Im Kiefernforste »Ein Fremdling trat in meine Wohnung. Ich reichte ihm die Hand; Er setzte sich an meinen Herd und hielt Die Stirne in den Händen Und frug: ›Hast du der Ochsen viel?‹ Und seine Füße waren voll von Staub. – Ich habe nicht gefragt: Von welchem Dorf bist du? Er hatte seinen Sack zu mir dahingesetzt, Und dieser Sack enthielt blos einen Stein.« »Es zehrt An aller Mark der Sünde fressend Feuer; Ein jeder ist verschuldet jeder That, Und jeder trägt auf seiner Seele ungeheuer, Was jeder je an Schuld und Frevel that. Ihr stoßt den Einen tief hinab in Nacht, Den Andern hebet ihr empor zum Licht, – Lehrt ihr die Blinden, was sie sehend macht? Und trocknet ihr der Weinenden Gesicht?« Julius Hart. 1. Versammlung Wie ruhevoll ist eure Versammlung Braunhalsige Kiefern mit dunkelbuschigem Haar! Ihr schweiget, weil euch wohl ist In träumerischem Frieden. Erquickend kraftvoll duften eure Nadeln, Dazu der violette Thymian, Die struppigen Wachholderbüsche, Die knabengleich bei Hochgewachsenen stehen. Es ist so still, ich höre meinen Atem; Ein kleiner Vogel nur schlüpft ziepend im Geäst, Auf zarter Birke zirpt die Grille leise, Und wenn der Wind sich sanft erhebt, Durchwallt ein hauchend Sausen die Versammlung, Und alle Kiefernhäupter nicken, In würdevoller Eintracht sinnend. – Ich weiß mir einen andern Wald; Der wogt im mächtigen Saal; die Wipfel Sind finstre Proletarierköpfe. Die Leuchter an der Decke flammen trübe, Von rauchig schwülem Dunste halb erstickt. Nun schrillt die Glocke, stumm wird das Gebrause, – Wie wenn ein Wald vor dem Gewitter schweigt! Der Führer steht erhöht; wie schwarze Wolken Ballt er Gedanken heiligen Zorns zusammen; Und Spannung hält gefesselt die Gesichter, Und Blitz auf Blitz durchzuckt die Männerherzen, – Bis gleich dem Hagel wilder Beifall prasselt, Und Rufen tönt und donnergleiches Grollen ... O Sonne hinter den Kiefern, Rotglühende Abendsonne! Wie schwimmst du mit Entzücken Im angestralten Himmelsteiche! Du bist entzückt, weil du so schön Den Himmel und das Land bestralst. In tiefen, trunkenen Zügen Und leise schwellend, saugst du Den goldigroten Atem ein Und hauchst ihn liebend In langen Strahlen durch der Kiefern Gassen. Da duften, überstäubt von Glanz, inbrünstig Strohblume, Haidekraut und Thymian; Voll Ehrfurcht steht der struppige Wachholder, Die hochgewachsenen Kiefernstämme gleißen Wie glühende Stangen, ihre Häupter starren Andächtiglich mit staunendem Sausen Hinein in des hehren Weltenfeuers Blendend großen Tropfen... O Sonne, brich mit deiner Glut Auch in den andern Wald, Wirf deine Strahlen in Gesicht und Augen Verhärmter Menschen, Entzückend und erlösend! Bald, o Sonne, bald!