Auf das Absterben der (Tit.) Frau Kanzlar Schultheßin zu Arnstadt Den 24ten Novemb. 1737. In andern Namen. Ach! wie ist mir jetzt zu muthe? Meine Seele schwimmt im Blute! Meiner Adern Purpur kocht; Meine matten Füsse zittern; Ich fühl in mir ein Erschüttern, Und mein Herz ganz ängstlich pocht. Aus den schwachen Augen quillet Eine heiße Thränen-Fluth. Was hat mich in Boy verhüllet? Was betrübet meinen Muth? Mich versetzt in dieses Leiden Meiner liebsten Schwester Scheiden, Und ihr Grab und Leichenstein. Meiner Schwester Abschied nehmen, Setzet mich in dieses Grämen, Und so bittre Seelen-Pein. Das Verhängniß schneidt die Kette Unsrer Eintracht ganz entwey. Schwester! wenn ich dich noch hätte, Gienge dieser Schmerz vorbey. Meine Schwester, die mich liebte, Die mich niemahls nicht betrübte; Als nur jetzt, durch ihren Tod; Die mir ihr ergebnes Herze In der Freude, in dem Schmerze Allzeit willigst anerboth: Der muß ich jetzt Thränen weyhen, Und auf ihre Ruhestatt Traurige Cypressen streuen, Die die Hand gar reichlich hat. Meine Freude war ihr Lachen, Schlief ich nicht, so blieb sie wachen, Mein Betrübniß war ihr Leid. Niemahls haben wir gestritten Unsern Werken, Thun und Schritten Folgte Fried und Einigkeit. Keine Schwester, eine Seele Die der frömmsten Mutter gleich, Bring ich jetzt zur Grabes-Höhle, In das finstre Todten-Reich. Solte dieses mich nicht kränken? Wer wird mich darum verdenken, Wenn mein Auge heftig weint? Laßt mich seufzen! laßt mich sehnen! Ich vergiesse wahre Thränen, Um den allerliebsten Freund. Deine Tugend, dein Gemüthe Hat dergleichen Zoll verdient. Das Gedächtniß deiner Güte, Auch durch heise Thränen grünt. Jedermann wird deinem Leben Das warhaftge Zeugniß geben, Daß es voller Tugend war. Was wir von der Ruth gelesen, Das bezeugte stets dein Wesen Ohne Ruhm, und dennoch klar. Sanftmuth, Demuth, Huld und Liebe, Stiller Fleiß und Redlichkeit, Gottesfurcht und reine Triebe, Zierten deine Lebens-Zeit. Deiner Gatten schmerzlich Scheiden, Dein gedoppelt Wittwen-Leiden, Trugst du mit Gelassenheit. Du hielst Gott dem Vater stille, Denn dein Wahlspruch hieß: sein Wille Der geschehe allezeit. Mit Gebeth nahmst du das Gute Von der Hand des Herren an; Und gleich also seine Ruthe, Ob sie dir schon weh gethan. Dein so langes Todten-Lager, Machte deinen Leib zwar mager; Aber deine Seele stark. Stille hast du dieß erlitten, Tapfer, scharf und gut gestritten, Ob sich Gott wohl oft verbarg. Hier hast du mit Gott gekämpfet, Und ihn glücklich obgesiegt: Auch dadurch den Feind gedämpfet, Der die ganze Welt bekriegt. Nun auf dein so sehnlich Bitten, Hohlt dich Gott aus Kedars-Hütten, Und aus Mesechs Mörder-Nest. Er bringt dich nach seinen Worten, Zu den güldnen Salems-Pforten, Zu den grossen Freuden-Fest. Schöner Tausch, den du getroffen! Gottes grosse Herrlichkeit, Und der Himmel steht dir offen, Der dir deine Krone beut. Wenn wir dir mit vielen Klagen, Gute Nacht jetzt müssen sagen, Folgt dein guter Morgen drauf. Billig sagst du: Gute Morgen! Denn des Lebens Kampf und Sorgen Hören gänzlich bey dir auf. Liebste Schwester! nun erfreue Dich an dem, der dich umfaßt. Und ich danke deiner Treue, Die du mir erwiesen hast. Nun ihr abgezehrten Glieder, Leget euch zur Ruhe nieder; Schlaft in eurer Mutter Schooß. Leget in dem kühlen Grabe Alle euer Elend abe. Hier werd ihr der Banden loß. Und wenn dich der Ruf der Engel Heist von Todten auferstehn, Werden wir uns ohne Mängel, Schön verkläret wieder sehn.