Naturseelen Der verlorene Bruder Wie ein gezäumtes Wildroß Mit weiten Nüstern lauscht, Wenn frei durch Grases Wogen Der Brüder Herde rauscht: So horcht mein Haupt und taucht Vom Fenster in die Nacht, Wenn draußen freier Lüfte Stürmender Drang erwacht. Da neigen sich und flüstern Willkommen Baum und Strauch, Die heiße Stirn umschmeichelt Des Regens kühler Hauch. Und aus des Laubes Rauschen, Aus Sturmes wogendem Laut Tönt rührend eine Stimme, Geschwisterlich vertraut. Da ist mir, als erwach ich Aus langem schweren Traum/ Ich bin ja euer Bruder, Sturm, Regen, Fels und Baum! Weh, daß ich mich verirrte Von euch in fremdes Land, Wo mich ein Fluch in banges Gemäuer hält gebannt! Nun steh ich hier und breite Die Arme schmachtend aus, Und lausch', in Weh verloren, Dem lockenden Gebraus. O könnt ich zaubern lernen/ Ich spräch ein kräftig Wort, Entrollte stolz den Mantel Und flög im Sturme fort. Pflanzenkind Die Winterwolke flieht verdrossen Den Himmel schmückt ein sanftes Blau. Da lächeln goldig übergossen Gehügel, Garten, See und Au. An die entzückte Erde schmiegt Liebkosend sich die junge Sonne; Die zarten Glieder dehnt und biegt Das Pflanzenkind in stiller Wonne. Es schaut empor, sein Lächeln schmeichelt Erquickend wie ein klarer Quell; Und wie von Kinderhand gestreichelt Wird mir die düstre Stirne hell. Wurzelgenossen Tief in der Öde Träumt eine Klause, Umwogt von ewigem Föhrengebrause. Des Waldes Bäume Sind treue Seelen, Die kein Geheimnis Dem Klausner hehlen. Er lauscht versunken In frommes Staunen, Wenn Wunderstimmen Aus Wipfeln raunen: »O Klausner, wir alle Sind Wurzelgenossen, Dem einen heiligen Busen entsprossen. O Bruder Klausner, Finde dich heim, Wo uns alle vereint Der selige Reim! Ja reimt euch Seelen/ Bis jauchzend schallt, Eine Riesenorgel, Der Weltenwald!« Der Klausner lauscht/ Und lallt die Weise Zur Geige nach, Inbrünstig leise ... O süße Öde! Träumende Klause, Umwogt von ewigem Föhrengebrause! Wandergänse in der Märznacht Wie stumm der Föhrenforst! Aus Wolkenflor Lugt scheu der Vollmond. Schwarze Klumpen kauern In Moos und nebelgrauem Erlenmoor: Wacholderbüsche. Wie versteinert lauern Und brüten sie zum trüben Licht empor. Ihr Düstern! Seid ihr noch von Winterschauern Verstört und lahm? Hat Scheintot euch erstarrt, Daß ihr nun bang des Auferweckers harrt? Horch! Weint hier jemand? Wimmern ferne Eulen? Wo bin ich? Schwarze Stämme. Sind es Säulen? Sie wölben sich zum schauervollen Saal; Und an der Decke schwelt die Ampel fahl. Ach wohl, ich spür's, ich bin in einer Gruft! Es haucht mich an mit kaltem Moderduft Und ängstigt mir die Brust wie Todesqual: Der Seufzer stockt ... Da horch! Aus hoher Luft Verworrner Ruf, geheimnisvoll Geraune. Ist Rettung nah? Und wie ich aufwärts staune, Da sieh/ am dämmerhaften Himmelsbogen Kommt schattenhaft Gewimmel hergezogen, Zum Keil gereiht/ Wildgänse, Wanderheere/ Ein Schlachtgeschwader, vorgestreckt die Speere. Das stürmt so ungestüm, das ringt so hart, Das rudert und das keucht, das gellt und schnarrt. Nun saust ihr Fittich über mir und surrt ... Vorbei! Und noch ein Keil, und noch ein Keil! Wie Wogen rauscht es. Lauter Wikinghorden! Sieg, Helden! Sieg! Der kühnen Sehnsucht Heil! Der starken Unrast Heil, die heim gen Norden Euch treibt, zum trauten Nest an Felsenborden/ Wo nun das Moos erblüht, und schollenfrei Im Sonnengold die Welle tanzt mit Rauschen ... O Frühling, Heil! Fahrt wohl! Vorbei/ vorbei! Wie Traumgestammel noch ein wirrer Schrei/ Verschlungen von der Öde ... Starres Lauschen ... Seelenlos Sie sagen, du hast keine Seele, Arm bleiche Birkenmaid. Du kauerst starr und stumm Auf düster struppiger Heid. Du kauerst in der Öde, Ein ausgestoßen Kind. Dein Haargezweige zaust Der rauhe Märzenwind. Sein mürrisch Brausen wogt Durch Heidekraut und Ginster. Ins weite Nebelgrau Pilgern Wolken finster. Eine Krähe treibt im Sturm Taumelig vorbei; Heiser und erstickt Ihr grimmer Klageschrei ... Kein Bettelkind, o Birke, Ist also arm und bloß; Es hat eine Seele, zu weinen/ Dich heißen sie seelenlos. Und doch, in tiefer Öde Spürst du die hohe Trauer Als Seelenfrösteln süß, Wollüstig kühlen Schauer. Du kauerst starr und stumm Auf düster struppiger Heid. Sie sagen, du hast keine Seele, Arm bleiche Birkenmaid. Blutbrüderschaft Hier bei der Eichengruppe war's. Der greisen Bäume knorrige Reckenglieder Umsproß das bronzegelbe Frühlingslaub Wie Kinderlocken zart. Die schwarze Drossel schlüpfte durch die Äste, Dem Liebchen flötend und ihr Nestlein planend. Ein holdes Wunder, sprang aus violettem Schlehdorn der mandelduftige Blütenschnee, Und weich wie Mädchenkosen schmiegte sich Der Rasen, mit Ranunkelgold verbrämt, Um Torfmoor, dürres Schilf und Sumpfgelände. Dort, wo noch jüngst der Öde Schauer hausten, Erscholl der Fröschlein breites Lenzbehagen. Und sieh, gespreizten Fittichs, nahte lüstern Der erste Storch. Vom Horizonte hob sich ein Gebirg Aus Wetterdunst, im veilchendunkeln Schoß Ein Tropfenmeer bereitend. Und wie ein Jauchzen brach die Abendsonne Hervor, purpuren das Gewölk benetzend, Und schaute einmal noch mit Feuerblick Tief ihren Frühling an ... Da war's, da rührte mich der selige Tod: Aus diesen Adern blutete die Seele, Und rann erschauernd Durch Eiche, Wolke, Wiese, Sumpf und Sonne. Aus diesen Adern blutete die Seele, Blutbrüderschaft zu schließen mit dem All ... Und alles war nun mein/ und ich war sein/ Heimlich gehegt, ein süßer Herzensschatz. Einsamer Baum Zersplissen ist mein Haupt Vom schwarzen Wolkenwetter; Herbstwind und Regen raubt Die letzten toten Blätter. So rag ich ganz allein Aus ödem Heidekraut Und träume von dem Hain, Der weit verloren blaut. Es packt mit grimmer Wucht Mich wohl ein nächtlich Brausen; Ich raffe dann mit Grausen Zusammen mich zur Flucht/ Doch halten zähe Schollen Mich an den Wurzeln fest./ Da steh ich nun mit Grollen Und schüttle mein Geäst. Es will Abend werden Säulengleich an des Hügels Saum Träumt ein düstrer Wacholderbaum. Drunten umflort sich die Kiefernheide Schon mit blauendem Dämmerkleide. Droben der Himmel leuchtet noch matt, Grünlichgrau wie ein See und glatt. Keusch wie Wasserrosenschnee Blüht ein Stern im Himmelssee. Sturmgewölke kommen geflogen, Finster hüllend den Himmelsbogen .. Säulengleich in Sturm und Dunkel Träumt der Wacholder vom Sterngefunkel. Stimme der Mutter Lag ich als Kind Schlaflos ängstlich, Sang die Mutter Mit sanfter Stimme, Bis der Schlummer Träumende Augen Leise mir schloß. Längst verklangen Die Wiegenlieder; Wuchs der Mutter Über den Kopf ... Wer singt heut mir Tröstliche Lieder? Das bist du, Hehre Stimme Im Gebrause Des Frühlingssturmes Und im Flüstern Fallenden Regens. Lauschen will ich und liegen Wie ein Wiegekind/ Singe, treue Mutter, Schläfre dein banges Kind! Die hohe Föhre Der drängenden Horde zwergiger Föhren Vergißt die Gewaltige anzugehören. Sie hebt das Haupt zur stürmenden Wolke/ Verloren über dem Nadelvolke, Das nimmer den heiligen Sturm erlauscht, Der einsam erhabene Stirnen umrauscht. Sie aber sinnt/ und nickt/ und schaut Ins Weite, wo dämmrig der Forst verblaut. Zerrissenen Wolkengebirgen entrollt Der sinkenden Sonne rotes Gold. Das Föhrenhaupt erglüht verzückt/ Ins lodernde Feuermeer entrückt. Föhren glühen Im frostigen Herbstgebrause, Von Nebelregen umgraut, Düster träumte die Föhre/ Wie eine verlassene Braut. Auf einmal spaltet die Sonne Blaugraue Wolkenfetzen, Mit goldiger Abendflamme Das Föhrenhaupt zu netzen. Da rinnt durch starre Adern Ein Hauch von Jugendglut; Zum Antlitz wallt es zärtlich, Stürmisch schmachtendes Blut. Der Stamm und alle Zweige Erglühen purpurrot, Als weihe träumend sich die Braut Dem Liebesflammentod. Nun lischt der hehre Feuerball, In Wolkenklüfte versunken ... Die Föhre starrt dem Liebsten nach Verzückt und flammentrunken. Es war nur ein flüchtig Umfangen, Ein Flackern; doch war's einmal Und lohnt die Seufzer alle In grauer Lebensqual. So komm denn, Nacht und Öde, Umhülle den Föhrenbaum/ Er trägt an seligem Herzen Gestillter Liebe Traum. Die Silberpappel Pappel, in deren Schattenrevier Still geborgen ich ländlich wohne, Breitgewipfelte Silberkrone, Endlich wieder daheim bei dir! Segne die schmachtende Stirne mir, Die in schwatzender Menge Gewühl Staubig ward und taumlig schwül/ Segne sie mit dem Kusse des Friedens! Holde Rast, wo gastlich die frischen Blätterschatten auf Gräsern sich kräuseln/ Wo in wogendes Wipfelsäuseln Hurtige Schwalben ihr jauchzendes Zischen, Ähren ihr sanftes Gelispel mischen/ Während die Sonne hinunterrollt Und verklärend mit Purpurgold Zärtlich die Wolke von Laub umkost ... Heimische Pappel, Freundin, mein Trost! Wenn in stummer heißer Nacht, Ganz verloren in Gram und Grimme, Meine Seele weint und wacht: Hebt erlösend vor dem Fenster Sich der treuen Pappel Stimme Und verscheucht die Gramgespenster. O du heimlich süßes Lauschen, Ruhevolles Wipfelrauschen! Dies Gewoge und Gewühle, Aufgeregt vom hauchenden Wetter! Dies Geplätscher derber Blätter/ Gleich dem Waldbach an der Mühle ... O du Labetrunk voll Kühle! Wenn aus Wolken Blitze lohen, Reckt sich die Pappel ob Garten und Haus Schirmend empor und spät hinaus Weithin über die nebelgrauen Wellenschlagenden Roggenauen, Wo die flammende Wolke regnet/ Wie ein Patriarch Seine schlafenden Völker segnet. Im Sommerwinde Es wogt die laue Sommerluft. Wacholderbüsche, Brombeerranken Und Adlerfarren nicken, wanken. Die struppigen Kiefernhäupter schwanken; Rehbraune Äste knarren. Von ihren zarten, schlanken, Lichtgrünen Schossen stäubt Der harzige Duft, Und die weiche Luft Wallt hin wie betäubt. Auf einmal tut sich lächelnd auf Die freie sonnige Welt: Weithin blendendes Himmelblau; Weithin heitre Wolken zu Hauf; Weithin wogendes Ährenfeld Und grüne grüne Auen ... Hier an Kiefernwaldes Saum Will ich weilen, will ich schauen/ Unter zartem Akazienbaum, Der vom muntern Wind gerüttelt Süße Blütentrauben schüttelt. O Roggenhalme hin und her gebogen! Wie sanft sie flüstern, wie sie endlos wogen Zu blau verschwommenen Fernen! Schon neigen sich und kernen Viel Häupter silbergrün. Andre blühn, Duftend wie frisches Brot. Dazwischen glühn Mohnblumen flammenrot Bei dunkelblauen Cyanen ... Und droben wallen Durch lichtes Blau Wolkenballen, Gebirgen gleich, Halb golden und halb grau. Frau Sonne spreitet Den Strahlenfächer von Silberseide Zur Erde nieder; Dann taucht sie wieder Aus schneeigem Wolkenkleide Blendende Glieder Und blitzt und sprüht Verklärend Goldgefunkel Auf Auen, wo lachend blüht Vergißmeinnicht und gelbe Ranunkel Und Sauerampfer ziegelrot ... O du sausender brausender Wogewind! Wie Freiheitsjubel, wie Orgelchor Umrauschest du mein durstig Ohr; Du kühlst mein Haupt, umspülst die Gewandung, Wie den Küstenfelsen die schäumende Brandung/ O du sausender brausender Wogewind! Nun ebbest du, so weich, so lind/ Ein Säuseln, Lispeln, Fächeln. Bestrickte dich ein Sonnenlächeln? Auch dein Gesäusel stirbt; Dann/ lauschige Stille. Nur noch die Grille Dengelt und zirpt Im Erlengebüsch, wo das Wässerlein träumt, Von Lilien gelb umsäumt. Ins Blaue weltverloren girrt Inbrünstig die Lerche/ schwirrt Taumlig vor Wonne Zu Wolken und Sonne Und girrt und girrt. Da wird mir leicht, so federleicht; Die dumpfig alte Beklemmung weicht. All meine Unrast, alle wirren Gedanken sind im Lerchengirren, Im süßen Jubelmeer ertrunken. Versunken Die Stadt mit Staub und wüstem Schwindel; Versunken Das Menschengesindel; Begraben der Unrat, tief versenkt Hinter blauendem Hügel, Dort wo hurtige Flügel Die emsige Mühle schwenkt ... Friede, Friede Im Lerchenliede, In Windeswogen, In Ährenwogen! Unendliche Ruhe Am umfassenden Himmelsbogen! Weißt du, sinnende Seele, Was selig macht? Unendliche Ruhe! Nun bist du aufgewacht Zu heitrer Weisheit. Gestern durchwühlte dein Herz ein Wurm, Und heute lacht Das freie Herz in den Sommersturm ... Friede, Friede Im Lerchenliede, In Windeswogen, In Ährenwogen! Unendliche Ruhe Am umfassenden Himmelsbogen! Sonnenwende Nun hat die Sonne glühend schwül Des Himmels steilste Höh erklommen. Johanniskraft, ein grau Gewühl Von Wetterdunst, kommt hergeschwommen. Schon dunkel grünt der Strauch und satt; Vergilbt die Rasenspitzen hangen. Noch einmal ruft der Kuckuck matt, Dann ist ihm alle Lust vergangen ... O weh, der junge Frühling ist gestorben. Blaugrüne Motten ruhn erschöpft Vom Liebesrausch auf Skabiosen; Der Löwenzahn hat sich beköpft Mit silbergrauen Flockenrosen; Die Kiefern stäuben schweren Duft; Im Espenwipfel zirpt die Meise; Darüber zieht durch trübe Luft Ein Habicht drohend seine Kreise ... Ein unsichtbarer Schnitter wetzt die Sense. Und horch, nun zischt und zischt der Schnitt Und rafft die Halme, rafft die schmucken/ Und trifft und trifft mein Herze mit; Bei jedem Takte muß es zucken. Auch meine Wende kam! Ade, Lichtgrüne Zeit, da ich gestiegen! Nun geht's bergab! Es tut gar weh, Wenn welk der Jugend Schwaden liegen ... Und doch/ im Heuduft träumt es sich so süß! Herbstliche Eiche Es nebelt. Knorriger Eichenheld, Schon wird dein Lockenhaupt herbstlich bleich, Und raschelnd die braune Eichel fällt. Doch blüht dir heimlich ein Königreich. Laß nebeln, dunkeln! Schlaf! Es ist spät! Im Wintertraum küßt dich die Sonnenmaid, Und aus den Keimen, die du gesät, Sprießt tausendfach deine Jugendzeit. Novemberlaub Auf stöhnender Föhre fidelt der Sturm Heulende düstre Balladen; Es schnaubt sein Odem, nebelfeucht Von nordischen Seegestaden. So trübe der Himmel, als wär's schon spät. Die Wolken pilgern traurig. Im Strudel taumelt verkommenes Laub Um Baumgerippe so schaurig. Ein letztes Blättchen am Dornenstrauch Fröstelt in starrem Weh ... O mach ein Ende, Novembersturm! Deck zu, du wogender Schnee! Regenflüstern Trüber Tag; die Traufe wimmert, Tropfen rasseln an die Scheiben. Brausend im Novemberwinde Wanken dunkle Eiben. Regensatte Wege formen Wasserspiegel, drin die grauen Wolken ihr verweintes Antlitz Zittrig trübe schauen. Über welkem Laub im Garten, Krank gezaust das Köpfchen, trauert Eine späte bleiche Rose, Schmerzlich süß durchschauert. Schmerzlich süß, vom Regenflüstern Eingelullt, im schaurig herben Sturme, eine stumme Blume, Einsam, vornehm sterben. Novemberabend Novemberabend kühlt und feuchtet. Die Ferne stirbt in Dämmerduft. Mit mattem Blinzeln nur durchleuchtet Ein Stern die nebeltrübe Luft. Gedämpfte Glockenlaute beben Weich summend über Stoppelfeld. Aus Wiesenniederungen heben Sich dunkle Massen in die Welt. Ein alter Pflüger mit dem Pferde Zieht müde heim; die Pfeife glimmt. Vom Schäferhund umtummelt, schwimmt Mit Blöken dorfwärts eine Herde. Mit qualmigdunkler Röte säumt Der Himmel sich. Großleuchtend taucht Der Mond empor ... Die Landschaft träumt/ Von Ruhesehnsucht überhaucht. Der Träumer Ich war ein Kind/ mit großen Kinderaugen, Die nur zu träumerischem Schauen, Nicht zum Berechnen und zum schlauen Erwerben taugen; In dumpfen Stuben bangte mir, ich scheute Gespräche nüchtern kluger Leute Und stahl mich fort mit stiller Wonne Zu Blumen, Gras und Sonne. Da sog ich Luft wie ein Befreiter, lauschte Den Bienen, Grillen, schwankendem Gesträuch, Das wogengleich im weichen Winde rauschte; Mit Staunen und Entzücken schaute Mein Aug empor/ zu ihm, Der tief und weithin blaute; Und der betörte Träumersinn Schwamm mit dem wunderbaren, Wie Schneegebirge klaren Gewölke sanft dahin. So wuchs ich auf. Und allezeit getreu Blieb meinem Aug das träumerische Schauen. Doch ich bedachte nie: der Schatz der Auen Sind nicht die bunten Blumen, sondern Heu; Was blau und rot im Ährenfelde blüht, Ist nicht dem Bauch des Erntesackes hold; Und eines Dichters träumereich Gemüt Trägt wenig Körnchen irdisch Gold. Nun stehn die Äcker braun und stopplig nackt, Geschorne Wiesen werden bleich und bleicher, Und mir zum Spotte tanzt im fremden Speicher Der plumpe Flegel trocknen Erntetakt. Am Dornstrauch sitz ich, trübe wie der Himmel; Verwelkte Blätter zerrt ein rauher Wind, Scheucht mürrisch fort das raschelnde Gewimmel; Und träumend starr ich nach/ ich dummes großes Kind! Der Winter kommt. Ich werde frieren, darben Und wie die arme Maus im Stoppelwald Mich nähren von dem Abfall fremder Garben; Vielleicht auch sterb ich bald ... Mag sein! Doch schließ ich ohne Reue Und segne dankbar meinen Träumerblick. Er ließ mich lieben Flur und Himmelsbläue; Und diese Liebe war mein Lebensglück.