Die beiden Elstern Gib kluger Sparsamkeit Gehör, Und rechne lieber Jahre mehr, Als du vielleicht zu leben hast; Damit dich nicht des Mangels Last, Auf den die Jugend sorglos blickt, Im Alter doppelt schwerer drückt. Zwei Elstern waren Nachbarinnen; Kaum wurden sie des Herbstes innen, So trugen sie mit regem Fleiße Sich auf den Winter ihre Speise An guten Eicheln, braunen Nüssen, Und was sonst Elstern haben müssen, Jedwed' in einen hohlen Baum, Und gaben keiner Sorge Raum. Der Winter kam vom hohen Brocken, Das Haupt umringt mit Eis und Flocken; Der freie Strom ward plötzlich hart, Die sterbende Natur erstarrt. Die Elstern zehrten ohne Klagen Vom Vorrath, den sie eingetragen; Doch flog die eine manches Mal Bei'm ersten besten Sonnenstrahl Hinaus in's Feld und suchte sich, An Rain und Hügeln, kümmerlich, Was noch zu essen dienlich war. Die andre nahm dies spöttisch wahr Und sprach: Fürwahr, Frau Nachbarin, Wie lange denkt Ihr denn noch hin Mit Eurem Vorrath auszukommen? Habt Ihr die Lerche nicht vernommen, Die munter schon im Saatfeld singt Und uns den Frühling wieder bringt? Der Winter kann nicht länger währen, Und sicher könntet Ihr verzehren, Was hier schon aufgesammelt ist, Und sonst verdirbt und Niemand frißt. Lebt so wie ich in Freud und Scherz. Denn neue Nahrung bringt der März. Ja, (sprach die andere darauf) Dem Schein nach hört der Winter auf; Doch, uns zum größten Ungemach, Kommt oft ein später Frost noch nach. Bleibt mir was übrig, nun wohlan! Was ich nicht selbst verzehren kann, Wird unter dieses Baumes Rinden Noch immer seinen Mann wohl finden. Sie hatte Recht. Denn plötzlich kam, Da schon der Lenz den Anfang nahm, Ein neuer Winter. Tiefer Schnee Bedeckte traurig Thal und Höh', Und lag verschied'ne Wochen lang Zu manches Thieres Untergang. Kein Lenz erschien, wie man gedacht; Der Hunger kam mit ganzer Macht, Und ihre Nachbarin erfriert, Weil sie nicht richtig kalkulirt.