Lizenziert unter der Creative-Commons-Lizenz Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland (CC BY-SA 3.0 DE)
Die digitale Quellensammlung wurde im Rahmen des DFG-Projektes "Menschen mit Behinderung in Deutschland nach 1945. Selbstbestimmung und Partizipation im deutsch-deutschen Vergleich: Ein Beitrag zur Disability History" erstellt. Zielgruppe der Quellensammlung ist die interessierte Öffentlichkeit, die Materialien sind gerade auch für den Unterricht an Schulen und Hochschulen ausgewählt.
Die Auswahl der Quellen erfolgte auf Grundlage der Rechercheergebnisse der Dissertationen der Projektmitarbeiter Bertold Scharf, Sebastian Schlund und Jan Stoll.
Es wird keine Vollständigkeit angestrebt. Ziel ist es, Ausschnitte zu präsentieren, die paradigmatisch für die Geschichte(n) von Menschen mit Behinderungen stehen oder auf markante Ausnahmen hinweisen.
Die fünf Bereiche stehen für unterschiedliche gesellschaftliche Sphären, die von der Forschung bisher kaum berücksichtig wurden.
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Die (Wieder-)Herstellung von Arbeitskraft war eines der zentralen Ziele, wenn nicht gar das zentrale Ziel bundesrepublikanischer Behindertenpolitik bis weit in die 1970er Jahre – dem Jahrzehnt, das der damalige Arbeitsminister Walter Arendt zu einem „Jahrzehnt der Rehabilitation“ werden lassen wollte. Der Begriff Rehabilitation wurde zeitgenössisch vielfach als Synonym für eine Ermöglichung der Aufnahme von Erwerbstätigkeit behinderter Menschen durch therapeutische Maßnahmen verwendet. Die seit den späten 1960er Jahren entstehende Problematisierung von bestehenden Rehabilitationsinfrastrukturen – etwa durch integrative Jugendorganisationen oder später Vertreter der selbstadvokatorischen Krüppelbewegung – blieb in der Regel männlich dominiert. Dieser Zeitungsartikel beschreibt das Zusammenwirken der Kategorien Behinderung und Geschlecht beim Zugang zu und Erfolg von Wiedereingliederungsmaßnahmen in den Arbeitsmarkt. Autorin Hanne Schreiner analysierte, dass 1970 Frauen häufiger als Männer in maroden Einrichtungen für verschwindende Berufsgruppen ausgebildet worden. Die Autorin erklärt dies damit, dass die wenigen Rehabilitationsplätze zur Umschulung und Weiterbildung in der Regel Männern zu Gute gekommen waren, auch da Arbeitnehmerinnen vielfach als un- oder angelernte Kräfte eingesetzt sind, für die solche Maßnahmen als unnötig erachtet wurden. Schreiner stellte dabei, auch unter Rückgriff auf geschlechterspezifische Fertigkeitszuschreibungen, die Möglichkeit heraus, Frauen in den damals aufstrebenden Märkten der Datenverarbeitung und Elektrotechnik einzusetzen. Dieser Beitrag zeigt insgesamt, dass der Alltag von Menschen mit Behinderungen stets mit weiteren Kategorien sozialer Ungleichheit verflochten war. Eine exakte Analyse dieser, auch als „intersektional“ bezeichneten, Dynamiken steht jedoch noch aus. Wie zum Beispiel der in dieser Quelle beschriebene (Arbeits-)Alltag behinderter Frauen sich von den von westdeutschen Männern mit Behinderungen oder Frauen ohne Behinderungen zu Beginn der 1970er unterschied bleibt eine noch zu beantwortende Forschungsfrage.
Literaturhinweise: