Die Wolkenstadt Über rußbestaubten Dächerwogen, Straßendunst und dumpfem Werkgetose, Über all dem bang beladnen Volke Schwebt die Wolke Blendend weiß/ wie eine Riesenwasserrose Über schwarzem Moderkolke. Und hernieder blickt die Reine In den düstern Hof, wo zwischen Mauern, Ungeliebt vom Sonnenscheine, Ein gebeugtes Weib die Jugend muß vertrauern Bei der Nadel fieberhaftem Rasseln. Blasses Weib, erhebe dein Gesicht Zu der Wolke hehrem Licht! Und ihr Werkelmänner arbeitsheiß, Laßt das Hämmern, laßt des Schwungrads Treiben! Tretet an die trüben Werkstattscheiben, Trocknet von der Stirn den Schweiß, Andachtsvoll den Blick erhoben Zu der weißen Wolke droben! Alle, die durch graue Gassen Grübelnd hasten und einander hassen Um ein karges, hartes Brot/ Die um armen Leibes Not In das Morgen schaun mit Bangen/ Die gebrochen und verlassen Hüsteln mit gehöhlten Wangen/ Die den Tod verzweifelnd suchen, Oder hinter Eisenstangen Schmachtend fluchen/ All die Fensteraugen jener langen Häuserzeilen sollen aufwärts schauen Zur verklärten Wolke. Ruhevoll im wasserblauen Himmel schwimmt das selige Eiland, Blendend weiß Wie ein Alpenberg mit keuschem Eis; In den Tälern Hyazinthenfelder, An den Hängen Apfelblütenwälder; Alabasterne Paläste Schimmern durch die rosa Äste; Und auf sanften Taubenschwingen Schwebt ein Klang wie Kindersingen. Doch wo weilen sie, die auf den Himmelsthronen Frei wie Götter wohnen? Dort an weißer Hügel Rändern Stehen sie in wallenden Gewändern Engeln gleich. Und sieh, die Einen Hüllen ihr Gesicht und weinen, Andre schauen starr und trauernd Oft zusammenschauernd, Wie entsetzt, hernieder Auf der Weltstadt wüste Riesenglieder, Die in Staub und Sünde angstvoll keucht. Und in liebendem Erbarmen Möchten sie die Stadt umarmen: »Arme trübe Schwester, hebe Deinen Blick zu uns und schwebe Sehnsuchtsvoll empor/ Wie ein frisch erblühter Silberfalter Sonnetrunken aufwärts fliegt, Während grau und leer sein alter Puppenschrein im Staube liegt.«