirne trage, Für die ich alles thu, Für die ich alles wage, O Tugend! Einen Wunsch, nur Einen Wunsch gewähre Dem der sich dir ergab! Wenn einst die Bahn der Ehre Durchlaufen ist, wenn er sich sehnt nach Ruh, So schließe hier am Abend seiner Tage Die Freundschaft ihm die Augen zu. Doch, was bedeutet diese tiefe Unzeit'ge Stille? Keine Lieder hallen Den Säulengang herauf? Verlassen, öde, wie die Trümmern einer Zerstörten Stadt, ist dein Palast, Admet? Verlassen von den Göttern Der Freude, deren Sitz er war! Was für ein Unfall – Wie? Mir däucht ich hörte Ein Klaggeschrey aus jener Halle tönen. Ein Bedienter kommt aus dem Hause hervor, und eilt, da er den Herkules erblickt, mit einer Gebehrde der Bestürzung zurücke. O sage, Freund, – Er flieht mich! – Trübsinn hängt Um seine Stirne! – Ganz gewiß, ein Unglück traf Admetens Haus! – O wende, Vater Zevs, Die Vorbedeutung ab! – Doch, was es fey, Ich muß es wissen! Rastlos treibt mich zwar Der unversöhnbarn Juno Groll Ein Abentheuer nach dem andern auszuführen: Allein hier ruft die Freundschaft mir! Ihr Ruf Geht allem andern vor – Parthenia. Herkules. Alkmenens Sohn? – Willkommen, o Befreyer Von Gräcien, willkommen, Herkules, Dem Haus Admets! Wo ist er, wo? Was hält Von seines Freundes Armen ihn zurück? Du weißt es nicht? Kaum bin ich angekommen. Noch sah ich niemand; Nur ein Klageton Schien aus dem innern Hause mir entgegen Zu dringen – Reisse mich aus diesem Zweifel! Er lebt doch wohl? Er lebt. Er lebt – und trüber Gram umwölkt dein Auge, Princessin? Traurig sagst du mir, er lebt? Vor wenig Stunden schwebte noch sein Geist Im Thor des Tartarus. Was sagst du? Durch ein Wunder ist Er wieder uns geschenkt. Dank hab' Apollo! Ohne Zweifel war's Sein Werk – Und deine schöne Schwester, Alceste – Welchen Nahmen nanntest du. Unglücklicher! Du schreckst mich! Wie? Alceste – – Hat gelebt. Beklagenswerther Freund! Was thatest du Den Göttern? Welch ein Wechsel! Ach! wüßtest du erst alles, Herkules! Was kann ich argers wissen? Freywillig gab die treue Gattinn sich Für ihn dahin, Er lebt durch ihr Erblassen. Der feige Mann! Konnt er so niedrig seyn Um diesen Preis sein Leben anzunehmen? Ach! Da sie sich an seiner statt den Parzen Zum Opfer anbot, rang er mit dem Tode. Er wußt es nicht. O Beyspiel ohne Gleiches! Und du, Apollo, liessest es geschehn? Du, der in diesem menschenfreundlichen Wohlthät'gen Haus vor meines Vaters Zorn Einst eine Freystatt fand? – Undankbarer! Er that was möglich war; Doch gänzlich liessen sich die Parzen nicht erbitten. Von beyden eines mußt' erblassen! Dies war die Antwort, die der Gott uns sandte. Kaum hörte sie den Götterspruch, So war ihr Schluß gefaßt, Und unbeweglich blieb die Heldinn unserm Flehn. Und soviel Tugend sollt ein Aschenkrug Verschliessen? – Nein! So wahr ich Sohn Des Donnergottes bin, es soll nicht seyn! Princessinn, kann ich nicht Admeten sehn? Was wird dein Anblick ihm in diesem Jammer helfen? Ich muß ihn sehn. Ach! Ist er fähig dich zu sehen? Er haßt den Tag, er haßt die Gegenwart Der Menschen die er liebte, haßt Sein eignes Daseyn, fleht den Tod Um Mitleid an. Er flucht dem Tageslicht In seinem Schmerz; Sein bloßer Anblick bricht Ein fühlend Herz; Ihm Trost zu geben, fänd' Ein Gott zu schwer! Er hört mit taubem Ohr Der Freundschaft Stimme; Starrt zum Olymp empor In stummem Grimme; Kennt sinnlos weder Furcht Noch Hoffnung mehr! Er flucht dem Tageslicht In seinem Schmerz; Sein bloßer Anblick bricht Ein fühlend Herz; Ihm Trost zu geben, fänd' Ein Gott zu schwer! O Herkules! Was bleibt der Freundschaft übrig Für ihn zu thun? – Er ist – Er ist mein Freund! Nie war er meiner Hülfe mehr benöthigt. O laß mich – Wohl! versuch es, Göttersohn! Vielleicht erweckt der Anblick eines Helden Sein schon erstorbnes Herz. Ich geh Ihm deine Ankunft anzusagen. Sie geht ab. allein. Es ist beschlossen! Durch nie erhörte, durch den Erdensöhnen Versagte Thaten soll, o Vater Zevs, Dein Sohn den Weg sich zum Olympus öffnen! Herab zum Orkus steig' ich, zwing ihn, mir Alcesten Zurückzugeben, – oder unterliege Der großen That! Er geht in den Palast hinein. Der Schanplatz' verwandelt sich in einen Saal des Palasts. Admet in einem Lehnstuhl, mit dem Arme auf einen kleinen Tisch gestützt, auf welchem ein Aschenkrug steht. Herkules nähert sich ihm langsam und schweigend, mit dem Ausdruck der mitleidenden Freundschaft in seinen Blicken. Admet sieht ihn mit starren Augen an. Wie? kennst du deinen Freund nicht mehr? O Ja, ich kenne dich! – Du bist – der Sohn Von einem Gotte der mich elend macht. Admet, ich bin dein Freund, wiewohl du selbst Kein Mann mehr bist. Ich kann nicht mit dir weinen, Nicht jammern wie ein Weib, – doch helfen will ich dir. Mir helfen? Ja, dir helfen oder im Versuch Mein Leben lassen. Dies kannst du; helfen kann kein Gott mir! Fasse, Ermanne dich, Admet; noch ist nicht alles Verlohren – Nicht alles? Ist Alceste nicht verlohren? Sieh her! Da, siehst du diesen Aschenkrug? Bald wird er Alles, Alles was von ihr Mir übrig ist, verschlingen! Hoffe besser, Freund! Ich, hoffen? Rasest du? Kannst du den Orkus zwingen, seine Beute Zurückzugeben? – Hör' es, wenn du es Noch nicht gehört! Todt ist sie, todt! erkaltet, athemlos, Todt, sag ich dir! – Ich habe nichts zu hoffen! Dein Zustand jammert mich, Admet. Ich fühle deinen Schmerz. Doch zur Verzweiflung sinkt Die Tugend nicht herab! – Wie? war Admet Nicht immer ein Verehrer Der Götter? – Wo ist sein Vertraun Auf ihre Macht! Ach, Freund! Sie haben mich verworfen! Sie hörten nicht mein Flehn! Der Ausgang soll mit ihnen dich versöhnen, Kleinmüthiger! – Ich gehe – Herkules, (Du kennest ihn) ist nicht gewohnt durch Worte Zu reden. Lebe wohl! Bald sehen wir uns wieder! Was willst, was kannst du thun? Freund, zweifle nicht! Was Herkules verspricht Das wird er halten! Ruf deinen Muth zurück! Die Götter walten! Ihr Beyfall ist der Tugend Sold, Sie sind den Frommen hold, Und werden dein Geschick Bald umgestalten! Freund, zweifle nicht! Was Herkules verspricht Das wird er halten! Ende des dritten Aufzugs. 4. Akt Vierter Aufzug Der Vorsaal. allein. Mit bangem Herzen, selbst des Trosts Bedürftig den ich gebe, geh ich, meine Thränen Admetens Thränen zu vermischen. Dank sey den Göttern! Diese Linderung Ist doch nicht länger ihm versagt. Nicht mehr versunken in betäubende Verzweiflung, hat sich an der Hand Der Freundschaft seine Seele wieder aufgerichtet. Er fühlt sich wieder selbst, kann weinen, findet Trost In mitgeweinten schwesterlichen Zähren. Sogar ein Sonnenblick von Hoffnung kämpft Aus seinem trüben Aug hervor, seitdem Alkmenens Sohn, dem nichts unmöglich ist, Ihn Hoffnung fassen hieß. Allein zu bald verschlingt den ungewissen Stral Des Grames düstre Wolke wieder. Er sinkt zurück in seine vorige Trostlose Kleinmuth. Ach! in diesem Zustand ists Wo er der Freundschaft sanfte Hand am meisten Vonnöthen hat. – O! ewig theurer Schatten Wie kann ich besser meine Liebe dir beweisen, Als wenn ich was Du liebst erhalten helfe? O! der ist nicht vom Schicksal ganz verlassen, Dem in der Noth ein Freund Zum Trost erscheint: Ein Freund, der willig ist Die Thränen die er weint In seinen Busen aufzufassen, Der seiner Selbst vergißt Und mit ihm weint. O! der ist nicht vom Schicksal ganz verlassen, Dem in der Noth ein Freund Zum Trost erscheint! Sie geht ab. Der Schauplatz verwandelt sich in das Zimmer des Admet. allein. O Jugendzeit, o goldne Wonnetage Der Liebe, schöner Frühling meines Lebens, Wo bist du hin? – Ists möglich, bin ich der Der einst so glücklich war? So glücklich einst, Und itzt so elend! Ohne Grenzen elend, Wenn nicht die Hoffnung bald, Alceste, dir Zu folgen meine Quaal erträglich machte. Wo bist du? – Irrst du schon, geliebter Schatten, Um Lethe's Ufer? – Ah! Ich seh sie gehn! In traur'ger Majestät geht sie allein Am dämmernden Gestad; ihr weichen schüchtern Die kleinern Seelen aus, sehn mit Erstaunen Die Heldinn an. – Der schwarze Nachen stößt Ans Ufer, nimmt sie ein – Der Schleyer weht Um ihren Nacken – O! nach wem, Geliebte, Unglückliche, nach wem siehst du so zärtlich Dich um? – Ich folge dir, ich komme! – Weh mir! Schon hat das Ufer gegenüber Sie aufgenommen! Liebreich drängen sich Die Schatten um sie her; sie bieten ihr Aus Lethens Fluth gefüllte Schaalen an. O! hüte dich, Geliebte! Koste nicht Von ihrem Zaubertranke! Ziehe nicht mir ihm Ein schreckliches Vergessen unsrer Liebe ein. O flieh, geliebter Schatten, fliehe! Ich unterläge dem Gewicht Von diesem schrecklichsten der Schmerzen. Noch lebt Admet in deinem Herzen: Dieß ist sein Alles! O entziehe Dieß einz'ge letzte Gut ihm nicht! Parthenia. Admet. Admet, der Gram erschöpft dich; die ermüdete Natur bedarf Erquickung, Nimm, mein König, Aus einer schwesterlichen Hand Nimm diese Schale! Schmerzenstillend Ist ihre Kraft. Das Land der Isis sendet uns Den Wundertrank – Was soll er mir? Ein Trunk aus Lethe selbst befreyet nicht gewisser Von jedem Kummer, jedem Leid das Herz. Ein allgemein Vergessen – Weg! Parthenia, weg mit deinem Gift! Wie? Treulos sollt ich je Der theuren Ursach meines Leids vergessen? O niemals, niemals! – Mit Alcesten hat Die Freud' auf ewig sich von mir geschieden. Mein Gram ist meine Speise, mein Vergnügen, Mein Labsal! – Jede andre Lust Verschmäht Admet! – Ich will an Sie allein Nur denken; wachend, träumend Sie, nur Sie Vor meinen Augen sehn. Auf ihrem Grabe Soll meine Wohnung seyn! Von meinen Thränen sollen Die Myrten wachsen, die ihr Bild umschatten! Unglücklicher, was hilft es dir Dein Daseyn trostlos wegzutrauren? Laß ewig deine Schmerzen dauren, Der Orkus giebt Sie nicht dafür! O laß mir, laß mir meine Zähren, Gransame, laß mir meinen Schmerz! Wie könnt' ich diesen Trost entbehren? Er labt, er nährt mein leidend Herz. Bedenk, um welchen Preis du lebest? O, der Gedanke tödtet mich! Wenn du in Gram dich selbst begräbest So starb Alcest umsonst für dich! Vemühe dich nicht länger meinen Thränen Den Lauf zu wehren. Laß mich weinen, Parthenia! Dieß allein Kann meine Seele vor Verzweiflung retten. Und hast du deines Freundes tröstendes Versprechen schon vergessen? Hallen nicht In deinen Ohren noch die letzten Worte Des Göttersohns? Er hieß mich hoffen? – Hoffen soll Admet! O sprich, Parthenia, sprich, was soll ich hoffen? Was kann ich hoffen? Alles! Alles was den Göttern nicht Unmöglich ist! O Schwester, hat Apollo selbst, Apollo, der mich liebt, mir helfen können? Ist Herkules allmächtiger als er? Ach! zu gewiß ist was ich hoffen könnte Den Göttern selbst nicht möglich! – Laß uns nicht In wesenlose Träum uns thöricht wiegen! Der Unglücksel'ge, der im finstern Kerker Von goldner Freyheit träumt, fühlt im Erwachen Der Ketten Zahn nur desto grausamer In seinem Fleische wühlen. – Ach! Parthenia, Anstatt zu eiteln Hoffnungen Mich aufzumuntern, wecke mein von Gram Erstorbnes Herz zu seinen Pflichten auf! Zu lange säumten wir Dem theuren Schatten durch ein Todesopfer Die Höllengötter günstiger zu machen. Schon nähert sich die feyerliche Stunde Der Mitternacht. Parthenia, komm, Hilf mir das Opfer anzuordnen! Ende des vierten Aufzugs. 5. Akt Fünfter Aufzug Der Schauplatz stellt einen kleinen Tempel im Palaste des Admets vor. Ein Todtenopfer. Admet. Parthenia. Ein Chor von Hausgenossen des Admet. Ihr heil'gen unnennbaren Mächte In deren grauenvolle Nächte Kein sterblich Auge dringen kann! Du, Hekate! und Ihr, Gewogne Eumeniden! Euch flehen wir, O seht zufrieden Seht gnädig unser Opfer an! Euch flehen wir, o seht zufrieden, Seht gnädig unser Opfer an! Zürnet nicht der frommen Zähre Die auf ihre Urne fällt! Ach! was ich mit Ihr entbehre, Ersetzt mir nicht der Götter Sphäre, Ersetzt mir nicht die ganze Welt! Ihr selbst im Olympus gefürchtete Mächte, Die in dem Heiligthum geheimnißvoller Nächte Hyperions Fackel nie erhellt. PARTHENIA. O! daß dieß Opfer euch versöhne! O zürnet nicht der frommen Thräne Die auf Alcestens Urne fällt! O! daß dieß Opfer euch versöhne! Verzeiht, verzeiht der frommen Thräne Die auf Alcestens Urne fällt! Und du, wenn noch im Reich der Wonne, in den Kreisen Der schönen Seelen, wenn im stillen Schoos Des ewgen Friedens, ein Gedanke noch An deine Hinterlaßnen dich erinnert: Wenn unsre Thränen, unsre Sehnsucht, unser nie Ermüdendes Gespräch von deiner Tugend, Von deines Umgangs Reiz und unserm Glück in dir, Dich noch erreichen kann, – Geliebter Schatten, So hör uns! – Fühle, fühle wie wir unaussprechlich Dich noch im Grabe lieben, Und möchte dieß Gefühl Selbst in Elysium deine Wonne mehren! Herkules. Die Vorigen. Der Chor entfernt sich. Wie? Seh ich, oder blendet mich der Schein Der Opferflamme? Herkules schon wieder Zurück? – Admet, sieh deinen Frennd! Und Freude blitzt aus seinen Augen! – Freude? Er sprach von Hülfe, da er gieng – Und kömmt zu halten was er dir versprach. O Herkules, ich hielt dich Für meinen Freund; – Ists möglich, kannst du meiner Schmerzen spotten? Dein Unglück macht dich ungerecht, Admet. Ich tadle nicht daß du in seinem ganzen Umfang Es fühlst. Du traurst mit Recht. Alceste Ist deiner Thränen werth. Sie ist die Zierde ihres Geschlechts, verdient es daß ihr Bild in Marmer Den Enkeln heilig sey; verdient, so oft der Tag, An dem sie sich für ihren Gatten hingab, Zurückkömmt, daß Thessaliens fromme Töchter Der Heldinn Grab mit Blumenkränzen schmücken. Man soll den Frauen sie zum Beyspiel nennen! Sey wie Alceste soll der Segen seyn Der künftig jede Braut zur Gattinn weyhe! Wir sind ihrs schuldig! Mehr, Admet, Verlangt ihr Schatten nicht. Du sprichst wie einer der das Glück Nie kannte, das die Götter mir Zu Neidern machte. Du verlohrest keine Alceste – Diesseits des Olymps, Admet, Ist kein Verlust, den uns die Götter nicht Ersetzen könnten. O Herkules, ermüde die Geduld Von deinem Freunde nicht! – Du hast sie nie gekannt, Wenn dir Alcestens Verlust ersetzlich scheint. Nicht ohne Grund spricht Herkules So zuversichtlich. Höre mehr, Admet! Was dir unmöglich scheint, ist schon gefunden. Ich bringe den Ersatz. Die liebenswürdigste Der Töchter Gräciens begleitet meine Schritte. Dieß nennst du dein Versprechen halten? Was hälf es dir, den schmerzversüßenden Einladungen der Liebe deinen Busen Hartnäckig zu verschließen? Den einz'gen Trost, den dir in deinem Gram Das Schicksal anbeut, wilt du von dir stoßen? Schau um dich her, Admet? Ist auch im ganzen Weltbau nur ein Rad Aus seinem Gleis getreten? Alles ist So wie es war, da du dich glücklich hieltest. Die Quellen jeder Freude strömen fort, Und werden ewig strömen! Verschmachtest du, so ist es deine Schuld. Erkläre mir dein Räthsel, Herkules. Du sprichst von einer Schönen die dir folge? Wie nennst du Sie? Von wannen kömmt Sie uns? Was kann Sie wollen? Euer Leid ergötzen, Parthenia; diese traurigen Cypressen In Rosen wandeln; diesen Tempel wieder Den Liebesgöttern weyhen. – Starre mich Nicht so aus Augen an, Admet, worinn Verachtung Und Zorn sich mit Erstaunen mischen! Unfreundlicher, auf deines Vaters Nahmen Zu stolzer Freund! Hör auf! Ich will nicht länger Alcestens Ruhm Und meine Liebe lästern hören! Mich prüfen willst du? – Spare deine Mühe! Mein Herz verschmäht sie! – Du mißkennest meine Absicht. Ich will dein Glück, und du Du stössests von dir. Hast du denn die Schöne Gesehn, die mich begleitet? – Sieh sie erst! Mich müßte alles trügen, wenn du mir Für das Geschenk nicht dankest, das du itzt verschmähst. Nicht meine Treue – die ist ewig, ewig Alcesten heilig! – Unsre Freundschaft setzest du Auf eine Probe der sie unterliegt. Ich geh – und du – hast einen Freund verlohren! Ihr sollt' ich untreu werden können? Dir ungetreu, Alceste? Dir? Von fremder Flamme sollt ich brennen? O! Wenn ich dessen fähig werde, So öffne sich vor mir die Erde! Der Eumeniden Fackel blitze Mir ins Gesicht, und aus dem Sitze Der Wonne fluch Alceste mir! Er geht ab. Parthenia. Herkules. Alcmenens Sohn, bey den Göttinnen! Du gehst zu weit – Was konnte dich bewegen, deinen Freund So grausam, vor der Urne einer Geliebten Gattinn, an dem Tage selbst Der sie geraubt, In ihres Schattens heil'ger Gegenwart, Durch einen Antrag, der sein Herz Zerreissen muß, zu kränken? Zu kränken? Ferne sey es! glücklich, glücklich Will ich ihn machen, ihn und dich, Parthenia. Der nächste Augenblick soll für mich reden. allein. Was kann er meynen? – Sollt es möglich seyn? Welch ein Gedanke! – Aber nein, es ist unmöglich! Von da, wo sie in diamantnen Mauern Die Ewigkeit gefangen hält, Ist keine Wiederkunft! Herkules. Alceste. Parthenia. Allmächt'ge Götter! Was seh ich? – Ja, sie ists! Sie ists! – O theurer Schatten – Sie geht mit ausgebreiteten Armen auf Alcesten zu, aber zittert wieder zurück, da sie ihr nahe kömmt. Fürchte nichts! Es ist kein Schatten der aus deinen Armen In Luft zerfließt. Sie lebt. Es ist Alceste selbst, die ich vom Ufer Des Styx zurückgebracht. O Schwester! Schließ ich dich in meine Arme wieder? Aus welchem Traum erwach' ich! – O Entzücken! O Wunder! – Darf ich meinen Sinnen glauben, Du Göttersohn? – Ich seh sie, halte sie In meinem Arm, Ihr Busen schlägt an meinem Busen, Und doch besorg' ich daß es Täuschung sey. Besorge nichts! Die Götter schenken sie Dir wieder. Ließ in meinen Augen, Wie glücklich mich dein Wiedersehen macht. Gewiß sie sagen dir daß ich Alceste bin! Ja, Schwester, ja, du bists! – O welche Wonne! Laß mich eilen – Dein Admet Kann nicht zu schnell erfahren Wie viel er seinem Freund zu danken hat. Ruf ihn zurück, Princessin, sag, es schmerze mich Sein Herz gekränkt zu haben; doch entdecke ihm Nicht alles. Laß Alcesten Und mir die Freude, ihn mit seinem Glücke Da ers am mindsten hoft zu überraschen. Wenn nur Gesicht und Ton mich nicht verräth, Dem Mund soll nichts entschlüpfen! Sie geht ab. Herkules. Alceste. Hülle, Königin, In deinen Schleyer dich, und tritt Zurücke. Sein Entzücken, in der schönen Fremden Die seinen Zorn mir zuzog, dich zu finden, Sey die Belohnung dessen was ich heute Für euch gewagt! – O Göttersohn! Noch immer scheint mir Alles Was mir begegnet ist ein Traum, Ein wunderbarer Traum! Ich frage mich erstaunt, ob ich es bin? Die Erde, die ich wieder Betrete, diese Wohnung die ich kaum auf ewig Verlassen, dieser Tempel – Alles ist Mir fremd. Elysium schwebt Mit allen seinen unnennbaren Freuden Vor meinen Augen noch. Wie selig war ich! – Ach! mit meinem Glücke Verlohr ich auch die Macht es auszusprechen. Dieß weiß ich nur, dieß fühl' ich – o! im Grunde Der Seele fühl' ich es – es war kein Traum. Noch athmet mir aus ewig blühenden Gefilden Der Geist der Unvergänglichkeit entgegen. Noch saugt mein Ohr Die Wollust eurer Lieder, o ihr Söhne Des Musengottes! – Still! – ich hör' Admetens Tritte – Entferne dich! Alceste zieht sich in den Grund des Schauplatzes zurück. Die Vorigen. Parthenia. Admet der ihr in einiger Entfernung mit düstern niedergeschlagenen Blicken folgt. Admet, vergieb mir! Zürne nicht Auf deinen Freund! Er fehlte bloß Aus gutem Willen. Der Gedanke, wieder glücklich dich Zu machen, riß mich hin. Vergieb mir, Freund! Vergieb dir Selbst! Unzärtlich, Herkules, War dein Betragen – Hebe deine Augen, Und sieh, was mich entschuldigt! O! Ihr Mächte des Olymps! Was seh ich! – Nein, ich sehe nichts! – Mich täuscht Ein Gott, der meiner spottet. Liebe, Sehnsucht, höhnen Mein gernbetrognes Herz. Es ist ein Blendwerk! Alceste nähert sich ihm mit offnen Armen. – Wie! Es nähert sich? – Bist du's, Geliebter Schatten, der zum Troste mir erscheint? O mein Admet! Sie eilt auf ihn zu und umarmt ihn. O Götter, laßt ihn ewig, ewig dauren Den süßen Wahn! – Er umarmt sie von neuem. Ists möglich, gute Götter! O ists möglich! Umfaß' ich dich, Alceste, keinen Schatten? Ich bin es selbst, Admet, Die den Ersatz für ein verlohrenes Elysium in deinen Armen findet. O! einmal noch und abermal, Geliebte, Umarme mich! – Ich kann nicht oft genng Mich überzeugen, daß ich glücklich bin. Dich selbst, dich selbst, Alceste, neubelebt Umfaß ich! – Götter, welch Entzücken! Den allvermögenden Belohnern Der Tugend, mein Admet, – und deinem Freunde Dank es mit mir! – Er wagte sich für uns, Stieg unerschrocken in den furchtbarn Abgrund Der ew'gen Nacht hinab, erbat, erkämpfte Von Proserpinen mich. O Sohn des Donnergottes! welch ein Dank Kann meiner unbegrenzten Schuld Mich gegen dich entbinden? – Sage, Den Göttern gleicher Freund, wie konntest du Lebendig in den unzugangbarn Sitz Der Schatten dringen? – O erkläre mir Ein Wunder, das mir noch in diesem Augenblick, Da ichs mit Augen seh, mit Händen fühle, Unglaublich ist. Begehr es nicht zu wissen! Ein heil'ger Schleyer, den die Götter selbst Nicht wegzuziehen wagen, liegt Auf den Geheimnissen des Geisterreichs. Der Eumeniden Hand schließt meinen Mund! Genug für dich, daß dir Alceste wieder Gegeben ist. Geneuß der wundervollen Wohlthat Der Götter, Freund, und feßle deinen Vorwitz. Allgüt'ge Mächte, seht mit Wohlgefallen Die Freudenthränen au, die meinem Aug' entströmen! Was hat ein Sterblicher, um euch zu danken, Als Frendenthränen? Als sein Unvermögen Die Größe seines Dankes auszudrücken? Wie glücklich sind wir! Wie empfind ich es Für dich und mich! – Es ist kein Blendwerk, mein Admet! Ich leb', ich lebe wieder Für dich, und fühl' erst itzt Den ganzen Werth des Glücks für dich zu leben! Schon wandelt' ich Im Chor der schönen Seelen, Schon grüßte mich Aus tausend Wunderkehlen Elysiums schönster Hayn: Ich fühlte Götterfrieden Tief in der Brust: Doch, konnte meine Lust Vollkommen seyn? Geliebter, war ich nicht Von dir geschieden? Itzt findt Alceste sich in deinen Armen wieder. Elysium war ein Traumgesicht! O nun erst lebt sie wieder! Ist wieder dein! Vermißt nicht mehr der Amphionen Lieder, Nicht ihren schönsten Hayn! Du hast Elysiums Glück empfunden! Sprich, ist es unsrer Wonne gleich? Ich hab Elysiums Glück empfunden! Allein dem Augenblick, wo ich dich wiedergefunden, Ist keine andre Wonne gleich. zu Herkules. O! Freund! wie kann ich dir vergelten? Was ist ein Königreich? Sind ganze Welten Dem Werthe deiner Wohlthat gleich? Ich bin belohnt an euern Freuden Mein mitempfindend Herz zu weiden, Ich bin der glücklichste von euch! Ihr Götter! die uns zu beglücken Dieß Wunderwerk gethan, Nehmt unser dankendes Entzücken Zum Opfer an! ALCESTE. Ihr Götter, die uns zu beglücken Dieß Wunderwerk gethan: Nehmt unser dankendes Entzücken Zum Opfer an!