Ein ander Sendschreiben Zierde deines Vaterlandes! Freund der Tugend! glaube mir, Daß das ungebundne Schreiben, so ich jüngstenshin von dir Mit erfreuten Händen brach, mir so angenehm gewesen, Als ob ich in Vers und Reim einen Brief von dir gelesen. Zeit, Gelegenheit und Stunden lassen uns nicht allemal Zu den Musen-Hügel eilen. Oft ist auch die Neunte Zahl Wider uns in Zorn entbrannt, und läßt uns kein Glück gelingen, Ob wir auch gleich noch so sehr nach der Musen Freundschafft ringen. Dieses hab ich gnug erfahren, dieses ist mir oft geschehn. Jetzo muß ich gleiche Feindschaft von den Pierinnen sehn. Von Gedanken bin ich leer, ich weis nicht, was ich soll schreiben, Doch ich will bey deinem Brief, Edler Lagnau! stehen bleiben. Dieser wird mir Anlaß geben, daß ich etwas reimen kan; Denn von Dichten schweig ich stille. Diese Frage geht dich an: Hochgeehrter! sage mir: Ob mein Rohr so reitzend klinget, Daß es einen muntern Geist zum beliebten Folgen zwinget? Nein! du hast hiebey geschmeichelt. Ein geschickter Musen-Sohn Weiß sich selbsten aufzumuntern. Er besteigt den Helicon Durch den Trieb, den seine Brust bey der Musen Schönheit fühlet, Er ist selbst darauf bedacht, daß er schön und lieblich spielet. Und wie stünd mit meiner Feder doch die Großmuth in dem Bund? Diese schmückt vornehmlich Fürsten und wird durch die Thaten kund. Bey den Helden pflegt sie nur oft mit Macht hervor zu blicken. Aber wie kan alles dieß sich zu meinem Stande schicken? Doch was sag ich, diese Tugend zeigt sich durch gar vielerley, Und es weiset sich gar öfters, daß sie auch bey Weibern sey. Aber, ob sie auch in mir ihre Wohnung aufgeschlagen, Dieß weist du so klar wohl nicht, hier muß ich mich selber fragen. Ich muß deinen Worten glauben, so in deinem Schreiben stehn, Daß du meine Glückwunsch Ode mit Vergnügen angesehn, Und auch angenommen hast. Nimm vorlieb mit meinen Gaben, Wenn mein Kiel einst netter schreibt, solst du auch was schönres haben. Deine abgelegte Rede, wie der Ruf mir dargebracht, Hat dich noch weit mehr berühmter, und noch mehr beliebt gemacht. Deine Rede hat mein Lob ohne meinen Reim bekommen, Dieses wird ihr wahrlich nicht von den Neidern weggenommen. Werthgeschätzter! solt ich glauben, daß mein überschicktes Blat, Weit mehr Ohren, als die Rede jüngst nach sich gezogen hat. Deiner Rede Zierlichkeit, und die festgegründten Sätze, Die du vorgetragen hast ohne leeres Wort-Geschwätze; Deine beygefügten Gründe, und der angewandte Fleiß Brachten dir nach deiner Rede/ den verdienten Ruhm und Preiß. Deine Gaben, muntrer Geist! zog und rührten deine Gäste, Und erweckten Ohr und Herz. Gleichwohl glaub ich dieses feste, Daß zugleich die Neubegierde deine Gäste dahin trieb, Um zu sehen, was ich neues an den klugen Langnau schrieb. Endlich wilst du zum Beschluß meine Meinung widerlegen, Und vermeinst das Gegentheil kräftig in mir zu erregen. Davor bin ich dir verbunden. Doch hier fällt mit etwas ein, Davids Sohn spricht: Einem jeden dünkt sein Weg stets recht zu seyn. Wenn es dir gefällig wär, solte alles Wort-Gepränge, So in Briefen Mode ist, und der Complimenten Menge, Hinfort abgeschaffet werden. Worzu dient das Wörter-Spiel? Dieß kan den Verstand nicht schärfen, davon lernet man nicht viel! Muntrer Langnau! sage mir: Woltest du wohl deinem Schreiben, Auch ein Thema künftighin, auf mein Bitten einverleiben: Darf ich mir die Freyheit nehmen, Edler Langnau! so will ich Jetzt den Anfang darzu machen. Doch vergieb mir, daß ich mich Solcher Sachen untersteh, doch mich tröstet deine Güte, Darum schreib ich dieses Wort mit ermuntertem Gemüthe: Ob die Eifersucht eine Tugend, oder ein Laster sey? Deine Tugend läßt mich hoffen, daß dir dieses nicht verdreust, Daß vielmehr dein höflich Wesen sich auch eben so erweißt. Alle unser Thun und Werk muß uns Nutz und Vortheil bringen, Und wir müssen immer mehr in der Weisheit Tempel dringen. Den 3 October 1736.