Das zehnde Lied An die mit allen tugenden mildiglich begabte/ und mit allen schönheiten folkömlich-gezierte Adelinde/als er ihrer lieben hand in der ersten ansprache ein küslein abgestohlen. gesetzt durch Peter Meiern. 1. Wer giebt/ o mund/ dier diesen muht/ daß du durch blasses lippen-bluht beschmutzst den heilgen schnee der hände/ der durch der heissen seuftzer pflicht wohl schmältzen solte/ wan er nicht wer' unentfündlich sonder ende. 2. Vergib mier/ schöne hand/ den kus/ den ich gezwungen geben mus/ vergib es mier/ o Adelinde; die schuld ist deiner glieder zier/ die fordern diesen kus von mier/ verfolgt durch tausend hertzens-winde. 3. Du liebe hand/ sei tausendmahl und mehr beglükt/ ja ohne zahl durch mein geträues hertz beküsset; nim an der müden seele geist/ der Dier auf kniehen dienste leist/ und deine Göttin götlich grüsset. 4. O Adelinde/ liebstes Kind/ das keine mutter schöner findt/ verleih mier blikke deiner gnade; entzeuch auch deine liljen nicht/ noch die zwei-fache rosen-schicht dem sauer-süßen lippen-pfade. 5. Ist gleich mein leib von Dier entfernt/ so küsst doch/ weil der himmel sternt/ mein' andacht deine liebe seele; ja dein gedächtnüs sol in mier verbleiben/ weil der geist alhier noch schwebt in seines sitzes höle.