18. Gedichte Warnung an den Coridon. Hör! Schäfer kannst du nicht stets deine Chloris küssen, So denke, daß sie dich auch öfters muß vermissen. Sie theilet Scherz und Lust, Betrüben, Furcht und Pein Mit dir, drum muß davon die Helfte deine seyn. Will sich, schau ihre Treu, zu ihr ein Hirte wagen, Ergreift sie gleich den Stock, den Näscher weg zu jagen. Sie scherzt, sie singt und spielt, und alles was sie macht, Da wird gewiß an dich zugleich auch mit gedacht. Auch die Entfernung trennt dich nicht von ihrem Herzen, Zuweilen muß sie wohl mit guten Freunden scherzen, Denn dies erfordert ja der Wohlstand und die Zeit; Doch brennt sie nur vor dich in reiner Zärtlichkeit. Was würde, wollte sie die Reihen unterbrechen, Des Satyrs freches Maul zu ihrem Nachtheil sprechen, Ein jeder spürte gleich, gäb sie niemand Gehör, Daß sie aus Furcht vor dir so blöd und ekel wär. Nein, eine Schäferinn muß nicht durch Wort und Thaten, Und falsche Sittsamkeit es vor der Welt verrathen, Daß sie was liebes hat, sonst ist das Räthsel aus, Und ieder Hirte macht sich nur ein Liedchen draus.