19. Auszug aus einem Hochzeit-Gedichte an den jungen Herrn Franken in Halle 1722. Nach vielen unbequemen Stunden, Nach jenes langen Winters Plag, Hast du ein lieblichs Loos gefunden, Und siehest einen Sommer-Tag; Nach Krankheits-Noth Entweicht der Tod, Und durch der Auferstehung Kraft Empfängst du neuen Lebens-Saft. Wie süß ist doch des Herren Liebe! Wie unerforschlich ist Sein Rath! Wie mächtig Seines Zuges Triebe! Wie wirksam Seiner Hände That! Glükseliger! Dich stößt der Herr Nicht ferne von des Vaters Haus In eine reiche Erndte aus. Nur mich, das ärmste Seiner Kinder, Mich Seinen matten Säugeling, Mich heißt der holde Freund der Sünder Beynah ein unbequemes Ding. Ich nahe kaum Zum engen Raum, Und auf die schmale Pforte zu; So unterbricht Er mir die Ruh. Wohlan, es ist ja Seine Weise, Er wirkt, wir sind nur Handwerks-Zeug: Er zieh mich nur gemach und leise, Denn ich bin gar ein schwacher Zweig; Soll solch ein Reis Zu Seinem Preis Mit Früchten angefüllet seyn, So pfropf Ers in sich selber ein. Wie komm ich nur auf solche Sachen? Was schreib ich öffentlich davon? Das ist ja nur der Welt ihr Lachen, Das lieset Ismael mit Hohn. Ist wahr. Allein Itzt kan es seyn, Daß man sich laut ergötzen mag; Denn heute ist ein Hochzeit-Tag. Stimmt aber auch der Freund der Seelen Mit diesem ihrem Vorsatz ein, Daß sie sich anderwerts vermählen, Sie, die schon lange Seine seyn? Es scheint fast nicht; Diß reine Licht Haßt alles fremden Feuers Pracht, Das sich zu Seinem Altar macht. Und viele liebe Gottes-Kinder Vermeynen dieses eben auch; Der Liebe, unserm Ueberwinder Mißfalle dieser Welt-Gebrauch; Wo man sich noch Ein ander Joch, Zu ihrer Liebes-Bürd und Plag, Auf seine Schultern binden mag. Daß unsrer Seelen Hut und Wache Beym Ehestand verdoppelt wird, Ist eine ausgemachte Sache, Und wird darinnen sehr geirrt. Man machet sich Gemeiniglich Die Ehe gar zum leichten Ding, Und ihre Mühe scheint gering. Drum wenn man weislich überleget, Wie Mangel, Creutz und mancher Dampf Sich mit der Eh zugleich erreget, Und wie, in diesem schweren Kampf, Manch lüstern Lamm Den Bräutigam Verscherzt mit samt der Jungfrauschaft, Indem es sich ins Fleisch vergafft: So möchte man sich wohl bedenken, Obs kein verwegner Handel sey, Sich also leichtlich wegzuschenken. Gewiß, ich stimme Paulo bey: Die beste Eh Halt ich für Weh, Es sey der Mann dann Christi Braut, Und auch das Weib dem Herrn vertraut. Auf diese Weise laß ichs gelten, Daß du dir eine Braut erlies'st; Wenn Christus dir vor tausend Welten Und vor dir selbst am liebsten ist: Und ist dein Weib Ein Glied am Leib Des Bräutigams; so lieb es dann Allein in Ihm, denn Er ist Mann. So darfst du dann auch wenig sorgen, Wie lange sie bey dir verweilt: Vielmehr da heute oder morgen Die Ehgehülfin heimwerts eilt, So dringt dein Sinn, Zugleich dahin, Wo sie beym rechten Schatze ruht, Und hält es Ihm und ihr zu gut. Sie läßt sichs ebenfalls gefallen, Wenn Jesus, ihr verlobter Freund, Mit dem sie, vor den andren allen, Es herzlich gut und redlich meynt, Den lieben Mann, Der sie gewann, Aus dieses Lebens rauher Luft In seine stille Hütte ruft. Nur will gar viel darzu gehören In dieser Fassung vest zu stehn: Man läßt sich durch das Fleisch bethören In göldne Fesseln einzugehn, Man meynt dabey, Wie stark man sey: Und wann man sich verstrikket hat; So ist die Reue gern zu spat. Drum ists ein sonderlicher Segen, Wen, in der Grund-verderbten Welt, Der Herr in Seinen schlechten Wegen Und in dem rechten Gleis erhält; Wenn einige In ihrer Eh So ehrlich sind und unbeflekt, Daß sie der Bräutgam einst nicht schrekt. Daß Ehen so bestehen können, Muß ewig eine Wahrheit seyn. Paul darf sie Ehrenwürdig nennen. Das stimmte ja nicht überein; Wenn einge Lust Gott unbewußt, Und die nicht in Sein Reich gehör, Im Ehestand erlaubet wär. Es wird zwar Fleisch vom Fleisch geboren, Und das aus Gottes weisem Rath, Der, eh der Mensch sein Bild verloren, Ihm schon ein Weib erbauet hat: Die Lüsternheit Drang nach der Zeit Auch auf die liebe Ehe an, Und machte sie ihr unterthan. In denen drauf gefolgten Tagen, Wards endlich so wie itzt bestellt; Da sich die Kinder Gottes wagen In das Gedränge dieser Welt. Sie trauen sich Gar sonderlich, Und gehen mit der Lust zum Tanz; So kommen sie um ihren Kranz. Da mengen sich die Kinder Gottes In allen Koth der Eitelkeit, Und schämen sich des kleinen Spottes 1 In dieser kurzen Prüfungs-Zeit. Das war nun auch Vor Alters Brauch, Da sah sich Gottes Eigenthum Nach Töchtern dieser Erden um. Allein, wie ist es abgelauffen? Das währte, bis die Sündfluth kam, Und diesen angestekten Hauffen Im Eifer von der Erde nahm. Da sahe man Mit Schrekken an, Wie sich der Liebes-Geist erwies, Und Seine Ehre niemand ließ. Die Bosheit bricht zu unsren Zeiten, Als eine Sündfluth, da herein; Die Welt ist voll von bösen Leuten; Weil viele unerfahren seyn, Was Hurerey, Was Ehe sey Und sich, als nach der Thiere Art, Das eine mit dem andern paart. Drum, die ihr aus dem höchsten Wesen, Und aus dem Geist geboren seyd, Die sich der Herr zur Braut erlesen, Verbindet euch zu dieser Zeit; Folgt nah und fern Dem Jacobs-Stern; Und wie euch Der berufen hat, So wandelt, nicht nach euerm Rath. Seyd ihr, dem Lamme nachzueilen, Voll obenher entflammter Brunst; Und denkt euch nimmermehr zu theilen: So lernet diese edle Kunst, Und lernt dabey, Was Demuth sey; Die richtet keinen fremden Knecht, So werdet ihr dem Freunde recht. Und ihr, die Gottes weiser Wille Ins Eheband beschlossen hat, Bestrebet euch nach wahrer Stille, Und fragt des Herren Wort um Rath. Ein Ehe-Mann Ist übler dran, Dann Christi Freygelassener, Und eine Ehe-Frau hats schwer. Das muß euch aber nicht verhindern Im keuschen Kampfe treu zu seyn: Sprecht, gleich den wohlgezognen Kindern, Fein oft ins Vaters Hause ein, Und bittet Ihn Euch selbst zu ziehn, Damit der Geist, Trotz Fleisch und Welt, Der Keuschheit Sieg und Kranz erhält. Der Mann sey Gottes Bild und Ehre; Das Weib des Mannes Ehren-Kron: Der Mann erbaue, beßre, lehre; Das Weib weiß oft vielmehr davon: Allein ihr Sinn Geht nur dahin, Wie sie im sanften stillen Geist Sich ihrem Ruf gemäß erweist. Das wäre, möchte einer sagen, Wol alles gut und wohl bestellt; Alleine, wenn wir weiter fragen: Wies um die Leibes-Früchte hält? Das Fleisch ist todt, Ein Gräul vor Gott: Hört Paulum, der spricht freudig drein, Daß unsre Kinder heilig seyn. Gibt einem nun der Schöpfer Erben; Die zieh man Ihm, nicht Menschen auf, Man lehre sie Ihm leben, sterben, Und zeig in seinem eignen Lauf, Wie man die Zeit Zur Ewigkeit Beschleunigen, und seinen Fuß Auf Gottes Wege richten muß. Wenn viele so gesinnet wären, Verbliebe manches Aergernis, Damit die Menschen sich beschweren: So siegeten wir ganz gewiß. Der Welt Gebrauch Ist immer auch: Genau auf Israel zu schau'n; Wie würd' ein solch Exempel bau'n! Und die sich an die Ehe stossen, Weil sie so wenig Ehen sehn, Die, weil sie erst aus Gott geflossen, Auch wiederum zu Gotte gehn, Die fingen dann Vermuthlich an, Wenn es sich anders zeigete, Und lobten solche keusche Eh. Erlaube mir, hier abzubrechen, Herr Bräutigam, und nur mit Dir, Noch ein Ermuntrungs-Wort zu sprechen, Du bist wol gleiches Sinns mit mir? Du wirst diß Band, Das Gott erkant, Euch beyden nutz und gut zu seyn, Des Lammes süsser Liebe weyhn. So wird des Erstgebornen Name Auch über eurer Liebe ruhn, Und euer Ihm geweyhter Same Wird nach des Herren Weise thun. Dann werdet ihr, So dort als hier, In Jesu Liebe nimmer matt, Und einst in reiner Wollust satt. Fußnoten 1 Wie man hier sehen kan.